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Ehemann werden," . Aast Du nicht schon jemanden für ihn in Aussicht genommen. Tante Line?" fügte Frau oon Haneiuann hinzu. „Gewiß," erwiderte diese lebhaft, „ein reizendes Mädchen, das leider heute abgereist ist. Lehr hübsch, sehr gewandt und wohl erzogen: 25 Jahre alt und recht vermögend csie würde ihn auch nehmen und in dem neuen Xreishans. daS sie iln» gebaut haben, tadellos repräsentieren. Aber der Junge will sie ja nicht Er meint, sie sei eine aut gedrillt« Puppe ohne Gefühl und «igenie Gedanken, und er würde sich mit ihr zu Tode langweilen." „Merkwürdig," sagte ihre andere Nichte, „er ist doch selbst so korrekt." „Prelleicht will er gerade darum ltnne korrekte Frau, Margot." Hanno lachte, „Dasoraw »uni speranea! Bertie ist überhaupt unfähig, sich zu verlieben und zu begeistern. Als kühler, moderner Uebermensch steht er loeltenweit über de» Dingen und sieht aus das minderwertige, weibliche Geschlecht mit Geringschätzung und ein wenig Mitleid herab , , ." »Tante und Schwestern sind hoffentlich ausge schlossen." „Selbstverständlich!" Um 12 Uhr trennte man sich und ging zu Bett. Frau Antoinette tvollte noch ihre Ui>r ausziehen und auf den Nachm'ch legen, aber sie >r>ar todmüde und vergaß es schließ lich. Erst am nächsten Vormittag, als »e uacb dein frühstück ihren Koffer auspackte und ihre Sachen ordnete, machte sie die betrübende und beschämende Entdeckung, daß ihre Haiidtasche vertauscht und ihre Uhr verschwunden >var. Sie stand der Tatsache völlig ratlos gegenüber, und es fehlte ihr jeder Anhalt für Ort und Zeitpunkt der Verivechsluny. Sie hielt ihr Eigentum einfach sür verloren, Mid da es ihr peinlich war, die Angelegenheit im großen Familienkreise beleuchtet und besprochen zu sehen, vermied sie jede Erwähnung derselben. Ihre erschütterten Nerven ertrüge» lange unerquickliche Erörterungen »och nicht, und da die Uhr ein c^eichenk von Tante Line war, wollte sie sich auch dieser treuen Seele nickt aiioerlrauen. Von dem Vorhandensein des fremden Tagebuches, daS sie ein- gelauscht hatte, ahnte sw natürlich nichts, und sie dachte im Augenblick gar nicht daran, daß ihr Bruder Ariden am Abend vorher von ihr ermächtigt worden war, sich ein Buch ans ihrer Tasche zu holen. Sic dachte nur an die Uhr. als den einzigen Wertgegenstand, den sie entbehrte, und zerbrach sich über die Eigentümerin der anderen Tasche mcht weiter den »köpf. Ter Laiidrat von Honerlah war nach Hanse gefahren, hatte einer Sitzung des Kreisaiisschusses beigewohnt, den Bau einer Landstraße besichtigt und ziemlich spät zu Mittag gegessen. Nun saß er mit seiner Zigarre bei einer Tasse Kaffee und blätterte m einem Spvrtsonrnal, das ih» langweilte. Er sah sich nach einer anderen Lektüre um und erinnerte sich plötzlich des neue» Buches, das seine Schioester ihm mitgegeben und so warm empfohlen hatte , . . Nichtig, das steckte ja noch in der Tasckx seines UeberzichcrS, Er schickte den Diener danach und nahm es in Erwartung eines hohen ästhetischen Ge nusses entgegen. Wie erstaunte er aber, als er es näher betrachtete, die wenig buchmäßige Ausstattung des Acußern sah und statt einer Novelle oder eines Romans nur handschrist liche Aufzeichnungen darin fand! „Nuiiz" meinte er kopfschüttelnd, „was ist denn das für ein merkwürdiges Opus? Antoinette sagte doch, sie habe das Buch eigens für mich mitgebracht, es sei allermodernste Literatur, Oder sollte ein Irrtum vorliegen? , , , Ach nein, es wird ein für den Druck bestimmtes Mau »skr im sein , , Woher sie daS D-ing nur haben mag? In seiner Art ist es gewiß ein modernes Kiirioiilin. und meine verehrte Schwester wollte mich wohl nur uzen, als sie mich ei» gedrucktes Buch erwarten ließ!" Seine Neugier war geweckt: feine Spottlust hoffte auf Befriedigung, Er schlug die Beine übereinander und begann mit steigendem Interesse bald hier, bald da zu leien — was Dita Weber in stillen Stunden den weißen Mattem anvertraul hatte. Das Tagebuch, Nichts ist mir so interessant, wie der denkende, gebildete Mensch! Ihn zu be obachten. zu belauschen, seinen Empsindüngen und inneren Lebeiisäußeruiiacn nachzu gehen, gewährt mir dieselbe Befriedigung, wie dem Naturforscher seine Entdeckungs reisen, Den lebenden, gebildeten, modernen Menschen, aber nur diesen! Jur das Historische fehlt mir der Sinn, für das Proletariat das richtige Verständnis. Nur meines gleichen zieht m:ch an. Ich sehe, ich errate, ich ziehe meine Schlüsse, und zwar offenbar mii Glück und Geschick, Die mangelnde Erfahrung wird durch eine Art Instinkt oder Intuition ersetzt, und ich freue mich wir ein Kind, wenn die Tatsachen meine Annahmen bestätigen. Indessen: meinen Forschungen sind Schranken gesetzt. Die innersten und zartesten Vorgänge kann man doch nur an der eigenen Seele verfolgen. Zn meinem Bedauern habe ich selbst noch wenig erlebt — das heißt innerlich, Aeuherlich war mein Leben voll von Abwechilung und reicher an Eindrücken, als das mancher anderer höheren Tochter oon 22 Jahren, Ich könnte eine ganze Reihe oon Ereignissen aufzähleiic die vielen wert und wichtig erscheinen. aber ick lue es nicht, denn nur sind sie mehr oder minder gleichgültig. Ich mochte anderes, besseres erleben, möchte mein Empfinden ge- steigert, mein Wünschen und Wollen verwandelt sehen und in die Tiefen meiner Seele hinabsteigen, über denen letzt noch ein Schleier liegt. Was schlummern soviel vvn der Möglichkeiten rt heutzuMen alle Menschen, mit wenigen Ausnahmen, tncpfindcn sie öder Aauben Iie -u^emosinde«. Mir ist sie noch immer ein Buch unt sieben Siegeln, aber es reizt mich, drese Siegel zu brechen und seinen Inhalt kennen zg lernen. Es sind gewiß Wunder darin enthalten, Geheimnisse. Offenbarungen!! An langen.Herren ist in unsaren Kreisen kein Mangel. Wir verkehre» mit ihnen häufig und gern und einig« vvn ihnen gefallen mir auch, wie «mein em Haus, ein Bild, oder ein Meid gefällt. Ich siebe zu ihnen in keiner inneren Beziehung, und tvenn sie au» unserem Gesichtskreis verschwinden, weckt dies kaum «in Bedauern in mir. Alle heimliche» Versuche meinerseits, mich der Wissenschaft halber «ininal zu verlieben, scheiterten bisher an meinem Unvermögen, mich für einen Mann zu begeistern. Mein lächelnder Gleichmut verläßt mich nicht, auch wenn eL sich um den Vollkommensten handelt. Dabei sagt mir eine innere Stimme, daß ich lieben könnte, von ganzem Herzen und von ganzer Seele, aber diese Liebe müßte anS einer allgewaltigen, inneren Not wendigkeit erwachsen und mit äußeren Umständen gar nichts zu tun haben. Ich denke mir, solch ein mächtiges, den ganzen Menschen ausfüllendes und verklärendes Gefühl ist an sich schon Glück und Gnade genug, sovaß es kaum noch der Gegenliebe bedarf. Damit würde es bei mir wohl auch übel bestellt sein. Man ist nicht umsonst die Schwester einer Schönheit und noch dazu einer so stolzen Schönheit, wie unsere Thea es ist. Ich verschwinde ja einsach neben ihr und bi» nur ihr Schatten, «ine minderwertige Wieder- holiing ihrer glodblonben Herrlichkeit. Mama findet eS daher auch ganz selbstverständ lich, daß bei der Wahl der Kleider iminer nur Theas Geschmack und Wille berücksichtigt werden. Ich gönne Thea ihre Schönheit, ihre Bewunderer und ihre Heiratsanträge, aber ich beneide sic um die äußere und innere Sicherheit, welche sie auSzeichnet. Sie ist immer der Lage gelvachjen, immer unerschütterlich in ihrem Selbstvertrauen. Sie begeht weder eine Torheit, noch eine Uebereiluna: sie weiß immer, was sie will, und sie bereut nie, waS sie getan hat. Für sie gibt cs keine Probleme und keine Zweiselslagcn, und manchmal will es mir scheinen, als wäre sie nicht geivachsen und geworden wie andere Leute, sondern gleich fix und sertig ans die Welt gekommen. Ich dm das gerade Gegenteil. In mir gärt nnd wallt es: ich lasse mich vom Augenblick beherrschen und Hinreißen und sehe überall Wunder, Rätsel und Fragezeichen. Die Begriffe schön und häßlich, gut und böse, stießen für mich ineinander wie Regenbogenfarben, und das Leben, auch das längste, erscheint mir kurz im Verhältnis zu der Ausgabe, welche es zu bewältigen hat. Eine Schnlsreundin, Haimah Schmidt, besucht mich zuweilen. Sie läßt sich von den Wogen der modernen Frauenbewegnng tragen. Ihre beiden Tanten stehen mitten darin und kämpfen wie Löwinnen sür daS schwache Geschlecht. Hannah studiert Medizin. Sie ist nngewöhttlich begabt und m diese Richtung gedrängt worden. Mlr tut sie ans- richtigt leid. Sie kommt um ihre besten Jahre, und welche ungeheueren geistigen und körperlichen Anstrengungen muß sie machen, um etwas zu erringen, das von dem Durch- schnitt der Männer mit Leichtigkeit erreicht wird. Sie hat mir auch Bücher und Zeit schriften gebrachl, die ich lesen mußte, aber klüger bin ich dadurch nicht geworden. Der Kamps mag ja bis zu einem gewissen Grade notwendig und berechtigt sein — ich, mit meinem unreiscn Urteil, wage darüber nicht zu entscheiden — aber unsympathisch ist er mir im höchsten Grade, und persönlich erscheinen mir seine äußersten Forderungen und Konsequenzen auch töricht nnd unnatürlich. Ich l>abe wohl zu viel von der verpönten, durch Menschcnolter anerzogeneu „Sklavcnnatur" des Weibes in mir, weil ich meine, daß drei Dinge den Frauen bei diesem Ringen um ihr sogenanntes Recht verloren gehen müßten: die Anmut, die Güte nird jenes seine weibliche Fühlen, welches uns dem starken Geschlecht gegenüber als Ausgleich und Waffe vcrlielM ist. Gibt es überhaupt etwas Verschiedeneres, wie Mann nnd Weib? Und später, im goldenen Zeitalter der Frauenbewegung, sollen sic gleich sein, dasselbe leisten und erringen und wollen? Es rst einsach undenkbar, und ich möchte in einer solchen Welt nicht leben. Ich bleibe des Abends gern lange auf, aber die frühen Diorgenstunden hasse ich. Alles ist dann noch im Entstehen, im Uebergang, und ich liebe in meiner Umgebung die Vollendung und Harmonie. Dazu habe ich des Morgens «in Gefühl körperlichen Un behagens und geistiger Stumpfheit, das sich schwer überwinden läßt und erst im Laufe deS Tages langsam schwindet. Pava begreift das nicht, er ist ein Frühaufsteher: aber ich glaube, auch er würde gesunder und liebenswürdiger sein, wenn er sich mehr Ruhe gönnte. Er l-ctt Nerven, hat Launen, ist Hypochonder und Pessimist und zeigt dl« besten Anlagen zum Haustyvaniien. Aber Maina läßt ihn nicht dazu kommen. Cs ist über haupt großartig, wie sie ihn zu nehmen weiß nnd sich an keiner Seite Seelenruhe mL äußeres Behagen bewahrt. «Fortsetzung Freitag.» 1905. 1905. siosollävrs von (ior Lltzllo bvvorriliFt. «mistfMs: Oaelismik' — ^olisnns - Voile — l'siloi'-mscls — Oovsi'coal in uvuou ustrutou Lai'bovuuimeou. ßleuv öluSSNSioffe in grossen 8ortimen1on. Rsictisto 2Iustel.in8wuds. Vil1i§3ts?roiss. ködert KSLmv jr.,«. 18 IHvoi KPlrtzlL 18 IV»iIir»ii48. Dresdner WM siir MlchtDil s -«ttilr.M Willi. 8cIil>Mi8 DU.üll! Il akrile tun Ltsenlennstruletivo«». ÄH»; Mvu! f 1>kmspontsdls 8par-Loeddvräe sreti<i»»sigs» psbnirat. Unoeesiebt in l-sistung, sose- »smem 6eenn,n uns «attosp- troit. — Xoblsneespseni, oa. 25°/». l>rvisv vvn L4 diuric an. §r<-k.T, 6dl.kLM8 UM." ..2 «a«str»"-8^st«n, für schmiedeeiserne Fenster »nd Dberlichte. besitzt große Festigkeit, fft zierlich >l»d wirkt dekorativ. Zahlr. Anerkennungsschreiben von Bebörde». Privaten, Fabriken re. Prospekte und Kostenanschläge ans Anfrage. 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So,,»- und Feiert 8—11 Uhr. sti-iltleli kclliidsf,, o-LLW'«,.,. > > Geheilte gebe» aer» Auskunft. -