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Sozialpolitik im Reichslag Von den Abgeordneten Christine Teusch und Thomas Esser, M. d. R. I. e» cnevielc gewioiiiel war, weiwe von oe» vre ^rlcolgnng i;acrcn- e» dringendsten Antroge» berührt wurden, brachte sowohl von eiten der ReichSrcgierung als den Parteien sehr beachtliche Er- läriinge» zur heutigen Lage der Sozialpolitik. Das Peichs- Tie hinter uns liegende Zeit der dauernden Geldentwertung hat namentlich in ihrem letzten Stadium, als der Sturz unserer Mark ein rasendes Tempo angenommen hatte, das stolze Gebäude unserer sozialen Persicherung und der gesamten Fürsorgemaß- »nbmen in seinen Grundfesten erschüttert. ES bedurfte äußerster ttrastaujirengung, um wenigstens das Notwendigste vor dem drohenden Zusammenbruch zu retten. In der ilebergangszeit zwischen dem Höhepunkt der Inflation und der allmählich ein- sctzenden Wirkung der Währuugsstabilisierung sah sich die Reichs regierung genötigt, auf der Grundlage der ihr vom Reichstag erteilten'Ermächtigung eine Reihe von Verordnungen zu erlassen, die seiner; it scharf angesvchten wurden und besonders „n Wahl kampf eine große Nolle spielten. Wie wenig alle Parteien des Neichotages mit dem derzeitige» Stand der So;ialversicl)erung uns der seii. iorgemaj,nahmen einverstanden waren, zeigte sich in der lleberiülle von Anträgen, die in de» ersten Wochen nach dem ZusamiNi»treten des neue» Reichstages eingebracht wurden. Wie ,ininer war auch diesmal fcstzustellen, das; ein Teil dieser An träge aus der Abjictu verantwortungsloser Agitation heraus ge boren wurden. Aber selbst wenn man die Anträge dieser Art in Abzug br-.rbtc. blieben von den Parteien, die es ernst mit der praktischen Arbeit auf sozialpolitische», Gebiet nehme», eine gros;e Anzahl wertvoller Anregunge» und Forderungen übrig, die volle L eachlui.g verdienten. Es ist leider Tatsache, das; die llnter- stützungs ätze in den verschiedenen Versicherungsarten und Für- sotgeelnrichiungen absolut unzureichend sind und einer Erhöhung dringend bedürfen. Hin auf diesem Gebiet das Notwendigste bald zu erreichen, trat der Neuner-Ausschus; des Reichstages (für soziale Angelegenheiten) in der jetzigen Reichstagspause zu einer viertägigen Beratung zusammen. Ter erste Tag. der einer Generalaussprache über die gesam ten Gebiete gewidmet war, welche von de» der Erledigung harren den sc klär arlieitsmiiiA'tcrium war auf die zu erivartenden Angriffe wegen seiner Verordnungen aus dem Winter 1923/24, die denn auch nicht ansblieben und namentlich von kommunistischer Teile in der üb lichen leidenschaftlichen Weise geführt wurden, wohl gerüstet. Minister Dr B r a n »S stellte fest, das; die angegriffenen Ver ordnungen keineswegs den Zweck gelebt hätten, in sozialpolitischer Hinsicht ab;nbauen. Tie seien im Gegenteil unbedingt erforder lich gewesen, um von dem Bestehenden das Notwendige zu er halten. Er schilderte die Verhältnisse i» der Ilebergangszeit zwi schen Inflation und heute und zeichnete ein Bild der wirtschaft lichen Lage, insbesondere der Schlüsselindustrien, daS auch den Radikal'» Veranlassung zum Nachdenken darüber gab, ob der Wirtschaft mit den von ihnen gestellten Forderungen nicht vollends das Genick gebrochen werde. Ei» Vertreter des Reichs irbeits- ministerinms bewies an Hand von einwandfreiem Zahlenmaterial, das Ilmsang und Leistungen in der Sozialversicherung Deutsch lands auch 'heute noch gewaltig grob sind. Versichert sind gegen Krankheit 18 bis 2» Millionen Deutsche, gegen Invalidität und Alter 16 bis 17 Millionen Personen, gegen Unfall 24 Millionen Personen. Der Angestelltcnbersichcrung unterliegen 1,6 Millionen, dazu kommt die knappschaftliche Versicherung der Bergleute mit 466 660 Versicherten. An Renten liefen in der Invalidenver sicherung 1,6 Millionen Invalidenrenten, 0,2 Millionen Witwen- und Witwerrenten, 1.26 Millionen Waisenrenten, in der Unfall versicherung eine Million Verletzten- und Hinterblicbenrenten. Die Versicherungen bedürfen heute an jährlichem Aufkommen Krankenversicherung 760 Millionen Goldmark Invalidenversicherung 350 Millionen Goldmark Angestelltcnvcrsicherung 11» Millionen Goldmark Unfallversicherung 110 Millionen Goldmark zusammen 1320 Millionen Goldmark. Zur Invalidenversicherung gewährt das Reich einen Zuschus; Von 90 Millionen Goldmark. Im allgemeinen werde» die Be träge sofort in Leistungen umgcsetzt. Die Rücklagen sind gering. Nur die Angestelltcnvcrsichernng hat einen Beitragsüberschus;, der im allgemeine» in langfristigen Krediten angelegt ist. Der Vertreter des Rcichsarbeitsminisieriuins wies ferner nach, das; der Unterschied zwischen den Vorkriegsrenten und den heutigen ziffernmäßig nur unwesentlich ist. Freilich müsse» die Wirkungen der unter dem Druck der Inflation geschaffenen EinhcitSrenten, ferner der niedrige Stand der heutigen Löhne und die geringere Kaufkraft der Mark als erschwerend mit in Betracht gezogen wer den. DaS RcichsarbcitSministerium erkennt die herrschende Not lage durchaus an, mus; aber Rücksicht nehme» auf die Finanzlage des Reiches und die schwer beeinträchtigte Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, die größere Belastungen kaum ertragen rönnen. Im übrigen dürfe man die Sozialpolitik nicht allein nach der Höhe der Sachleistungen beurteilen, sondern man müsse auch den Werl des vorbeugenden Heilverfahrens mit in Betracht ziehen, zumal sich die jährliche Sterblichkeitsziffer infolge von Tuberkulose auf 23 vom Tausend gesteigert habe. An die Generaldebatte schloß sich in dreitägigen Weiter beratungen die Erledigung der dringendsten Forderungen auf dem Gebiete der Versicherungsleistungen der Erwerbslosenfürsorge und der Fürsorgepslicht »ach den Ergebnisse» der Verordnung vom 13. Februar 1924 an. Die Vertreter der ZentrumSfraktiin ver zichteten in voller Würdigung der tatsächlichen Lage, die durch die Generaldebatte eine hinreichende Klärung erfahre!» hatte, auf alle Anregungen und Anträge, die von vornherein de» Stempel der Unmöglichkeit ihrer beschleunigten Durchführung trugen. Sie fand hierbei volle Unterstützung durch die Vertreter der Deutschen Volkspartei und der Demokratischen Partei, der sich die Aus- schußmitglieder der Bayrischen Volkspartei, der Wirtschaftlichen Vereinigung und schließlich auch die Deutschuatiouaie Voltspartei und die Sozialdemokraten wiederholt anschlossen. DaS Stärke verhältnis der Parteien im sozialpolitischen Ausschuß hat sich im neuen Reichstag so sehr verschoben, daß jür eine Meyrhcitsbildung im Sinne einer praktischen sozialpolitischen Arbeit die Möglichkei ten nicht ganz leicht sind. In dem 28 köoflucn Ausschuß ist die Sozialdemokratie init 6 Mitgliedern, die kommunistische Fraktion mit 4 Mitgliedern und die Nationalsozialistische Freiheitspartei mit 2 Mitgliedern vertreten, während die Deutschnationalen 6, das Zentrum 4. die Wirtschaftliche Vereinigung 2, die Deutsche Volkspartei 2, die Bayrische Volkspartei und die Demokraten je 1 Mitglied stellen. Es zeigte sich bald, daß die Kommunisten und Deutfchvölkischen in bezug auf agitatorische Behandlung der ernsten Probleme die gleiche Taktik verfolgten, und daß die Sozialdemo kraten, die an sich durchaus geneigt sind, Sozialpolitik nach den Gesichtspunkten des Erreichbaren zu betreiben, manchmal ans parteitaktischen Gründen gezwungen waren, Rücksicht auf die kom munistische Konkurrenz zu nehmen. Wie weit das Agitations bedürfnis der Radikalen ging, dafür nur einige Beispiele. Die Kommunisten forderten Steigerung der Leistungen der Wochenhilfe, die für den einzelnen Entbindungsfall im ganzen über 1100 Mark an Kosten verschiedener Art ausmachten und brachten, als sie gefragt wurden, wie man sich denn die Deckung für solche utopische Leistungen denke, folgenden Antrag ein: Die Mittel für die Reichswochenhilfe werden auf dem Wege der hypothekarischen Belastung analog der Vorschläge der Sachverständigen für die Erfüllung der Reparationslasten von den geschäftlichen llnternehmungen, wie Industrie, Banken, Handel und Verkehr aufgebracht. Der Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordneter Esser- Köln (Zentrum), tat diesen Vorschlag, an den seine Urheber wohl selbst im Ernst nicht glauben, mit der geschäftsocdnuugsmäßig nüchternen Feststellung ab, daß für eine solche Art der Deckungs- srage der Haushaltsausschuß, und nicht der sozialpolitische Aus schuß zuständig sei. Bei der Abstimmung über den kommunisti schen Antrag betr. Erhöhung der Wochenhilfe fanden sich aber Kommunisten und Dcutschvölkische zusammen. DieKommunisten forderten alle Hilfe vom Reich, das für Reichswehr und Schupo und Beamtcnbesoldungen Geld zum Fenster hinauswerfe. Die Deutschvölkischen taten dasselbe und begründeten ihren Stand punkt mit dem Hinweis ans die nach ihrer Ansicht übermäßigen Leistungen an den Feind. Ein Reich und eine Wirtschaft, die be reit seien, die im Sachverständigengutachten geforderten Leistun gen an die Alliierten zu zahlen, müßte erst für soziale und Für sorgezwecke im Lande selbst daS äußerste leisten. Die Deutsch völkischen beantragten eine Verdoppelung der Anwartschaften auS der Invaliden- und Angestelltenversicherung und verlangten ein fach die Aufbringung der dazu nötigen Mittel durch eine ent sprechende Erhöhung der Arbeitgebcrbeiträge. Für eine solche einseitige und utopistische Sozialpolitik war die große Mehrheit des Ausschusses nicht zu haben. (Ein zweiter Artikel folgt.) Vermischtes AukomobiNo- Der Chauffeur eines Autobesitzers in Stuttgart hatte am Sonntagabend ohne Wissen seines Herrn mit Freunden eine sogenannte Schwarzfahrt ins Remstal unternommen. Bei der Rückfahrt sauste das Autmobil bei Waiblingen gegen einen Ki lometerstein und iiberschlug sich zweimal. Von den Insassen wurde ein Mann auf der Stelle getötet, drei weitere männliche Insassen starben kurze Zeit nach ihrer Einlieferung ins Waib linger Krankenhaus: drei Begleiterinnen der Schwarzfahrer wurden nur leicht verletzt. — Bei einem Autounfall bei Belp wurden nach einer Meldung aus Bern zwei Personen getötet und drei schwer verletzt. — Auch in der Nähe von Beigoldseil er eignete sich ein Automobilunfall. Dabei wurden eine Person ge tötet und sieben schwer verletzt. s Riesige Waldbrande in Kalifornien. In Kalifornien wütet augenblicklich der größte Waldbrand, der dort je vorge kommen ist. 30 Kilometer weit steht der Nationalpark in Flam men. Im ganzen Staat werden nicht weniger als 700 Brand herde in den Wäldern gemeldet. s Ueberschwemmungskatastrophe in China. Wie aus Pe king gemeldet wird, ist die Stadt Kalgan im Norden von Pe king durch eine Ueberschwemmung des Ianghoflusses teilweise zerstört. Hunderte von Häusern sollen unter dem Drucke der hereinbrcchenden Wassermassen zusammcngestürzt sein. f Ein Mord aus Mitleid. Der polnische Schrift steller Jean Sosnowski, der sich seit einigen Monaten in Paris befindet, um sich einer schweren Operation zu unter ziehen, wurde im Hospital von seiner Frau durch einen Re volverschuß getötet. Sosnowski litt an Leberkrebs, seine Krank heit war von den Aerzten als unheilbar erklärt worden, und so lötete gestern Frau Sosnowski ihren Mann ausMitleid, um seine Leiden zu verkürzen. — Neue Petroleumsontänen im Kaukasus. Aus Grosny kommt die interessante Nachricht, daß in der letzten Woche des Juni drei neue Petroleumquellen angebohrt worden sind. Diese drei neuen Quellen geben einen Ertrag von 183 000 Pud (ca. ^ Millionen deutsche Pfund) am Tage. Zusammen mit den in Grosny schon vorhandenen Erträgnissen anderer Quellen be trügt die Naphtaerzeugung des ganzen Gebietes über 10 Mil lionen Pud — ca. 400 Millionen deutsche Psund im Monat. — Ein Millionär, der vor der Welt flüchtet. Einer Blätter meldung aus London zufolge hat der in Osaka wohnhafte Mil lionär Uamagutschi Gend seine ganzen Geschäfte an seine Ange stellten übertragen und sich in eine kleine Hütte am Fuße eines Berges zurückgezogen, wo er über die Vergänglichkeit des mensch lichen Reichtums Nachdenken will. Gleichzeitig hat er 3)4 Mil lionen Ucn für soziale und wohltäige Zwecke gestiftet. Uama- gutschi hat sein Geschäft vor 60 Jahren mit zwei Uen ..Vermögen" angesangen. Im Laufe der Jahre hat er bereits etwa 3 Mil lionen Uen für Wohlfahrtszwecke gespendet. — Ein Gclchrtcnscherz. Die Juristen in mittleren Jahren werden sich gern »och des originellen Extraordinarius Gcheimrat Professor Dr. Freiherr» v. Brünncck an der höllischen Alma Mater erinnern. Eines Tages erzählte er im Kolleg: Ist da ein Kollege, ein Psychiater, einpassicrt bei uns und hat mir Besuch gemacht; meine Fron hat mir die Adresse ausgeschrieben, und ich ziehe also los. Da hinten im Professorenviertel, Sie wissen ja Be scheid, meine Herren. Ich klingle an der Tür, ich warte, ich drücke . . . kommt keiner. Da entdeckte ich. daß groß und breit über dein Klingclknopf die Mahnung angebracht ist: Ziehen. Also ziehe ich, ziehe aus Leibeskräften, aber es meldet sich kein dienstbarer Geist zum Türöffnen. Ich reiße die halbe Klingel aus der Wand. Auf eiumal klopft mir einer auf die Schulter und sagt: Mensch was mache» Sie den» da? — DaS sehen Sie ja; ich ziehe. — Aber warum denn nur? — Na, weil cs hier steht. — Wo denn? — Da, können Sie denn nicht lese»? — Ach so. Aber das bin ich ja; ich heiße Ziehen — Georg Theodor Ziehen! — Und ich heiße Brünneck. — Na, denn komme» Sie man hinten rum, Herr Kollege; die Klingel iS nu kaputt. Prominent« Teilnehmer am Londoner Kongreß. Stehend von links nach rechts: Rollet (Frankreich), Young (Amerika), Hughes (Amerika), Mac- Donald (England), Llementel (Frankreich), St. Aulaire (Frankreich), Houghton (Amerika), Hayashi (Japan), Mauclaire (Frankreich). Sitzend von links nach rechts: Theunis (Belgien), Hymans (Belgien), d« la Toretta (Italien),, Herriot (Frankreich), o« Nava (Italien). Der 1v. -eukfche Sender Ursprünglich waren für oen deutschen Rundfunkbetrieb im ganze» neu» Sender in Aussicht genommen, nämlich Berlin, Leipzig, Breslau, München, Stuttgar t, Frank furt, Münster, Hamburg und Königsberg. Mit Ausnahme des Müusterer Senders, der in etwa drei Wochen dem Betrieb übergeben werden soll, sind die genaunten Stationen be reits tätig. Tie Hoffnung, daß mit Hilfe der genaniitcn neun Sender, die alle eine Reichweite von 16l> Kilometer habe», alle Orte des Dentschen Reiches in der Lage sein werden, Darbietungen der einen oder anderen Sendcstatio» aufzunehmcn, hat sich nicht restlos erfüllt, vor allem, weil sich die Energie der im Betrieb befindlichen Sender als zu gering erwiesen hat, um auch solchen Orten einen guten Empfang zu bieten, die an der Peripherie der Reichweite liegen. Hier müssen teilweise schon sehr empfindliche Apparate aufgestellt werden, um die schwachen Wellen aufzu- nehme». Derartige Apparate sind sehr kostspielig und stehen aus oiesem Grunde der wünschenswerten Ausbreitung des Rund funks im Lanoe iin Wege. Das Bedürfnis »ach neuen Sendern hat sich aber seit langem geltend geinacht. Die ReichStele- graphcn-Verwaltung ist aber Anregungen und Vorschlägen dieser Art stets mit größerer Zurückhaltung gegenübergetreten, und dies wohl nicht zuletzt deshalb, weil selbst heute noch die Ansichten über die beste Organisation des Rundfunks im Reiche nicht ganz entschieden sind. Ter Betrieb zahlreicher Einzelsendestationen ist mit erheblichen Kosten verknüpft, die in der Hauptsache vo» den verhältnismäßig sehr geringen Gebühren der Rundfunk-Teilnehmer ausgebracht werden müssen. Rentabler wäre eine einzige oder einige wenige große Sendestationen, die beträchtliche Reichweite hätten und deren Unterhaltungskosten relativ gering wären. In dieser Beziehung sind die Erwägungen noch nicht abgeschlossen. Der Bauauftrag ans drei große Fünf-Kilowatt-Stationen läßt aber darauf schließe», daß die letzte Entscheidung Wohl im Sinne einiger weniger, aber »m so größerer Sendcstationen fallen wirb. Allerdings wird dabei die praktische Erfahrung nicht unberück sichtigt bleiben dürfen, so daß man in jedem Falle noch mit einer längeren UebergangSzeit wird rechnen müssen, bis der Organi sationsplan als endgültig betrachtet werden darf. Bis dahin dürften berechtigte Ansprüche solcher Rundfunk-Teilnehmer, die bei der jetzigen Organisation aus obengenannten Gründen schlecht weggekomnicu sino, der Erfüllung eiitgcgcngeführt werden, und zwar durch Aufstellung von Relais- oder Zwischensendern. Ter erste Sender dieser Art wird jetzt in Nürnberg in Betrieb ge nommen, und zwar als Relaisstation des Münchner Senders. Die Darbietungen des Münchner Senders werden ans dem Draht- Wege nach Nürnberg übertragen uno hier von einein Sender mit der üblichen Antennenleistung von einem Kilowatt in den Aetger anSgestrahlt. Alleroings hat man hier sogleich Vorsorge siir die Zukunft getroffen, indem alle Einrichtungen für eine spätere Telb- ständigiiiachung des Nürnberger Senders vorgesehen sind. Wenn dieser Zeitpunkt eintretcn wird, läßt sich allerdings nicht vorans- bestimmen, da viel von der Entwicklung des Münchner Senders abhängig ist, vcr heute leider noch nicht allen an ihn zu stellenden Ansprüchen genügt. Dies liegt in der Hauptsache an den ört lichen Verhältnissen, die cs mit sich bringen, daß besonders die Gebirgsgegenden einen schlechten Empfang aufweijen. Besonders in den Tälern sällt der Empfang, wenigstens zu gewissen Tages zeiten, säst völlig aus, so daß nicht selten andere deutsche Sender an diesen Orten besser gehört werden als die Münchner Station. Dieser Schwierigkeiten iviro man voraussichtlich nicht anders Herr werden können als durch Vergrößerung der Sende Energie des Münchner Senders oder dnrch Aufstellung weHec.'r Zw 'chcn- sender. Meeresleuchten Wer heute das Glück hat, eine kleine oder größere Badereise unternehmen zu können, sei eS an dem Strand der Ost- oder Nordsee oder gar an daS Mitteländische Meer und au die Adria, der hat sicher Gelegenheit, eine der schönsten und eigenartigsten Naturerscheinungen, das sogenannte Meeresleuchten, zu beobach ten. Wie allgemein bekannt, hängt die Färbung des Meeres eng mit der Farbe des Himmels zusammen. Ist der Himmel tiefblau und klar, so zeigt das Meer dieselbe Farbe. In südliche» Ge genden, wie z. B. Südsrankreich, Italien und ans dem Balkan, wo das schöne, klare Wetter vorherrschend ist, zeigt daS Meer eine wundervoll tiefblaue Farbe. Die Farben des „Noten Meeres" und des „Gelben Meeres" in China haben dagegen mit der Färbung des Himmels nichts zu tun. Sie rühren vielmehr, wie neuere wissenschaftliche Forschungen ergeben, von pflanzlichen und tierischen Gebilden her, die im Wasser entstanden sind nnd ihm die eigenartige rötliche beziehnngsweise gelbliche Färbung geben. DaS Meeresleuchten ist auf derartige pflanzliche und tierische Gebilde zurückznführcn. Zu den erstereu gehört eine Algenart, genannt Oscillariea phoSphorica, ferner eine Art Peridineen. Diese Pflanzen strömen eine leichte Leuchtkraft aus, die in beson ders dunklen Nächten bemerkbar wird. Aber noch viel stärker und intensiver ist die Leuchtkraft von tierischen Gebilden. ES sind dies ganz kleine, rundliche Geißeltierchen von etwa 1 Milli meter Durchmesser, die zur Gattung der Diatomeen gehören. Diese Tierchen, die in ungezählten Miriaden die Oberfläche dcS Meeres bedecken, leuchten im hellsten und strahleiidsteii Lichte hauptsächlich bei bewegtem Wellengang oder an Stellen, die ein Schiff durchfurchet hat. Der Leuchteffekt ist uugehiuer groß, und je tropischer das Meer, desto feuriger und prächtiger die Wirkung. Der geschickteste Pyrotechniker kann sie sich nicht besser ausdenken. Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Dr. Josef Albert Dresden. — Für den Inseratenteil: Josef Fohinann, Dresden.