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26 Reichen oder Cnlturgcbieten der Kunst, der Wissenschaft und der Religion und es schliesst sich insofern auch das Verhältniss jener diei philosophischen Wissenschaften an dasjenige dieser drei wich tigsten Hauptgebiete des menschlichen Geisteslebens an. 4. 1 oi'in und Materie des ästhetischen Erkennens. Alle menschliche Erkenntniss ist zunächst eine solche durch das Gefühl oder die Empfindung. Die höhere logische oder denkende Erkenntnissweise wächst überall zuerst aus der niederen sinnlichen oder anschaulich empfiudungsmässigen hervor. Es ist also eigentlich unrichtig, von einem an sich gegebenen dualististischcu Nebenciuanderstehcn beider Erkenntnisswcisen zu sprechen. Das unmittelbare oder empfindend^ Erkennen ist zu Anfang durchaus vorwiegend über dasjenige der bewussten und vermittelten Reflexion des logischen Verstandes. Dieses gilt um nichts weniger von dem Leben des einzelnen Menschen als von demjenigen der ganzen Gattung oder der Menschheit überhaupt in der Geschichte. Ueber das ganze Gesetz und die Ordnung des denkenden Erkennens aber hat es schon längst eine Wissenschaft und Theorie gegeben, während diejenige des empfindenden Erkennens erst in neuerer Zeit und auch hier in sehr unvollkommener Weise bearbeitet zu werden angefangen hat. Es war daher ein an sich ganz richtiger Gedanke Baum gartens, der Aesthetik ihre Stelle im System der Philosophie an der Seite der Logik anzuweisen. Man hatte bisher nur das logische Erkennen einer wahrhaft wissenschaftlichen Bearbeitung würdig gefunden; dieses ist allerdings dasjenige, auf welchem alles wissen schaftliche Begreifen der Welt und ihrer Erscheinungen beruht und cs hatte insofern die Philosophie und Wissenschaft selbst ein natür liches und nahe liegendes Interesse daran, sich mit seiner Bearbeitung zu beschäftigen. Es hing hiermit überhaupt eine ungerechtfertigte Ucberschätzung des denkenden Erkennens gegenüber dem empfin denden zusammen. Aesthetik und Logik überhaupt fallen unter den gemeinsamen Begriff der Lehre vom menschlichen Erkennen und es kann überhaupt eine jede dieser beiden Wissenschaften immer nur mit einem gewissen Hinblick auf die andere richtig aufgefasst und bearbeitet werden. Das Schöne zunächst ist es nicht allein, welches den Gegen stand unserer empfindenden oder ästhetischen Erkenntniss bildet.