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Donnerstag. den 29. Januar 1925. Nr. 23. Seite 6 bi-tannt ist. Tobel geht ec mit großer Sorgfalt und Genandg- keit zu Werk, und >cine Angaben und Mitteilungen dürfen 'ns- gen.em als zuverlässig und genau nachgepriift gelten. W>e viel Fal'ches durch Bücher über den Rhein noch heute verbreitet wird, ersehe ich gerade in einer illustrierten Monographie über den Rhein, worin in der Schilderung des Kölner Karnevals fol gender drollige Sah sich findet: „In dem Zuge kehren einzelne, historisch gewordene Gruppen alljährlich wieder, so der Kölsch: Voor, T>ll Enlenspiegel, die Kölner Funken, der Alaaf Köln und Prinz Karneval!" I» diesem Jahre wird im Rheinlands, und besonders in Köln, die Tanscndjahrseler ihrer Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche begangen. Kein schöneres Festgeschenk konnte der dieser denkwürdigen Feier dargeboten werden als dieseI Buch vom Rhein. Ja, herrlich ist dein Heimatland Mit >eincr Reben lachendem Gelände, Tie rings nmkränzcn das bebaute Tal, Durch das »u Silberlauf der Rhein sich windet Vorbei an schattenreicher Berge Fuß, Bon deren ivaldumrauschtcn Felsenkrone» Ihn stolze Burgen nah und fern begrüßen. Sernhmi Shms.Heilige Scham" Tie deutschen Ausührungen der dramatischen Chronik „Saint Ivan" („Die heilige Johanna"), die der geistvolle irische Dichter Bernhard Shaw im vorigen Jahre der Oes- sentlichkeit übergeben hat, veranlaßten auch die katholische Presse zu lebhaften Kommentaren. Die dabei geübte Kritik ist der Ab- sicht des Dichters und der Bedeutung des Werkes nicht iminer ganz gerecht geworden. — Ein Berliner Geistlicher, Kaplan Fahsel, hat nun am 22. Januar in Berlin einen Vortrag Uber diese sehr anziehende Schöpfung des sechzigjährigen irischen Dich, tersürsten gehalten, den wir um seiner ungemein feinen und treffenden Darstellung willen wenigstens im Auszuge nach dem Berichte der „Germania" wiedergeben möchten. Fahsel umschrieb die Absicht Shaws dahin, daß er den Stoff aus dem Gefühlsmäßigen ins Tragische übertragen hat. Shaw zeigt, daß die beiden Parteien, Johanna auf der einen und ihre Gegner (Kirchenbeamte, Staatsbeamte, Vertreter des Ständebewußtseins) aus der anderen, von ihrem Standpunkt aus so handeln mußten: und hierin liegt bei ihm die Zwangs läufigkeit des Konflikts, die Tragik. Zu diesem Zweck stellt Shaw gewissermaßen ein Gleichgewicht zwischen beiden Parteien her, indem er einerseits Johanna herabdrückt, andererseits ihre Gegner auf ein höheres Niveau erhebt. Durch diese Korrek turen an den geschichtlichen Tatsachen (Johanna tritt in einer Weise aus, die einerseits die Inquisition, andererseits die göttli chen Gegner herausfordern mußte) will Shaw den Prozeß gegen ic verständlich machen. Auf solche Korrekturen an den geschicht- ichen Tatsachen darf sich aber das objektive Urteil Uber die geschichtliche Johanna von Are nicht stützen. Für den Katholiken ist ihre Heiligsprechung nicht bloß eine „wundervolle Geste" der katholischen Kirche, sondern sie war erst das end gültige Urteil der streitenden Kirche in ihrem Prozesse. Aber das ist das Verdienst Shaws, daß er das Wesent liche im Schicksal Johannas erkannt hat, nämlich die drei fach e S p a n n u n g, die weder in ihrer irdischen Geschichte noch in Shaws Darstellung zur Entspannung gekommen ist. Auf diese dreifache Spannung baute Fahsel seinen Vortrag über die geschichtliche Johanna auf, an den wichtigsten Stellen auch aus Shaw Bezug nehmend. Dabei war es ihm, dem Philosophen, wenig um das historische Detail zu tun, aber umso mehr um die Ideen, die sich in Johannas Schicksal aus wirken. Es hatte sich also nicht der Philosoph und Theologe aus das Gebiet der Literatur gewagt, vielmehr ist er auf seinem ureigensten Gebiete geblieben. Die monumentale Literatur er hält ihre Größe und ihren Glanz letzthin doch aus den Ideen. Und als Philosophen läßt Fahsel Shaw unbedenklich gelten. Die historische Johanna ist die von Gott mit außer ordentlichen Gaben und mit einer außergewöhnlichen Mission ausgestattete Mystikerin, ein religiöses Genie. Aber sie stand in dieser Welt einer dreifachen festgefügten Organisation gegenüber: Kirche, Nation bezw. Staat, Ständeord nung. In der Spannung zwischen diesen drei Größen wird sie zerrieben. Wie kommt der Konflikt mit der Kirche? Die Kirche ist die Verwalterin der ordentlichen, für alle gleichmäßig gel tenden Heilsmittel, die Christus angeordnet hat, um die Menschen zum ewigen Heile zu führen. Ihr müssen sich daher alle anver trauen. Eine soziale Organisation hat Gott mit der Durch führung dieses Amtes betraut, weil der Mensch von Natur ein soziales Wesen ist und nur in Gemeinschaft und unterstützt von seinesgleichen sein Leben sristen kann. Dieser sozialen Wesens anlage des Menschen entsprechend, hat Gott auch gewollt, daß er seinen übernatürlichen Zweck in einer gegliederten Gemein schaft erreichen soll. Aber Gott hat sich.nicht selber die Mög lichkeit genommen, unmittelbar in das Geistesleben des Menschen einzugreisen So wirkt er die einem jeden notwendige Gnaden- hilse durch unmittelbare Einwirkung. Aber außerdem hält er sich noch gewisse außergewöhnliche Wirkungen bei einzelnen von ihm bevorzugten Menschen vor, die außerordentlichen Gnaden gaben, die Paulus aufzählt und der Heilige Thomas in ihrer Bedeutung für das Leben der kirchlichen Gemeinschaft lichtvoll erläutert. Eine solche mit außerordentlichen übernatür lichen Gaben bevorzugte Seele war auch Ieanne d'Arc. Durch die außergewöhnliche Bevorzugung wird aber die mystisch Begabte nicht aus der Einordnung in den ordentlichen Organismus der Kirche herausgenommen. Sie untersteht der Leitung der kirchlichen Vorgesetzten nicht mehr und nicht minder wie die anderen. Nun hat aber die kirchliche Obrigkeit die Er fahrung gemacht, daß unter dem Schein außerordentlicher Gna- dengabcn allerlei Mißbrauch, oft der schlimmsten Art, getrieben wird. Aus diesem Grunde allein schon ist es erklärlich, daß sie allen solchen Erscheinungen von vornherein skeptisch gegenüber steht. Sobald solche Personen in einer Weise austreten, daß sie Einfluß auf die Menge gewinnen, ist es Pflicht der kirchlichen Vorgesetzten, zu prüfen und zu urteilen. So geschah es im Falle der heiligen Johanna. Die Prüfung durch das Inquisitionstribu nal geschah aber durch Menschen, die dem Irrtum unter worfen sind, und unter Umständen, die in so mannigfacher Weise und mächtig das Urteil oder auch die Unparteilichkeit der Rich ter beeinflussen konnten, und es tatsächlich auch getan haben. Johanna mußte, wenn sie wahrheitsliebend war, auf der Echt heit ihrer inneren Stimmen bestehen: die kirchlichen Richter aber, Engländer sowohl als Franzosen, waren in ihrem Urteil be fangen. Ein Inquisitionsgericht oder ein Erzbischof genießt eben nicht das Vorrecht der Unfehlbarkeit: diese, das heißt die Irr- tumslosigkeit, ist nur dem Papste eigen und nur dann, wenn er sie eigens für seine Entscheidungen beansprucht. So befand sich Johanna im Konflikt zwischen ihrer inneren Gewißheit und dem Urteil einer rechtmäßigen kirchlichen Obrigkeit. In dem Konflikt unterlag sie. Aber in der Folgezeit hat die Kirche das Fehlurteil der Richter von Rouen berichtigt. Shaw stellt es nun so dar, als sei Johanna die erste P r o t e st a n t i n, die sich gegen das Urteil der Kirche aus ihr eigenes Gewissen beruft. Dem Nichtkatholiken Shaw mutz man eine solche Auffassung zugute halten. In Wirklichkeit beruft sie sich aber ebenso gut auf eine höhere kirchliche Instanz, das allgemeine Konzil und den Papst, und das ist k a t h o l i s ch. Von diesen höheren Instanzen erwartete sie die Anerkennung dessen, was für sie Ueberzeugung aus innerer Erfahrung war. Solche Konflikte mit der rechtmäßigen kirchlichen Obrigkeit sind in der Geschichte der katholischen Mystik nicht selten. Die Lehrer der Mystik wenden auf diese Erscheinung jene Stelle des Hohen Liedes an (5, 7), wo die Braut auf der nächtlichen'Suche nach dem Geliebten den Wächtern der Stadt, das heißt der kirchlichen (und staatlichen) Obrigkeit in die Hände fällt und von diesen mißhandelt wird. Gott, der Urheber der außerordentlichen Gnn- dengaben, läßt diese Verkennung einer Bevorzugten zu, um sie durch Leiden dem Bilde seines Sohnes ähnlich zu machen. Aber noch außerdem ist in Gottes Plan oft erst die scheinbare Nieder lage seiner Bevorzugten der Beweis ihrer göttlichen Sendung, so auf Golgatha, so aus dem Scheiterhaufen von Rouen. Bet dieser katholischen Auffassung wird aus der fatalistischen Tragödie Shaws (die Antagonisten konnten nicht anders han deln) eine göttliche Komödie im Sinne Dantes, wo sich alles schließlich im Triumphe Gottes auslöst. Nur kurz behandelte Fahsel den Konslikt Johannas mit Nation und Staat, als Verteidigerin des Vaterlandes gegen den fremden Eindringling und als Aufstachlerin des natio nalen Gedankens gegen die Apathie der Entmutigten, denen es schon gleich war, ob sie dem König von Frankreich oder dem non England untertan waren. Dabei kam er aus das Berechtigte des Nationalismus zu sprechen, das gerade durch die Heiligsprechung der Jungfrau von der Kirche in besonderer Weise hervorgehoben worden ist. Desgleichen deutete Fahsel kurz an, wie in ihrem Sckicksal die kirchliche Lehre vom gerechten Kriege sich be währt: die rechtmäßige Autorität, ein gerechter Grund und er laubte Mittel. Die dritte Spannung, nämlich ihr Gegensatz gegen die Ständeordnung, zumal die Macht des Adels, soweit sie der Macht des Königs (als Vertreter des Gesamt wohls) Eintrag tat, wurde von Fahsel nur erwähnt. Aber auch die eigenen Fehler Johannas haben zu ihrem tragischen Ende beigetragen. Shaw hat dieselben aus dem angegebenen Grunde vermehrt und übertrieben. Der eine ver hängnisvolle Fehler war die falsche Deutung einer inneren Stimme, die von einem großen Siege sprach, durch den sie ins Paradies eingehen sollte. Sie wagt die Schlacht, gerät in Ge- sangenschast. Immer noch besangen vom Gedanken an den Sieg, flieht sie gegen die innere Stimme, die abmahnt, geht qber dann reumütig wieder zurück. Endlich fehlt sie, da sie im Angesichte des Flammentodes zugibt, daß ihre Visionen Trug gewesen feien, ein Fehler, der durch den Nervenzusammenbruch des schwachen Geschöpfes, das in jenem Augenblick auch — wie es bei den Mystikern häufig vorkommt — von der außerordentlichen Lei tung Gottes verlassen war, bedeutend gemildert wird. Liese Fehler zeigen aber umso deutlicher, daß das Große, was sie voll bracht, nicht ihr persönliches Werk war, sondern daß sie dabet das Werkzeug Gottes war. si> Nilliakteii MMsluliieii Deutschlands Jahresverbrauch an elektrischer Kraft Die Elektrizitätswirtschaft in Deutschland hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte allmählich zu einer großen Grotz- kraftwerkswirtschaft entwickelt. Sie vereinigt in sich in wirt schaftlicher Beziehung die Vorteile der billigeren Anlage der Werke, des geringeren Betriebsstofsbedarfs bei der Krasterzeu- gung und der Ersparnis an Brennstoff für die Allgemeinwirt- schaft. Durch die Entwicklung der Großkraftwerke kommt man dazu, die Kraftwerke am Fundorte der Kraftquellen zu er richten. Als Kraftquellen kommen für Deutschland in Be tracht: die Steinkohlenfelder im Nuhrrevier, bei Aachen, im Deister, bei Ibbenbüren, im Waldenburger Gebiet und in Ober schlesien, ferner die Braunkohlenfelder der linken Seite des Mittelrheins, in Hessen, Braunschweig. Sachsen und in der Lau sitz, die Torsselder im Regierungsbezirk Aurich und endlich die Oelfelder an der Aller. Von besonderer Bedeutung aber sind in Deutschland die Wasserkräfte, die den Betriebsstoff umsonst liefern. Sie haben dagegen den Nachteil der hohen Aus baukosten, der aber durch die Vorteile des billigen Betriebes meist ausgehoben wird. Deshalb sollte dem Ausbau der Wasserkräfte, die uns die Flüsse Deutschlands bieten, viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, als es geschieht. Der Krastverbrauch Deutschlands wird zurzeit auf etwa 49 Milliarden Kilo wattstunden im Jahr geschätzt, von dem etwa der vierte Teil auf die öffentlichen Eletrizitätswerke entfällt. Allein die in Bayern vorhandenen, aber nur teilweise ausgenutzten Wasser. Kräfte würden in der Lage sein, diese Arbeit abzugeben. Die Aus nutzung der Wasserkräfte in den Reichswasserstraßen winde die Abgabe einer Jahresarbeit von etwa 5 Milliarden Kilowattstun den im Jahre ermöglichen. Die Elektrizitätswirtschast in Deutschland hat sich ungefähr provinzweise ausgebildet und stützt sich in den einzelnen Pro vinzen auf die gebotenen Kraftquellen. Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk wurde in Essen aus Steinkohlen gegründet. Später ging es mit feiner Hauptanlage aus das linke Rheinufer in das Braunkohlengebiet über. Hier legte es in der Rotter- grube das größte Kraftwerk Deutschlands mit 300 ONO Kilowatt Leistung an, das nach dem verdienstvollen Direktor den Namen Goldenberg-Werk erhielt. Das vom preußischen Staate ausge baute Versorgungsgebiet in den Provinzen Hessen und Hanno ver wurde auf Wasserkraftwerke gegründet, von denen die Eder talsperre bei Waldeck das wichtigste Kraftwerk abgab. In Bayern bilden das Walchensee-Werk, die Kraftwerke der Mitt leren Isar, die der Donau und des Main-Donau-Kanals die Grundlage für die Stromerzeugung. In Miteideutschland wie derum bilden Braunkohlen den Betriebsstoff. Provinzweise sind die ausgebauten Kraftwerke durch Hochspannungsleitungen non 45, 60 oder 100 Volt miteinander verbunden und übertragen die Kraft in Form elektrischen Stromes zu den einzelnen ttcber- landzentralen, die für die Verteilung an die Stromverbraucher sorgen. An vier Stellen — in Mitteldeutschland, Bayern, Baden und dem Rheinlande — finden wir bereits ausgedehnte 100- Volt-Netze, die aber noch nicht miteinander verbunden sind. Be rechnungen haben ergeben, daß die Uebertragung der großen Leistungen vom Süden zum Norden, vom Westen zum Osten oder in umgekehrter Richtung Uebertragungsleitungen für 200 Volt erfordert. Ihrer Ausführung stehen Bedenken nicht entgegen, doch gehen die Ansichten über die Anlagen noch auseinander. So arbeitet die zur Großkraftwerkwirtschast ausgebaut» Eletrizitätswirtschaft im Sinne einer Betriebsstofferfvarnis und damit der Verbilligung des elektrischen Stromes n> ^ ^r Dar bietung von Kraft zum Wähle des Landes. / ko--»- / »->a°- ^2 MoclsLisrus äsr Osans ^->-wrn- / msm-r / p-i-- praLsr LtrsLs. cUctit srrri Hs.ux>th)Lrkiitiot öebl. wir Men sint doch dessere Menschen... Der Europäer oder Amerikaner, der in Kolonialgebiete oder sonst zu wenig zivilisierten Völkerschaften kommt, ist im allgemeinen der Meinung, daß der Eingeborene zu ihm, dem mächtigen Weißen, der mit allen Mitteln der modernen Zivili sation ausgerüstet und vertraut, dem „Wilden" gegenüber sich so hoch überlegen dünkt, mit Ehrfurcht wie zu einem Gotte, zum mindesten aber doch wie zu einem Halbgott ausblickt. Es hat nun geradezu eine komische Seite, daß diese Annahme, wie nach folgender Bericht aus Holländisch-Indien zeigt, vollkommen aus der Luft gegriffen und nur ein leerer Wahn ist, während sich vielmehr das Gegenteil als richtig erweist. Allerdings, beim intellektuellen Eingeborenen, der mehr oder weniger von unserer Kultur beleckt ist, besteht — zwar keine Ehrfurcht, aber doch eine Art Achtung vor dem Könw'n und vor der Energie der westlichen Völker. Ganz anders jedoch stellt sich dieprimitive Bevölkerung, die in den kleinen unbe rührt gebliebenen Dörfchen wohnt, in den erst vor kurzem der Zivilisation gewonnenen Gebieten draußen auf den großen In seln den Weißen gegenüber ein. Von Ehrfurcht, beruhend auf Anerkenung unserer höheren sittlichen Tugenden, kann bei ihnen nicht die Rede sein. Nicht Ehrfurcht, sondern Furcht herrscht dort, geboren aus dem Gefühl eigener Machtlosigkeit: sklavische Unterordnung unter den Blanda (Weißen), der doch die Macht ver körpert. — Als Nasse sind wir In den Augen der Bevölkerung nur Barbaren, trotz aller „Hormat" (Ehrbezeugungen und De mut) sind wir ein niinderwertiges Volk, aus welches sie innerlich tief herabsieht. Natürlich, wir haben die Macht, die wir übrigens nur unserem Bunde mit den bösen Geistern verdanken. Unsere Kultur, unsere Technik, unsere Wissenschaft sind für den Ein geborenen ein Buch mit sieben Siegeln. Das alles ist schwarze Magie, und die fürchtet der Eingeborene. Meistens empfindet man uns nur als notwendiges Uchel, wie Cholera, Pocken, Erd beben und solche Strafen, die von Gott geschickt werden: man beugt sich fatalistisch darunter, ohne das Wie und Warum zu erforschen. Man findet sich eben mit uns ab. Wir sind nun einmal dal Im großen Ganzen schätzt uns der einfache Eingeborene nicht hoch ein. Wir sind eben anders, und in jedem Land wird der Fremde, der Ausländer ein wenig bemitleidet, weil er andere Wünsche. Auffassungen, Bräuche hat. Man findet ihn manchmal „komisch". Dies ist allgemein menschlich und hat namentlich bei dem einfachen „Wilden" sein, logischen Gründe. Wir kennen seine Sprache entweder gar nicht oder nur sehr schlecht, machen dauernd Fehler, also sind wir dumm. Das für jeden Ein geborenen offene Buch der Natur können wir nicht lesen. Ohne seine Hilfe würden wir in der Wildnis, im Urwald elendiglich verhungern, verdursten, weil wir die überaus reichen Hilfsquellen nicht kennen. Wir sind also wie hilflose Kinder. Weiter ver stoßen wir fortwährend gegen die einfachsten Vorschriften der Moral und der Etikette der Bevölkerung. Folglich haben wir keine Kultur. Wir erlauben unfern Frauen, in den Armen an- derer Männer zu tanzen, sind selber mit verheirateten Frauen vertraulich, usw., also sind wir sittenlos. Ja, in ihren Augen sind wir eigentlich nur eine Art Höherer Affen! Auch die Meinung, daß unsere weiße Hautfarbe in den Augen der „Wilden" ein Zeichen höheren Wertes sei, ist eine Illusion. Die Aussätzigen haben ebenso gut eine weihe Farbe, also muß dies bei uns auch eine Krankheit und zwar eine häß liche sein. Für uns ist der Geruch, der den Negern anhaftet, un angenehm: ebenso widerlich ist unser Geruch dem Eingeborenen. Wir tragen eine Leichenluft mit uns herum, sagt der Eingeborene. — Die Auffassungen über Ehrlichkeit gehen bedeutend auseinan der. Was für uns ein ehrliches Geschäft bedeutet, erscheint den Eingeborenen nur als eine große Gerissenheit. — Ein junger „Controllern:" (Vcrwaltungsbeamter) wollte seinen Häuptlingen ein wenig Kultur beibringen und teilte ihnen unter anderem mit, daß es nach den neuesten Forschungen keinen Gott gebe, und daß sie nach der Darwinschen Lehre von den Affen abstammten. Die Häuptlinge nickten ehrfurchtsvoll und lauschten mit Andacht den „weisen" Worten des jungen Vorgesetzten. Dieser wunderte sich später nicht wenig, als er entdeckte, daß man ihn auf der ganzen Insel nur noch den Controlleur-monjet (Asse) nanntel Nur wenn man sich in die Psyche der Bevölkerung hinein denkt, ihre Bräuche und Anschauungen respektiert, durch das Bei. spiel einer ehrlichen Gesinung eines rechtschaffenen Lebenswan dels vorbildlich zu wirken sucht und dabei mit feinem Takt und großer Menschenkenntnis vorgeht, ist es möglich, wirklich mit Ehrfurcht behandelt zu werden. Aber dann nicht, weil man zur weißen Rasse gehört, sondern trotzdem! Aus aller Wett — Wo liegen di« Hauptstäbtef Zur Beantwortung dieser Frage gibt O. Jessen in der Zeitschrift sür Geopolitik be merkenswerte Ausführungen. Das beste ist, wenn die Grenzen eines Landes kreisrund und die Hauptstadt im MitteIpunkt dieses Kreises liegt. Nur so kann die Hauptstadt auch unpartei ischer Mittelpunkt des Verkehrs- und Wirtschaftslebens sein und ist gegen feindliche Angriffe am besten geschützt, die meist die Eroberung der Hauptstädte bezwecken. Als die Länder Spaniens geeinigt waren, wurde mit voller Absicht das unbedeutende, ober zentral gelegene Madrid zur Hauptstadt erhoben. Lissabon und Nom sind die Hauptstädte langgestreckter Länder, dis aus ketten förmig aneinandergereihten Provinzen bestehen. In solchen Län dern pflegen die Provinzhauptstädte eine große Rolle zu spielen (Florenz, Porto), ja sie können an Dolkszahl sogar die Haupt stadt überflügeln (Neapel, Mannheim). Seefahrende Völker wer den ihre Hauptstadt am Meer haben (London, Amsterdam, Washington), doch liegt bezeichnenderweise in Europa keine be deutende Stadt am offenen Ozean sondern geschützt in einiger Entfernung. Kolonialvölker werden ihre Hauptstadt zunächst am Meer haben, da von dort aus die Erschließung des Landes vor sich geht: aber später wird sich immer ein Drang geltend machen, die Hauptstadt ins L a n d h i n e i n z u v e r l e g e n. In Kanada hat Ottawa über Quebec und Montreal gesiegt; in Australien soll die neue Hauptstadt Camberra auch vom Meer entfernt erstehen, die die alten Großstädte Sydney und Melbourne überflügeln wird. Der Regierungssitz der Südafrikanischen Union ist jetzt Pretoria, während das Parlament in Kapstadt blieb. Immerhin sind auch Hauptstädte ans Meer gewandert. Petersburg verdrängte das heilige Moskau, als Rußland ein europäisches Land werden mußte. Tokio mußte die Binnenstadt Kioto ersehen, als Japan 1868 sich dem Weltverkehr erschloß. Trotz diesen Wanderungen behaupten sich Hauptstädte hesonders nach Naturkatastrophen merkwürdig zäh. Kein Erdbeben konnte den Wiederaufbau von San Savador und Lissabon verhindern, und selbst Tokio bleibt Hauptstadt, obwohl das alte Kioto, das jederzeit wieder Haupt stadt werden könnte, verhältnismäßig erdbebensicher ist. — Heldentod einer amerikanischen Telephonistin. Einen bemerkenswerten Fall von weiblichem Mut und Pflichttreue mel. det der „Corriere della Sera" aus Neuyork. In der Stadt Brooks (Maine) brach ein großer Brand aus, ganz in der Näh« des Hauptgeschäftsviertels. In einem der vom Feuer schon er griffenen Häuser befand sich die Telephonistin Carrie Johnson, die gerade Dienst beim Telephon hatte. Obwohl die Flammen schon ins Zimmer leckten, blieb die Johnson doch aus ihrem Po. sten und benachrichtigte die Feuerwehr der Nächstliegenden Stadt. Als Hilfsmannschasten anrückten, war das Mädchen aber bereite verbrannt. Doch hatten ihre Geistesgegenwart und ihr Heroik mus einen großen Teil der Stadt gerettet, der ohne sie ein Rauh der Flammen geworden wäre.