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240, 14. Octobcr. Nichtamtlicher Theil. 3785 Gruppiruug und unter wesentlicher Berücksichtigung der dort ver tretenen Dichter, auch die Organisation jenes zweiten Sammel werkes durchgeführt, sowohl was die Methode als was die befolgten ästhetischen Prinzipien betrifft. Die zahlreichen Freunde der deut schen Literatur werden darum auch hier durch die bestgewählte und relativ vollständigste Sammlung von Proben deutscher Dichtung in Prosa in dieses Gebiet der deutschen Literatur «auf die lehrreichste Weise eingeführt. Wenn wir schon bei dem frühern Sammelwerke den glücklichen Tact und feinen Geschmack, die positive Kenntnis; und das richtige Urtheil, die Vielseitigkeit und die Schärfe der Aus wahl zu rühmen hatten, die sich in der Zusammenstellung der ein zelnen Beispiele bewährten, so müssen wir jenen Eigenschaften, die wir in dem gegenwärtigen Werke in demselben Maße wiederfinden, hier um so höhere Anerkennung aussprechen, als wir die Auswahl und Zusammenstellung von Proben aus dem Gebiete der Prosa dichtung , wenn sie instructiv und interessant zu gleicher Zeit sein soll, sür viel schwieriger halten als auf dem Gebiete der Dichtung in gebundener Rede, wo sich viel mehr kurz abgeschlossene, sich ge wissermaßen als charakteristische Beispiele aufdringende Dichtungen finden als auf jenem Miöcellen. Wenn irgend der sonst so sehr gemißbrauchte Ausdruck.- „zeit gemäßes Unternehmen" auf eine periodische literarische Erscheinung mit vollem Rechte anwendbar ist, so ist er es in Betreff der im Ver lage von Georg Stille in Berlin erscheinenden Wochenschrift: „Die Gegenwart" von PaulLindau. Seit mehreren Jahren gab es in Deutschland in der That kein Organ, welches das Ziel, welches sich die „Gegenwart" gesetzt hat: der „Gesammtausdruck des geistigen Schaffens der deutschen Nation in der Gegenwart"" zu sein, allseitig und mehr als scheinbar ins Auge gefaßt und auch nur annähernd vollständig erreicht hätte. Schon wegen der rüstigen Inangriffnahme dieser Aufgabe verdient der Herausgeber der ,,Gegenwart"" eine anerkennende öffentliche Würdigung; unsere An erkennung muß sich aber noch steigern, wenn wir einestheils die Schwierigkeiten in Anschlag bringen, mit welchen ein deutscher Begründer eines solchen literarischen Unternehmens zu ringen hat, anderntheils aber die Erfolge, welche derselbe schon während eines dreivierteljährigcn Bestehens desselben erzielt, und überhaupt die gleich geschickte wie geistig befähigte Ausführung der gestellten Auf gabe in Betracht ziehen. Wie leicht hat es, verglichen mit dem deutschen, ein französischer Herausgeber einer ähnlichen Zeitschrift! Wie Paris der Mittelpunkt nicht nur des politischen, sondern auch des socialen, künstlerischen, poetischen, literarischen und wissenschaft lichen, ja selbst des kirchlichen und religiösen Lebens von Frankreich ist, so findet der französische Redacteur auch alle Notabilitäten, Kory phäen und Capacitäten dieser verschiedensten Betätigungen der geistigen Thätigkeit seines Volkes in jenem universellen Brennpunkt des französischen Nationallebcns vereinigt; er darf sich nur in per sönlichen Rapport mit ihnen setzen und hat die freieste Wahl und bequemste Handhabung der mitarbeitenden Kräfte zur beliebigen Verfügung. Und nun sehe man einmal die Liste der Mitarbeiter der „Gegenwart"" an, die aus allen Strichen der Windrose des Gebietes, auf dem deutsches Geistesleben sich geltend macht, zusammengebracht sind! Welche Mühe muß es gemacht haben, sich brieflich mit ihnen in Verbindung zu setzen, sie zu dem und jenem zu veranlassen, sich über diese und jene Differenz auseinander zu setzen u- s. w.! Und trotz aller Mühe wird es schriftlich nie gelingen, ein solches harmo nisches Zusammenwirken der verschiedensten Kräfte zu einem bestimm ten literarischen Zwecke mit dem Erfolge in Deutschland hervorzu rufen, wie es z. B. der „Usvue ckes äeux Uovck68" und ähnlichen Zeitschriften in Frankreich gelungen ist. Gewiß, wenn man die Reihe ausgezeichneter schriftstellerischer Namen, welche an der „Ge genwart"' bis jetzt sich betheiligt haben, wenn man die große Anzahl nicht bloß interessanter, anregender und schön geschriebener, sondern auch inhaltlich im höchsten Grade gediegener Artikel in Betracht zieht, so kann man sich über die Erfolge, welche 1)r. Lindau bis jetzt errungen hat, nur mit der ungeheucheltsten Theilnahme freuen. Er hat cs verstanden, eine Wochenschrift zu gründen, die in jeder Nummer nicht nur eine Fülle des Neuen, Anregenden, Interessan ten, zum Theil Pikanten bringt, sondern auch immer mit richtigem Tact das beachtet und hervorhebt, was an der geistigen Tages ordnung ist, vorzüglich aber es nie unterläßt, in jedem Stück einen oder mehrere Aussätze zu bringen, die sich auch durch ihren innern, geistigen Gehalt auszcichnen und dadurch das Blatt weit über das Niveau einer geistreichen, kritischen Unterhaltungsschrift erheben. — Möge der einsichtsvolle und geistreiche Gründer der „Gegenwart" in der begonnenen Weise rüstig und immer Weiler strebend fort fahren, so wird er so gewiß die Genugthuung erleben, sein Blatt zu einem Brennpunkt des geistigen Lebens unserer Nation zu machen, als auch anderseits dasselbe stets von der wirksamen Theilnahme des Buchhandels gefördert zu sehen. Der Vorstand der Berliner Buchhändler-Corpora tion beabsichtigt dem Berliner Buchhandel, welcher in seiner Ge- sammlheit eine so bedeutsame Stellung zur Cullurentwickelung der Gegenwart einnimmt, die äußeren Erfordernisse einer solchen Stellung zu sichern und ihm eine Stätte zu schaffen, an welcher er sich nach In nen stark und einig, nach Außen würdig repräsentirt fühlt. Em preis würdiges Grundstück soll erworben und für die Zwecke eines Ber liner Buchhändler-Hauses umgeschaffen werden. Dasselbe soll einen Saal enthalten, in welchem dieAbrechnungen, geschäftliche und gesellige Zusammenkünfte der Genossen abgehalten, sowie auch zeit weilige Ausstellungen von Büchern, Kunstblättern und verwandten Gegenständen veranstaltet werden können; sodann ein Bibliothek zimmer, ein Nestaurationslocal, welches Zimmer für den Besuch der Buchhändler reservirt und genügende Räumlichkeiten darbietet zu einem gemeinschaftlichen billigen Mittags- und Abendtisch für die Gehilfen des Berliner Buchhandels; endlich angemessene Räume für die bnchhändlerischen Verkehrsanstalten und die entsprechenden Wohnungen für die Beamten derselben; im klebrigen vermiethbare Geschäfts- und Wohnungs-Localitäten. Dies sind die Grundzüge eines Planes, dem, wie der Vorstand hofft, der Berliner Buchhandel eine lebhafte und allgemcineTbeilnahme gewiß nicht versagen wird.(Post.) Bitte um Beschleunigung der Weihnachts sen- dun gen. — Die Verkehrsstockung auf den Eisenbahnen, besonders in Nord- und Mitteldeutschland ist schlimmer, als während des letzten Krieges. Ballen per ord. Fracht sind z. B. von Leipzig nach Stettin und Orten von ähnlicher Entfernung drei bis vier Wochen unterwegs. Reclamationen sind ohne jeden Erfolg. Die Herren Verleger, welche für Weihnachten bestimmte Werke zu versenden haben, sind dringend gebeten: spätestens Anfang November, und wenn irgend thunlich noch früher die Versendungen vorzunehmen. Zur Notiznah me.— Die Firma Noeber & Starke (früher Hartlcben L Co.) in Pest befindet sich seit 17. August im Concurs. Briefwechsel. Herrn E. H. in St. — Die Redaction ist gern dazu bereit, hervorragende Erscheinungen, die sich durch ihre elegante oder kunstvolle Ausstattung besonders sür den WeihnachtStijch eignen, kurz zu charakterisiren und dieselben der Aufmerksamkeit des Sortimentshandels zu empfehlen. Wir bitten also, uns die fraglichen Werke, unter Angabe der Preise und etwaiger besonderer BezugSvrrhältnisse, möglichst bald einzusenden-