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-omck» t». SrMm-rr »tr — «Dresdner Nachrlchken" — )tr. 4ZS Sette S k Berliner Allerlei. _D«r Her» find «estlmtl* — Gt«rsnche t« Ln»«p«rr. — Ferte» «ns »er «nß l» »er Snkt — V»» L^lfingsor» z» MnffsllUl.— Dt« MenschtzeU wird «uis»r«. — Wen» Greisinnen t«nz«n. — »«» eine» Nissers»«». »Der Herr find soede« gefilmt!* Man prallt zurück, wa». gesllmt? vor einem steht, mitten tm Gewühl de» vür-erstetge», etne Dam« und sagt e» Drückt einem auch «inen Nummerzettel tu die Hand. Unter dieser Nummer kann man tagt» daraus seine Bildchen verlangen: Kostenpunkt nur «ine Mark! Wahrhaftig: da steht la auch der Kurbelmann am Rande ded Bürgersteig». Dreht meuchlings zwei Sekunden seden ahnungslos sich Nähernden, von dem er annimmt, dah er etne Mark lose fitzen hat. Besonder« aus Pärchen hat er e« abgesehen. Und nun steht man entgeistert mtt seinem Nummerzettel da und versucht instinktiv, sich die eigene Haltung in den historischen zwei Sekunden vorzustellen. Hat man nicht besonder» blöde vor sich htngelächelt? Den Regenschirm krampfhaft komisch gehalten? Die dicke Zigarre lächerlich -wischen den Zähnen hängen lasten? Man geht in Gedanken weiter, vielleicht nur 10g Meter in derselben Straße. — rrr —, schon ist man vom nächsten Kurbelmann gefilmt. Und wieder vertritt einem seine Assistentin den Weg. ES ist eine Seuche. Im Juli hatte mau von ihrem ersten Auftreten gehört. Da hatten die beiden Jüngsten, vom Tauentztenbummel mit zwei bekannten Mädels, solche Mtniaturbtldchen mttgebracht. Jetzt ist man nach sechs Wochen Ferien aus dem Auslande heim» gekehrt, und in Berlin, auch in anderen deutschen Grobstädten, trifft man überall diese drehenden Attentäter. Die Neuheit seht, sie machen glänzend« Geschäfte, eS gibt mitunter auf »lese Weise ganz ulkige Andenken an irgendeine Reise, endlich eininal nicht »gestellte* Photographien, wie Else bei den Tauben auf dem MarkuSplatz, Else vor Trollhättan, Else aus der Bvvalhütte, Else und Admiral Nelson. Else tm LSivenhof, Else in Dreß auf dem Sportdeck. Aber schon ist dir Uebrrproduktion da. Nach zwei Monaten dir Pleite. Hast du ein Ftlmgesicht? Da» ist die Frage, die sich tägliche Tausende junger Mädchen vorlegen. Nicht bloß so aus der Straße geknipst werden, in drei Momentaufnahmen schließlich sestgehalten, Kostenpunkt ein« Mark: nein, Star werden, hundert Meter lang in zusammenhängenden Szenen fich kurbeln lasten! Der Lunapark lädt zu einem Versuche ein: Männer vom Fach würde» offen vor allem Volk etne Probe veranstalten, die beste der erprobten Damen aus dem Volke werde vom Fleck weg engagiert. Aus dem großen Frei- podium in der Mitte drängen sich die künftigen Star» mit groben Nummerplakaten am Kleide, setzen sich aus die lange Reihe von Stühlen, kriegen ein Fläschchen in den Ausschnitt und einen Briefbogen in die Hand gesteckt und sollen nun mimen, daß sie — ha, der Elende — den Verrat de» Liebsten erfahren. Gift nehmen und in Verzwetslung sterben. Also sie lesen, sie trinken, st« verzerren die Gesichter und sie fallen reihenweise von den Stühlen: aber es stirbt sich schwer, wenn ein tausendköpftgeS Publikum wiehernd lacht. Ach, ist da» schön, sein alte«, lustiges, amüsterfreudtgeS Berlin so wtederzusehenl Das heißt, nachdem man sich gründ. lich von ihm erholt hat. Gegen Ende des Plauderjahre» stebt es einem immer bis an den Hals. Man ist so Menschen- müde, so menschenmüde. Ganz zerschlagen habe ich mich diesmal zunächst auf die hohe See gerettet, als Gast des schönen Lloyd-DampferS »Madrid* die vier nordischen Hauptstädte und noch zwei andere Häfen besucht, nachdem ich vorher auf Sylt ein paar Tage lang den Großstadtstaub mir abgespült hatte. Solch etne Erholungsreise zur See ist das beste für abgehetzte Nerven. Und der Norddeutsche Lloyd, stark benutzt von Westdeutschen, Süddeutschen. Mitteldeutschen, hat meist, n!ur wenige Berliner an Bord. Mich kennt doch hoffentlich ketzrer? In der Pastagierliste und auf dem Schildchen «nchkner Kabknentür steht nur mein Name, nicht Stand und Beruf. O Gott, da sitzt ja einer auf dem Promenadendeck und liest die »Dresdner Nachrichten*! Ich bin verloren, wenn Leser mich entdecken, erkenne», be- schlagnahmen und dann vierzehn Tag« lang Unterhaltung erwarten, während ich doch nur schweigend genießen will. Man kann e» so bequem auf einem großen, in der guten Jahreszeit kaum schwankenden Dampfer. Im Speisesaal — erstklassige SanatoriumSverpflegung — ein Eckchen an der Wand am kleinen Tisch. Gut so. Und die Ltegestühle oben auf dem BootSdeck an die Sonne. Front zum Meer. Mag hinter mir gackern, wer will. Den »Alleswisser* — es gibt immer «inen unter den Passagieren, der ständig alles er kläre» «lll — hört mau gelegentlich zwar auch hier. Aber man HSrt nicht hin. Hie und da schaut man sich blinzelnd und genesend nach den ersten Tagen auch schon die Mitreisenden an und registriert sie innerlich, gibt ihnen die passendsten Namen. Da ist der vellermann, da da» vordgespenst. da dt« Unausstehliche Familie, da da» MetSj«, da der ver- kümmerte Mar^ da der potenzierte Stresemann, da der Senator, da Ibsen» Nora. Nach einigen wetteren Tagen streckt man sich schon wohlig und sängt an. ein wenig sich an dem vergnügungsbetrieb zu beteiligen. E» gibt eine Gymkhana, eS gibt Bälle, e» gibt Decksport, e« gibt «in »onzerh e« gibt ein Kostümfest. Alle Ständig — eS ist tm allgemeinen nur gute Gesellschaft — mischen sich. Im Rauch, »immer sitzt neben zwei Freiherren und einem Plantagen- besitze» au» Bahia ein kleiner Antiquar aus Südwestdeutsch land, der Löcher tm Borhemdchen und für festliche Gelegen beiten nur etne Lüsterjacke hat: man sagt ihm, er soll doch heiraten, dann werde ihn seine Frau schon in Ordnung halten, aber er antwortet, nein, lieber verbrauche er sein Geld zu so schönen Reisen. Schließlich, gegen Ende, taut sogar der schweigsame japanische Oberst Fujikawa von der Berliner Botschaft etwas auf und beteiligt sich gelegentlich an der Unterhaltung. Sonst hat er sich nur für Wasserstraßen interessiert. Wie die große »Madrid* sich zwischen den zahl- losen Felseninseln hindurchschlängelt. Während der Schären- durchsahrt vor Stockholm verkntpst Fujikawa in einer Stunde 4« große Filme, links, rechts, links, rechts, links, rechts, es geht wie Maschinengewehrfcuer. Aus dieser Btlderrcihe kann man die Fahrrinne kartographisch rekonstruieren. Vorhang herunter, Vorhang hoch, neue Szene: Der Süden. Unter möglichster Vermeidung der Eisenbahn <ver- rußte Nasenlöcher sind mir unsympathisch) sause ich durch reine Lüfte tm Flugzeug, hin und wieder her über Deutsch, land tm Landflugzeug, draußen in Italien tm Wasserflug, zeug, in deutschen Dornter-Wal-Maschtnen. Traumhaft schön ist besonders daS Entlangrutschen an Italiens Schienbein. Bon Genua über Ostia und Neapel bis Palermo führt etne Linie. In Rom habe ich daö denkwürdigste Erlebnis dieser Ferien, «ine Unterredung mit Mussolini im Palazzo Biminale. Zu Hause in Berlin liegt schon ein entrüsteter Brief von Tante Molchen aus Ostpreußen. »Ist das nu etne Erholung?* zetert sie. Sechs Wochen Stille am Strande in Nanschen oder tu der Oberförsteret bei Darkehmen wären bester für mich gewesen, sagt sie. Ach. Tantchen. daS ver- stehst du nicht. Ich weiß wohl, daß ich in der Familie »der rasende Reisende* heiße, aber gerade das ist für mich die beste Erholung, der rasche Wechsel immer neuer Bilder und Eindrücke, der mich auf eine Weile Berlin ganz vergessen läßt, mir für später reichhaltiges Vergleichsmaterial gibt und wohlige Erinnerungen schafft. Säße ich statt dessen wochenlang in derselben Pension mit Frau Rechnungsrat links und mit Frau Studtenrat rechts, immer intimer be- kannt auch mit Herrn Regterungörat und Herrn Amts» gerichtsrat. so würde ich verrückt vom ewigen Konversation- machen. »Ja, was ich sagen wollte, die Gehaltserhöhung müßte . . .* »Und die Spannung zwischen Klasse 9 und 10, ntchtwahr . . .* Nein, meine Lieben, Eure Sorgen in allen Ehren, meinen Berliner Beruf in allen Ehren, aber über beides will ich gerade in den Ferien um alles in der Welt nicht plaudern: da lerne ich mehr und da erhole ich mich mehr, wenn ich irgendwo im lauen Waschblau des Mittel- meereö mich zwischen vier Damen aus Messina, einem Maler aus Paris, einem Deutsch-Elsässer aus Kolmar und einem lettischen Studenten finde. Bier Tage später kenne ich sie nicht mehr. Und in der Zeit nach dem Abendbrot, wo tn der typischen deutschen Sommerfrische die Herrschaften stunden- — tn aller Ruhe und sehr gründlich den Reiseführer oder sonst ein gutes Buch. Diesmal hat mir das Glück ein noch ungedrucktes Buch, da» erst im Oktober erscheint, tn die Hand gegeben: »DaS Verhängnis der Zarin* von M. v. Sneffarew. ch Hab« da» Manuskript, zuerst auf der Nordsee^vstsee- undfahrt, bann tm Süden, nicht weniger als viermal hintereinander verschlungen. DaS war mein »weite» großes Erlebnis. Ansonsten habe ich — t« der Berliner Pause »wischen beiden Fertenhälften war ich natürlich wieder tm Wellenbad tm Lunapark — in Westerland und tn Helgoland, tn Kopen- )agen und tn HelstngsorS, tn Ostia und in Sestri Levante sest- tellen können, daß die Uniformierung der Menschheit reißend zunimmt. Ich meine nicht die äußere gewisser Kleidungs stücke: baß männtgltch in Europa heute tm Sommer dt« katalanische Kappe mit Stengelchen auf dem Hinterhaupt« trägt. Nein, der Unterschied der Geschlechter verflacht sich. Schon beim Kostümball auf der »Madrid* hatte eö Ver wechslungen gegeben. Eine Dame, die tm entliehenen Ge wand etne» Steward» erschien, hatte sich »war die Haare im Genick, aber nicht den Flaum auf der Oberlippe rastert. Mit einer anderen Dame tanzte ein Herr und ließ st« entrüstet stehen, als er merkte, baß auch sie ein Herr sei. Und nun tn den Bädern, tn Westerland und tn Helgoland, tn Kopenhagen und tn HelstngsorS, tn Ostia und tn Sestri Levante: eö ist alleSgeschlechtSlo», man weiß bald gar nicht mehr, was für ein Wesen eS ist, das neben einem ins Wasser steigt. ES hat jebensallS keinen Busen mehr. Es hat nur so etwas wie zwei Schemtsettknöpschen. Die Folge davon ist rapide zunehmende Sittlichkeit. Oder, tm Ernst gesprochen, Unbefangenheit. ES fehlt die erotische Reizung, man ist harmlos, man tollt jungenhaft miteinander. In einem Famtlienbad — andere gibt es nicht mehr — sah ich sogar, waS früher undenkbar gewesen wäre, einen katho. lischen Priester, der nicht die Hände über dem Kopfe rang. Danach erst ist e» mir ausgefallen, daß fast nirgends i» der Welt mehr Frauenabteile tn den Eisenbahnwagen existieren. Sie sind sang, und klanglos verschwunden. Man braucht sie nickt mehr. Ob eS mit dieser Unbefangenheit aber — noch weiter gehen wirb? Hoffentlich nicht. In HelstngsorS in Finnland, tn Schweden ist e» übrigens ebenso, baden Männer und Frauen völlig nackt, kleiden sich auch geineinsam am Sandstrand oder auf den Klippen aus und an. ohne daß jemand — es gilt ja als ganz natürlich — dabei sich geniert fühlt. Aus unsere Frage in Hclsingforö, als wir zufällig da hineingerteten, ob man sich beim Wärter Badeanzüge leihen könnte, wurden wir ausgelacht. Wir badeten nicht, es ging uns Mitteleuropäern doch wider den Strich, wir sahen nur zu. Aber was wir da sahen, das war allerdings keine unmoralische, aber eine höchst unästhetische Angelegenheit. Wir sind nun mal nicht alle alö Apoll oder als Juno er schaffen. Seid gnädig, behaltet die Badeanzüge bei! ES gibt auch Altersgrenzen, die man respektieren muß. Ich habe in den letzten Jahren die Emanzipation der vierzig- jährigen, der fünfzigjährigen Frau froh begrüßt. Mögen sie jung bleiben und nicht die Matrone markieren. Aber nun sitze ich beim Künfuhr-Tanztee im Dachgarten des Eden- Hotels iübrtgenS zum letzten Male, seit ich jetzt weiß, wie eS sich im Flaggenstreit stellt) und sehe unter den vielen künst lich Auslackterten etne annähernd siebzigjährige Dame, eine geschminkte Mumie, die sich von einem Eintänzer schwenken läßt. Nach einem einzigen Foxtrott ist sie völlig echauffiert, zittern ihr die Hände, sinkt sie nachher an ihrem Tischchen fast zusammen. Ein gräßlicher Anblick. Der reine Toten- tanz. Es gibt kaum etwas Widerlicheres, als diese alltägliche Assembler auf dem Dachgarten von alten Damen mit Wackel köpfen, die höchstens dann einen erfreulichen Anblick böten, wenn sie tief vermummt auf einem Kamel tn Ostjordanland etnherschwankten. Im Rundfunk höre ich gestern daS erlösende Wort für solche Zustände. Eine Niggertruppe singt. Und sie singt auf englisch: »Ist es nicht eine Schande, Schande, Schande, wenn man Sonntags, wenn man Sonntags, wenn man Sonntags seine Frau verhaut, wo man doch Montags, Dienstags, Mitt- wochs, Donnerstags. Freitags. Samstags Zeit dazu hat?* Rumpel st ilzcheu. este kM 5eise im MM lznä w ebich Ww'IMMl AM1»««ÄMMLO'W WH MeiWzI.lMWMliz'WiM. . Ä« zMili vsmsiM ak dort« lob! * Elegante Damenküte, moderne pilrküte, Laplins I^ur Qualitätsware / blur allerlstrle dleukeiten / vskannt niedrige Preise v. 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