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V SOS - Tante Ulrike schluchzte in ihr Taschentuch. Sie schwelgte in Rührung. Dann fragte sie. sich heilig schnäuzend: «Und sie bereut ? Nicht wahr, Berndt. nun mutz sie dach bereue» und um Vergebung ihrer Sünden flehen ?" «Da« nehme ich an, ja. ja. natürlich Ich mub gestehen, in dem Augenblick, dachte ich gar nicht daran, bah sie etwas .m bereuen habe, so ergriffen war ich von der verklärten Schönheit der Frau. Wie ein Marmoebild lag sie da. jede Linie des Gesichtes wie gemeihelt. Weiche-, schvarze». lockiges vaar fiel ihr in ichiminernden Wellen »in die Stirn und die Wangen, die Häirde hielt sie gefaltet. Um de» Taufrisch standen die Kinder. die beiden gröberen Mädchen, oon denen die Jüngere ein Engelsköpfchen hat, und die beiden »leinen. Sybold und Gustav. Ter Jüngste erhielt die Namen Erich Reinlzard. Ich hätte mich gern als Paten angeboten, aber im letzten Augenblick erschien ein alter Herr, wie ich horte, der einstige Erzieher des Fürsten, und vertrat denselben." ^ „Ach!" rief die Tante, „ach, wie schrecklich! Und sie? — Wie nahm sie da- auf?" .,->e schien kaum zu wissen, ivas da vor sich ging. An diesem Tage sah ich sie nicht wie der Sie hatte auch kaum mit mir gelprochen Nur ein schfvacher Grub und Dank, »ab lch gekommen sei. Gleich darauf schien Schwäche oder Fieber sie wieder zu ver wirren. denn sie sah mich lange fragend an und fragte dann, wer ich sei. Ich regte sie nicht durch Erörterungen auf, sondern stellte mich so. dab sie mich nicht mehr sehen konnte. Späterhin fragte ich den Doktor nach ihr. Er meinte, er habe wenig Hoffnung, ge am Leben zu erhalten. Vermutlich sei ein Nervensieber im Anzüge, welches sie nicht überleben werde, wenn sie nicht schon vorher au Entkräftung verlösche. Was sollte ich non tun? An wen mich wenden? Ich verbrachte einen Tag m Ungewihheit und Rat- longkeil. Da. am nächste», lieb die s^rau mich wieder zu sich rufen. Diesmal war sie ganz bei Bewubtsein. ja. merkwürdig klar und ruhig. Sie sab, von Kissen gestützt, im Bett, sah noch kränker aus. als am Tage zuvor, aber mH mich fest an. „sie wären nicht gekommen, wenn nicht wahre Teilnahme Sie Hertriebe," sagte sie, „ich sterbe und ich sterbe gern, aber unsere Kinder lassen wir zurück, sie haben ein so gutes Gesicht. Veiler, - sind Sie gekommen, um mir eine Beruhigung zu bringen?" — Ich sagte ihr, ia. sie könne rukig fein, mit einem Wort, ich sagte ihr, weshalb ich gekommen sei, dab wir iüi ihren ältesten Sohn sorgen wollten wie für unser eigenes Kind, dab Mechthild es kaum erwarten könne, den »leinen ans Herz zu drücken. Dann versprach ich ihr, im Falle ihres Todes auch für die anderen Kinder zu sorgen, und fragte sie, ob ich Sobald mit ihrer Einwilligung milnehmen dürfe. Sie reichte mir die Hand und sagte mit schwacher Stimme, aber vernehmlich „Ja". Du glaubst nicht. Tante, wie erleichtert ich mich sühlie. das: es mir erspart blieb, ihr die peinlichen Bedingungen zu stellen, an welche sich die liiuersiützung durchs Majorat knüvs:." „Tab sie jener anderen Unterstützung entsage» und den Ort verlassen müsse?" 'ragte dis alte Tame begierig. '„Ja Natürlich. Es ist ja ganz in der Ordnung, ganz korrekt — aber ich ging diesen AiiSeinaadersetzungen sehr ungern entgegen. Nun ist das alles überflüssig geworden. 'Noch am selben Abend lag sie bewusstlos in hohem Fieber. Ich wollte alles 'Nötige zu ihrer Pflege besorgen, nach einer Diakonissin telegraphieren, au ihre Verwmndlen Raupach. Toch während ich mich noch beim Arzt erkundigte, er- ichieu schon eine graue Schwester und übernahm die Pflege, und als ich nach den »indern 'ragte, erfuhr ich, die Prinzessin AgucS eine Schwester des Fürsten, habe dieselben aus leinen Wunsch ms Schlos; holen und unter die Obhut einer Schweizer Bonne stellen lassen." „Tu lieber Himmel!" ries die Dante, hochrot vor Aufregung — „Du — Du bist doch nicht hingegangen?" „Was sollte ich tun? Ich muhte mir doch den Jungen l oleu. Ihn dort zu lauen und ohne ihn abzureiscn. hätte keinen Zweck gehabt, da mir der Arzt versicherte, dab die arme Frau das Bewubtjein nicht wieder erhalten werde. Den Fürsten hatte ick: schon beim Begräbnis gesehen . . ." „Aber wir wissen es doch alle. — denke nur, lieber Berndl, seit zehn Jahren gilt es als Tatsache in der Familie. Leider! — Es wird ja nie die Grenzen der Fauime überschreiten, ja, lieber Berndt. w,r können darin aus unseren Korpsgeist stolz sein . . . was uns angeht, tragen wir nicht in die Welk . . , aber erzähle doch weiter!" „Da ist nun nichts mehr zu erzählen. Ich wartete noch einen Tag, erfuhr, dab Frau Emmeline wirklich am Nervensieber erkrankt >ei. das; man ihr Ende in spätestens neun Tagen erwarte. Ich konnte nicht länger bleibe», w reiste ich ab." „Sahst Du Laura Allmoser?" „Nur beim Begräbnis. Ich erkannte sie am lwchsriüerten roten Haar und Len scharfen Zügen. Sie muh einst wirklich schön gewesen >em, jetzt macht sie mir einen nervösen, exaltierten Eindruck. Auf ihren Wangen mannieu dunkelrote Flecken, ihre Augen glühten. Ist sie nicht etwas theatralisch?" „Laura? To wenig wie Elise. Mir erschien sie, als ich sie sah, wie das Modell einer Hoidame" „Mir erschien sic wie cme Medea. Aber Vas erzähle Elise nicht. Sie stand da wie eine Siatue, mit zurückgeworsenem Kops, steif, starr, in schwarzen Gewändern. Tie Fürstin hatte sie geschickt, hörte ich, und für die Fürstin legte sie einen »ranz am Large nieder, und für die Fürstin trat sie nach der Feier ans offne Grab, griff mit b:iden Händen in den »orb voll Blume», den der Kirchendiener bereit hielt, trat hock- au'gerrchtet ans Grab und ichleiiderte, ich sage Dir, schleuderte die Blumen herab. Es - 907 - war wie aus der Bühne. Mich sah sie gar nicht, und ich habe sie auch nicht begrabt. Mick verdroh ihre ganze Art. die unangebracht war und wohl nur den Zweck Han«, die Blicke auf sich zu lenken." „Mein Hiunnel, wie merkwürdig!" sagt« dle Tante. Gi« hatte nun auf lange genug »u denken und ging hinaus in ihre Gemächer, sobald der Neffe leinen Bericht beendet hatte. Auch Nkchthild hatte genug zu denken. Während sie neben dem sest schlafende» Kinde sab. überlegte sic. wie sie «S machen müsse, um dies zarte Bäumchen hier einzu- wurzeln. Ganz allmählich, ohne je die Geduld zu verlieren, will sie ihn für sich ge winnen. Wohlüberlegt, systematisch mub sie zu Werke geben. Seine »lagen dürfen nicht beachtet, seine Fragen nicht beantivortet werden, so wird allmählich die Vergangen- beit mit allen ihren 'Namen für ihn versinken und dies um so sicherer, als ihm hier nur Schöne» und Gutes zu teil wird Sie mub ihn genau studieren, sie muß in seine Seele »u blicken suchen, um zu erfahren, was ihn besonder» freut, beschäftigt und fesselt. Da» soll ihm alles werden. Dann sinkt dock) schlirbilich ins Nichts zurück, woran sein Sehnen sich setzt klammert und er lernt es, in ihr allein die Mutter zu sehen. Sie hatte ihn der Aussicht ihrer Zofe überlassen müssen, »m selbst zum Abendessen zu gehen. Sie war still und dachte immer noch über ihr« Erziehungspläne nach. Auch letzt fragte sie nach nichts und lieb sich nur erzählen, wie die Reise gewesen, ob der »leine sich ruhig per- halten, ob er Mühe gemacht habe. Dann stand sie vor den anderen aus und ging hinauf, um ihm selbst die Abendsuppe zu bringen. Die weinerliche »läge: ,,Ich will zu Matzt und Mietzi" empfing sie. und das Mädchen sagte, der Junker sei unt nichts zu beschäf tigen, es wäre wohl am besten, ihm zu Bett zu dringen. Nun solgte sür Mechthild eine Stunde, von der sie immer geträumt hatte. Sie brachte ihr »ind zu Bett! Erst badete sie es. lieb daS laue Wasser über hie strammen kleinen Gliederchen plätschern, seifte das Köpfchen ein und trocknete es sorgsam ab. Boy lieg das alles freudlos mit der steten Frage: „Darf ich morgen zu Matzt und Mietzi?" über sich ergehen. Als er endlich in seinem weichen, weitzen Bettchen lag, sielen ihm die Augen gleich zu vor Müdigkeit, aber gewaltsam ritz er sie wieder auf. rieb sie hestig mit den Knöcheln der kleinen Fäuste und murmelte: „Sybold hat noch nicht beten." Entzückt, gerührt, von andächtigem Schauer ersaht, kniete Mechthild neben dem Lager hin. „Bete, mein Kind!" sagte sie. „Lieber Vaterl," bMnn er die Hände sal- tend. „Lieber Gott." korrigierte sie leise „Dill heute nicht. Will zu meinem eigenen, guten Vater beten, der nu in Himmel ist." Er ivandte sich ab und würgte ein Aus- schluchzen nieder, und als sie noch einmal, sanft mahnend, drein reden wollte, schrie er fast: „Vater, komm doch und hol mich zu Dich in Himmel, denn bei Dich is es guter wie hier. Amen!* , 4. Kapitel. Die ersten Wochen waren eitel Not und Mühe. Bon hörte nicht aus, nach seinen Geschwistern zu fragen, er hörte nicht auf, alles, was er an Naschwerk und Spielsachen bekam, zur Hälfte >n seine kleine »ommode zu schliche», „zum Mitbrlngen", er hörte nicht am, lange Briefe an seinen lieben Papa im Himmel zu schreiben, Briefe mit wirk- - lickien, wenn auch sinnlos aneinander gereihten Buchstaben, deren feste Rundung aus- fallend tvar und bewies, dab das kaum fünfjährige »ind ungewöhnlich früh angefangen hatte, zu lernen. Mechthild fragte nie. wer ihm die Buchstaben gelehrt habe, und wenn «r anfing zu erzählen, baß Matzi und Mietzi schon in die Schule gingen und „wirkliche" Briefe schreiben könnten, so schwieg sie. Es toar ihr ganz klar, daß dies grausam sei, aber die junge, eifersüchtige Mutterliebe lieh es nie anders zu. Ich will ja nur sein Bestes, beschwichtigte sie sich selbst. Wie soll er hier je anders glücklich sein, wenn er sein Elternbaus nicht vergibt? Dab beides sehr wohl zu verneinen gewesen wäre, wollte sie sich selbst nicht eingestehen.. Mil nie ermüdender Geduld ertrug sie seine Klagen, seine Unruhe, seine Un arten. Wenn er immer heftiger nach Hause verlangte, sein Spielzeug zerschlug oder aus dem Fenster warf, so strafte sie ihn nie deshalb, sie versuchte nur. Feine Gedanken sogleich in andere Bahnen zu lenken. Das an Luft und Freiheit gewöhnte Kind litt m der eingeengten Atmosphäre der allen düsteren Gänge und Hallen des Schlosses, dessen Mauern so dick waren, dah jedes Fenster eine tiefe Nische bildete. Boy revol- tierte gegen die unausgesetzte Beaujsichtigung und begann zu entwischen und auf Ent deckungsreisen auszugchen. Als er einmal einige Stunden verschwunden ivar und end- lich oben im Turmzimmer gefunden wurde, mit den Waffe» und Nehgehöriien spielend, die hier noch aus Berndts und Adalberts Iunkerzeiten hingen — da bekam er keine Schelte, sondern fortan ging Mechthild mit ihm täglich spazieren. Sie brachte ihn ent- weder in den groben, am der Südseite des Schlohhanges gelegenen Obst- und Blumen- garten, wo er nach Herzenslust herumtoben und die Pfirsichspaliere plündern durfte, oder sie ging mit ihm in den jenseits der Wilde gelegenen Wald, der ebenso wild wie sein Bach, sich zwischen Gestein und Dornstrauch feinen Weg gebahnt und das Terrain behauptete. (Fortsetzung folgt > ^«1. 732. MödeL in reicher Auswahl, solider Ausführung mm vwms Wohnuiigsciurichlungeli liviliiiK Gr. Brüderg. 30, I. A» der Sovhieukirche. Sarlijimen in Tuck», Seide» Plüsch. >»<» t« * , in Plüsch und Wollstoff vo» 40 M. au grobe Auswahl Gr. Bruderaaffe 30, I. MIisWi-8sIoii 8«tck«-»-<Snri»iea, s d Selbstkostenpreis zu verk. Gr. Brudcrqnsse 30, I. LxsiZelrLrtoMll, 100- odei Zil.-Laduuae», hat ab,»gebe» Wilhelm Haugk. Lonnetvaldr, N.-L. u Melllllil-Llillleilliiig. vsoklodaoli- 17,-. AttzVLimoi» R. ü Graichen, Trompeterftr. 8. M8 IW 5>stvm Ikmgtzsmvr Vorbronnung iu slicn un i au i-iHi^wu Nnüsoi». eiss. 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