13 Südländer steht überhaupt zur Farbe an sich vielfach in einem anderen Verhältnis» als der Bewohner des Nordens. Bei den Muhammedanern z. B. ist die grüne Farbe die heilige; grün ist die Fahne des Propheten, nur Muselmänner dürfen grüne Turbane tragen u. s. w. Auch diese Auffassungsweise hat zum Theil viel leicht einen klimatischen Grund; das Grün ist dort im Sommer immer eine seltene, kostbare und dem Auge wohlthuende Erscheinung, weswegen sich dort an dasselbe vielleicht ganz andere Empfindungen und Vorstellungen anknüpfen mögen als bei uns. Dass der Neger manches weiss nennen wird, was wir schwarz nennen, ist klar, da er sich durch seine blosse Hautfarbe von Anfang an in einem anderen Verhältniss zur Farbe befindet als wir. Es gilt auch hier überall den besonderen Werth einer jeden einzelnen menschlichen Auffassung über die Farbe aus ihren eigenthümlichen konkreten Verhältnissen heraus kritisch zu*betrachten und zu prüfen. Mit dem allgemeinen Stimmrecht der Menschen hat es in ästhetischen Dingen eine gleiche Bewandtniss als in politischen; nicht jeder ist in gleichem Grade urtheilsfähig und es müssen auch hier die Stimmen überall nach ihrem besonderen Werthe geschätzt und abgewogen werden. Die Idee des Schönen ist es, welche nach der allgemein angenommenen Auffassung ihres Begriffes den Gegenstand für die Bearbeitung der Aesthetik bildet. Wir halten diese Begriffsbe stimmung der Aesthetik nicht für die richtige und vollkommen genügende. Das Schöne bildet allerdings thatsäcblich zuletzt den Mittelpunct und Ilauptgcgenstand alles ästhetisch - wissenschaft lichen Erkennens, aber es erscheint immerhin als falsch, den Bereich dieser Wissenschaft auf die blose Erkenntnis» oder Be arbeitung jenes Begriffes als solchen zu beschränken. Das Schöne ist nicht allein dasjenige, welches den Gegenstand des ästhetischen oder des der Sphäre der Empfindung angehörenden Erkennens des menschlichen Geistes bildet, sondern es ist der unmittelbare Begriff oder die natürliche Bedeutung des Wortes der Aesthetik jedenfalls eine andere als diejenige einer blossen Wissenschaft, oder Erkennt,- niss vom Schönen als solchem. Es kommt aber zuletzt Alles darauf an, den allgemeinen Begriff einer Wissenschaft richtig fest,- zustcllen, weil nur hierdurch allen weiteren Trrthtimern und Miss verständnissen ihrer Behandlung vorgebeugt werden kann. Der Name der Aesthetik ist für das ganze Gebiet der Erkenntnis» vom Schönen in der neueren Zeit zuerst anfgestellt