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Seite «6. BclletriftinLe LonntanöBeiluge zu ven „Drcsvuer VZ-rck,rii1»ten ", Atkevter Hie A^LtTrenwett. Merlspruch: Bedenke dies, schon manchmal trat ein Segen In der Eestalr des Unglücks Dir entgegen; Dir fehlte nur in jener Zeit des Leidens Der klare Blick des- scharfen Unterscheiden?. F. Löwe. Masken-und Ko st üm feite, (Schlug.) Wer schwere Seidenkleider nicht erschwingen kann, wählt Tuch oder Fries. Es ist durchaus nicht unpassend, sogar vortheilhasler und natürlicher, den Rock zu Bäuerinnenkostünicn aus letzterem Stofs zu fertigen. Man erhält ihn überall und in hübschen leb',asten Farben, zudem erzielt man auch mit chm die beliebte Fülle in der Hüft- gegend. Im Ganzen ist die Tracht der Landleute überall so ziemlich gleich, nur der Kopfputz und der Schmuck von Edelmetall bariirt je nach der Land schaft oder dem Stamm der Betreffenden. Deshalb bat man nach möglichst getreuer Nachahmung dieser zu strebe». Ich erinnere hier an die Schleife der Elsässerin, an das Kopftuch der Spreewälderin, an das Häubchen der Wendinnen und ihre kostbaren Münzenketten, ferner an die glatt ans der Stirn gekämmten und hinten in zwei Zöpfen niedcrsallenden Haare der Schwäbinnen und deren eigenthümliches, höchst kleidsames Mätzchen mit den breiten Kinn- schleifen und Nackenbändecn. Das Tiroler spitze Hütchen mit der Troddel und das eigenartig gelegte Schleiertuch der Italienerin sind so charakteristisch, daß sie schon allein den Anzug zu kennzeichnen vermögen. Zur Vervoll ständigung gehört zu letzterem aber unbedingt eine Korallenhalskette und lene großen weiten Ohrringe, die oft den Umfang eines Silbcrtbalers erreichen Es würde viel zu weit führen, wenn ich aus alle Besonderheiten der ver schrienen Kostüme Hinweisen wollte. Die beste Auskunft geben, wie ich schon bemerkte, die Bilder alter und moderner Meister, welch' letzteren ganz andere Quellen für Kostümkunde zu Gebote stehen, als den gewöhnlichen sterblichen. Zum Schlüsse möchte ich noch einige praktische Winke geben, wie sich eine ältere Dame ohne erhebliche Kosten mit Hilfe ihres Kleibervvrraths ganz nett kostümiren kann. Das Einfachste und Kleidsamste zugleich ist wohl die spanische Mantilla. Man versteht darunter ein geschickt drapirtes, drei- oder viereckiges Tuch von schwarzseidenen Blonden (einer spezifisch spanischen Spitzenart), wie sie vor ca. 30 Jahren auch bei uns als sommerlicher Umbang viel getragen wurden. Der Anzug besteht zunächst aus einem icidenen Kleide: schwarz ficht am vornehmsten aus. doch gebt auch jede andere Farbe, Das Tuch wird auf dem am Hinlerkopf hochgesteckten, mit einem ziemlich nmsang- reichen Kamm geschmückten Haare derartig befestigt, das; ein Zipfel in leichten Falten bis zur Stirn fällt. Zu diesem Zweck reiht man oaS Tuch, etwa 15 Ctm. vom Zipfel entfernt. 10 Ctm. lang in dichte Falten. Dieses Faiteii- bündel steckt man vor dem Kamme fest in das Haar und schmückt es bier mit einem Tuff hochrother Nelken oder Granatblüthen. An den Seiten wird das Tuch nochmals mit einigen schonen'Schmncknadcln festqcstcckt und dann, lose das Gesicht einrahmend und die Ohren freilasscnd, auf der .Hohe der Büste (wiederum mit de» gewählte» Blumen) befestigt. Je nach der Figur steckr mau hier mehrere Falten und läßt die Enden lose herabfallen. Ist das Tuch viereckig, so befestigt man es am Rücken ebenfalls in einigen Falten, ES soll ungefähr einen halben Meter über den Gürtel binabreichen und den Ober körper leicht und graziös einhüllen, ohne ihn zu beschränke!!. Ans diesem Grunde kleidet die Mantilla jede Figur, ob stark oder dünn, und die Farben stellung. schwarz, hochwth und golo, ist für ledcs Alter günstig. Kleidsam ist auch das Kostüm, welches mau in Deutschland zur Zeit Goethe» und Schiller's trug, und ferne Herstellung ist nicht allzu schwierig. Sicher besitzt jede Dame unter ihren Kleidern einige, von denen sie Thcitc entlehnen kann. Eharaktcristiich für jene Tracht sind Frisuren und Falbeln auf Röcken und Leibchen, glatter Unterrock von abstcchcnder Farbe, geraffter Uebcrrock. der, vorn offen, den Unterrock sehen läßt. Kurzer Aerinel mit breitem Volant, Rüsche ober Ausschlag oberhalb des letzteren, berzsöriniger oder viereckige! Ausschnitt, darüber oas Fichu mit gebrannten Frisuren, Das Haar glatt aus der Stirn gekämmt, hinten in zwei oder vier runde Locken geformt, die auf Hals und Schultern fallen, gepudert und zu großer Toilette mit hochstehenden Federn und Blumen, zu Hans- und Straßcnwilctte, bei lungen Mädchen mit Schleifen und Hüten, bei Frauen mit Hauben ge schmückt. Diese letzteren bestehen nus rundem Kops und einer Passe, auf welche 2 oder 3 gebrannte Falbeln übereinander fallen. Sie gehen rund um den Kopf. bedecken fast die Ohre», lassen aber, vorn schmäler werdend, einen Tkcil des HaarcS sehen. Wir wollen veriuchcn, einen solchen Anzug zu kombinsten. Ncbmen ivir an. eine Dame sei im Besitze zweier Heller Seidenkleider, das eine rosa mit schmalen Volants, das andere blau, mit glattem, weiten! Rock und Scho-oß- taille mit engen Aermeln. Das blaue Kleid wird sich als Ucbcrtlcid, das rosa als Unterkleid eignen. Die schmalen Volants geben Rüichen a Ir Ac-ills km flache Doppelfalien gelegt und an beiden Seiten sestgenähts. Sie schließen den unteren Rand der Vorderbahn des rosa Rockes ab und begrenzen den Ausschnitt und kurzen Acrmcl des blauen Lcibchens, AnS dem Ucberrock entfernt man die Vorderbahn und setzt längs der beiden Seitenbabnen an den Rand eine breite Spitze und daran schließend eine rosa Rüsche, Ans den Hüsten wird der Ucberrock etwas gerafft Das Schößchen der Taille trennt man in den Nöthen bis zum TaiUenschlnß ans und nmgiebt den Rand niit rosa Paspeln. Die Aerinel schneidet inan über dem Ellbogen ab, setzt eine entsprechend breite Spitze an und darüber die roia Rusche, In den boch- toupirten, gepuderten Haaren wich sich ein Tiisi Risten mit Samnictschleife sehr aut ausnehmen. Eine Spitze füllt zum Theil den tiefen Aiisffbnitt. Ein breites Sammtband um den Hals, ein Schönpftästcrchen aus Schläfe und Wange hebt die Weiße der Haut, der man nöthigcnsallS mit etwas Puder nachhust. Ein solcher Anzug ist paffend für Frauen >n jungen und mittleren Jahren. Die Matrone wird dunklere Farbe wählen Anstatt die Taille anszuschnekden, schlägt inan sie vorn ein wenig ein und fetzt eine gebrannt Rüsche a». die die Oeffnung fast völlig deckt: das Uebrige besorgt das Hals band mit Kreuz. Die Aerinel abzuschneideu, läßt sich ganz vermeiden, wenn man sie in der inneren Nath auftrennt, sie breit mit Seide in lebhafter Farbe abfüttert und dann umschtägt. Zur Ergänzung erhalten die Aermet ebenfalls einen Spitzenvolant, Hat die Taille Schöße, so schlitzt und paspelt man sie wie oben beschrieben, sind zwar letzteres mit der Farbe der Acrinclaufichläge Ist die Taille rund, so wird das Fichu — von weißem Mull oder Batist mit gebrannter Frisur — so lang geschnitten, daß man es hinten binden kann. Im erstcren Falle kreuzt man es nur vorn und steckt die Enden unter dem Arme fest. Die Form des Fichus ist sehr einsach, ein Dreieck, dessen schräge Seite man etwas ansbohlt, Tie Größe berechnet man folgendermaßen: Man mißt von der Taillcumittc im Rücken, lose vom Gürtel, schräg aufsteigend über den Oberarm, Brust, bis wieder zum Gürtel. Das so erhaltene Plan ist die Länge einer geraden Seite. Soll das Fichu hinten geschlungen werden, so ist das Blaß entsprechend zu verlängern und kann recht gut tVe Nieter betragen. In diesem Falle rundet man die Hintere Ecke ein wenig ab. Der Rock darf weit und glatt sein, auch eine mäßige Schleppe haben, wenn er von Seide gefertigt ist. Obgleich letztere einen eleganteren Eindruck macht, so kann man zu dem beschriebenen Anzuge auch seine Wolle verwenden, und würde ich dann schlanken Personen eine weite weiße Schürze mit ringsherum gekrauster Spitze oder schmaler Falbel empfehlen. Dazu Stöckelichübe mit blauten Schnallen und Filethandichnhe, Tie Haube erhält farbigen Band- schmnck. Dieses Kostüm hat neben dem Bortheil großer Billigkeit noch den des beauemen Tragens und besonderer Kleidsamkeit, Es heimelt uns an. weit wir gewöhnt sind, uns die Gestalten ans den Werken unserer größten Dichter in ihm vorzustellen, c: A, Gefrorene Kartoffel» und andere Gemnicarten macht man ge nießbar, wenn man sie in Schnee legt, dem etwas Satz beigcmiscbt wurde: ebenso kann man tattes Wasser verwenden. Nach 4—5 Stunden bringt man die Vorrüthe an einem luftigen Ort zum Trocknen. Man wäblt zu diesem Bchnfe einen srostsreien Tag, c s n cl?. Tu kamst zu mir wie lindes Wehen, Vom Märcbeneiland bergcsandt. Wo weiße Lilien träumend stellen lind blaue Veilchen trägt der Strand. In Deine lieben, lieben Hände Tn schlossest sacht mein Herze ein — lind meines Zimmers kable Wände Ilms!irrte Sonünersonnenschei:!, Wunschlos und still ward meine Seele, Als ivie ein Glvcklein tief und voll, Und zanbcnnß wie Plüloinele Die Rede Deiner Lippen scholl . . . Nun willst Du geb'n' Es lammt wie Leiden Tic Trennnngssinnde über mich — Mein Märchciitrahin wird mit Dir scheiden — Wie leer mein Zimmer ohne Dich! rräthsel-Lcke. Tie Erste jagt oft über Meer und Land, Die Zweiten liebst Tn, Spitzen d'ran »nd Band, Das Ganze findest Du in Rübezahls Gehege, Und — freue Dickt — ans wohlgcbahntcm Wege, o:: c-- -r- Vuedstaben-rrätbsel. Setzt man für jede Zahl eines Uhrcnzisscrhlattcs einen Bnckstabcn, so ist: l — U>, ein Fach, 1V — VII> eine biblische Speise, IX—XII eine Farbe, U -- IV eine Wicsenart, II — V und V-—VIII je ein Mädchenname, VII —XI cm oft und überall gebrauchter Gegenstand, X —I eine historische Jniel, xll — III eine heidnische Gottheit, VIII rückwärts bis IV ein asiatisches Land Felix Rcischnrr 2lritb„logr>'plf. I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Eine Stadt in Mäbcen, 7 6 12 17 Ern Nebenfluß des Rheins, 7 16 9 10 Eine deutsche Festung 7 6 8 17 10 Eine Stadt am Rhein. 10 17 6 12 7 Eine Stadt in Böhmen II 3 2 9 2 Eine der Parzen, 14 6 5 7 16 17 Eine Oper, 7 6 17 17 15 16 8 7 Eine Stadt in der Pfalz, 1 16 8 15 17 6 14 15 9 16 17 Ein hohes Fest 4 Ui 6 17 I I I I 13 ,6 12 14 15 Eine Republik 6 7 5 8 14 II 6 17 16 5 12 17 Eine Oper von Metmrbeer, SZs Aelletristische Sonntags-Meil'age Zll Lcil ,Msd»kr Nachrichten". IN. Sonntag, den 12. Februar. L8V8. Die chinesische Mauer. Roman von Marie Bernhard (Fortsetzung Nelln hatte mit Nicolas weder Tag noch Stunde eines neuen Stelldicheins verabredet. Wie konnte sie die?, überwacht und beobachtet, wie sie war? Frau Starke, wie^chon gesagt, war unberechenbar geworden, es gab jetzt gar keine bestimmten Stunden mehr für Nelln. in denen sie unbemerkt davon- schlüpien konnte. Liber Nicolas hatte ihr für alle Fälle gesagt, daß er jeden Nachmittag, wenn die Hitze ein wenig nachgelassen habe, einen weiteren Spazierritt unternehme, immer allein, denn sein Vater bedürfe seiner keines wegs : der habe jetzt den Logirbesuch eines Verwandten, den er sehr gern möge, und könne daher den Sohn ganz gut entbehren. Wäre es ein kühler Tag. so reite er über Feld nach der Fnedricksböbe oder dem Erlenthal, wäre der Tag sehr beiß, so ginge es auf alle Fälle in den Buchenwald, Der heutige Tag ließ an Hitze nichlS zu wünschen übrig, ihr Freund würde also im Buckcuwald zu finden sein. Sie batte ihn ja noch eine Menge von Dingen zu fragen, bei ihrem letzten Zusammensein hatte er gerade in mitten seines Berichts über seine amerikanische Eoncerttourncc abbrechen müssen, weil es für Nelln die höchste Zeit war, nach Wulfsbagen zurück zukehren. Sie batte immerfort denken müssen, was nun wohl »och Alles kommen werde, was ihr Nicolas bisher von seiner Kimsllerlaufbahn erzählt hatte, war gerade genug gewesen, ihren schon seit Langem gehegten Wunsch, gleichfalls in die Oesfentlichkeit zu treten, zu einem flammenden Begehren zu steigern. Sie war wie ein Kind, das heimlich einen verbotenen, berauschen den Trunk geschlürft hat und es nun nicht abwartcn kann, mehr, immer mehr zu trinken' „In den Wald werden wir? ' fragte Sylvia. die- mit ihrem Emme fertig war. „Darf man denn nicht ein bischen reiten. Nell ? Ich bab' es so lange, lange nicht dunen und thn es so schrecklich gerni" Tie Gefragte fuhr aus ibrem Sinnen empor, „Reiten ? Natürlich sollst Du! Ick thn es auch i „Und Gran? Nehmen wir den mil?" Fallt uns gar nickt ein! Tie Wolfshunde können dabei sein und unsere Beschützer abgcben. Du nimmst Pollnr und ich Eaftov. wenn sich unsere Wege trennen," „Bleibst Du denn lange fort, Nell?" „Ein Stündchen höchstens, Du tannst Dir ja ein Buch in den Wald mitnebnien, wenn Du daS magst.' „Ael>, was Du denkst! Der Wald ist ja schöner, als alle Bücher der Welt znsaininengenomme!!, lind Du weißt, ick langweile mich niemals, wenn ick allein bin, ich bab' immer so viel zu denken," „Sckön al>o!" Tn kannst den Pony bekommen, und ich nehme Papas Restvserd," .Aber kann auf dem überhaupt eine Dame sitzen?' „Wenn die Dame Nclly von Wülsten heißt, so kann sie es jedenfalls," Snlvbe sab bewundernd in das reizende, stolze Gesicht ibrcr schönen Schioester, die sich selbstbewußt emporgcrichtct hatte. Im Grund bezweifelte sie es ja gar nicht, daß Nelly eben Alles konnte, was sic nur wollte. Es siel ihr auch nicht ein, etwa zu widersprechen, den Pont; abzulehncn, ein anderes Pferd ans Papas Rettstall zu wünschen. Der Porw war zwar wunderhübsch, bellbrann mit langem, weißblonden! Schweis und ebensolcher üppiger Mähne, aber er war bereits etwas betagt und saul, stammte ans Rellns suchen ttindersabren unv hatte seine eigene Meinung in Bezug ans die Gangart, die er zu nehmen gedachte. Paßte cs ihm, so setzte er sich in einen kurzen, schaukelnden Trab, paßte es ihm nicht, io brachte ihn weder Zügeldruck noch Pcit'chc, noch Zuruf dazu, den gravitätischen Schritt, den er für gut befand, anizngebcn und ein anderes Tempo anznschlagcn Der Pony fand es >eden- talls seiner unwürdig, den jungen Mädchen, die er als Kinder auf seinem Rücken getragen hatte, blindlings zu gehorchen, mochten sie sich doch lieber ihm fügen, Die Schwestern verabredeten noch, daß Grau selbst ebnen die Pferde satteln und verführen sollte, um jede lleberwachnng zu vermeiden, dann hob Nelln die Tasel auf, faßte ihre kleine Schwester um die Taille und wirbelte sie in aufgeregter Lustigkeit durch das düstere Zimmer, „lins selbst überlassen! Frei! lind nickt auf einen Tag, ans drei Tage, Gran hat cs gesagt! lind wenn der Cerberus auch nicht die ganze Zeit über Migräne haben kann, io oder so, ich mack' ihn unschädlich, mir wird schon allerlei einfallen! Jedenfalls, der heutige Tag gehört uns, Svlphc, Er gehört uns!" 14. Kapitel Günther von Döhlen war ziellos gewandert, Waldaus, waldein, Er batte zwar sein Skizzenbuch mit, aber er wollte heute nickt malen, nur die Angen ruhen und sich die Seele erauicken, weiter nichts. Fand er etwas, das ihm wünschenswcrth schien, mit dem Stift sestgchalten zu werden, so zeichnete er es sa doch , dafür kannte er sich selbst hinlänglich genau. Bisher aber war da? nickt geschehen, und da? war ibm lieb Und allein hatte er sein wollen! So werth ihm Onkel Egon Periwczewski war. ihm war darum zu thun, seine liebe, alte Heimath auch einmal ohne Begleitung durchstreifen zu können, zwecklos zu gehen, nicht nach einem bestimmien Plan ... hier abzubiegen und dort emporzukletteru. ohne Rede stehen zu müssen. waS er denn da wolle und ob es da etwas besonders ScbenswertbeZ gebe. Keine Menschenstimme wünschte er zu hören, einzig das Schwatzen der Vogelstimmen oben in den Bäumen und das Flüstern der Blätter, wenn der Sommerwind die Wipfel rührte. — Herr von Pernyczcwski verstand den Neffen gut. Er kannte selbst solche Stimmungen, und daß ein Künstler tlmen unterworfen war, schien ihm noch weil natürlicher. Ueberdies war Krossau Günthers Hcimatb. Man mag der „Mutter Erde" auch einmal ganz nabe sein, ohne daß em Anderer Einem dabei zusiebt. Daher hatte der Gutsherr beule sebr geschäftig mit Bücher führen und Rechnungendurchseben getban, etwas von drückender Hitze Ge murmelt und vom späten Abend, an dem er wohl erst seinen Bau verlassen werde, und hatte den Neffen mit einem stillen Lächeln ziehen sehen. Daß er lick nicht das Pferd satteln ließ, sprach am meisten dafür, daß er heute seine eigenen heimlichen Pfade zu gehen gedachte, „Er wird eS sehr heiß haben, der arme Junge, bis er in den Watd kommt!" dachte Herr von Pernyczewski bedauernd bei sich. „Aber er muß ja wissen, was er zu thun hat!" Heiß hatte cs Günther freilich gehabt, und auch jetzt, wie er in de» Wald kam, spürte er zu Anfang noch nickt die geringste Kühlung. Die im Laufe des Tages aufgesangcne und eiiigelammelte Sonncnglutb troff gleich sam in heißen Strömen an den Stämmen der allen Baumriesen herab, dre ibr Wnrzelgcstcchr weithin über den Erdboden erstreckten. Kein Wind. Nur ab und zu in den Kronen ein Laut wie ein lenes Stöhnen, als seufze der Wald in der erschlaffenden Hitze. Bemal« ausgetrocknel war das Bett deS Bächleins, in spärlichem Sickern nur kam die Wasserader, sonst ein rieselndes Qucllchcn. aus dem Frlsgestein geschlichen, und die Brücke, die im Herbst, wenn der Bach zur hochgehenden Ftukb anickwoll, zur Notbwcudigkeit winde, hing heute wie ein Hohn über dem Kies- und Stcmgcröll, das kaum feucht genannt werden konnte. Horch, der Kukuk! Sein eintönig melodi'cker Ruf klang herüber, wie die Sinne des Waldes selbst, wie sein Lacken, Oder war es Pan, der alte Waldgott, der da mit des Kukuks Tönen lachte? Schlüpfte nicht dort, wo die eisgrauen Fichten mit idren langberadbängenden Bärten standen, ein Elfchcn bcwor und setzte den silberweißen Fuß in die bunten Kiesel, um den seine» Wanerstrahl aiifzufangen, der aus der Brust des Feliens niederiann? Nickis! Nur den eigenen Herzschlag hotte Günther, wie er eine Minute schweratbmcnd stillstand Zauber der Heimath! Zauber des deutschen Waldes! Er kam doch aus dem Süden herauf, der wabrlich schön und berück« war, die Stimme gefangen nahm, das Auge verlockte ... hier aber ... hier! Was io wehmülhig und so stob, so märchenhaft still und ernst ihn umfing, nein, das hatte der Süden doch nicht, das konnte er ibm nicht bieren. Und wie der warme, herbe Dust der sonnengetränkten Tannen und Kiefern eben jetzt zu dem jungen Manu herüberwebte und er der dcukschen Weihnachten gedachte, die ihm Eltemliebe und Hcimatb lange Jahre hiudurckberettet, da blieb er stellen und drückte die Augen ein, und ihm wurde die Seele weit in traurig süßen Erinnerungen, Möchte er mit Nicolas tauschen, der das Alles nicht empsand. eS mit leidig belächeln würde? Möchte er sein deutsches Herz, seine Kunst hingeben für noch so viel Schönheit und Begabung? Es kam über ihn wie ein großes Dankbarkeits- und Glücksgefühl, zugleich ein seltsames Empfinden, als müsse der heutige Tag ihm noch ein Geschenk bringen — ein unerwartetes — ein schönes. Dicht am Rand des Quells standen Vergißmeinnicht, eine ganze Menge. Günther bückre sich und pflückte eine Hand voll, noch eine! Für wen? Er wußte es nicht! Für sich selber kaum, denn er liebte eigentlich nicht ab- gepslückte Blumen, es tdat ihm leid um jede, die man vom Stengel brach. Hier unten gab es Schatten; wie das wohl tbat, und wie die brennenden Hände sich kühlten, wenn man sie unter den herabsickernden Wasser strahl hielt. — Das verliebte Girren zweier Waldtauben wurde ganz in der Nähe hörbar. Er hob den Kops und spähte aufmerksam umher, konnte aber nichts entdecken. Durch den Wipsel der großen Schirmtanne, unter welcher er gerade stand, siel das Himnielslicht mit einem ganz seltsam getönten Blau herein, das machte die Beleuchtung, Und brachte man das dann auf die Leinwand, so nannten die Menschen eS „unnatürlich" und sprachen von „forcirtem Frcilicht" und von „gesuchten Effekten" l „Kommt doch her, und seht!" Er lachte kurz vor sich hin. Am Bach des Waldes entlang wandernd, kam er zu einer kleine» Anhöhe, die kannte er gut. Mit seinem Hausiebrer war er hier zahllose Male als- Knabe emporaektommen, um Erdbeeren zu Micken, die hier in seltener Fülle wuchsen. Ob es jetzt wsbl noch welche gab k Richtig, da standen viele unter den nickenden Farrcnwcdeln, und ivie sie würzig dufteten und süß schmeckten! Bor langen Jahren hatte er die schönsten in ein Sträußchen ge sammelt und mit heimgenommen „für Mama!" Deutlich sah er sie vor sich, wie sie sich über ihn neigte, um ihn zu küssen: „Dank Dir, mein Gimtherchenk Die werden aber schmecken, well Dn 6e o.evsinckt best!"