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(Fortsetzung von Seite Ls Falle der Verwahrlosung. Für die Wanderer sott das Ge>cy «ine Wandererordnuna vorschreiben. Wanderstraßen sollen feftgelegt werden mit Wanderarbeitsstätten in angemes sener Entfernung, nicht zu weit nnd nicht zu nahe voneinander, «m in beiden Fällen unterwegs das Betteln zu verhindern. Die näheren Wünsche und Forderungen des Deutschen Earitasverbandes in der Wanderersürsorgegesetzgebungsfrage sind folgende: Auch er begrübt, das; die Landesfürsorgeverbände zu Trägern der Landessürsorge gemacht werden. Im Interesse der ordentlichen Wanderer wünscht er, daß sie möglichst wenig mit den anderen Elementen in Berührung kommen. Er verlangt zu diesem Zwecke für die Arbeitsfähigen und Ar beitswilligen vorwiegend sozialpolitische Maßnah men. Laritative Einrichtungen der katholischen Liebestätig keit sind gerade z. B. durch di« Eesellenhäuser in grö ßerer Zahl für diese ordentlichen Wanderer vorhanden, darum begrüßt der Caritasverband auch die Mobilisierung des Ar beitslosengeldes. Weiterhin ist es der Wunsch des Laritasver- bandes, daß das Gesetz es zur Pflicht macht, bei Erlaß der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der Wan dererfürsorge die Verbände der freien Wohlfahrts pflege zu hören. Auch sollen gemeinnützige karitative Ein richtungen der Berufsberatung, Berufsschulung, Arbeits vermittlung und Arbeitsfürsorge, ohne von der öffentlichen Arbeitsvermittlung abhängig zu sein, aus den im Arbeitsver- sicherungsgesetz für allgemeine Maßnahmen bereitgcstellten Mit teln unterstützt werden, da sie eine Entlastung des öffentlichen Arbeitsnachweises bedeuten. Namentlich soll das Recht des karitativen Arbeitsnachweises unangetastet bleiben. Ein weiteres Feld der Betätigung öffnet sich für die Caritas bei der Bekämpfung der Wanoerernot. Die Caritas hat di« Aufgabe, in di« Einrichtungen und Maßnahmen der ge setzlichen Wandererfürsorge erst den Geist der verstehenden und helfenden Liebe zu bringen. Gerade zur Verlebendigung der Wandererfürsorgearbt gebührt ihr ein großer Anteil an dieser Arbeit. Ein Arbeitsplatz, wie ihn das Elberfelder Laritassekretariat in vorbildlicher Meise ausgezogen bat, ge hört eigentlich zu jedem Caritassekretariat. Das Büchlein „Der Arbeitsplatz" von Caritasdirektor Carls, Caritasverlag, Freiburg 1926. gibt Uber die Fragen des Arbeitsplatzes weitere Aufschlüsse. Das Wesentliche einer solchen Einrichtung ist das arbcitserzieherische Moment, darum sollte auch di« Einrichtung eines solchen Platzes Wert gelegt werden. Eine ebenso schöne wie wichtige Aufgabe für dir Caritas ist die Schaffung von Arbeitshrimen, di« stark gefähr deten und verwahrlosten Elementen auf der Wanoerschaft die nötige Ruhepause geben, um sich unter erzieherischer Leitung wieder zurecht zu finden, vor- allem sich wieder an ein arbeits- samcs Leben zu gewöhnen. Weiterhin werden die Eesellenvereine ihre Einrich tungen sozialcaritativer Art weiter ausbauen, in dem Sinne, daß vielleicht noch mehr als schon bisher außer den Angehörigen ihrer Gruppen auch anderen ordentlichen Wanderern in den Gesellenhäusern Unterkunft und Verpflegung geboten werden. Für minderbemittelte stellenlose Angestellte wären ähnliche Ein richtungen zu schaffen, auch eine Art katholisches Hospiz kür Kauf leute, das selbstverständlich für das Hotelgewerbe keine Kon kurrenz weiden soll. Eine der wirksamsten karitativen Aufgaben ist es, bei ganz schwierigen Fällen der Arbeitsvermitt lung erfolgreich tätig zu sein, denn nichts zermürbt und demo ralisiert so sehr, als ein« längere Arbeitslosigkeit mit allen Ihren Nöten im Gefolge, und keine Hilfe übt gewaltigere Wirkungen aus, als einem Menschen durch V-rmittlung einer Stelle aus einer solchen Situation der Stellen:, .igkcit herauszuhelfen. Vor allem auch für die gehobeneren Schichten, für Angestellte, Kauf leute, akademische Beruf«, gilt es, Hilfe zu schaffen bzw. die ge gebenen Ansätze auszubauen. Ist alle Caritasarbeit im innersten Sinne Seelsorgs- arbeit, der alle Einrichtungen und Maßnahmen zur Behebung materieller Notlage zu dienen haben, so gilt das besonders aus dem Gebiete der Wandererfürsorge, die diese seelsorgerische Ein stellung wegen der größeren Gefährdung der zu Betreuenden verlangt. Eine Wandererseelsorge in Herbergen und Heimen, und wenn es sein muß, auf der Straß«, sollte ausgeübt werden. Den Wanderern sollte Gelegenheit ge boten werden zur Teilnahme an Meßopfer und Sakramenten- empfang und zur Anhörung einer Predigt, ein kleines, seelisch auf den Wanderer gestimmtes Bctrachtungsbüchlein oder auch nur ein Flugblatt sollte religiöse Gedanken in ihm zu wecken und zu pflegen suchen. Ganz besondere Aufgaben erwachsen der Caritas gegenüber den unordentlichen Elementen der Alandererfllrsorge, vor allem gegenüber den Psychopathen. Wo jede irdische Hilfe sinnlos erscheint, wo alle behördlichen Maßnahmen nur noch rein polizeilich-repressiv wirken können, da muß es di« Caritas versuchen, den Kampf mit dem Dämon im Innern eines solch zerrissenen Menschen aufzunehmcn. Hier ist di« Caritas berufen, die behördliche Wohlfahrtspflege zu ent lasten, und sich von ihr solche Fäll« zu intensiver Behandlung überweisen zu lassen. Die zu dieser Arbeit berufenen Caritas- jllnger müssen aber auch mit dem Rüstzeug der modernen psychologischen und psychiatrischen Wissenschaft ausgestattet sein. Ein« wichtige Aufgabe der Caritas ist es, in Wohlfahrts- und Caritasschulen und Lehrgängen die Kräfte auszubilden, die sie dann den behördlichen Wandererfürsorgceinrichtungen, den Arbeitsstätten, Arbeitsheimen und Bewahrungshäufern zur Ver fügung stellen kann. .ffesllornmers des kv. Dortmund, 7. September. Dem am Dienstagabend im Goldenen Saale der Westfalen halle abachaltenen Festkommers des KV. war ein glän zender Verlauf Lefchicden. Den Ehre Esch nahm eine große Zahl von Würdenträgern in Staat und Kirche ein. Wir nennen hier nur Bischof Dr. Klein, Weihbiischof Hille Lrand, Weihbischof Dr. Hammels, den Prior Hammerde von Maria Laach, den österreichischen Bundeskanzler Dr. Seipel, Reichskanzler Dr. Marx, beide Kartells rüder des KV., und Ministerpräsident a. D. Dr. Etegcrwald. Im Verlaufe des Abends hielt Generaloikar Dr. Rosienberg- Padcrbsrn in tiefgründigen Ausführungen die Prinzipienred« des KV., die mit einem donnernden Salamander auf den KV. schloß. In einer begeisterten Ansprache würdigte Bundeskanzler Dr. Seipel die Bedeutung des Dortmunder Katholikentages. Er überbrachte die Grüße des katholischen Oesterreich, welches sich in der Liebe und Treue zu der katholischen Kirche mit den deutschen Katholiken einig fühle. Reichskanzler Dr. Marx würdigte die Anwesenheit des österreichischen Bundeskanzlers Dr. Seipel auf dem Katholikentage, Gie Verdienste desselben um den Wiederaufbau Deutsch-OKerreichs in schwerster Notzeit und bat den Bundeskanzler, die Grüße des katholischen Deutsch landes an die österreichischen Katholiken mitzunehmen. Dann wandte sich der Kanzler an die akademische Jugend. Die neue Zeit bringe größere Pflichten für Kirche und Staat, die zu verwirklichen bedürfe es der Einigkeit der deutschen Katholiken und des gegenseitigen Verständnisses der Lage der einzelnen Berufsstände. Ms «in bedeutsames Zeichen sch« er die Anwesenheit der Führer der christl. Nation. Arbeiterbewe gung auf diesem Fcstkommers an. Die Fühlungnahme der Wissenschaft und der Gelchrtenberus« mit der Arbeiterschaft müsse eine weit innigere werden, wenn man den Wiederaufbau Deutschlands schneller herbecführen wolle. Weitere herzlich gehaltene Ansprachen hielten u. a. an die Versammlung Bischof Dr. Klein, Dr. Sonnenschein- Berlin, der italienische Konsul Artuso. welcher wünscht«, daß dem Europa bald ein bleibender Frieden Lqchieden sein möge. Namens der Arbeiterbewegung erwiderte Dr. Sieger, wald die Worte dr» Reich-Kanzlers an die Arbeiterschaft mit der Feststellung, daß dies.' aern di« geistig» Mitarbeit d«r «KHemILrtLakt LeoM« . Eine eindringliche Mahnung Die Dortmunder Generakversammlung der deutschen Katholiken hat das Ergebnis ihrer Verhand lungen in folgender Entschließung züsammengesatzt: Di« Verhandlungen der 66. Generalversammlung der deut schen Katholiken haben bei allen Teilnehmern die Ueberzeugung vertieft, daß drückender als die materiell« die geistig sitt liche Not auf unferm Volk lastet. Darum empfiehlt sie drin gend den Führern des Volkes, noch ernster als bischer ihre Auf merksamkeit auf diese inneren Zeitschäden zu lenken und an ihrer Bekämpfung tatkräftig mitzuarbeiten. Im einzelnen lenkt die 66. Generarveriamnttung ver veur- schen Katholiken alle unsere Glaubengenossen auf folgend« Tat sachen und legt sie zur Durchführung und planvollen Vertiefung der katholischen Oe sfeni lichtest vor: 1. Gegenüber der weit verbreiteten rein materialistischen und wirtschaftlichen Auffassung der Arbeit möchte die 66 Generalversammlung die deutschen Katholiken auffordern, ganz im Geiste unseres hl. Glaubens jegliche ernst und verant wortungsbewußt getane Arbeit als etwas Vornehmes, Hohes und Heiliges zu betrachten und in jeder treu geübten Pflicht erfüllung eine Art Gottesdienst zu sehen, daher auch dem ein fachsten Arbeiter und der schlichten Hausfrau jene innere Wert schätzung und äußere Hochachtung entgegenzubringen, die der Ausdruck echter christlicher Gesinnung ist- Das gesamte christlich« Volk möge sich dabei bewußt bleiben, daß ein« christliche, aus dem Evangelium begründet« Auffassung von Arbeit und Berus jedem Menschen ein« weit höhere Würde und ein viel größeres Recht auf echten Berufsstolz verleiht, als es irgendwelche orga nisatorische nnd wirtschastspolitische Leistungen je vermögen. Bezüglich des Verhältnisses von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bekennt sich die 66. Generalversammlung der deutschen Katho liken zu den Richtlinien, die der Herr Kardinal-Erzbischof von Köln veröffentlicht hat. 2. Angesichts der furchtbaren Vergnügungssucht, die unser Volk ersaßt hat, mahnt die 66. Generalversammlung der deutschen Katholiken alle Elaubensbrüder in Stadt und Land, bei allen Vereinsfestlichkeiten und öffentlichen Veran staltungen sowohl in der Zahl der Feste als auch in der Aus dehnung der einzelnen Feiern jenes Matz zu betrachten, das den alterprobten Erundjätzen christlicher Lebensjührung ent spricht und km Einklang steht zu der allgemein anerkannte« schwierigen Wirtschaftslage unseres Volkes. S. Mit dem tiefsten Ernst beklagt die 66. Generalversamm, lung di« Tatsache, daß auch in katholischen Kreisen vielfach eine Erschütterung der kirchlichen Grundsätze über Ehe und Fa milie eingetreten ist. Insbesondere spricht sic ihre schmerz lichste Sorge darüber aus, daß die Zahl der Mischehen stark lunimmt und erschreckend viele Katholiken bei Abschluß der Mischehe ihrem Glauben untreu werden, daß ferner auch in katholischen Kreisen weit öfters als früher die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe praktisch verleugnet wird, und daß endsich das Familienleben vielfach vom modernen Zeitgeist« und ven mannigfachen Zeiiübeln angekränkelt ist. Die Katholiken- verfammlung ermahnt alle Katholiken, für die Erhaltung und Kräftigung der reinen, glaubensireuen und in christlicher Liebe verbundenen Familie Sorge zu tragen und insbesondere in un-, serer Jugend die Ehrfurcht vor der hohen Würde der Familie und der persönlichen Reinheit als der Grundbedingung wahren Familienglückes zu stärken und zu vertiefen. Cie möchte aber dabei klar zum Ausdruck bringen, daß «in« wirksame Lösung des Familienproblems nur dann möglich ist, wenn eine gründ liche Reform des Wohnungswesens in dem Sinne erfolgt, daß gerade den kinderreichen Familien genügend groß« und preiswerte Wohnungen, womöglich mit eigenem Erundbcsi^ beschafft werden. In dieser Ueberzeugung dankt dl« 66. Generalversammlung der deutschen Katholiken ehrerbietigst und innigst dem hoch- würdigsten deutschen Episkopat dafür, daß er in seinem Hirtenschreiben vom 6. April d. I. ^>as öffentliche Gewissen wachgerufen hat, auf daß die Beseitigung des Wohnungselende» zur gemeinsamen Aufgabe des ganzen Volkes werde". 4. Immer wieder ruft di« 66. Generalversammlung der deutschen Katholiken alle Elaubensbrüder auf zur Weckung und Pflege echter Caritasgesinnung, jener Bruderliebe, die das Kennzeichen der Jüngerschaft Christi ist und das auffallende Merkmal der ersten Christengemeinde war. In dieser, all« Christen verpflichtenden Gesinnung wahrer Caritas ficht dl« Katholikenversammlung ein« wesentliche Frucht echten Glaubens- lebens und deshalb eine unbedingte Voraussetzung aller not wendigen organtsatorillben Caritas-Arbeit. Eine Diasporarede in Dortmund General Baron O.Byrnüber: Vergangenes und Gegenwärtiges aus dem Biskum Meiher Dort, wo der Mcisabach sein sprudelndes Wasser der Elbe vermählt, ragen üb»r die spitzen Giebel einer emsigen Stadt eine mächtige Burg und ein ehrwürdiger Dom in des Himmels Blau und spiegeln ihre Spitzbogen in den Fluten des Stromes. Hier hat vor beinahe 1006 Jahren nacb des Bischofs Thietmar von Merseburg Zeugnis König Heinrich einen dichlbcivaldeien Berg gerodet, eine Burg gebaut und nach dem Bächlein be nannt Misni, Meißen. Aus dieser Wiege deutscher Herrschaft im zinspflichtigen Slawenlande an der Oberelbe ist unter der Hut gewaltiger Necken aus dem westlicher wohnenden Sachsen- ädel deutsche Gesittung heransgemachscn, bis Otto der Große das ganze Siedlungsgebiet in Marken einieilie, die Gaue Nisant und Dalaminzi unter einen Markgrafen als höchsten militäri schen und richterlichen Beamten stellte, und mit der staatlichen eine kirchliche Ordnung des Landes ins Leben rief. Vom Jahre 968 ab sitzt neben der eui-la niaiclstoin-8 in der euris. eviscor» ein Nachfolger der Apostel: der erste Bischof von Meißen- Im romanischen Dome feiert er das heilige Opfer. Bald rufen nicht nur die Domglocken zum Gottesdienst, sondern auch vom Augustiner-Ehorherrcnstist Afra, von der Frauenkirche, vom Laurent iusspital ertönt das Geläut zur heiligen Messe, Angelus und Vesper. Und während unter Markgraf Heinrich, dom Er lauchten Minnesänger mit der Leier, Ritter mit der Turnicr- lanze sich messen, schweift der Blick -es Bischofs auf den mit der Macht der Wettimschen Markgrafen sich dehnenden Sprengel: er reicht, nicht zuletzt durch die Verdienste des heiligen Bischofs Benno, von der Zwickaurr Mulde bis zu Gucis und Bober im Osten und vom Erzgebirgskamm bis .zur unteren Spree un- mittleren Oder. Reichlich floß aus Stadi- und Dorflirchcn, ja von jedem Altar der Zins in den Schatz des Meißener Domes. Mit diesen Mitteln legte Bischof Withego I. 1280 den alten romanischen Dombau nieder; an seiner Clatt wuchs bis 1420 ein« glänzende gotische Hallenkirche empor. An der Seite dieser Begräbnisstätte der zur Kurwürde in Sachsen-Msttenberg gelangten Wettiner Markgrafen erbaut« seit 1471 im Aufträge Wibrechts des Beherzten Arnold von Westfalen an Stelle des alten Markgrafenhauses di« prachtvolle Älbrechtsburg. Und in ähnlichem Sitte errichteten die Bischöfe v. Weißenbach und v. Schleinitz die Bischosspfalz. Sie bietet der Schkoß- berg von Meißen bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts im kleinen das Bild des mittelalterlichen Ctaats- gedankens: der Vermählung des Papsttums mit dem Kaisertum behufs Ausgestaltung der einen christlichen römisch- katholischen Univcrsalmonarchie. „Zwei Schwerter", sagt der Sachsenspiegel, „ließ Gott auf Erden, zu beschirmen die Christen heit, das geistliche aem Papste, das weltliche dem Kaiser." Aus dieser Verbindung weltlicher und geistlicher Machtent- faltuna war dem Markgrafentum und dem Bistum reiche Blüte erwachsen. Durch die Vermischung des deutschen Blutes ins Land gerufener Franken und Flamen mit dem der slawischen Bewohner war ,m Lause der Jahrhunderte ein hochbegabter, tiefreligiöser Stamm entstanden: der obersächsische. In Anna- berg, Bautzen, Chemnitz, Freibeyg, Görlitz, Pirna, Rochlitz, Zwickau und sogar in Dörfern errichtet« er mit Len Riesenwerken von Kathedralen wetteifernde Kirchen. Lucas Eranach schmückte sie mit seinen Bildern von Wunderlieblicher Zartheit, Unschuld und Kindlichkeit: in ihren Mauern erklangen die alten, grego rianischen Gesänge ebenso wie die von deutschen Meistern ge baute kirchliche Kunstmusik. Niemals verstummt« im Dom« zu Meißen das Lob des Allerhöchsten, seit 1490 die fürstlichen Brri, der Ernst und Albrecht den Ewigen lLor und di« Tagzeiten kür den heiligen Benno gestiftet hatte«. In den geistlichen Spielen zu Freiberg und Leipzig erbaute sich der herzogliche Hof wie das Volk an der Ausführung von Sündensall. Erlösung und Welt gericht. Nie ritz der Strom der Wallfahrer aus dem DSark- grafentum, aus Böhmen und Schlesien zur Verehrung der Kreuz partikel in der Kreuzkirche zu Dresden und der Reliquien des heiligen Patrons im Bautzei»« Petridom <ch. In den Domen, Kollegiats, Augustinerstifts und Klosterschulon. in der Kreuz- und Dreilönigsschul« zu Dresden, in Ct. Asm » Meißen, in St. Thomas -n Leipzig, in der Erlehrtenschnfe des beWsigen Lehrer, Ke vre Universität Leipzig 'Unter tatkräftiger Beein flussung des Bischofs gebildet hatte. Wie von den Schulen strömte von den Klöstern tausendfacher Segen in das Land. Gleich dem kirchlichen gewährte das deutsch« Recht der Arbeit Schutz und Ehre. Die Verbindung des Arbeiislebens mit der Religion hielt di« Gewerke in Ehrbarkeit zusammen, ließ sie um den makellosen Ruf der Genossen besorgt sein und fordert« ihren caritativen Sinn. Als Mitglieder von Bruderschaften be gruben sie Toi« und hielten ihnen die Totenwache, während die Deghine» auf der Bruder- und Kreuzgaste zu Dresden und in anderen Städten der Erziehung der Jugend sich widmeten und in Kranken-, Pest-, Siechen- und Armenhäusern menschliche? Elend linderten. Der Einfluß dieser Gesittung prägt« sich aus in der Sinnes art jenes Wettiners, der, unerschütterlich in seinem katholischen Glauben ausgezeichnet vor allen Fürsten seiner Zeit durch wahr haft erleuchtete Frömmigkeit, Sittenreinheit und Pflichttreue 1500 seinem Valer Albrecht dem Beherzten in der Herriclxfl' über das Herzogtum Sachsen folgte. Es ist Georg der Bärtige. Als kerndeutscher Mann, der niemand verbunden sein wolne, als einem Herrn, dem Kaiser, und Gott allein, konnte ihn der Spott Franz I. von Frankreich nicht treffen, der »ach dem schmachvollen Bündnis von Scyreyern höhnt«: „Mit Geld lasten sich die deutschen Fürsten und ihre Räte gewinnen!" Mehr als einmal ermahnte Georg leinen Schwiegersohn Philipp von Hessen, sich nicht mit dem die deutsche Kaiserkrone erstrebenden französischen König« einzulasten, sondern ein guter Deutscher zu sei» und zu bleiben. Mit klarem Blick erkannte er die Schäden der Zeit: den Eigennutz der Fürsten, die hauptsächlich durch ihr« Ansprüche auf das Spolienrecht hervorgerusenen Leiden -er Kirche und Mißbräuche auf geistlichem Gebiet, die Gefahr von sozialer Revolution und Religionskrieg. Warnend -drang seine Stimme an das Ohr von Fürsten, Geistlichen und Volk. Un ermüdlich warb er für Gehorsam gegen Kaiser und Papst. Keiner rüttelte die geistlichen Oberen mehr aus dem Schlafe, als der Wolf in die Herde eindran«, wie er, der -treueste und uneigen nützigst« der weltlichen katholischen Fürsten. Aber er klagte nicht nur an, er handelte: tatkräftig forderte er Reform, aber, nicht Lurch den unberufenen Reichstag: durch ein von Kaiser und Papst bestelltes geistliches Konzil erwartete er die Wiederher stellung rechter christlicher Ordnung für Reich und Kirche. Mit gleicher Willenskraft erzwang er, um klar zu sehen 1519 die Disputation in Leipzig, wie er 11 Jahre später auf dom Augs burger Reichstage alle Disputationen im Glauben als unnütz verwarf und für volle Strenge gegen die Widerspenstigen des Kaisers, die Umstürzler des Gottesdienstes und die Räuber von Kirchengut und Stiftungen eintrat. Keiner wurde von Luther leidenschaftlicher gehaßt als Georg der Bärtige. Als Christen- mörder, Tyrann und Henker des Volkes verdächtigt, als der Meuchler von Dresden beschimpft, stand er nur um so fester zu Kaiser und Papst und wurde oie Hauptstütze des katholische» Bundes. Die Glocken, die den Tod des alten Herzogs gekündigt, hatten zugleich bas Sterben des katholischen Glaubens im Herzogtum Sachsen eingeläutet. Kaum war ihr Mund verstummt, da beginnt unter dom Schutze des Kurfürsten von Sachsen die Unterdrückung der Katholiken und die Einführung des neuen Kirchciiiums nach Luthers Weisung: „Wie Herzog Georg den Teufel wissentlich geschützt und Christentum verdammt hat, also soll Herzog Hein rich Christentum schützen und den Teufel verdammen". Gewalt geht vor Recht. Unbefugt, ein kaiserliches Stift zu visitieren, untersagen trotzdem Visitatoren des Kurfürsten von Sachsen und des Herzogs Heinrich die Feier der heiligen Messe im Dom zu Meißen und fordern die Abtragung des "Grabes des heiligen Benno. Der Einspruch der Domherren wird misgichtet. Ve- wafsente dringen nachts in die Domkirche, zerschlagen das Grab des Heiligen, enthaupten sein Holzjdild und setze» besten Trüm mer -um Hohne vor die Kirche, während dem Bischof spöttisch ge stattet wird, seine alten papistischen Gotirsgreucl auf seiner B^a Stalveu. weiter zu üben. Boa der LvweMLL Ltivzia