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7834 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil ^ 166, 20. Juli 1SV8. die Aufstellung von solchen 1832 zu Posen dem Buchbindermeister Krysztafowicz und einem Theophil Mielcarzewicz gestattet (Ober- präs.-Akten X 36 vol. I/II und Stadtakten 0. XXI. 8.3). Da durch wird es erklärlich, daß man im ganzen 13 Buch- und lithographische Druckereien in der Provinz zählte, davon 2 im Regierungsbezirk Bromberg*), wo sich nachher noch die Olaws- kische Druckerei zu Tremessen auftat. Mit welcher Vorsicht bei der Erteilung von Konzessionen Ver fahren wurde, sobald der Verdacht unlauterer politischer Absichten von seiten des Unternehmers vorlag, zeigt ein Beispiel aus den dreißiger Jahren. Am 27. September 1836 reichte der Graf vlL ubienski -Pudliszki (Kr. Kroeben) bei der Regierung das Gesuch ein, in Posen eine »Lubienskische« Buchhandlung und Buchdruckerei etablieren zu dürfen. Da er zugleich Chef eines Handelshauses in Danzig war, fiel sein Antrag nicht auf, und da er das nötige Kapital besaß, machte das Kollegium sein Placet nur von der Nennung der mit dem Gewerbebetrieb selbst zu betrauenden Persönlichkeit abhängig. Hierauf präsentierte Lu- bienski zu diesem Zweck zwei einwandfreie Männer**). Erst nachträglich schöpfte die Behörde Verdacht, den sie gegen die Minister des Innern und der Polzei und für Gewerbe, Rochow und Brenn, zum Ausdruck brachte: »Inzwischen ist uns jedoch bei den erneuerten Umtrieben der polnischen politischen Propa ganda das Bedenken aufgestoßen, daß eine solche Unternehmung in den Händen eines der ersten Gutsbesitzer dieser Provinz mittel bar oder unmittelbar der Verbreitung von Meinungen dienen könnte, welche der öffentlichen Ruhe und Sicherheit entgegen wirken möchten, — ein Bedenken, das um so mehr in uns rege geworden ist, als wir uns nicht verhehlen können, daß es an und für sich nicht wohl erklärlich sei, warum der Gewerbefleiß des Grafen v. Lubienski sich gerade auf ein solches Unternehmen gerichtet haben sollte« (Konz. v. 15. Nov. Stadtakten a. a. O.). Da jedoch gesetzliche Gründe dem Ansuchen nicht entgegenstanden, wurden die Minister um ihre Entscheidung gebeten. Am 13. De zember versuchte noch der als Historiker bekannte Bibliothekar v. Lukaszewiczim Auftrag des Grafen die Regierung durch die Mitteilung günstig zu stimmen, daß bereits alle Vorberei tungen und Anschaffungen zur Eröffnung des Betriebes erledigt wären (a. a. O.). Hierauf ward ihm die lakonische Belehrung, es sei bedenklich, Zurüstungen zu treffen, bevor man eine Kon zession in Händen habe (Konz. v. 17. Dez., desgl. an Rochow und Brenn, a. a. O.). Auch auf die Minister machte Lukaszewicz' Argument keinen Eindruck mehr, denn sie gaben am 8. Dezember eine abweisende Antwort***). Was nicht auf geraden Wegen durchzudrücken war, wurde nun auf krummen versucht. Am 10. April 1837 bat der genannte, aus Glatz eingewanderte Carl August P o m p e j u s um die Er neuerung seiner Konzession als Bruchdrucker (an Flottwell, Stadt akten a. a. O.). Er war Katholik, deutscher Herkunft und hatte 1829—33 als Faktor seines in der Heinrat konzessionierten Bruders zu Posen gearbeitet und auch die Buchdruckerei, wiewohl in sehr geringem Umfang, betrieben, 1833 sogar zwei Pressen und andere Utensilien von Munk erworben und damit ohne obrigkeitliche Genehmigung ein polnisches Wörterbuch hergestellt, war dann *) Berichte der Regierungen v. 2. April und 15. Juli, vgl. oben. — Wuttke erwähnt für 1837: acht Druckereien in der Provinz und für 1847: drei in der Stadt Posen (a. a. O. S. 232 und 416). **) Schreiben der Reg., Abteil, des Innern, Konz. 6. Okt.; Antw. Lubienskis 1. Nov. Stadtakten 6. XXI. 2. 3. — L. schlug zum Leiter der Druckerei den bei Pompejus u. Günther tätig gewesenen späteren Redakteur der polnischen Zeitung des Großherzogtums Posen, Buch händler Napoleon v. Kamienski, zu dem der Buchhandlung einen bei Mittler ausgebildeten Herrn Zimmermann vor. ***) Brenn-Geh. Rat Koehler (i. V. Rochows) an die Reg.; diese an Lub. Konz. v. 23. Dez. a. a. O. — Die Ablehnung wurde rechtlich gestützt auf eine Kabinettsorder v. 23. Okt. 1833 über die Genehmigung des Gewerbebetriebs der Buch- und Kunsthändler (Gesetz-Sammlung S. 290). aber die Kaufsumme schuldig geblieben. Bald mußte er das Geschäft fast ganz aufgeben und den kärglichen Lebensunterhalt ür sich und seine Familie als Gehilfe in einer fremden litho graphischen Anstalt erwerben. Obgleich sich nicht feststellen ließ, inwieweit ihm sein Bruder Unterstützung zuwandte, ging aus diesen Indizien doch soviel mit Sicherheit hervor, daß Pompejus in dürftiger Lage und von sich aus nicht im Besitz hinreichender Mittel war, um ein Unternehmen der geplanten Art erfolgreich betreiben zu können*). Er hatte das von Lubienski voreilig ein gerichtete Lokal gemietet, was auf die Vermutung führte, daß er unter seinem Namen in Wirklichkeit nur das Werk des Grafen mit Verwendung von dessen noch verpackt stehenden Druckapparaten fortführen werde. Deshalb antwortete die Regierung, daß von einer Erneuerung seiner Konzession nicht die Rede sein könne, weil er noch gar nicht im Besitz einer solchen gewesen sei, ihre Erteilung aber bisher nicht motiviert erscheine (Konz. v. 11. Mai, Stadtakten a. a. O.). Auf unmittelbarem Wege zur Kenntnis der Zurückweisungsmotive gelangt, versuchte Pompejus diese zu widerlegen und namentlich den Besitz der notwendigen Fonds darzutun (Schreiben d. Reg. Abt. d. Innern an Flottwell, Konz. 1. Juni a. a. O.). Die Regierung hielt aber an dem Verdacht fest, daß der Bittsteller lediglich als Strohmann Lubienskis handle (Konz. v. 4. Juli an Flottwell a. a. O.). In dieser Verlegenheit trat Graf Eduard Raczynski mit der Erklärung hervor, er habe Pompejus den Druck einer Reihe lateinischer Klassiker in Polnischer Übersetzung übertragen, wodurch die materielle Existenz von dessen Unternehmung bis zu einem gewissen Grade gesichert erschien. Mit Rücksicht hierauf gab der Oberpräsident die Angelegenheit der Regierung mit einer wohlwollend gehaltenen Erklärung nochmals zu erwägen und fügte hinzu, daß einem etwaigen Mißbrauch der Pressen zum Druck verbotener Schriften durch die Wachsamkeit der Polizei werde vorgebeugt werden können (an Racz., Abschr.; an die Reg. 12. Juli, Stadtakten a. a. O.; Konz. Oberpräs.-Akten a. a. O.). Durch diese Anregung wurde das Kollegium umgestimmt und stellte Pompejus am 19. Juli die gewünschte Konzession aus. Das regere literarisch ei Leben der vier ziger Jahre spiegelt sich in zahlreichen, bis in die kleineren Städte dringenden Neugründungen im Fach des Buchhandels und der Buchdruckerei ab. Buchhandlungen wurden etabliert in Pleschen, Kempen, Schlimm, Jnowrazlaw, Meseritz, Druckereien in Jnowrazlaw, Meseritz und Ostrowo (Oberpräs.-Akten X 36 vol. III). In der Stadt Posen wurde 1841 der Lehrer Merzbach zur Einrichtung eines Antiquariats, Lukaszewicz zur Anlage einer Buchdruckerei und Kunsthandlung autorisiert. (Nach den Stadtakten 6. XXI8. 3). 1842 stieß der Schullehrer Abraham Lasch zunächst auf Widerstand bei dem Versuch, eine Buchhand lung zu eröffnen, da die Behörden Mangel an zureichender Bil dung bei ihm vermuteten und auch der Nachweis des jetzt in Höhe von 5000 Rtr. für erforderlich erachteten Vermögens Schwierigkeiten fand; schließlich wurde aber auch ihm ein zu stimmender Bescheid gegeben. Im folgenden Jahre treffen wir die Firma Wolfs Alexander u. Sohn als Kommissionsgeschäft in Posen. Anfang 1844 ging das Unternehmen an seinen bisherigen Kommanditär Jacob Cohn über; diesem erstand wenige Monate später ein Konkurrent in Ernst Lambeck aus Thorn, der auch über eine Buch- und Steindruckerei verfügte. Kamienski tat sich mit dem bekannten polnischen Schriftsteller Andreas v. Moraczewski zur Gründung einer Offizin zusammen. Dieser Reihe schloß sich 1846 Salomon Scherk an, fast gleichzeitig mit dem Haus Schirmer und Bredull (Stadtakten 0. XXI. 8. 4). (M Um einen Konsens als Lithograph bewarb sich 1841 erfolg reich Victor Kurnatowski, 1843 Joseph Echaust, der zuerst ab- *> Protokoll Posen 7. Juni, Abschr.; Polizeidirektor v. Hohberg an die Regierung, Abteil, des Innern, 29. Apr. und 7. Juni 1837. Stadtakten a. a. O.