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7838 Börsenblatt f. d. DtschN. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 16Ü, 20. Juli 1908. ministen weitere Ausführung überlassend, die das Messer nicht leisten konnte. Eins der köstlichsten Blätter, zugleich eins der ältesten Cr- Zeugnisse des Bilddrucks ist der erst kürzlich erworbene St. Christo ph orus (Nr. 100) aus dem Anfänge des fünfzehnten Jahr hunderts, der noch nirgend beschrieben ist. Das Blatt stellt eine kräftige vollbärtige Gestalt von jüdischem Typus dar, von den Knien aufwärts mit doppeltem faltigen Gewände bekleidet, schreitet sie etwas gebückt durch bewegte Wellen zwischen zwei hohen Felsen zum Ufer, wo sie einen Eichbaum unter der Krone erfaßt. Das Christusktnd sitzt auf seiner linken Schulter mit fliegendem Mantel um den Kopf. Das Kolorit ist gelb, grün, mattpurpur und zinnober. Bedeutend erscheint kaum minder der Christus am Kreuz (Nr. 23) aus derselben Zeit. Der Heiland hat den Kopf zur rechten Seite geneigt, man sieht die Nägel der Ver bindung beider Kreuzteile. Rechts am Kreuz steht geneigten Hauptes Maria mit im Gebet zur Brust erhobenen gefalteten Händen, die aus der in schönen Falten herabfallenden Gewandung hervorschauen. Johannes steht trauernd mit auf die rechte Hand gestütztem Kopfe. Das Kolorit ist rot und blau. Das Blatt dürfte um 1430 in Bayern, vielleicht in Nürnberg, ent standen sein. Der Kruzifixus, Nr. 60, mit Spruchband in Hufeisenform gehört ebenfalls zu den künstlerisch hervorragendsten Leistungen der alten Holzschneidekunst. Der Spruch lautet: Oui volt vsuirs post ms abusgat eewst ipsu st tobat oruosw suaw st segustur ws. Das Handkolorit ist hier von schöner Zartheit und augenscheinlich wie frisch erhalten. Die -Messe des heiligen Gregor- (Nr. 114) ist ein wohl ebenso bedeutender Holzschnitt aus der Zeit um 1410—1430 be nannt, mit Christus in ganzer Figur auf einer Art postament- artigem Altar vor dem Kreuz stehend, rechts Maria, links Johannes. Eine neuere wertvolle Erwerbung ist der, ebenfalls noch nicht beschriebene »Ungläubige Thomas-, der die Hand an die Wunde Christi legt, indem er ein Knie beugh Christus wendet sich zu Thomas zurück, faßt ihn, weiterschreitend, am Handgelenk. Die Haltung beider Gestalten ist prachtvoll. Das Kolorit: Gold im Heiligenschein, gelb-grüner Rasen, schwarzer Grund, in der Fahne, die Christus trägt, ein rotes Kreuz, im übrigen kommt wesentlich nur noch Violett vor. Die farbige Wirkung ist ebenso großartig wie die Komposition. Die zweite Gruppe zeigt keinen so geschlossenen Stilcharakter und läßt nach vr. Lehrs' Ansicht bereits in gewissem Sinn ein Abflauen der Energie erkennen, mit der die Primitiven ihre Erst lingswerke zu adeln wußten. Immerhin gehören dazu noch Leistungen von großer Schönheit und von hohem künstlerischen Range, wie der Schmerzensmann mit den PassionSwerkzeugen Nr. 61, die Pieta aus einer Folge von 12 zu einem Buch ver einigten Passionsszenen (im Schaukasten), St. Georg, Nr. 112. Auch diese Blätter sind ohne Schattenschraffierungen, also nur in Konturen gegeben. Die seltene Darstellung der drei lebenden und der drei toten Könige, Nr. 151, die im Oawxo savto zu Pisa behandelt ist und die der Meister des Hausbuchs in einem Stich von auffallender Lebendigkeit gibt, finden wir in einem großen Querblatt. Die Mehrzahl der ausgestellten Blätter stammt aus der zweiten Hälfte des 1b. Jahrhunderts. Darunter ist besonders hervorzuheben die große Madonna als Himmelskönigin, von vier Engeln umgeben, Nr. 80, wahrscheinlich niederdeutschen Ursprungs. Dasselbe darf man von einem andern großen Blatt vermuten mit den lebhaft bewegten Gestalten Johannis des Täufers und des heiligen Christophorus, Nr. 121. Die Enthauptung Johannis, Nr. 122, zeigt bereits gewandte Komposition. Die heilige Margareta, auf einem Drachen knieend, Nr. 130, offenbart große Schönheit der Zeichnung, die durch geschmackvolles Kolorit zu er höhter Geltung kommt. Während die Buchillustration mit Ausnahme einiger Kanon blätter und Wappen in der Ausstellung nicht vertreten ist, hat man den Tafeldruck ausgiebig berücksichtigt. Von Einzelblättern mit xylographischem Text heben wir das große ^.vs Naris, mit der Verkündigung, Nr. 4, Zauberei und Unglaube, Nr. 152, und die drastischen Ratschläge für Herrschaft und Gesinde, Nr. 154, hervor. Die eigentlichen Blockbücher als solche, meist lehrhafte Bilder folgen in Buchform (Bild und Text in Holzplatten geschnitten) sind in Glaskästen ausgelegt, darunter das einzige überhaupt vorhandene Exemplar der »Sieben Planeten». Ferner eine ^rs worisncki, Versuchung durch Geiz und Tröstung durch Geduld sind aufgeschlagen, rheinischen Ursprungs und eine andere ober deutsche Ausgabe. Die Uistoria Oavickis (Inder rsguw), von der aufgeschlagen sind links: David besiegt die Amalekiter und Sauls Tod, rechts: David erhält die Nachricht vom Tode Sauls. Zwei Ausgaben der Liblia Uaupsruw, eine Apokalypse und andere meist gut erhaltene derartige Vorläufer des Typendrucks sind ausgestellt. In Rahmen werden noch ein paar Einzelblätter aus Block büchern gezeigt, so aus dem niederländischen Lxsouluw duwavas salvatiouis, aus rheinischen Exemplaren der L.rs worisaäi und einer Lidlia paupsruw. Die reiche Ausstellung ist mit diesen Notizen nicht entfernt genügend charakterisiert. Wir wollen damit nur Andeutungen geben, um zum Besuche anzuregen, der großen Genuß verspricht. Im Vorraum zum Studiensaal sind noch interessante Neu erwerbungen an alten und neuen Stichen, Radierungen, Zeichnungen und illustrierten Büchern ausgestellt, in der Abteilung der neueren Kunst auf der anderen Seite des Gebäudes werden in den Füllungen der Schranktüren unausgesetzt wechselnde graphische Werke gezeigt. Der Besuch des Kupferstichkabinetts und seiner Sonder ausstellungen ist unentgeltlich; geöffnet sind die Räume wochen täglich außer Montags von 10 bis 4 Uhr. Es wäre sehr er wünscht, auch abendliche, oder wenigstens sonntägliche Be sichtigung einzuführen. Paul Hennig. Bericht der HUfSkassrn der österreichischen Buch-, Kunst- ur»d Mnstkaltenhändler über da» Jahr 19Ü7/V8. (Auszug aus der: Österreichisch-Ungarischen Buchhändler-Correspondenz.) — Im abgclaufenen 13. Vereinsjahre, dem dritten seit Beginn der Rentenauszahlungen, hatte die Kasse in den ersten Monaten zwei, beziehungsweise drei und zuletzt, nach dem Tode eines Ge hilfen, zwei Pensionisten, während die Kasse 8 anfangs für zwei und in den letzten Monaten für drei Hilfsarbeiter fortlaufende Unterstützungen ausbezahlt hat. Die Anzahl unserer Mitglieder betrug im Berichtsjahre 40, die Zahl der als Teilnehmer angemeldeten Gehilfen mit 31. Mai 1908 251, der Hilfsarbeiter und Diener 282. An Beiträgen der Mitglieder wurden vereinnahmt: ^ Für die Gehilfenkasse L 6172.— 8 Für die Hilfsarbeiter- und Dienerkasse .... L 1663.50 Der Zuwachs an Zinsen betrug: Für Kasse (Gehilfen) L 4055.46 „ „ 8 (Hilfsarbeiter) L 1062.31 An Widmungen gingen ein: Für Kaffe ^ (Gehilfen) L 172.51 8 (Hilfsarbeiter) L 172.51 Die Ausgaben weisen folgende Posten auf: Unterstützungen an 2 Gehilfen (Juni/August 1907) . L 300.— „ „ 3 „ (Sept./Oktobcr 1907) . L 300.— „ „ 2 „ (November 1907 bis Mai 1908) L 700.— An 1 Witwe nach einem Gehilfen eine einmalige Unterstützung L 200.— L 1500.— Unterstützungen an 2 Hilfsarbeiter (Juni bis Dez. 1907) L 280.— Unterstützungen an 3 Hilfsarbeiter (Jan. bis Mai 1908) L 300 — An 1 Witwe nach einem Hilfsarbeiter eine einmalige Unterstützung L 50.— L 630.— Das Spesen- und Gebührenkonto beträgt für Kasse ^ L 302.32, für Kasse 8 L 79.77, demnach im ganzen L 382.09. Davon entfallen auf das Gebührcnäquivalent L 146.32 (^.), respektive L 36.55 (8). Es verbleiben demnach einschließlich des Barsaldovortrages verfügbare Einnahmen von L 9235.07 für und L 2322.47 für 8. Hiervon wurden im Laufe des Rechnungsjahres angekauft: Für Kasse L. L 8500.— 4A österr. Rente L 8352.76 „ „ 8 L 2100.- 4^ „ „ L 2063.32 Der Vortrag auf neue Rechnung beträgt nunmehr: