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Nichtamtlicher Teil. — Sprechsaal. 133, 13. Juni 1910 Büchern an Privatpersonen eingeführt habe. Obgleich bei der Behörde festgestellt wurde, daß die verpflichtenden Bestimmungen nur den Zweck hatten, Mißbräuche bei der Rabattkonkurrenz unter den Buchhändlern und Mitgliedern des Vereins zu beseitigen — auf Nichtmitglieder des Vereins könnten sich jene Bestimmungen nur in dem Maße beziehen, als sie sich denselben freiwillig an schlössen, im Bewußtsein des Schadens, den dieser Nabattkampf mit sich bringe —, sprach die Behörde gleichwohl die Verurteilung aus, und es wurde entschieden, den Verein, der 27 Jahre besteht, zu schließen. Mit dem Verein zugleich muß geschlossen werden die bei ihm seit 15 Jahren bestehende Buchhändlerschule, die über 200 zur Arbeit vorbereitete Gehilfen ausgebildet hat; es muß geschlossen werden das einzige in Rußland seit 27 Jahren er scheinende Fachorgan, das den geschäftlichen und ethischen Interessen der russischen Buchhändler und Verleger dient; es müssen die sieben in der letzten Zeit bei dem Verein tätigen Kommissionen geschlossen werden, darunter solche, wie die Kommission über die Lage der im Buchhandel Angestellten, die Kommission über die Zusammenstellung eines Katalogs für die Buchhändler, die Kommission zur Einführung normaler Papier formate usw. Es mag sein, daß die wenig geschickte Fassung des Artikels 6 der Statuten des Vereins den Anlaß gibt, den Verein zu be schuldigen, er wolle auch Nichtmitglieder dazu zwingen, sich Be stimmungen zu unterwerfen, die nur für die Mitglieder des Vereins verpflichtend sein können. Aber anderseits hat auch der Stadthauptmann gesetzlich das Recht, einen Verein, dem eine gesetzwidrige Tätigkeit zur Last gelegt wird, gleich selbst aufzu fordern, diese Tätigkeit einzustellen — um die Schließung des Vereins zu vermeiden. Daß der Stadthauptmann im vor liegenden Falle von diesem ihm zustehenden Rechte keinen Ge brauch gemacht hat, wirkt nicht ermutigend. Gleichwohl darf als sicher angenommen werden, daß sich der Vorstand in jeder Weise bemühen wird, den Verein zu rehabilitieren und wiederher zustellen. ?. Die Messengerboys als Privatpost. Entscheidung des Reichsgerichts. (Nachdruck verboten.) — Die roten Radler von Breslau beschäftigten nochmals das Reichsgericht. Nachdem ein früheres Urteil des Landgerichts Breslau aufgehoben worden war (vgl. Börsenbl. 1909, Nr. 261), hat das letztere am 17. Januar den Kaufmann C. zu 500 den Kaufmann W. zu 500 und den Buchhalter A. zu 20 Geldstrafe wegen Ver gehens gegen das Postgesetz bzw. Beihilfe dazu verurteilt. C. ist Inhaber des Instituts Rote Radler, A. ist bei ihm angestellt, W. hat verschlossene Briefe durch jenes Institut befördern lassen. Außerdem sind wiederholt geschlossene Briefe durch rote Radler im Stadtgebiete befördert worden. In einem Falle wurden einem Geschäftsmanne zwei Radler gegen Zahlung von 25 an das Institut überlassen, damit diese Briefe beförderten. Im Urteile heißt es: Die Beförderung von verschlossenen Briefen im Ursprungsort gegen Entgelt ist verboten. Es fragt sich nur, ob das Institut sich als Privatpost darstellt. Die Tätigkeit des Instituts war auf Gewinn gerichtet. Vorwiegend war es allerdings Dienstmanns-Jnstitut, aber im Nebenbetrieb Privatbeförderungs anstalt. Auch die beiden Radler, die ein Auftraggeber einige Tage beschäftigte, schieden nicht aus dem Institut aus. — Die Revision der drei Angeklagten, welche Verkennung des Begriffes Privatbeförderungsanstalt rügten, wurde am 10. Juni vom Reichsgericht verworfen. Freie Gesellige Bereinigung Sappho« in Leipzig. — Am Sonnabend, den 18. Juni, abends 9 Uhr veranstaltet diese Vereinigung im Saale des Restaurants Johannisthal, Hospital straße 22, einen Vortragsabend, an dem der Dichter und Schrift steller Julius R. Haarhaus in Leipzig aus seinen ernsten und heiteren Dichtungen Verschiedenes selbst vorlesen wird. Damen und Herren sind hierzu herzlichst eingeladen. Der Eintritt ist frei. Personalnachrichten. Felix Stillfried -j-. — In Rostock ist der Gymnasialprofessor Adolf Brandt, unter dem Pseudonym »Felix Stillfried« einer der bekanntesten und geschätztesten plattdeutschen Erzähler und Lyriker seit Fritz Reuter, im Alter von neunundfünfzig Jahren nach längerer Krankheit gestorben. Seit 1877 im mecklenburgischen Schuldienst tätig, zuletzt als Professor am Gymnasium in Rostocks trat er 1887 mit dem Roman »De Wilhelmshäger Kösterlüd«, den er auf eigene Kosten drucken ließ, zuerst schriftstellerisch hervor. Der Beifall, den diese plattdeutsch geschriebene Erzählung fand, ermutigte ihn bald zu weiteren Versuchen dieser Art. Es folgten die Erzählungen »Ut Sloß un Katen«, »De unverhoffte Arwschaft« (die zuerst im Feuilleton der »Deutschen Romanbiblio thek« erschien), die Gedichtsammlungen »Biweglang«, »In Lust un Leed«, von denen die letztgenannte auch einige Nachdichtungen aus Horaz und Homer enthält, und anderes. Eine Reihe kleinerer Erzählungen, die er im Laufe der Jahre für verschiedene deutsche Familienzeitschristen schrieb, hat er unter dem Titel »Hack un Plück« vereinigt. Zwei aus dieser Sammlung: »Wedderfunn'n« und »De Hex von Moitin«, sind mit einer Einleitung von Ludwig Schröder in Max Hesses »Volksbücherei« wiederabgedruckt worden. Goldwin Smith -s. — Wie aus London gemeldet wird, ist in Toronto (Kanada) der bekannte Schriftsteller, Historiker und Publizist Professor Goldwin Smith im hohen Alter von sieben undachtzig Jahren gestorben. Obwohl Engländer von Geburt, war er einer der eifrigsten und unermüdlichsten Vorkämpfer für den Gedanken eines politischen und wirtschaftlichen Zusammen schlusses Kanadas mit den Vereinigten Staaten. Goldwin Smith war 1823 zu Reading unweit London geboren. Auf der be rühmten Schule in Eton vorgebildet, widmete er sich in Ox ford historischen Studien und wurde nach vorübergehender Tätigkeit in anderen Stellungen 1858 dort Professor der neueren Geschichte. 1864 wandte er sich nach Amerika, wurde 1868 Professor der englischen Geschichte und Verfassungs geschichte an der Cornill-Universität zu Jthaca und 1871 für die gleichen Fächer an der Universität Toronto. Von 1872—74 gab er das »Oanackian Llootbl^« heraus und gründete später eine Reihe von Wochenschriften gleicher Richtung. Aus der großen Zahl seiner historischen und politischen Schriften seien als einige der wichtigsten »0oet>ure8 on mocksrn (1861), »l'bs 6ivil War Sprechsaal. Teilhaberschaft. Anfrage. Eine Buchhandlung mit wissenschaftlichem Antiquariat, letzteres vorwiegend, Lagerwert inkl. Einrichtung ca. 43 000 Jahres umsatz ca. 48 000 findet einen Teilhaber, der von Beruf nicht Buchhändler ist. Er will mit dem Gründer und Besitzer im Ge- chäfte als Führer der Bücher tätig sein. Die Passiva des Ge schäfts betragen 23 000 .^l. Der in Frage kommende Teilhaber behauptet nun, daß sich die Höhe seiner Beteiligung nur auf zwei Drittel des durchschnittlichen Jahresumsatzes, von welchem noch der größte Teil der Passiva abzuziehen sei, also auf den nach diesem Abzüge noch verbleibenden Rest belaufen könne. Der im Laufe von zwölf Jahren erworbene Kundenkreis, sowie der Umstand, daß dem beruflichen Leiter und Gründer eine drei- unddreißigjährige Praxis zur Seite steht, könnten in keiner Weise in Betracht kommen. Ratschläge werden dankbarst entgegengenommen. b-aborsmus. Wilhelm Scholz, vorm. Karl Strauch, in Dortmund. (Vgl. Bbl. Nr. L2S,> Im Sprechsaal der Nr. 129 veröffentlichten wir auf Ver langen einen offenen Brief des früheren Besitzers obiger Firma an die Herren Verleger, weil sein Inhalt für den Berlagsbuch- handel von Wichtigkeit war. In Nr. 132 des Börsenblattes (S. 6945) macht Herr Buchhändler Wilhelm Scholz jetzt bekannt, daß sein Nachfolger Herr Magnus Bischof das gekaufte Ge schäft unter seinem Namen fortführt und das Kommissionsgut übernommen hat. Auf diese für die Abrechnung wichtige Nach richt sei auch an dieser Stelle aufmerksam gemacht. Red.