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207. 7. September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 10145 des zierlichen, etwas schrullenhaften Junggesellen, der Holberg war. Im Arbeitszimmer hängen Ansichten von London und Amsterdam, wie er sie sah, und eine alte Europakarte, auf der seine Reisen eingezeichnet sind; auf dem Schreib- tisch steckt im Tintenhorn die Gänsekielfeder, daneben steht die Schnupfflasche und liegen verschiedene Flugblätter und die be scheidene erste Zeitung seiner Zeit, am Haken hängen »Jeronimus«- Stock, Hut und Schlafrock, von der Garderobe des Königlichen Theaters in Kopenhagen, das noch heute oft seine Komödien spielt (mit Olaf Poulsen als dem bedeutendsten Holberg. Darsteller), hergeliehen. An der Wand steht ein hohes Bücher- regal mit alten Folianten, Werken, die Holberg besessen haben könnte und seinen Episteln zufolge auch wirklich gelesen hat. Ebenso stilecht eingerichtet sind Vorstube und Gartenzimmer. Bis 1911 hofft der Ausschuß von Holbergfreunden noch ein Zimmer Herrichten zu können, mit allen Ausgaben sowie Übersetzungen seiner Werke, Bildern der Mit- und Nachwelt von ihm und Illustrationen zu seinen Komödien, und fordert zu Gaben hierfür auf. Das Ziel ist, aus dem Ganzen, Gebäude nebst Garten anlagen, ein Denkmal Ludwig Holbergs wieder zu schaffen, wie er selbst bei seiner Schenkung ausdrücklich gewünscht hatte, daß es sein sollte. Es ist eine Ehrenschuld, die Dänemark dem unsterblichen Begründer seines Lustspiels jetzt nach jahrhunderte langer Verwahrlosung abträgt. L. öffentlicher Einzelverkauf älterer BerlagSwerke durch einen Kopenhagener Verlag. — Der große Verlag Gylden- dalske Boghandel Nordisk Forlag A/S. in Kopenhagen veranstaltete kürzlich in seinem Geschäftshause, Klareboderne 3, einen auf vierzehn Tage, täglich von 10—4 Uhr, beschränkten Einzelverkauf von etwa 2500 Verlagswerken vom Jahre 1776 bis zur Gegenwart zu ganz billigen Preisen direkt an das Publikum. Der Verkauf fand unter der Bezeichnung »Gylden- dals Antikvariat« statt. Die Verlagsfirma hat jetzt dem Kopen hagens Sortimenterverein die Summe von 674 Kr. 86 Ore als Rabatt von dem aus diesem Detailverkauf vereinnahmten Betrag überwiesen. L. Ausstellung von Werken des Reisebuchhandels. — Mit der Tagung des »Verbands der Buchhandlungsreisenden Deutsch lands« Ende August d.J. im Hotel »Zu den drei Ringen« in Hamburg war eine Ausstellung von Werken des Reisebuch handels verbunden, über diese berichtet das Hamburger Fremden blatt vom 30. August: Die Ausstellung, die im unteren Saal des Hotels aufgebaut ist, stellt sich in Form einer Messe dar, auf der 46 Firmen, die mit dem Reisebuchhandel in Verbindung stehen, ihre neuesten Werke sowie gangbare Bücher in neuer Ausstattung ausgestellt haben. Gegenüber der großen Zahl von Verlegern, deren Werke im Reisebuchhandel vertrieben werden, ist die Anzahl der aus stellenden Firmen gering; trotzdem übertrifft die Beteiligung die gehegten Erwartungen, da es sich um einen ersten Versuch handelt. Unter den Ausstellern sind die ersten deutschen Firmen wie Bong L Co., Brockhaus, Süddeutsches Verlagsinstitut, Ullstein L Co., Union, I. I. Arnd, Bibliographisches Institut und eine Reihe anderer vertreten. Es handelt sich zum größten Teile um nord- und mitteldeutsche Firmen, Süddeutsch land, von Leipzig an gerechnet, hat weniger ausgestellt. Als Hamburger Firmen sind zu nennen: Hermann Stamm, Fr. Meye, C. A. Christians und Werda L Bösche. Die Auswahl der aus gestellten Werke ist sehr reichhaltig, ihre Anordnung wirkt außer- ordentlich dekorativ. Unter den ausgestellten Werken finden wir hauptsächlich die Klassiker, Lexika, Werke patriotischen und religiösen Inhalts sowie Schriften über Naturheilkunde u. dgl. Für die Richtung des Bildungsganges der weniger bemittelten Klassen — denn diese sind es, denen der Reisebuchhandel hauptsächlich die Werke zugänglich macht — spricht es, daß den größten Raum auf der Ausstellung gemeinverständliche Bücher wissenschaftlichen In halts, sowie Lehrbücher für Technik, Handel, Gewerbe und In dustrie einnehmen. Dagegen scheint unsere moderne Nomanlitera- tur bei der Kundschaft des Reisebuchhandels wenig beliebt zu sein; ihr Unterhaltungsbedürfnis wird offenbar zum größten Teil durch die Tageszeitungen und Zeitschriften befriedigt. Auch dürfte der Kolportagebuchhandel noch immer der Hauptlieferant der Unter- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77 Jahrgang. Haltungslektüre sein. Es ist zweifellos, daß ohne die Reisenden ein großer Teil guter Werke nichts ins Volk dringen würde, der an ständige Reisebuchhandel ist unbestreitbar ein nicht zu unter schätzender Kulturfaktor. Auffallend ist, daß durch ihn, nach der Anzahl der ausgestellten Werke zu urteilen, auch auf dem Gebiete der Musik ein nicht unerheblicher Umsatz erzielt zu werden scheint. Der Vertrieb geschieht hauptsächlich durch Reisende, die Musikunterricht genossen haben. — Zum Schutze der Ausstellungs objekte ist der Zutritt zur Ausstellung nur den Inhabern einer vom Verband ausgestellten Legitimationskarte gestattet. Früher Ladenfchlutz in Kopenhagen. — Nachdem die Erörterung über den 6 Uhr-Ladenschluß im Sortiment in der dänischen Hauptstadt lange still gewesen ist, kommt jetzt zu Be ginn des Winterhalbjahres wieder Leben in die Bestrebungen um frühen Schlußzeitpunkt und durchgehende Arbeitszeit. Namentlich scheinen die Spezialbuchhandlungen für ausländische Literatur, alle in der Altstadt gelegen, darüber einig geworden zu sein. So macht Georg Chr. Urs in's Esters, in »Noräislc öo§bs.näIer- tiäeocke« bekannt, daß sie fortan, mit Ausnahme des Dezember, um 7 Uhr abends schließt (und von Oktober bis April erst 8'/^ Uhr öffnet), wodurch sie auch erreiche, daß im Expeditionsraum für Buch händler im ersten Stock stets genügend Personal vorhanden sein könne, selbst in den lebhaften Nachmittagstunden von 3—5^ Uhr. Erslev L Hasselbalch zeigen an, daß sie auch für den Winter fortfahren werden, um 6 Uhr zu schließen, ausgenommen Sonn abends. Die ausländische Buchhandlung Peter Hansen und das Antiquariat Herm. H. I. Lynge L Sön schließen schon seit Jahren um 6 Uhr. Auch C. H. Bielefeldt will dies jetzt einführen. — Die gewonnenen Erfahrungen über Ersparnisse an Beleuchtung, Heizung und der Vorteil gesammelter Mußezeit und längerer freier Abende für Inhaber und Personal haben die Zweckmäßigkeit des frühen Ladenschlusses erwiesen. ö. Nordischer Vierteljahrskatalog für das Publikum. — Die große Sortimentsfirma Cammermeyers Boghandel in Christiania, die 33 Jahre lang einen Vierteljahrskatalog über nordische und ausländische Literatur herausgegeben hat, be- von verschiedenen Seiten hat sich die Firma doch entschlossen, das Verzeichnis vorläufig fortzusetzen. Es wird jetzt den Buch händlern zum Kauf angeboten, und die Verleger werden auf gefordert, darin zu annoncieren, um dadurch größere Sicherung fortgesetzten Erscheinens zu schaffen. L. Neue wissenschaftliche bibliographische Literatur Skandinaviens. — Zu dem XI. Internationalen Geologen kongreß, der vom 18. bis 25. August in Stockholm stattfand, überreichte die Schwedische Akademie der Wissenschaften den Kongreßteilnehmern als Gabe eine soeben erschienene Biblio graphie über die schwedischen Polarexpeditionen seit Martins Spitzbergenfahrt im Jahre 1768 bis zur Gegenwart. Das Werk ist von dem schwedischen Bibliothekar vr. I. M. Hulth aus gearbeitet und erschien als Beiheft zum Jahrbuch »X. 8v6n8lca v6t.6ll8^Lp83.Irackslni6ns g.l-8bo1c kör LI- 1910« (Upsala, Almqvist L Wiksell) unter dem Titel »8wsäi8b ^retio anä ^utaretne LxploriUiong 1758—1910. öiblioxrapb^. ?g.rt l.«. Der zweite Teil wird ein Verzeich nis und bibliographische Angaben bringen über sämtliche Gelehrte und Seefahrer, die an den schwedischen Expeditionen teilgenom men haben. Er soll noch in diesem Jahre fertig vorliegen. — Von Schweden ist, wie Professor A. G. Nathorst sagt, die wissen schaftliche Polarforschung (der es nie darum zu tun ist, einen Rekord zu schlagen) ausgegangen, und zwar von schwedischen Geologen. Die erste Anregung dazu gab der schwedische Geo loge Otto Torell mit seinen Spitzbergen-Fahrten 1858 und 1861. Kurz genannt seien ferner als Leiter von schwedischen Polarexpeditionen Adolf Erik Nordenskiöld (im ganzen acht, nach Spitzbergen, Grönland, Novaja Semlja, Jenissei, und zuletzt 1878—80 auf der »Vega« rings um Asien); A. G. Nathorst und Gerard De Geer (leiteten je drei Expeditionen, De Geer jetzt auch die Spitzbergen-Exkursion des 11. Geologenkongresses), Gustav Nordenskiöld (1890 Spitzbergen), A. Hamberg, Pro fessor I. G- Andersson und B. Högbom (1909). Otto 1320