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L8S». reichen. Für die Umprägung seien vor allem die Thaler in Aussicht genommen und zwar deshalb, weil dieselben weniger beliebt sind, als die Reichssilbermünzen (Oho! rechts). Ja wohl, meine Herren, das erhellt schon aus der Thatsache, daß sich unter den Silberbeständen der Reichsbank 45 pCt. Thaler und nur 14 PCt. Reichssilbermünzen befinden (Zurufe rechts). Die Zeit für dieses Vorgehen sei günstig, denn unsere Goldbr- lanz rst in den letzten Jahren durchaus günstig gewesen. Von einem Zerren an oer Golddecke kann aar keine Rede sein. (La chen rechts.) Was wir an Silber auf den Weltmarkt werfen, sei dagegen so geringfügig, daß es den Silberpreis kaum be einflussen kann. (Widerspruch rechts.) Die Novelle entspricht also emem wirklichen Bedürfnisse, prüfen Sie sie sine irn 6t stnckio und ich hoffe, Sie werden ihr zustimmen. (Beifall linksJ Abg. Dr. v. Frege (kons.): dem Wunsche, die Vorlage «ine iru zu prüfen, setze er den Wunsch entgegen, auch die Ge- oenäutzerungen sine irn entgegenzunehmen. Seine Partei sei mit dem ersten Theile der Vorlage, in dem es sich um die Ein ziehung unbeliebter Münzen handelt, einverstanden, sie lege je doch Verwahrung ein gegen die Behauptung, als ob die 5Marl- Stücke in Silber sehr beliebt seien, beliebter als die Thalerstücke. Das sei ganz und gar nicht richtig. (Sehr richtig! rechts.) Je denfalls seien die Thalerstücke viel beliebter. Gleichzeitig möchte er zu erwägen geben, ob nicht die Einführung von 25 Pfennig stücken empfehlenswerth sei. Der Einwand, daß diese Münze dem Dezimalsystem nicht entspreche, sei hinfällig; habe doch der verstorbene Abgeordnete Bamberger die Einführung von 2^ Markstücken verlangt. Um so großer seien jedoch die Bedenken, die seine Partei gegen die Vermehrung der Silbermünzen und die Einziehung der alten Thalerstücke habe. Dies sei ein be deutsamer Schritt zur weiteren Entwerthung des Silbers (Zu stimmung rechts), und es sei das um so bedenklicher, als das Silber das Geld der kleinen Leute, das Gold dagegen die Mün ze der oberen Zehntausend sei. Die Bedenken, me seine Par tei gegen diesen Schritt auf dem Wege der weiteren Entwerth ung des Silbers habe, nöthigen sie, die Ueberweisung der Vor lage an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu beantragen. Gerade in der jetzigen Zeit sei ein solcher Schritt zur weiteren Entwertbuna des Silbers um so bedenklicher, als durch eine längere Ausdehnung des Krieges in Transvaal unsere Gold- währungnoch mehr beschnitten werden könnte. Er glaube nicht an die Möglichkeit, daß alle Kulturstaaten zur Goldwährung übergehen werden. Wohl aber wird aus die Dauer die Gold decke zu kurz werden, weil unmöglich die Goldproduktion mit dem Goldbedarf Schritt halten könne. Deshalb dürfe das Silber nicht entwerthet werden. Checkverkehr und Girokonto könne wohl den Goldwagen auf dem Asphaltpflaster eine Weile in Gang halten, auf der Landstraße aber werde man den Sil berschimmel Vorspannen müssen. (Beifall rechts.) Reichsbankpräsident Dr. Koch (wegen seiner ungewöhnlich schnellen Sprache auf der Tribüne schwer ver ständlich): Der Aufschwungvon Handel und Verkehr habe seine Rückwirkung auch auf das Münzsystem ausgeübt. Der Verkehr stoße immer mehr die 20 Pfennig-Stücke aus dem Verkehr ab. Thatsächlich sei das silberne 5 Mark-Stück beliebter als der Thaler. (Widerspruch rechts.) Speziell in den Industriere vieren werde diese-Münzsorte mit Vorliebe zur Löhnung ver wendet, bei weitem nicht der gleichen Beliebtheit erfreue sich der Thaler. Mit Discont und Währungsfrage habe die Vorlage nichts zu thun, sie wolle nur dem Verkehrsbedürfniß genügen. — (Dr. Koch ist Börsenmann und der Vortheil der Bö rs e ist sein Evangelium. Red.) Abg. Dr. Heiligenstadt (nl.): Die angestrebte Münz reform sei nothwendig mit Rücksicht auf die Steigerung im Handel und Verkehr und auf die Stimmung des Publikums den einzelnen Münzsorten gegenüber. Das goldene 5 Mark stück und die 20 Pfennigstücke seien in der That unbeliebt. Die Erhöhung des Silberbestandes auf 14 pro Kopf der Be völkerung dürfte den Verhältnissen entsprechen, sei vielleicht noch zu knapp gegriffen. Bezüglich der Thaler stimme er mit dem Reichsschaßsekretär und dem Reichsbankpräsidenten darin überein, daß sie keine geeigneten Zahlungsmittel seien. Es recht fertige sich die Heranziehung der Thaler. Die Befürchtung einer Entwerthung des Silbers theile er (natürlich!) nicht. Seine Freunde ständen der Vorlage sympathisch gegenüber. Abg. Speck (Ct.): Seme Freunde seien mit der Einzieh ung der goldenen 5 Markstücke und der 20 Pfennigstücke einver standen, hätten jedoch große Bedenken wegen der Umprägunz von Thalerstücken. Zur Prüfung der Tragweite dieses Vor schlages empfehle sie Ueberweisung der Vorlage an eine Kom- miffioN. Abg. Dr. Arendt (Rp>): Er trete der Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission bei und hoffe, daß sie dort eine Gestalt finde, der seine Partei zustimmen könne. (Zurufe links.) Die Einziehung der silbernen 5 Markstücke, der 20 Pfennig stücke wolle auch seine Partei, sie habe auch Bedenken gegen das lOMarkstück, das eine zu theure Münze sei. Auch er gebe zu erwägen, ob nicht die Einführung einer 25 Pfennig-Münze zweckmäßig wäre. Das Bedenken der Vorlage liege in der Ver mehrung der 5 Markstücke und der Umprägung der Thaler. Die von der Regierung angeführten Gründe seien hinfällig. Die Anhäufung der Thaler in den Bankfonds sei etwa nicht zurückzuführen auf die sogenannte Unbeliebtheit der Münze, sondern darauf, daß der Thaler mit der Goldmünze ebenbürtig sei und zur Deckung des Notenumlaufs verwendet werden dürfe. Die Vorlage müsse zur weiteren Entwerth ung des Silbers führen und würde die oh nehin im Absterben begriffene Silberin dustrie Sachsens schwer treffen. Die Vorlage bezwecke nichts weiter als die Ersetzung der Thaler durch min- derwerthiges Reichssilbergeld. Hierin liege eine große Gefahr. Er halte das Gesetz für außerordentlich bedenklich und bean trage deshalb Kommissionsüberweisung. Abg. Siemens (fr. Ver.) Die Vorlage sei außeror dentlich einfach und unbedeutend, er sei erstaunt über die Wich tigkeit, die ihr beiaelegt werde. Der Silberumlauf werde sich eher vermindern als vermehren. In England habe man den Betrag der Scheidemünze mit einem Schlage um 240 Millionen Marl erhöht ohne daß ein Hahn danach gekräht habe. (Dr. Hahn, der unmittelbar vor dem Redner steht, verbeugt sich unter Heiterkeit.) Die Klage des Rückganges des Silberpreises sei auf allgemeine Gründe zurückzufuhren, nicht auf das Münz system. Er sei gegen oie Kommissionsberathung, weil die Sache sich kurzer Hand im Hause erledigen lasse. Abg. Dr. Hahn (Direktor des Bundes der Landwirthe): Er könne die Vorlage nicht so günstig auffassen, wie der Vor redner. Es sei nicht eine rein technische Angelegenheit, sondern «ine Vorlage von weittragendster wirthschaftlicher Wirkung. Der Zeitpunkt zur Einbringung der Vorlage sei ein außer ordentlich ungünstiger. (Widerspruch links). Dies hätten selbst die nationaluberalen Blätter anerkannt. In allen Ländern seien ungünstige Währungs- und Discontverhältnisse, und wenn die Vorlage nicht eine eminent finanz- und währungs politische Bedeutung hätte, wozu diese Rede des Vorredners? (sehr richtig rechts.) Die ungünstige Lage unseres Geldmarktes sei eine Folge der Wirthschaftspoutik der 90er Jahre. Dr. Siemens spreche von einem außerordentlichen Aufschwung der Industrie. Er vergesse aber, daß dieser Aufschwung auf den Fürsten Bismarck, nicht auf den Grafen Caprivi zurückzuführen sei. Bismarck habe nicht nur einen Aufschwung von Industrie und Landwirthschast herbeigeführt, sondern er habe es auch ver standen, das Geld im Lande zu behalten. Heute wandert das Geld ins Ausland. Die politische Unterbilanz betrage für Deutschland 1300 Millionen, Amerika gegenüber allein Mil liarde. Deutschland würde die sogenannte hinkende Währung sehr wohl beibehalten können, wenn die heutige Wirthschafts- politik es verstände, das Geld im Lande zu behalten. Dieser beständige Abfluß des Goldes müsse für den Fall des Krieges zu einer Krisis zu Zwangskursen führen. Gute Beziehungen zum Auslande seien schön, ungleich werthvoller eine gesunde Wirthschaftspolitik im Innern. Den einzelnen kleinen.Vor schlägen stimme er, Redner, zu, verlange aber Namens seiner Freunde eine gründliche Kommissionsprüfung wie bei demÄank- gesetz des vorigen Jahres, und er erwarte, daß das Gesetz im Sinne nationaler Wirtbschaftspolitik umgestaltet werde. Er Redner könne nicht umhm, bei dieser Gelegenheit sein Bedauern darüber auszusprechen, daß das Centrum und die National liberalen bei der Bankvorlage im vorigen Jahre versagt und eine Haltung eingenommen hätten, die weder von katholischen Volks-, noch von den nationalliberalen Wählern getheilt werde. Der Bund der Landwirthe werde für die Folge dafür sorgen, daß die Kandidaten sich bestimmter in Bezug aus die Währungs fragen aussprechen. (Beifall rechts.) Abg. Dr. Schönlank (Soz.): Die Vorlage sei die ganze Rederei nicht Werth, die Umprägung der Thaler sei etwas Selbstverständliches. Die Zeit der Bimetallisten sei vorüber, sic gleiche den Kindern Israels, die an den Flüssen zu Babylon saßen und weinten, wenn sie an Zion gedachten. Nach einer kurzen Erwiderung seitens der Abg. v. Karoorff (Rp.) und einer weiteren Rede des Abg. Fischbeck (fr. Vp.t, der sich auf den Boden der Vorlage stellte, wurde die Debatte ge schlossen und die Vorlage gegen die Stimmen der Sozialdemo kraten, Freisinnigen uno eines Theils der Nationalliberalen an eine Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen. Politische Umschau. Freiderg, de» 5. Dezember. Die „Köln. Zeitung" verbreitet sich, anscheinend im Auftrage des Auswärtigen Amts, an leitender Stelle nochmals über die Rede Chamberlains. Sie sagt, Deutschland habe nicht die geringste Ursache aus seiner bisherigen ruhigen Zurückhaltung hervorzutreten. Wenn ein englisches Blatt befürchte, daß England seine jetzige Stellung als Schiedsrichter zwischen dem Dreibund und Zweibund opfere, so verkenne es damit völlig die wirkliche Lage. An Stelle Englands habe Deutschland die Rolle des Zu schauers übernommen. Bei der ruhigen, stetigen auswärtigen Politik die seine Staatsmänner mit Erfolg festhalten, wird Deutschland noch recht lange in dieser Rolle verbleiben, während die englische Politik nicht darauf Anspruch erheben kann, als ruhig abwartend bezeichnet zu werden. Das Blatt hebt hervor, daß ein englischer Minister, der nicht seine Ausgabe darin erkennt, allerwärts Deutschland entgegenzutreten, m Deutschland immer darauf rechnen könne, eine unbefangene Würdigung zu finden, daß zwischen den drei Staaten Deutschland, England und Amerika eine Reihe gemeinsamer Interessen bestehe; aber eS sei erst in dem betreffenden Augenblicke, wo sie amtliche Stellungnahme erheischen, an der Zeit, festzustellen, wie weit eine gegenseitige Verständigung anzubahnen und zu erzielen sei. Deutschland ver folge gegenwärtig keine Ausgaben, die fremde Unterstützung von irgend einer Seite nothwendig machten. — Die sanguinische Auf fassung, die Herr Chamberlain über das Verhältniß Englands zu Deutschland zur Schau zu tragen für gut erachtet, findet in dieser Darlegung eine zwar in der Form rücksichtsvolle, der Sache nach aber sehr kräftige Zurückweisung. Die „Nordd. Allg. Ztg." ist ermächtigt, zu erklären, daß die Nachricht, im Reichstage solle in der jetzigen Session nicht das Flottengesetz, sondern nur eine Denkschrift vorgelegt werden, un zutreffend sei. Der Reichstag wird bestimmt noch in dieser Session Gelegenheit haben, die Novelle zum Flottengesetz zu berathen. Ein genauer Zeitpunkt, an dem die in Arbeit befind liche Novelle dem Reichstag zugeht, stehe indessen noch nicht fest. Zur Errichtung eines Standbildes für Kaiser Friedrich in Berlin werden im Etat des Reichsamtes des Innern als zweite Rate 200000 Mk. gefordert. In der Er läuterung dieser Position heißt es: Für die weitere Bearbeitung der Entwürfe und Modelle für das Standbild und für die Herstellung des Unterbaues, welcher iin Rechnungsjahr 1900 zur Ausführung gelangen soll, ist nach technischem Gutachten ein Betrag Don 200000 Mk. bereit zu stellen. Ein vorläufiger Kostenanschlag ist ansgearbeitet. Danach werden die Gesammt- kosten den Betrag von 700000 Mk. voraussichtlich nicht über steigen. Indessen kann diese Veranschlagung als endgiltig nicht betrachtet werden, da für einzelne Theile des Denkmals die Ent scheidung darüber, in welchem Materiale sie zur Ausführung gelangen sollen, noch aussteht. — Da wird Herr BegaS wieder seine Menagerie vorführen können! Die Liste der Kandidaten für den bischöflichen Stuhl in Mainz ist an die hessische Regierung abgegangen und dürfte in Kürze an das Domkapitel zurückgesandt werden, so daß dieses wohl noch vor Weihnachten zur Bischofswahl schreiten kann. Auf der Kandidatenliste stehen: Weihbischof Dr. Fischer (Köln), Dom kapitular und Seminarprofessor Dr. Brück (Mainz), Domprobst Fehr (Worms), Dekan Dr. Engelhardt (Heppenheim), Pfarrer und Diözesanpräses Förschner (Mainz) und Prinz Max von Sachsen (Nürnberg). Auf den Karolinen ist Mitte Oktober die deutsche Flagge gehißt worden. Das deutsche Kanouenboot „Jaguar" ist nach der „Post" Mitte Oktober in Jaluit (Marschall-Inseln) ein- gctroffen und dann mit dem Gouverneur der Karolinen, v. Bennigsen, dem Vizegouverneur und zwei Bezirksleuten in Begleitung des gecharterten Dampfers „Knstad" zur Ausführung der Besitzergreifung der mikrvnesischen Inseln nbgedampst. Die Kultur greift in K iautschou immer mehr um sich. Sogar einen Preßprozeß hat die deutsche Kolonie in Sintau nun schon zu verzeichnen. Wegen eines Artikels, betitelt „Mv- nopolwirthschaft" in Nummer 46 der „Deutsch-Asiatischen Warte" hat der kaiserliche Gouverneur in Anwendung des tz 194 Reichs- strafgesetzbuchcs im Namen des ihm unterstellten Hauptmanns Freiherrn v. Liliencron sowie des stellvertretenden Zivilkommissars vr. Schrameier gegen den verantwortlichen Redakteur des ge nannten Blattes Arthur Eggers Strafantrag gestellt und wegen Beleidigung Privatklage erhoben. vr. Franz Smolka, der frühere Präsident des österreichische« Abgeordnetenhauses, ist gestern im 89. Lebensjahre gestorben. Die Gehaltserhöhung für die Offiziere der österreichisch-un garischen Armee, wie sie seitens des Kriegsministeriums den Dele gationen vorgeschlagen wird, ist die folgende: Rangllaffe Charge «teh-rig- Nou Di- «tsprech«d «kh-ltisLtz- für di- »er- G-Hitt« ,. so»-» de« Hc-re». Breuie». Kronen (L 0,85 Mk.) Mack. I. Feldmarschall .... 21000 24000 U. Kriegsminister . . . HI. Feldzeugmeister (General 20000 20000 360)0 der Kavallerie) . . 16800 16800 30000 IV. Feldmarschall - Leutnant 12600 14016 16500 V. Generalmajor . . . 8400 11400 9900 VI. Oberst 6000 7200 7800 VII. Oberstleutnant höherer, 4200 6000 s a. Rgmts.- niederer Gebühr . . 5400 < comd. 7800 VIll. Major 3360 4800 l. sonst 5850' IX. Hauptmann Klasse 2400 1800 3000 2400 3M 2700 X. Oberleutnant .... 1440 2040 1500 XI. Leutnant 1200 1680 900-1188 Das Mehrerforderniß in Folge der Gehaltsregulirung stellt sich für die Armee mit 9482342 Kronen, während für die Kriegs marine ein Betrag von 636000 Kronen beansprucht wird. Der auf dem Gebiete der Sprachenverhältnisse der Schweiz als Fachmann geltende Forscher Dr. I. Ziminerli beziffert den Rückgang,den dasDeutschthum in der fran zösischen Schweiz zwischen den beiden letzten Volks zählungen genommen hat, auf 0,04 v. H., während dagegen die französisch sprechende Bevölkerung um 0,38 v. H. gewachsen ist. Die Ursache dieses bedauerlichen Vorgangs liegt in det starken deutschen Einwanderung in die walsche Schweiz und dem fast gänzlichen Mangel deutscher Volksschulen dort. Wäh rend in dem genannten Zeitraum 92 000 deutsch sprechend« Schweizer in die französische Schweiz einwanderten und in nicht weniger als 114 Orten über 20 v. H. deutschsprechende Bewoq- ner sind, hat z. B. der Berner Jura mit seinen 20 000 Deut- scheu nur ein einzige deutsche Staatsschule (in Choindez) und nur zwei kleine deutsche Privatschulen (in Münsterberg und Chaux d'Abel). Im Kanton Neuenburg mit 23 000 und Waadt mit 24 000 Deutschen giebt es keine einzige deutsche Schule, und die 12 000 Deutschen des Kantons Genf müssen sich mit einer reformirten Schule begnügen. Irgend eine Besserung die ser Zustände läßt sich auch nicht absehen, da die deutsch« Ein wanderung die dienende und Arbeiterbevölkerung darsiellt, de ren Fortkommen allein in der möglichst schnellen Erlernung der französischen Sprache besteht, der an und für sich als Verkehrs sprache die schwerfällige schwcizerdeutsche Mundart nicht ge wachsen ist. Bereits im zweiten Grade geht auf diese Weist die deutsche Einwanderung im romanischen Volksthum unter. Nur dort vermag sich das Deutschthum auf seiner Höhe zu behaup ten, wo der Nachschub groß genug ist, um den Ausfall zu er setzen. Einzig im Nordwesten der Schweiz besteht Aussicht, durch die im nächsten Jahr zu beginnende Bahnlinie Solothurn- Weißenstein-Moutier-DÄ6mont die Stellung der Deutschen im wälschen Birsthal zu stärken und das wälsche Sprachgebiet zu rückzudämmen. England. „Belfast News Letter" berichtet aus Dublin, infolge einer sensationellen Information, die zu den leitenden Militärkrcisen in Dublin gelangte, sei die Verdoppelung der Wachen in allen Kasernen des Bezirks des Dubliner Schlosses angeordnet worden. Es verlaute, daß das Vorhandensein einer Verschwörung in Dublin entdeckt worden sei, die bezwecke, durch Bedrohung mit Dynamitattentaten die Unterstützungsgelder für die Buren reich licher fließen zu machen. Der „Krieg" in Afrika kostet in London nicht nur viel Geld, sondern auch viele Worte und viel Stimme. Je mehr dem ein sichtsvollen Theil des Publikums bange wird vor den Verlusten an Menschen und vor der Verantwortung vor der Weltgeschichte, je größer die Einsicht des begangenen Unrechts wächst, desto eifriger müssen die Jingoes ans Werk, um die Masse auf dem eingeschlagenen politischen Wege festzuhalten, und schon hat sich bei ihnen ein großer Mangel an — Volksrednern eingestellt. So wunderte-man sich nicht, als man dieser Tage in der Times folgendes ganz ernsthafte Inserat las: Ein guter Programmredner gesucht für Volks-Versammlungen in London und der Provinz. Bevorzugt Herren in guter, amtlicher Stellung (Parlament oder Grafschaftsrath) Advokaten oder ähnlicher Beruf. Wohnsitz in der Provinz kein Hinderniß. Kommission für Vermittelung gezahlt. Strengste Diskretion zuge sichert. Pseudonym während der Vorverhandlungen ge stattet, aber genaue Details über gesellschaftliche oder berufliche Stellung unerläßlich. Wer zweifelt nun noch, daß die englische Nation zn den stärksten Opfern für die Herren Rhodes und Chamberlain bereit ist? Den Fürsten Nikolaus von Montenegro charakterisirt die „B. Börs.-Zeit." nicht unzutreffend wie folgt: „Mit 19 Jahren hat der Fürst der schwarzen Berge den Thron seiner Väter be stiegen und schon nach zwei Jahren sich in den Krieg mit den Türken gestürzt. Dieses erste Abenteuer verlief nicht glücklich, aber die Mächte sorgten dafür, daß der Feuerkvpf mit einem blauen Auge davoukam. Er trat dann ganz in den Dienst Ruß lands, erhielt dafür eine feste Rente» auch manche namhafte Ge schenke, zu wiederholten Malen Waffen für sein Volk, und wenn eine Ernte mißrothen war, Getreide. In dem Kriege 1876/78 hat er in mehreren Treffen Erfolg gehabt, Nikschitz und Antivari erobert, daher im Berliner Frieden eine ansehnliche Vergrößerung seines Landes erzielt, dem er 1879 auch eine Verfassung gegeben hat. Sie hat allerdings nicht große Bedeutung, denn die patri archalischen Zustände sind unerschütterlich, in den 83 Capetanien gebieten die Capitane, in den Verbrüderungen die Chefs, in d«n Familien die Aeltesten, und in den großen flachen Wohnräumen sitzen nicht nur die Verwandten beisammen, sondern auch die Schafe und Schweine. Die schönsten Tage des Fürsten waren mit dem Berliner Frieden beendet. Seinem Stolze ward zwar geschmeichelt durch die vornehmen Heirathen seiner Töchter, von denen zwei mit russischen Prinzen, eine mit dem Kronprinzen von Italien vermählt ist, aber die wirthschaftliche Lage wurde immer drückender. Die Schwiegersöhne halten die Taschen zu; Helene, die Prinzessin von Neapel, hat dem Papa ein Sümmchen geschickt, das sie, einem italienischen Blatte zu Folge, durch Opferung ihrer Lchmucksachen flüssig gemacht haben soll. Aber das reicht nicht weit, da der Fürst wegen der hohen Schwäger- schoften sich viel luxuriöser eingerichtet, seinen Konak erweitert und auf Bergeshöhe mit großen Kästen eine Villa erbaut hat. Nikita hat gedichtet, dramatisch und lyrisch, aber weder Theater-