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A'i t i Offenes Work zum Frenzel-Prozetz Arbeit hinter -en Kulissen l Berlin» 2. Dezember. Von der Ur4eilsbegründu»g hatte der Landgerichtsdirektor Hellwig selbst, der Vorsitzende, der seit zwei Monaten den Frenzel-Prozeß in der Berufungsinstanz verhandelnden Straf kammer, im Lause des Montag verlauten lassen, dag sie sehr ausführlich sein und mindestens zweieinhalb Stunden be anspruchen würde. Zu dem Mißgeschick, das diesen Prozeß von seiner ersten Stunde an verfolgt hat, gehörte wohl auch dis scheinbare Unmöglichkeit, nach zwei Monate langer, ossiziell unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführter Verhandlung, wenigstens in der Urteilsbegründung frei von der Leber weg und jeder Kritik sich stellend, ausführlich dar Ergebnis der Lbstündigen Beratung darzulegen. Ein Anlauf wurde genommen. „Die mündliche Urteils begründung", begann Dr. Hellwig, „hat die Aufgabe, dem An geklagten und der Oesfentlichkeit Rechenschaft zu geben. Diese Aufgabe ist in diesem Falle besonders schwer. Beinahe unmög lich. Durch die Tag und Nacht geführte Beratung waren die fünf Mitglieder des Gerichts auch seelisch nicht unberührt ge blieben." > „Noch heute morgen wußte keiner von uns, wie er stimmen würde." Die Urteilsbegründung erwähnt dann, daß auch das Ge richt sich nicht verhehlt, welch ein schweres Los den Angeklagten trifft („auch wenn er nach der Meinung des Gerichts schuldig ist"). Die Urteilsbegründung wies dann darauf hin, daß das Gericht sich hütete, Werturteile zu fällen. Im Anschluß daran attestierte sie aber in positiverem Sinne dem Angeklagten, daß ihm die Verletzung der ehelichen Treue moralisch nicht zur Last gelegt werden könnte, und hob bestimmt heraus, daß für die schweren Vorwürfe gegen den Pfarrer Schenk (er habe etwas mit Gertrud Frenzel gehabt), nicht der leiseste Anhalt gegeben wäre. Auch der viel kommentierte angebliche Briefwechsel zwischen Gertrud und dem Pfarrer hätte nach An sicht des Gerichts nicht stattgefunden. Die Urteilsbegründung wendet sich der . . Aussage der Gertrud Frenzel zu, mit deren Bewertung die Anklage steht und fällt. „Gertrud wirft dem Vater vor, daß er sie seit dem 11. Jahre unsittlich verfolgt, und sie führt fünf konkrete Einzelfälle von Verfehlun gen des Vaters an ihr an." Bei diesem Beginn schon der sachlichen Urteilsbegründung reißt der Faden, der uns durch das Labyrinth der zweimonatigen, der Presse offiziell nicht zugänglichen Verhandlung führen sollte. Der An geklagte Frenzel, in dessen eigenstem Interesse — sollte man meinen — es doch liegen mußt«, die ausführlichen Gründe des Gerichts für eine Verurteilung zu ermöglichen, der noch zu Be ginn der Schlußsitzung erklärt hatte: „Ich schmeiße nicht", schmiß um. „Ich kann die Lügen nicht mehr anhören", schreit er. „In Potsdam ist alles möglich." „Es gibt keine Gerechtigkeit mehr." „Das nennt sich nun Gerechtigkeit. Furchtbar, Furchtbar." Die Urteilsbegründung wird unterbrochen, weil die Verteidigung einen Gerichtsbeschluß über die Frage der Verhau dl ungssähigkeit des Angeklagten er zwingt. Nachdem das Gericht zurückgckehrt, und auch der sür Minuten hinausgebrachte Angeklagte wieder zur Stelle ist, wird — entgegen dem Programm und entgegen der Einteilung der Urteilsbegründung — nur ein Ersatz von Urteilsbegründung geboten. „Nur die allerwescntlichsten Gründe werde ich an- fiihrcn", sagt der Vorsitzende. Und verweist auf die demnächst heranskommcnde schriftliche Urteilsbegründung. (Anm.: Die hoffentlich von Amts wegen der Oeffent lichkeit in vollem Umfange übergeben wird!) Das Gericht hat keinen Zweifel gesetzt in die Wahrhaftig keit der ihren Vm!er so schwer belastenden Gertrud Frenzel. Um so weniger, als von ihr grundverschiedene Nature», wie ihre Schwester Hilde, wie auch ihre Schwester Else, zu ver schiedenen Zeitpunkten gleichartige oder ähnliche Beschuldi gungen gegen den Vater erhoben haben. II. Es gibt nach Seemannsmcinung Unglücksschiffe und Kapitäne, die — mögen sie auf ihrem Spezialgebiet noch so tüchtig sein — als Schiffsfiihrer dauernd Pech haben: es gibt auch Unglllcksprozesse und es gibt Verhandlungsleiter, die ihren Prozeß so sestzufahrcn verstehen, daß es ein Zurück nicht mehr gibt. Nun der Frcnzelprozeß abgeschlossen zu sein scheint — Re visionsgründe dürfte» schwer zu finden, ein Wiederaufnahme verfahren schwer zu erreichen sein — kann man ei» offenes Wort Uber die Vcrhandlungsleitung im Berufungsprozeß Frenzel ausfprechen. Ueber eine Verhand lungsleitung, die — wahrscheinlich in dem Bestreben, dem An sehen der Rechtspflege zu dienen — ihr schwersten Schaden zu- gefügt hat. Wie mußte zu Beginn des Verufungsprozesscs für den Ee- richtsvorsitzenden die Frage der Zulassung der Oeffentlichkeit bzw. der Presse sich abzeichnen? Die erstinstanzliche Verhandlung war von Anfang bis zu Ende unter Ausschluß der Oeffentlichkeit, aber unter Zulassung der Presse durchgeführt worden. Er selbst, der Vorsitzende der Berufungsinstanz, hatte am Eröffnungstage des Zwei-Monatc-Prozefses in voller Oeffentlichkeit das Urteil erster Instanz verlesen lassen, das an Deutlichkeit und „Ge fährdung der Sittlichkeit" nichts zu fürchten übrig ließ. Dar auf aber schloß der Vorsitzende mit der Oeffentlichkeit auch die Presse aus. Zrenzel-Prozeh und Presse Gerade weil man — selbstbeschämt — hinsichtlich der Be richterstattung im ersten Frenzel-Prozeß hatte feststellen müssen, daß Mitarbeiter von Sensationsblättern die Pressezulassung zum nichtöffentlichen Prozeß gröblichst miß braucht hatten, schlug man ein Kompromiß vor: Die Zulassung einer Auswahl ernsthafter Spezialjournalisten aller Partcirichtungcn, für die ein Gremium dieser Journalistenspezialität garantieren sollte. Dieser Vorschlag wurde gar nicht in Erwägung gezogen. Wohl aber ließ der Potsdamer Landgerichtsdirektor des Breite ren sich über möglicherweise mangelnden Geschmack und Takt der Pressevertreter aus. Wir sind immer die härtesten Ver urteile! jeder Sensntionsmacher in sogenannten Sensations prozessen gewesen. Nicht erst seit dem Krantz-, von Lützow- und Frenzel-Prozeß. Aber wir bestreiten dem Herrn Land« gerichtsdirektor Hellwig die Berechtigung, der Presse allgemein Mangel an Takt und Geschmack vorzuwerfen. War es nicht der auch die ernsthafte Presse im zweiten Frenzel-Prozeß ausschlicßcndc Landgerichtsdircktor Hellwig selbst, der just vor den Toren des zweiten Frenzcl- Prozesscs mit und ohne Erfolg den Stoff des Prozesses berührende Artikel bei Boulevard-Zeitungen unterzu bringen versuchte? Wir selbst haben konscausnt von einer Berichterstattung über Prozcßvorgänge, die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit sich abspielten, zu berichten uns versagt. Was hat der radikale Ausschluß der Presse erreicht? Heute kann man ja offen sprechen. Offiziell war die Presse ausgeschlossen, täglich aber las man in den verschiedensten Zei tungen, was hinter den verschlossenen Türen des Potsdamer Eerichtssaales sich ereignet hatte. Woher stammten diese Berichte? " » Die eine Quelle war der Privatdetektiv, den Frenzel nach dem Auftauchen der Beschuldigungen gegen ihn in seinem Interesse angesetzt und besoldet hatte. Und die ander« Quelle — die sogar bereit war, von Filiale zu Filiale eine» großen Zeitungskonzerns zu telephonieren, ohne daß sich dev betreffende „Berichterstatter" überhaupt nach Potsdam zu be geben brauchte, war der Bruder des Angeklagten Frenzel. Sieht der Vorsitzende des Potsdamer Gerichts, das »ach schwerer Ge- wisscnsprüsung aus innerer Ueberzeugung den Borstedter Amts vorsteher schuldig sprach, und ihn deshalb ins Zuchthaus schicken mußte, wenigstens heute «in. welchen Schaden er nicht nur dem Schlußurteil der eigenen Kammer, sondern auch der Justiz allgemein zugesügt hat. als er diese einseitigen Hintcrtreppeninformierungen der Ber liner Press« duldete, ohne mit der Faust auf den Tisch zn ichlaqen? D>e Verurteilung selbst? Das Gericht hält Frenzel für schuldig. Der frühere Amtsvorsteher von Barn stedt ist sicherlich kein sympathischer, geschweige denn «in mora lisch wertvoller Mensch. Ja, man kann auch gefühlsmäßig von seiner Schuld in der Richtung der Anklage überzeugt sein: Aber zu seiner streng strafprozessualen Uebersührung hat doch wohl jenes Hundertstel gefehlt, dessen Nichtvorhandensein pro reo (für den Angeklagten) ausschlaggebend sein soll. Eine dritte Aufrollung des Frcnzelprozesses vor einem dem Potsdamer Milieu entfernten Forum würde jeder rechtlich Denkende be- arüßen. K. Revision? Die Rechtsanwätte Dr. Brandt und Dr. Blumen« Hein haben heute gegen das gestern in Potsdam gefällt« Urteil gegen den früheren Bornimer Amtsvorsteher Frenzel Revision beim Reichsgericht angemeldet. Die ausführliche Be gründung der Revision kann erst erfolgen, wenn die juristisch« Begründung des Urteils, die am Montagabend nicht erfolgte, schriftlich vorliegt. Mit einer Entscheidung des Reichsgericht« dürste frühestens im März des kommenden Jahres zu rechnen sein. Aus diesem Grunde werden die Verteidiger auch sofort die Hastbeschwerde formulieren, die dem Kammergericht noch heute zugehen soll. Zm polnischen polizeigesangnis Kattowitz, !>. Dezember. Am Morgen nach den Vorfällen in Eolassowitz, wo es be kanntlich zu einem blutigen Kampf zwischen Aufständischen und den überfallenen deutschen Bewohnern gekommen war, wurden, wie damals berichtet wurde, etwa vierzig Personen verhaftet» die man mit der Tötung des Polizeibeamten Sznapka in Ver bindung brachte. Diese vierzig Personen wurden im Kohlen keller des Hauses des Polizeikommandanten untcrgebracht, wo sie unter dauernder Bewachung standen. Der weitaus größt« Teil der von der Polizei wahllos Verhafteten mußte wieder freigelassen werden. Wie die unschuldig Festgenommenen nun berichten, haben sie während der Zeit ihrer Unterbringung im Keller wahre Folterqualen aushalten müssen. Alle mußten die ganze Zeit Uber stehen. Sie dursten sich auch nicht in die Wand lehnen. Sobald sie den Versuch dazu machten, schritten die Wacht,naun- schaften rücksichtslos ein. Diejenigen, die man in unmittelbar« Verbindung mit der Tötung des Polizeibeamten brachte, mußten auf den Kohlen knien und haben dabei schreckliche Qualen aus- gestanden. Die Verhaftete» waren lange Zeit ohne jede Nah rung, bis schließlich den Angehörigen gestattet wurde, ihnen Lebensmittel zukommen zu lassen. Vera,»wörtlich tltr poltlll und steulllslmi: Ur. G. Dssczhl: ilir OolaleS und Sport: «.John: sttr Anzeige,F.Bungarh. alle in Dresden, pouerltrabe U Druck und Verlag: Germania A,-iu., iZiUale Dresden. 2ur kkemSsnüdEfreiunslSZo Vster1än6i8cker Nar8ck in k* kür Klavier ru 4 lläncier,. I^eumonclnsckt keim Vater Kkein ^/eiknsckttick68 Uärck6N8piel in 2 /^ktsn von Carl Lngler. Verlag l.. Lctiveann, Düsseickork. Durck jecke öuctikancilung, ru berieken. VVeksrqssse 39. Ccks ^allslrsüs 1>otr 2ollbolsstur>g von 1 tzilsrk kür ein pllunck Kaltes gebrannt kauten Sie Klomm-Kalles aus cürskter Siniubr sobon ru d/I. 2, 2.40 us^> ctas l^iunck gerüstet. 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Zuschriften unt. 7787 an die Geschäftsstelle d. Bl. Dresdner Theater SperMus ilreltag Anrechtsretbe ^ vor t'rvisekllts! i >/„8> BVV. Gr. 1: 1511—1800 Sonnabend Stutzer Anrecht klltgnon C/z8) SAWellms streit«» Anrechtsretbe ^ kontkssllva (8) BVB. <«r. 1, 8501—8700 Sonnabend Nnrechtsrethe ä abends 8 Ilbr Lt» Kammern netzt «trau», VVB. Gr.,1 31.01—3100 Gr. 2, 1—50 und 901—925 Merl-Thealer itreltag abends 8 Uhr Nor Kau», «Ion «ein Ovivlssvo trled ÜB«. Gr ' 4101—4200 und 12151—12300 Sonnabend nachmittags 4 Nbr Uns ckuinms Lngkoln abmdr 8 Uhr Karuuerlt:3 VVB. G, 8401—8500 und 12 01—12400 Nie KonMie Freitag abends Uhr Oas llkonto X BVB. Gr. I: 7001-7700 Sonnabend abends V.9 Nbr Das Konto X BVB. Gr. 1: 1701—1800 AeMm-Tftealer Gastspiel Jlobanna Schubert und Karl ftöken Freitag abends »hc »er Voxoltzlincklvr BVB. Gr. I 1'01-1100 Sonnabend iiachnllttags 4 Uhr ^setzontzriickol abends 8 Uhr Ikor Vogolküncklvr BVB. 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