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70. Jahrgang. 291 Montag, 7. Juni 192« S«ns»r»>-«». S«n»»N>w»»«r> »»«41. «» M» «achter»««,, »v 011. Anzelgen-Preise: W» aul>»rdald SS 42. Ulrich S N»»ch«r»i » Dre»d«u Kont» 1SSS Dr«»»». vochdrul» nur mit dmitli»« vurllrnanoad» .Drrsdner Rache-> »ulLMa. Unveelana» SchnNgüch» werden nicht autdewadrt. VIütknerL Präger Strsüe 12 kernrul IS378 senoKQi.^oe 0510 tzkSkpp's Vruckkaeken süv Handel unä bewerbe tcknekle Lieferung - - D«t« Au» Körung V««i>6yuekerei Llepfek L Heiekarili A«n»preestnumen«r 25241 ^ — ÄTlanenrtea^e Air 58/42 Ae Parteigründung der 23 im Landtag. Ein Kampsprogramm gegen die Linksv-ikalen. — Wiedervereinigung das letzte Ziel. Vriand wieder einmal gefährdet. — Aufstand in Galizien. — Sochwasferkalastrophen überall. Der erste Parteitag -er A.S.P.S. Im Sitzungssaal« des Landtage- trat am Sonntag vor- intttags 10 Uhr die erste La» des Versammlung der Alte« Sozialistische« Partei Sachsens, des rechten Flügel- der Sozialdemokraten, zusammen. Die Sitzung wurde von Minister a. D. Buck eröffnet. Zu Vorsitzenden wurden ge» wählt Buck. Heldt, Sonntag (Leipzig). Nach Einsetzung einer Mandatsvrüfungskommission begann Buck sein Referat über die Entwicklung der sächsische« Sozialdemokrati« t« de« letzte« sieben Jahre«; er ging aus von der Einsetzung der Volks- beauftragten 1918: Gradnauer, LipinSki. Fleißner, Geyer. Schwarz und Buck. Der Redner skizzierte weiter die Um bildungen der Regierungen i« den folgenden Jahren, bis die Regierung Zeigner zum ersten Male mit den Sour- munisten zusammenzüarbviten versuchte, was ja damal» anf Grund von vorherige« Besprechungen in ga«z Mitteldeutsch» land versucht würbe. Dieses Experiment war um so gefähr licher, als die Kommunisten offen erklärten, dah sie den Parlamentarismus mit allen Mitteln untergraben würden Damals begann die Spaltung innerhalb der sächsischen So- zialdemokratte, die sich seit der Koalition nach rechts immer mehr auswuchS und zu den wüstesten Angriffen gegen die 28 führte. Die Linke vermochte eS nicht, auSdber gegebenen Lage die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Pflicht zur staatlichen Mitarbeit wird von der Recht», sozialdemokratte ausdrücklich als Programmpunkt ausgestellt, weil eS im Sinne des Sozialismus liegt, Sachsen alS sozia listisches Bollwerk zu erhalten. Die 23 haben nun beschlossen, selbständig vvrzugehen; sie hoffen, daß das GroS der sozialdemokratischen Wählerschaft sich ihnen anschließt und somit eine Rechtsherrschaft unmög lich zu machen mithilft. Viele Neuarbeit ist zu leisten, vor allem eine Tageszeitung zu begründen. Die A. G. P. S. hofft aus einen Erfolg, und zwar um so mehr, alS sich ihr eine ganze Reihe junger Sozialisten angeschloffen hat. Buck verlas daraus folgende am Schluß der Sitzung einstimmig angenommene Entschließung: Die am «. Juni im LandtagSgebSnd« t» Dresden tagende erste LandeSversammlung der A. S. V. V. erklärt sich mit de» AuSsahrungen de» Referenten Genossen Buck einverstanden. Sic unterstreicht insbesondere da» Bekenntnis, d»h der mit der vollzogenen Trennung von brr L. P. D. Sachicu» ausgezivungene Schritt nur der Gesundung der sächsische» Sozialdemokratie dienen und diese Partei zur »ltbewäbrteu sozialdemokratischen Meinungsfreiheit, sowie zur Politik der Gesamtpartei zurücksithren soll. Die LandeSversammlung erneuert ihren Willen zur positiven Mitarbeit an der deutschen Republik und damit zur wirksamsten Vertretung der Interessen de« schaffenden Volke», vornehmlich der Arbeiterklaffe. Die A. T. P. S. fordert daher all« Freund« »nb Anhänger im Land«, sowie diesenign, di« bisher an« Verärgerung über die in der Soztalbemkratiichen Partei Sachsen» geübte Politik resigniert beiseite gestanden haben, aus, sich ihr anzuschliesten und damit den gesunden Grundsätzen der Sozialdemokrati« Deutschland» in Sachsen zum Stege zu verhelfen. In der sich nunmehr an das Referat anschließenden Aussprache wurde von verschiedenen au» Dresden» Leipzig, Zwickau, Plauen usw. entsandten Delegierten an den gehässigen Angriffen der LinkSsoztaltstcn gegen dte 23 und die Koalitionsminister scharfe Kritik geübt. Die bekannte Dittmannsche Neußerrrng vom Dezember 1928 wurde er- wähnt, bah in Sachsen ein halbes Dutzend junger Redakteure und Bolksschullehrer den Kurs der Partei maßgebend in radikaler Richtung beeinflußten; der Parteivorsttzende habe sich nicht einmal tm Kampfe gegen die sozialistische Rechts» . anonyme Briefe M schretbe«. Auch ein nhänger der U. S. P. D. au- dem vogtlande hob schaden mü waren die Verlause dieser tnneren KristS »urückgegangen tst: ein Be zirk von ehedem 88 000 Mitgliedern zählt jetzt ihrer nur noch 20 000, und die Zahl der Mitglieder in «insiedel sLrzgebirge) ist von 899 vor dem Kriege ans 18 gelnnke«, also um 257 Man», die bei weitem nicht etwa samt und sonders zur K. P. D. übrrgegange» seien. Radikale Sekre täre würden den Bezirken gegen ihre» Willen ausoktroyiert, Und von einem Reckte auf freie Meinungsäußerung sei keine Spur mehr vorhanden. Dabei habe, so betonte tm wetteren Verlause der Aussprache WtrtschaftSminister Müller, die Partei, al» sie das erstemal sich vor diese Frage gestellt sah. sich für die Koalition nach recht» entschiede». I» weiter ausgespannter Rede setzte sich Bethke mtt dem Sachsenkonflikt auseinander, der Liesen Konflikt eine »Schande für die deutsche Sozialdemokratie" nannte. Der Weg der 28 sei etn Leidensweg gewesen. Die von der Berliner Partei leitung vorgcschlagene Lösung laufe auf ein „Sich-Hlnter- etne-formale-Formel-Berkrtechen" hinaus, besonders da der Wille des Heidelberger Parteitages bas Treiben der Radi kalen verurtetlte. Dte Politik der 23 sei die richtige gewesen, da hie K. P. D. für eine Vertretung der Interessen des Pro- letariats nicht in Betracht komme. Biel sei geleistet worben: Kohle. Wasser, Elektrizität seien in den Händen de» Staates. Aber diese „politischen JnfladtonSgewinnler" versprächen den Massen mehr, als sie ihnen zu geben vermögen. Et» Unglück sei. daß diese Leute sich die Organisation angeetgnet hätten, daß sie die eigenen Parteifreunde mtt Haß bekämpften, während diese mit ihren KoalitionSgenoffen, auch wenn es sich hierbei um politisch Andersdenkende handelt, ehrlich zn- jammenarbeiteten. Die nunmehr erfolgte Trennung werde dt« Kräfte zu einer besseren Auswirkung gelangen lassen. Man habe die Trennung gewollt und darum auch kein Schiedsgericht angerufen, denn auch nach einer Fretsvrechuna wäre der alte Kampf weiter gegangen »wische« der unverantwortlichen An- Wendung bolschewistischer Methode« «nd den 28. Dte sächsische Partei sei aber nicht die Sozialdemokratie Deutschland». Deshalb solle am sozialistischen Programm festgehalteu «nb versucht werben, die sächsische Sozialdemokratie zu den Grund- sätzen der alten Partei zurückzuführen. Im Denken und Fühlen der alte» Sozialisten seien dte Idee« der alten S. P. D. so fest verwurzelt, -aß sie nicht mehr a«S diesem Boden herauSgertssen werden könnten. Nach Schluß der Debatte teilte die MandatSprüfungS- kommtssion mit. daß neben 21 LanbtagSabgeorbneten 71 Dele- gierte (Ostsachsen 27. Chemnitz 15. Leipzig 16, Zwickau 6. Plauen 7) an der Sitzung trtlgenommen hatten. — Ueber die Statute» der Partei, dte durchweg auf den Grund- sätzen der S. P. D. und auf dem Heidelberger Programm, aber unter Betonung positiver Mitarbeit am Staate, beruhen, referierte Bethke. Die Satzung wurde einstimmig an- genommen. — AlS Vorsitzende LeS LandeSvorstandeS wählte die Versammlung: 1. Buck, 2. Wtrth, als Kassierer Zebuntke und Heidel, al» Beisitzer Rub. Müller, Ernestine Lutze, ElSner, Rudolph, Bethke, als Revisoren Btebrach und Tempel. Nach einem Schlußwort BuckS schloß dte Tagung mtt etuem Hoch — nicht etwa auf bas deutsche Vaterland —, sondern auf die sächsische, dte deutsche und die internationale Soztaldemokratte. Die neue „Alle". Der Wahltag in Mecklenburg. Schwerin, 6. Juni. Der »war kurze, aber mtt Sefon»«rer Schärfe geführte LandtagSwahlkampf hat mit dem heutigen Sonntag, an dem das mecklenburgische Volk an di« Wahl urne trat, sein Ende erreicht. Die Wahlbeteiligung ließ zu wünschen übrig. Vormittags wäre« dte Wahl- lokale fast leer. Der dann gegen Mittag etnsetzende stärkere Andrang wurde durch plötzlichen heftigen Regen unterbrochen. Nachmittags war dann allerdings dte Wahlbeteiligung so stark, daß die Wähler sich in langen Reihen zur Wahlurne drängten. Es dürste mit einer Wahlbeteiligung von etwa K', bis 75 Prozent z« rechnen sei«. Aus den kleineren Ort schaften Mecklenburgs, in denen mit -er Auszählung der Stimmen bereits um 4 Uhr nachmittags begonnen werden konnte, wurde allerdings etn e Wahlbeteiligung von nur 40 bis 45 Prozen t gemeldet. Da man von frühe ren Wahlen her weiß, daß die Nichlivähler »um größten Teile den rechtsstehenden Parteien angehören, so ist vorauszusehen, daß die Link au» der schwach«» Wahlbeteiligung auf dem Lande am meisten Nutzen ziehen wird. Störunge« bei: Wahl sind l'.SHer nicht gemeldet worbe«. Die ersten Srgebniste. Schwert«, 6. Juni, Um 11 Uhr abend» lag da» Ergeb nis der LandtagSwahle« au» 956 von insgesamt 1412 Bezirken vor. ES lautet: Dentschnational« 48181, Sozialdemokrat«» 78 8«. Txmtschvölkische 1«198, Kommunisten 11408, Deutsche «»«Spartet 1« 278. Demokrat«« 8888, Gesellschaft für «olkS, woblkahrt 189. WirtschaftSparte» 11899. Nationalsozialistische Arbeiterpartei 8281. sWTB.) Lippe lehnl den Anschluß an Preußen ab. r>ückeburg. ». J««t. Das vorläufige Ergebnis der heute vorgenvmmene« Abftimw«»« »m« BolkSeutscheid üb«, die Frage bes ««schlisse» des Kreiftaates Scha«mb«rg. Lippe a« dem Staat Preuße« lautet: Mit I a stimmte« 8519, mit Rei« 9»81. Die Ergebnisse a«S 17 Ortschaften sichen noch ans. Man kan« aber mit Sicherheit annehmen, baß sich an der Ablehnung des ««schlisse» nichts mehr ändern mird. sWTB.) Berlin, 4. Juni. Nach Mitteilung deS Vorsitzenden der Interalliierten Mtlitärkontrollkommtssion in Berlin sind mtt dem 1. Juni 192« die bisher noch bestehenden Unterkommis stone« der Interalliierten Militärkontrollkommisston in Kü«tg»b«rg »nd Müvche» a»s»ehobe« worbe«. Mit ei«em Hoch auf die sächsische, deutsche und internatio nale Sozialdemokratie schloß gestern der erste konstituierende Parteitag der „Alten Sozialdemokratischen Partei Sachsens" in demselben LandtagSsaale, der nun schon seit mehr als drei Jahren den eigentlichen Tummelplatz der feindliche« sozia listischen Brüder gebildet hat. Und so verkehrt eS wäre, die Bedeutung dieser neuen Parteigründung für dte Partei- politische Entwicklung innerhalb der sächsischen und der deutschen Sozialdemokratischen Partei zu unterschätzen — dazu sind de, Ernst und die Siegeszuversicht, mit der die alten er fahrene» Führer an ihr Werk gehen, viel zu groß —, so wenig wird man doch auch verkennen dürfen, daß in diesem Hoch, daß vor allen Dingen in der ausdrücklichen und immer wieder betonten strengen Begrenzung der Partei auf Sachsen unmißverständliche Symptome enthalten find, die vor eines Ueberschätzung des neuen Unternehmen- «nd seiner all gemeinen »ationalpolttischen Bedeutung durch bürgerliche Kreise warnen müssen. Vergebens wirb man in der ganze« Bewegung nach neuen, von starken ideellen Gesichtspunkten beherrschten Kräften suchen, die um Ausdruck ringen. Und wer von d«m Parteitage grundsätzliche Neuformulierunge» erwartet hätte, der wäre stark enttäuscht worden. ES ist alter wässeriger Wein, der in neue Schläuche gefüllt worbe» ist. ES tst die Neuauflage der alten Kämpfe zwischen Radi, kalen und Revisionisten, die seit den achtziger Jahren in wechselnder Heftigkeit t« der Sozialdemokratischen Partei auSgefochte» wurden, Kämpfe, die aber nicht an Grundsätze der alten und in überlebten Dogmen erstarrenden Partei rühren. Seit langem schon hat man in dieser Partei kein Wort gehört, das über das Parteitaktische, über reine Organi- sationSsragen hinauSgegange« wäre. DaS war anders in dem Streit »wischen Unabhängigen und Mehrheitssozialisten, der um dte KriegSpolitik ging «nd in dem große national- politische Grunbtöne anklangen. Mit dieser Bewegung aber ist dte neue Parteigründung nicht zu vergleichen. Sie hat zwar de« einen Punkt der offiziellen Epaltuna mit der Sezession -er Unabhängige« von 1917 gemein. Aber schon rein äußerlich unterscheidet fie sich von den Vorgängen tm Kriege dadurch, baß dte Partetabsplttterung, die damals den gesamten Parteikörper von Grund auf aufwühlte, sich auf Sachsen beschränkt. Ihrem Inhalt nach aber tst sie lediglich ei» TeilauSdrnck de» taktischen Gegensätze», der die gesamte Politik der uachrevoluttonären Sozialdemokratie beherrscht, des Gegensatzes zwischen de» widerspruchsvollen Tendenzen einer „gonvernemental" eingestellten und einer agitatorisch bestimmten inneren Machtpolitik. Diese letzte Richtung hat seit drei Jahren in Sachsen die Oberhand, und mit Recht hat ein Redner de» Parteitages dte im Jahre 1923 gefallene Aeußerung DittmannS aus -er Vergessenheit yervorgeholt. Laß die Partei in Sachsen von „einem halben Dutzend junger Redakteure und Schulmänner beherrscht werde". Solange in der zentralen Leitung die „gouverne- mentalen" Tendenzen dte Oberhand hatten, fanden die 23 RechtSsozialtsten jedoch noch im Zentralvorstand einen ge- wissen Rückhalt.'Je mehr sich aber tu Berlin die agitatorischen Gesichtspunkte durchsetzten, desto mehr wurde dann allerdings de» sächsische« RechtSsozialtsten der Boden in der Partei umter de« Küßen fortgezogen. Dieser Gegensatz »wischen de« gonvernementalen und den agitatorischen Tendenzen ist der Kernpunkt deS SachsenkoufltktS. Er bezieht sich auf taktische Fragen, und darin liegt letzten Ende» auch der Grund, daß mau in all den Reden auf dem gestrigen Parteitage nur taktische Erörterungen, nur Worte ehrlichster und berechtigt ster Entrüstung über den Terror der linksgerichteten Partei- tnstanzen hörte, aber keine neuen grundsätzlichen RichtungS« punkte. Was tu der neuen Parteigründung zum Ausdruck kommt, tst viel mehr eine verständliche Empörung über ein« bornierte und haßerfüllte Unduldsamkeit der Radikalen, ein Akt letzter Notwehr um dte Partei höchstverdicnter Führer gegen widerwärtigste persönliche Anfeindungen, ein mutige» Eintreten für ihr Werk, al» tiefste grundsätzliche Meinungs verschiedenheit. Daran ändert auch der Versuch nichts, einen grundsätzlichen programmatischen Unterschied zu konstruieren, daß man im Gegensatz zu dem fast völlig übernommenen Programm der Sozialdemokratischen Partei in das eigene Statut die Formel der posittvenStaatSauffassung ausgenommen hat, um dadurch die Trennungslinie gegen über den Radikalen klar zu ziehen. Auch diese pro- irammatische Formulierung bleibt im Taktischen stecken, da ie durchaus nicht die heutige StaatSform als Endziel bejaht, onder» weil, wie der Abg. Bcthge betonte, die republikanische