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Sächsische Volkszeitung : 29.01.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192501299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-01
- Tag 1925-01-29
-
Monat
1925-01
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.01.1925
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Donnerstag, den 29. IanuarlOR^ >Nr. 23, Seile 3 — — > ' . - -- .. . Das Zentrum zur Prerchenkrise Zur Frage der Regierungsbildung in Preußen nimmt die „Germania" heute in einem Leitartikel Stellung. Das Blatt erklärt, daß für das Zentrum allein die sachliche und staats bürgerliche Einstellung motzgebend bleibe. Der Ar tikel wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Haltung der Rechtspresse, vor allem gegen die Drohungen mit einer Landtagsauslösung, und erklärt, datz eine solche Lösung dem Zentrum nur angenehm sein könne. Das Zentrum werde sich nicht mürbe machen lassen und in Preußen das Experiment Luther, insbesondere nach der am Freitag und Sonnabend abae- halteuen Aussprache mit den Parteivorsitzenden im Lande nicht wiederholen. » Die Stimmung in Zentrumskreisen des Nheinlandes geht aus folgenden Auslassungen hervor, die die „Kölnische Dolkszcitung" unter der Ueberschrift „Klar zum Gefecht" ver öffentlicht: „Man möge sich in volksparteilichen Kreisen über die Hal tung des Zentrums in Preußen nicht täuschen. Eins glauben wir sicher sagen zu können: eine» BUrgerblock wird das Zen trum hier niemals milmachen, auch nicht mit sog. Verbindungs offizieren. Das mildeste, was geschehen kann, ist Desinter essement. Es steht zu viel aus dem Spiele, es geht um die ganze Zukunft Deutschlands, und gerade die Gestaltung der Lage im Reiche zwingt das preußische Zentrum mit eiserner Konse quenz in die Opposition gegen jedes Gebilde, das auch nur von fern ausschließlich »ach rechts orientiert erscheint. Auch die Ge duld des Zentrums hat ihre Grenzen. Ist es doch beinahe so weit gekommen, daß gewisse Parteien glauben, mit der poli tischen Selbstlosigkeit des Zentrums ihre egoistischen Partei zwecke erreichen zu können, immer in der Hoffnung, daß das Zentrum schließlich das große Opfer dem Lande bringen werde. Auch wir wissen, was das staatsbürgerliche Gewissen von uns verlangt. Eins können wir den besorgten Lohgerbern aus der Rechten schon heute sagen: sie können am kommenden Frei tag U e b e r ra s ch u n g e n erleben.' Wir lassen uns zu jeder Arbeit, die im Interesse des Volkes liegt, heranziehen, abr» will lassen uns nicht mißbrauchen. Das Techtelmechtel mit den Bolschewisten, das sogar der „Kölnischen Zeitung" auf die Nerven fiel, hat selbst den Vertrauensseligsten die Augen ge- ös.uet. Wir erkennen cs heute: cs geht ums Ganze. Preußen soll, koste es was es wolle, zur Trutzburg des politischen und sozialen Rückschritts gemacht werden, unbekümmert um die Wir kungen im Lande, unbekümmert um die verhängnisvollen Wir kungen im Auslande. Langsam und sicher soll das alte System wieder auferstehen — dieses Syststem mit seiner Ungerech tigkeit gegen den katholischen Volksteil und gegen alles, was nicht ln den ostelbischen Kram paßt. Wir haben auch am neuen Staate manches auszusehen, aber gemessen an dem, was früher war, bedeutet er doch auf wichtigen Ge bieten einen gewaltigen Fortschritt. Wir erkennen die Taktik: man will das Zentrum in Preußen ln eine Nechtskoalition zwin gen, um es „unschädlich" zu machen. Gegen diese Versuche rufen wir unsere Wählerschaft zum Kampfe auf. Und dieser Ruf wird nicht verhallen: Hundert Jahre ostelbischer Herrschaft mit all ihrer Ungerechtigkeit gegen den katholischen Volksteil sind, in Westfalen und im Rheinland namentlich, noch unvergessen, und die Aussicht auf die beherrschende Wiederkehr derselben Kräfte von einst wird alle Gefühle wieder erwecken, die nur geschlafen haben, weil man sich in einem freiheitlich gerichteten Staate wähnte, sie werden erwachen, sobald man den alten Gegner wie der vor sich sieht. Wir kennen unsere Verpflichtungen gegenüber dem neuen Preußen und unserer Wählerschaft. Ter Kampf um die Ein- stellung Preußens Hot begonnen. Das reaktionäre Preußen hat sich zusammengefunden und holt zum Schlage aus. es richtet wieder begehrlich seine Blicke zum Westen. Aber dessen darf man auf der anderen Seite gewiß sein: einem reaktionären Preußen sagen wir den schärfsten Kampf an, und wir haben heute ganz andere Machtmittel als früher zur Verfügung, um diesen Kampf erfolgreich zu führen. Die Herausforderung vom 23. Januar ist geschehen, und wir nehmen den Fehdehandschuh aus!" AS »MMliOe WRklMSM Berlin, 28- Januar. Wie wir aus parlamentarischen Kreisen erfahren, rechne, man nach den gestrigen Regierungs erklärungen im Auswertunqsausschuß damit, daß das neue «us- wertungsgeletz dem Reichstag in drei bis vier Wochen zuqehen wird. In der Zwischenzeit wird sich der «uiwertungsausschuß mit der Denkschrift des Reichssinanzministeriums befassen, die eine kritische Zusammenfassung der Auswertungssragen in Wegenwart und Vergangenheit gibt. Der Aufwertungsausschuß des Reichstages l>at in seiner Sitzung den Referentenentwurf über die Anleiheaufwertung eut- grgengenommen und wird nach etwa einer Woche in die Be schlußfassung über den Entwurf eintreten. Ferner ist beschlossen worden aus Veranlassung der Neichsregierung, daß schwe bende Rechtsstreitigkciten über Auswertungssragen ltzypokheken und sonstige Forderungsauswertung) auf Antrag so lange suspendiert werden sollen, bis die in Aussicht ge nommene gesetzgeberische Regelung der Aufivertunq durch den Reichstag vorliegt. Schließlich ist der Antrag der Deutschnalio- ualen Volkspartei auf Aufhebung der Verordnuirg des Reichs präsidenten vom 4. Dezcnrber 1924 vertagt worden. Im Verlauf der Verhandlungen wies Neichsjustizminister Dr. Freuken darauf hin, daß das Reichsgericht und das preu ßische Kcnnmergericht sich auf den Standpunkt gestellt haben, daß die Ermächtigung des 8 64 der dritten Steuernotverordnung für einzelne von der Neichsregierung erlassene Durchführungs bestimmungen dieser Verordnung keine Rechtsgrundlage bilde. Damit sei auf dem ganzen Gebiete der Aufwertung eine nahezu völlige Rechtsunsicherheit eingetreten. Unter diesen Um standen habe sich die Reichsregierung entschlossen, durch eine aus Grund des Artikels 48 der Verfassung zu erlassende Verordnung die dritte Steuernotoerordnung und ihre Durchführungsbestim mungen auf eine zweifelsfreie Rechtsgrundlage zu stellen. Recht liche Bedenken gegen eine solche Regelung hätten nicht bestan den, da das Reichsgericht entschieden l>abe, daß auf Grund des Artikels 48 auch wirtschaftliche Maßnahmen, wenn sie zur Er stattung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit ge boten sind, anaeordnet weichen dürfen. Die auf Grund dieser Erwägung ergangene Verordnung vom 4. Dezember 1924 sei aber nur zur einstweiligen Regelung der Aufwertung be stimmt. Die endgültige Lösung des Aufivertuugsproblems Karn nur im Woge der ordentlichen Gesetzgebung gefunden wer de r. Eine Regierungsvorlage zur Ergänzung der dritten Steuer- mlverorönung sei in Vorbereitung und iverde mit möglichster B.'schleuniaung eingebracht iverden. Auch Rcichsfinanzminister v. Schlieben betonte die Not wendigkeit einer endgültigen Regelung. Bei den öffentlichen Anleihen denke er sich die Aufwertung so, daß in erster Reihe die bedacht werden, die dem Reich in der Zeit der Not mit ihre!» Geld beigesprungen seien. Für die Unterscheidung von altem und neuem Anleihegesetz hoffe man jetzt einen Weg gefunden zu haben, auf dem vermieden iverden könne, daß die Spekula tion sich auf Kosten der schwer geschädigten Anleihebesitzer be reichere. llnter den für die Aufwertung in Betracht kommenden Anleihebesitzern seien selbstverständlich die Bedürftigen Z» be vorzuge». Sie KWe» MWH Lmda». 28. Januar. Ter Kölner Berichterstatter der .Mor- ningpost" erfährt von amtlicher Quelle, daß der Oberbefehlshaber der britiicheu Rheluarmee sich gestern abend nach London begeben wollte, und daß sein Besuch nnmittelbrr mit dem Schicksal des brtlncheu Beiatznugshceres zusanilnciihängt. Ter General wird, wie in »iililär'ghen Kreisen verlautet, tu der erstell Febrnzrwoche zurtlcklehrett und dann in der Lage jein, eine endgültige Mit teilung über die zukünftige Bewegung des brilst.hen Nhcmh.'ereS abzugebcn. Wie das Renterjche Büro erklärt, ist es ermächtigt, die Nachricht, drß Großbritannien eine Näninnng der Kölner Zone erwäge, nachdrücklich zu dementieren. Hinjichtl'ch der Gerüchte über Verhandlungen zwischen Deutschlrud und Großbritannien in duner Frage müsse erucut festgestcllt werdeu, daß diese Frage „ich, Großbritannien allein angehr, londer,, eine '.nteratliterte Ange legenheit >e>. Tie brit'sche» Truppe,, j» dieser Zone seien dort nur als Teil der Belahiiugsarmee. „Tic gestern Deutschland über reichte Note mache eS völlig klar, daß England hiusichtßch der Räumung der Kölner Zone nichts unternehme,, werde, bis Tcnt'ch- la»d die Bestimmungen des Versailler Vertrages erfüllt habe,. Wenn dies geschehen ist, werde die Räumung automatisch er folgen." Die deslellle Ketze Paris, 28. Januar. Ter ehemalige Abgeordnete Prevost de Lckiuay wurde gestern ln der' Angelegenheit des „Eclair", der wegen Veröffentlichung eines Gehet,,idokumeuteS über die angeb lichen Rüstungen Tcntschlands in den Auklagezustaud versetzt wurde, vom tlnterintzttiigsrichter vernommen. Er erklärte, er habe ein weiteres bei der HanSiuchnng im „Eclair" gesundeiu-s Toknmcnt über die Organi,ntwn der deutschen Luftschiffahrt dem Blatte übermittelt, das er mit anderen Geheimdokumenten von einem franzö,i scheu General erhalten habe, „m eine ösjcutlichc Erörterung über die „deutsche Gefahr" eiuzu- leiteu. Kerrlol sprich» über die inleralttierlen Schulden Paris, 28 Januar. Hcrrwt wird heute nachmittag tu der Kammer über die Frage des interalliierte» Schulde.,iprobleins und die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Svwjelrnßland spreche,i. Von der Opposition wird der frühere Präsident der Reparatioiislvmmissro», Dubais, dem Minister präsidenten antworte». WlMlWe I« Mn Berlin. 28. Januar. Tie Berliner sozialdemokratische Par tei veranstaltete gestern gemeinsam mit den, Reichsbanner Schwarz- Rot Gold in, Berliner Sportpalast eine Kundgebung sür die Re publik. Ter Berliner Bezirlsv-rbandsvorjitzende Bartels und der Reichstagspräsident Löbe sprachen über die innere Pol'tjk. Ihre Ausführungen gipfelten in einer Kampfansage der Sozial demokraten gegen das Kabinett Luther. lieber die Außenpolitik sprach der Reichstagsabgeordneie Tr. Brcitscheid. Während seiner Rede kam es zwischen anwesenden Kommunisten und Michsbaiiner- leuien zu Zusammenstöße». Zum Schluß sprachen „och Erispie», Müller-Franken und der preußische Ministerpräsident Braun, der die Arbeiter anfforderte, die Republik und dw Tcmokratie zu schützen. Nach der Kundgebung kam es in der Potsdamer Straße zu schweren Zusammenstößen zwischen Sozialdemokraten und Kom munisten, in deren Verlauf cs auf beiden Seiten zahlreiche Verletzte gab. Erst eine starke Abteilung Schutzpolizei vermochte nach längeren Bemühungen die Straßen zu säubern und de» völlig unterbundenen Verkehr wiederherzustellen. In der 11. Abend stunde wurde m der Lindenstraßc in der Nähe des „VorwartS"- Gebändes ein von der Kundgebung kommender, etwa 100 Mann starker Zug des Reichsbanners Schwarz-Not-Gold von etwa :N0 Kommnnisten übersatten. Es entspann sich in der Dunkelheit heftiger Kampf, wobei eS ebenfalls aus beiden Seiten Verletzte gab. 10 bis 12 Reichsbanncrleute, die Schlag- und Stichwunden erhalte» hatten, mußten zur nächsten Rettungswache transpor tiert werden. Berufung im Falle Zeigner Berlin, 28. Januar. Gegen das Urteil der sächsischen Diszi- plinarkammer zur Entziehung der Pension des früheren säch sischen Ministerpräsidenten Zeigner ist, wie die Morgcnblätter melden, von beiden Seiten Berufung eingelegt worden. ' Dresden. 28. Januar 1925. Die gestrige Sitzung der Sächsischen Landtages sing mit einer sehr ernste» Angelegci'heit an. Die Versetzung des Polizeiober- leutnants Götze von Dresden »ach Leipzig war zu einer Staats angelegenheit ausgebauscht worden, die leicht von schwerwiegen den politischen Folgen Hütte sein können. Inzwischen freilich hat die Angelegenheit ein merkwürdiges Gesicht erhalten, da der Polizeioberlculnant Götze eine Erklärung über seine Steilung zum Stahlhelm gegeben hat, die eigentlich der deutschnationalen Anfrage vollständig den Boden entzog. Aber der Antrag der Deutschnalionalen war dahingehend gestellt, daß die Erklä rung der Regierung zu dem Fall Götze nicht befriedige. Der Innenminister Müller wurde beschuldigt, daß er Angehörige des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold lieb licher behandle als die Anhänger anderer rechtsgerichteter Verbände. So entstand aus der Angelegenheit Götze der Antrag der Deutschiiationalen und damit ein versteckter Mihtrauensa » trag gegen das Kabinett, wie ja häufig aus kleine» Ursachen große Wirkungen entstehen. Der Chronisten- pslicht ist mit der Feststellung Genüge geschehen, daß der Antrag in namentliche Abstimmung gegen die Stimmen der Deutsch- nationalen und bei Stimmenenthaltung der Kommunisten ab gelehnt wurde, während die beiden Mitglieder der Dsurschen Volkspartei, Lippe und Schifsmann den Sitzungssaal vor der Abstimmung verließen. Sodann wurde die ganze Schuldebatte fortgesetzt, die sich gestern a u s s ch I i e h l i ch mit der Denkschrist des Kultusministeriums beschäftigte. Feinschmecker versichern, daß ausgewärmter Kohl besser schmecke, als der frisch zubereitete. Mag sein. Daß aufgewärmte Reden das gleiche Wohlbehagen verursachen, wird niemand behaupten können. Von linkssozia listischer Seite ist bekanntlich mit aller Macht Sturm gegen das Kultusministerium gelaufen worden und die Posaunen Arzt und Wecket haben mit ihren Chorknaben, den Männern vom Sächsischen Lehrerverein, die Mauern des kultusministeriellen Jericho umblasen wollen. Wir haken bereits unseren Lesern Mit teilen können, daß aus der Fanfare eine klägliche Schamave ge worden ist, und die Ritter vom Sächsische» Lehrervercin don- quichotenhaft ans ihrer Nosinante nach Hause trabten. Aber noch nicht alle Leitartikel der „Sächsischen Lchrerzeitung" und der linkssozialistischeii Organe waren im Landtag zur Verlesung ge kommen, und so trat Herr Arzt auf den Plan. Großartig in seiner Logik und Dialektik natürlich. Mit verwegenen Sprüngen sprach er von der Autorität, überschlug sich einige Male und gelangte zu dem Ergebnis, daß Autorität Nohrstock sei. Genau nach der logischen Folge: Gustav-Gasthos-Gurkensalat, also Gustav-Gurkensalat. Wobei mir auf Theorie und Praxis dieses seltsamen Iugcnderziehers Hinweisen wollen, der jede nachdrückliche Erziehung der Kinder zu Gehorsam, Zuckst und Sitte als Brutalität bezeichnet, jedoch als srischgebackener Be zirksschulrat von Zeigncrs Gnaden vor seiner ersten Lehrer versammlung erklärte, daß er mit aller ihm zur Ver fügung stehenden Brutalität seine untergebenen Lehrer zur Propagandierung seiner politischen Ziele zwingen werde. Aber so elwas ist so schnell vergessen. Besonders muß folgende Stelle aus seinen Ausführungen, die im übrigen wegen des Mißverhältnisses zwischen Theorie und Praxis des Vor tragenden der inneren Ueberzeugungskraft entbehren, hervar- gchoben werden: „Jede Maßnahme des Ministeriums, zu der die Lehrerschaft nicht ja oder nein gesagt hat. läuft sich in der Schule tot." Der — nach seiner Meinung wenigstens — Iugenderzieherschlechthin, Herr Bezirksschulrat Arzt, erklärt also rund und nett, daß die Lehrerschaft die Anordnungen der Vorgesetzten Behörde sabotieren werde. Bei solcher Auf fassung über Pflichten und Rechte des Lehrers, Iugcnderziehers und Staatsbeamten kann allerdings die Auffassung des Herrn Arzt über Autorität und Erziehung nicht wundern. Wobei wir uns noch die Preisfrage zu stellen erlauben, was wohl der Kul tusminister a. D. Fleiß» er getan hätte, wenn jemals die Lehrer anderer politischer Gesinnung so etwas zum Ausdruck ge bracht hätten! Die Antwort liegt allein schon darin, daß die sächsische Lehrerschaft, die eine andere Weltanschauung hat, unter dem System Fleißncr-Arzt mundtot gemacht und ver gewaltigt wurde. Manch ruhiges und gutes Wort sprach der Abgeordnete Schurig van den Rechtssozialisten. Er hat sich in gewisser Be ziehung über die Jugenderziehung recht verständnisvoll zur Denkschrift geäußert. Von der Deutschen Volkspartei sprach dann noch der Abgeordnete Röllig, von den Kommunisten Renner und von den Deutschnationalen Grellmetn. Eine interessante Note in die Verhandlungen brachte der Demokrat Dr. Senfert. Nicht, als ob er etwas besonders Neues gesagt hätte. Seine Ansichten sind ja bekannt, aber für den Beobach ter war es Interessant, festzustellen, wie die Meinungen des Herrn Dr. Seysert und seines Frakttonsgenossen Clauß auseinandergehen. Während Herr Clauß sich als Beaustragter des Sächsischen Lehrervereins fühlt, hat sich Dr. Seysert doch schon sozusagen emanzipiert. Die Abrechnung, die Kultusminister Dr. Katser mit der radikalen Lehrerschaft schon in vergangener Woche hielt, hat er diesmal noch einmal wirksam unterstrichen. Er mackste unter anderem folgende bemerkenswerte Ausführungen: „Die Denk schrift, die heute wiederum im Mittelpunkte des Interesses ge standen hat. ist dabei nicht sehr glücklich weggekommen. Man hat es dabei für nötig gehalten, sie politisch und nicht pädagogisch auszuwerten, und von dem politischen Standpunkte, den man selbst konstruiert hatte, gegen die Denkschrist vorzugehen. Bereits heute vor acht Tagen habe ich in meiner Rede vieles besprochen und widerlegt, was heute wieder von neuem vorgebracht worben ist. Gegenüber der Behauptung, die Denkschrift stützte sich allein auf das Urteil der höheren Schule, muß ich wiederholen, daß die Denkschrift aus drei Teilen besteht: 1. Urteile der Bezirks schulräte. gestützt durch- 859 Volksschnllehrer des Landes. 2. Ur- teile der höheren Schulen aus Grund des Ergebnisses der Auf nahmeprüfungen, 3. Urteile der höheren Schulen aus Grund der Erfahrungen an Schülern während des ersten Jahres nach dein Uebergange von der Volksschule zur höheren Schule. Gewiß er reichen die Leistungen der höheren Schule auch nicht den wün schenswerten Stand, aber es wäre töricht, ihr deswegen die Urteilsfähigkeit über die Volksschule absprechen zu wollen. Uebrigens ist eine Verordnung ergangen, die versucht, bei den Aufnahmeprüfungen sür die höheren Schulen die Urteile >>er Volksschule und der Volksschullehrer mit zu berücksichtigen. Alles kann man mit der Not der Zeit nicht erklären. Die Fehler zeigen sich ja auch nicht bei allen Kindern. Was hauptsächlich beklagt wird, das ist die Geringschätzung der Fertigkeiten. Wenn etwas trotz der Not der Zeit, unter der wir noch lange leiden werden, erreicht werden kann, so muß das sofort geschehen. Was wir wollen? Der zweite Beamte in der Schulaufsicht soll ein Helfer sein und nichts als das. Man kann die Schulzucht nicht mit der Disziplin eines Heeres vergleichen, wie das hier geschehen ist. Die Gegensätze über die Volksschule sind nicht bloß im Volke und in der Koalition, sondern auch in der Lehrerschaft vorhanden. Man kann sich fragen, ob es opportun ist, jetzt darüber zu sprechen. Ich meine, es ist richtiger, daß man ver sucht, diese Gegensätze zu beseitigen, indem man die Axt an die Wurzel legt. Die Dinge sind nun einmal im Fluß. Ich hoffe, daß die vom Abgeordneten Seysert gewünschte Enguete neue und gute Anregungen bringt, aber man vergesse nickst, daß sie die Angelegenheit erst wieder aus die lange Bank schieben würde. Ich kann den Vorwurf nicht anerkennen, daß die letzten Jahr« zu ungünstig waren, um ein Urteil zu ermöglichen. Fünf Jahre sollten Zeit genug sein, und die Klagen stammen nicht bloß aus den ersten beiden Jahren, sondern auch aus der letzten Zeit. Das gleiche Urteil, das heute der Abgeordnete Dr. Seysert über die Lehrer und ihre Organisation abgab. habe ich auch vor acht Tagen ausgesprochen. Den Idealismus habe ich anerkannt. Ich glaube, unsere Lehrer würden sich viele Kümpfe und auch Anfeindungen ersparen, wenn sic sich zu dem Standpunkte durch- ringen. daß auch sür ihre Vertretungen die Verhältniswahl richtig ist. Ich maße mir nickt an. pädagogischer Fachmann zu sein, aber auf Grund meiner Besuche in den Schulen habe ich mir doch ein Urteil gebildet, soweit es ein pädagogischer Laie oder ein inter essierter Mensch sich erringen kann. Da dieses Urteil sehr viel gemeinsam hatte mit dem, was auch von anderer Seite gesagt wurde, bin ich in der Ueberzeugung, daß ich aus dem rechten Wege bin, sehr bestärkt worden. Zurückweisen muß ich aber, als einseitiger Ankläger und Anwalt einer politischen Partei nnge- sprochen zu werden. Politik ist der Aussluß einer inneren Ueberzeugung. Daß diese innere Ueberzeugung für alle Maß nahmen richtunggebend ist, ist eine Selbstverständlichkeit. Es fragt sich »ur, ob man das unter den Gesichtspunkt der Allge meinheit stellt oder nicht. Es ist auch von den Hcrrschastsgelttstcn christlicher Kreise über die Volksschule gesprochen worden. Ich glaube nicht an solche Herrschaftsgelüste, die gemeinten Kreise wollen »ur das wieder in die Schule hineinbringen, was sie als wesentlich für das Leben betrachte». Der Abg. Arzt hat auch den schwerwiegenden Satz ausgesprochen, die Negierung soll« keine Maßnahmen gegen die Billigung der Lehrerschaft unter nehmen. diese Maßnahmen wären von vornherein tot. Wenn solche Gedanken van einer Organisation cnisgingen, so müßt« die Regierung schwerste Bedenken haben. Dieser Satz bedeutet doch den Kampf des Lehrers gegen den gegenwärtigen Staat, und dann müßte der Kampf auch von uns ausgenommen iverden. Aus der Fragestellung: Lehrerverein oder Staat müßten unbe dingt die Konsequenzen gezogen werden. Ich wehre mich nicht gegen andere Ansichten und nicht gegen die abfälligen Urteil« über mich, sondern ich wehre mich dagegen, daß man meine Ab sichten mißversteht auch in der Weise, wie es heute wieder teil weise geschehen ist." Es hilft nichts. Mögen der etwas spaßige Herr WeckeI und die Kassandra Arzt sich drehen und wende». Sic können das Rad nicht mehr zurückdrehen. Die Despotie des Sächsischen Lehrervereins ist tot. Wetterbericht -er Dres-oer Wetterwarte Witterungsaussichten für den 28. Januar abends bis 29 Ja nuar abends: Vorwiegend stark bewölkt, zeitweise Niederschläge im Flachland zumeist als Regen und Schneeregen, im Gebirge als Schnee. Temperatur im Flachland zunächst wenige Grade über dem Gefrierpunkt, im Gebirge um den Gefrierpunkt und höchst« Lage einige Kältegrade, mäßige zeitweise etwas lebhafte südlich« bis westliche Winde. <
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