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P«ra«1wor1Uchs Lett««- der RedaMonr Georg vurkhgrdt. F 291. ! Erscheint seden Wochentag Abends '/,6 Uhr für den ov-erm Lag. Prel« vierteljdhrllch 1 Mk. 80 Psg. . einmonatlich 60 Psg.; durch die Post LMk. LS Psg Sonntag, den 16. Dezemver. Inserate werden bi» Bormittaa» 11 Uhr angenommen. Preis für die Svaltzeile 16 Psg. Außerhalb deS LandgerichtSbezirkS 18 Pfg. 1908. Zur Verhütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose (Schwindsucht) wird hiermit für den Lezirk der Königlichen Amtshauptmannschaft Freiberg, ausschließlich deS Delegationsbezirkes Sayda, Folgende» angeordnet: In allen Lokalen, welche dem Publikum zugänglich sind, insbesondere in Gast- und Schank- Wirthschasten, ferner in Wartezimmern, in Schulen und öffentlichen Anstalten jeder Art, in Fabriken, größeren Werkstätten, in LerkaufSläden und sonstigen vom Publikum besuchten Geschäftsräumen und in den zu denselben führenden Hausfluren und Treppen sind zur unschädlichen Beseitigung deS AuSwursS jederzeit mit Wasser gefüllte Spucknäpfe in genügender Anzahl und zweckent- isprechender Form aufzustellen, auch ist durch deutliche Anschläge in diesen Räumen das Ausspucken auf den Fußboden zu untersagen. Die Anschläge sind thuulichst kurz zu soffen (z. B. „Nicht auf den Boden spucken!") und dauernd in leserlichem Zustand zu erhalten. - Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bi- zu 14 Tagen bestraft. Freiberg, den 27. November 1900. Königliche «mtShauptmannschaft. Idr. 81«I»«rt. BetanÄmachnng. Nachstehender Nachtrag wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Treibers, den 15. Dezember 1900. Der Ktavtrath. vlüher. Dgl. L Nachtrag 1«« Regulativ, die Reinigung der Btervruckapparate betreffend, vom 2. Juli 1894. 8 7 erhält folgende Fassung: Schankwirthe, welche den Bestimmungen in de» 2, 3 Absatz 2 und 6 zuwiderhandeln, Verden mit Geldstrafe bis zu 50 Mk. oder Haftstrafe bis zu 8 Tagen bestraft. Freiberg, den 2. November 1900. _ Der «tadtrath. »lütter. Die Bekämpfung Ser Tuberkulose der Mensche» betreffend. I. Die ärztliche Wissenschaft hat in neuerer Zeit erkannt, daß die verheerendste aller VolkS- Irankheiten, die Tuberkulose, insbesondere in ihrer am hänfigueu zu beobachtenden Form als Lungenfchwinvsucht, durch verhältnißmäßig einfache, Jedermann zu Gebote stehende Mittel mit Aussicht auf Erfolg bekämpft werden kann. Zum Zwecke der Aufklärung der Bevölkerung ist über die Bedeutung der Tuberkulose als LollSkrankheit, über die Ansteckungsgefahr und über die Schutzmittel gegen die Ansteckung eine Belehrung bearbeitet worden. Diese Belehrung (Tuberkulose-Merkblatt) . werden wir in je «rem Exemplare sämmtlichen hiesigen Grundstückbesitzern, -Pachter» und -Verwaltern in diesen Tagen unentgeltlich zustellen lassen, und fordern die genannten Personen hierdurch aus, daSMerk- M in der jeweilig geeignetsten Weise zur Kenntniß auch der übrigen Hausbewohner zu bringen. Den Besitzern von Fabriken, Werkstätten, Spitälern, Genesungsheimen, Herbergen und Tastwirthschaften geben wir auf, das Merkblatt in ihren Räumen an einer besonders in die Augen fallenden Stelle anzuschlagen. Avhauden gekommene oder unleserlich gewordene Tuberkulose- Merkblätter sind zu erneuern. Weitere Exemplare (ä Stück 3 Psg.) sind in der Polizeiwache Malhhaus, Erdgeschoß) erhältlich. N. Des Weiteren wird Folgendes angeordnet: In allen Lokalen, welche dem Publikum zugänglich sind, insbesondere in Gast- und Schank- wirthschaften, ferner in Wartezimmern, in Schulen und öffentlichen Anstalten jeder Art, in Fabriken, größeren Werkstätten, in Verkauisläden und sonstigen vom Publikum besuchten Geschäftsräumen und in den zu denselben jährenden Hausfluren und Treppen sind zur unschädlichen Beseitigung deS Auswurfs jederzeit mit Wasser gefüllte Tpuckttäpfe in genügender Anzahl und zweckent sprechender Form auszustellen, auch ist durch deull che Anschläge >n dielen Räumen das Ausspucken aus den Fußboden zu untersagen. Die Anschläge sind thuulichst kurz zu fassen („Nicht auf ven Loden spucken!") und dauernd in leserlichem Zustand zu erhallen. Die Anschläge find in den »hiesigen Buchdruckereien käuflich. M. 1. Die Leichenfrauen haben über jeden in Folge von Lungen- oder Kehlkopfschwindsucht cingetretenen Todesfall der unterzeichneten Behörde schriftlich Meldung zu machen. Ist der Verstorbene unmittelbar vor dem Tode von einem Arzte behandelt worden, so hat der Letztere auf Ersuchen der Leichenfrau die Todesursache zu bescheinigen. ' Die Meldung hat vor der Beerdigung zu erfolgen. .... 2. Die Aerzte haben in jedem Falle, in welchem ein von ihnen behandelter, an vorge schrittener Lungen- oder Kehlkopfschwindsucht Erkrankter auS seiner Wohnüng verzieht oder in Rücksicht auf seine WohnungSverhiiltniffe seine Umgebung hochgradig gefährdet, hierher schriftlich Anzeige zu erstatten. 3. Jeder in Privatbankenanstalten, in Waisen-, Armen- und Siechenhäuseru sowie in Gast- und Logtrhäusern, Herbergen, Schlafstellen, Internate» und Penfionaten vorkommende Erkrankungsfall an Lungen- over Kettlkopfschwinvsucht ist von dem behandelnden Arzte, wenn aber ein Arzt nicht zugezogen ist, von dem Haushaltung-« over AnstaltsVorstanV binnen 3 Tagen nach erlangter Kenntniß schriftlich der hiesigen Stadt- Polizeibehörde, damit diese die Desinfektion anordnen kann, anzuzeigen. 4. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehend unter 1, 2 und 3 getroffenen Anordnungen werden mit Geldstrafe bi» zu 150 Mark oder mit Haft biS zu 14 Tagen bestraft. Freiberg, den 6. Dezember 1900. Die StadtpolizeibehSrde. lj Blüher. Bgl. Wcihnachtsbitte. Der städtische ArmenauSschuß beabsichtigt auch in diesem Jahr« de« Kinder« u«serer Armen eine Weihnachtsfreuve dadurch zu bereiten, daß durch freundliche Vermittelung der Herren Armenpfleger nützliche Gaben unter sie vertheilt werdrn. An alle Freunde der Armen ergeht daher wiederum dir herzliche Bitte, durch Beiträge a» Geld oder andere geeignete Gaben die Ausführung diese- Vorhabens zu unterstützen. Zur Empfangnahme milder Gaben sind bereit die Llavthaupttafse (RathhauS, Zimmer Nr. 8) , das Polizeimelveamt (RathhauS, Halbgeschoß) und die Expedition de- Anzeigers. Zugleich werden Vereine und sonstige Kreise, welche WeihnachtSbrscheerungen veranstalte», I vringenv gebeten, zur Bermeivung von Doppelbescheerungen sich vorher mit den Herren Armenpflrgern in» Ernvernehmen zu setzen over wenigstens Namen und Wohnung der» I jenigrn, welche sie zu bedenken beabsichtigen, diesen oder dem Vorsitzenden deS städtischen Armen ausschusses so bald als möglich mitzutheilen. Letzterer ist auch gern bereit, über Würdigkeit und Bedürftigkeit hiesiger Armer Auskunft zu geben. Freiberg, am 30. November 1900. Der Armenausschntz. Dr» H»»«. G. Auktion. Montag, ve« 17. Dezember 1SVV, Nachmittags 8 Uhr soll im amtsgerichtlichen Auctionslocale 1 Fahrrad, 1 Schuhmacher-Nähmaschine, 3 Waarenregale, 1 Ladentafel, 1 Petroleum apparat, 1 Schreib- und 1 Kleiderselretär versteigert werden. Freiberg, den 15. Dezember 1900. Sekr. G.-B. Auktion. Dienstag, Ven 18. Dezember 1900, vormittags 1V Uhr wird Wassergasse Nr. 2 hier da» grsammte Tchankinventar, insbesondere 1 Billard mit Zubeh., 1 Musikautomat mit div. Platten, 1 Büffet mit Bierapparat, 1 schwarzes Ledersopha, 16 Tische bez. Tafeln, 88 Stühle und Bänke, div. Bier- und Schnapsgläser, Untersetzer, Kleiderhalter u. Kleiderrechen, 1 Zink untersetzer pv., weiter noch 11 eiserne und 8 hölzerne Bettstellen mit Strohsäcken bez. Matratzen, 17 Betten, Gardinen u. s. w. unwiverruslich versteigert. Freiberg, den 15. Dezember 1900. Sekr. G.-B. Bekanntmachung. In der Zeit vom 17.—Sl. Dezember 1908 ist die Sparkasse z« Langhennersvorf für Ein- und Rückzahlungen geschlossen. Einzahlungen vom 1. b,S mit 6. Januar 1901 werden vom 1. Januar an Verzinst. Langhennersvorf, den 14. Dezember 1900. Der Gemeinverath. / ILuükvI. Die Arbeit des Reichstags. Der Reichstag ist, nachdem er die nicht gerade übermäßige Arbeitsleistung von 19 Sitzungen vollbracht hat, in die Weih- nachtsserien gegangen, welche bis zum 9. Januar 1901 dauern weiden. Der kurze Abschnitt von der Eröffnung des Reichstags bis zum Beginn der Weihnachtsserien ist erfahrungsgemäß der positiven Arbeitsleistung nicht sonderlich günstig. Auch ein Theil derjenigen Volksvertreter, die nicht gewohnheitsgemäß fern von Madrid weilen und nur zu den „großen Abstimmungen" per Telegramm nach Berlin citirt werden, pflegt vor Weihnachten dur eine geringe Arbeitslust zu entwickeln und der Ansicht zu sein, daß sich der Aufenthalt auf dem theuren Berliner Pflaster dor Weihnachten nicht recht lohne. So stand denn das Haus, abgesehen von den ersten „großen Tagen", wo die heiße China- Wacht im Reichstag ausgefochten wurde, dauernd im Zeichen der vollendeten Beschlußunfähigkeit. Der hierdurch angerichtete tatsächliche Schaden war bisher nur wenig zu spüren, da der Reichstag ja noch nicht in die Aera der entscheidenden Abstim mungen gekommen ist. Aber in den parlamentarischen Kreisen Mird mit banger Sorge erwogen, wie die parlamentarische Ar beit sich gestalten soll, wenn der beschämend schlechte Besuch fort dauert, den der Reichstag insbesondere in den beiden letzten Wochen aufzuweisen hatte. Die positive Arbeitsleistung, welche der Reichstag bisher vollbracht hat, ist nicht sonderlich groß und läßt sich leicht auf zählen, doch bedeutet dies leinen Vorwurf für die Volksvertret ung, denn einmal war deren Thätigkeit vorwiegend durch eine Anzahl hochpolitischer und zumeist die Situation klärender De batten in Anspruch genommen, und andererseits war das Ar- beitsmaterial, welches dem Reichstage seitens der Regierung vorgelegt wurde, zunächst recht spärlich. Nachdem der Reichstag am 14, November mit der vom Kaiser verlesenen Thronrede er öffnet worden war, und am 15. November die Wahl des Prä sidiums und der Schriftführer stattgefunden hatte, begann am 19. November mit der ersten Lesung des Nachtragsetats sür China die eigentliche Reichstagsarbeit. Die Lesung des Nach tragsetats, welche sich, unterbrochen durch den Bußtag, vier volle Sitzungstage hinzog, gestaltete sich Alles in Allem zu einer De batte im großen Stil, deren Resultat zwei Erfolge waren. Näm lich ein Erfolg des Reichskanzlers, der sich die Billigung der überwältigenden Mehrheit des Reichstages für seine China- Politik sicherte, denn in der Opposition gegen die Politik der Re gierung verblieb, unbeschadet der auch von anderen Seiten des Hauses geübten Kritik an einzelnen Vorgängen, allein die So zialdemokratie. Nicht minder bedeutsam aber war der Erfolg der Volksvertretung, indem der Reichskanzler sich veranlaßt sah, die Uebergehung des Reichstages bei der Behandlung der Chinafrage selbst als einen Fehler zu charakterisiren und aus drücklich um Indemnität nachzusuchen, Nachdem am 23. November der Nachtragsetat der Budget kommission überwiesen worden war, kam am 24. die Interpella tion über die „12 000 Mark-Affaire" zur Verhandlung. Der Reichstag zeigte an diesem Tage eine seltene Einmüthigleit, in dem alle Parteien, freilich in sehr modifizirter Form, das Ver halten des Reichsamtes des Innern Preisgaben. Der Reichs kanzler Graf Bülow that auch hier das Beste und zugleich das Einzige, was er thun konnte, indem er das Reichsamt des In nern in diesem ^Falle entschieden desavouirte. Der Leiter des Neichsamts des^ Innern, Gras Posadowsly, schwieg damals, und das war das Klügste. Aber diese Debatte hatte bei Gelegen heit der Etatsdebatte, in der Sitzung vom 11. Dezember ein merkwürdiges Nachspiel, Während Gras Bülow das Verhaken des Reichsau>ts des Innern als einen „Mißgriff" bezeichnete, und erklärte, daß derartige Wege in Zukunft nicht mehr einge schlagen werden würden, erklärte jetzt Graf PofadowSky: „Man kann über die politische Opportunität dieser Maßregel streiten." Was Wunder, daß angesichts dieser klaffenden Differenz die Mehrheit des Reichstages sich sagte: Nun erklärt mir, Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur — zwischen dem Reichskanzler und seinem Staatssekretär? Am 26. November wurde die Interpellation Oriola betref fend die Revision der Militärpensionsgesetze behandelt, deren Crgebniß leider die Mittheilung war, daß der Reichstag einen bezüglichen Gesetzentwurf in dieser Session nicht zu erwarten hat. Am.27. November wurden die Seemannsgesetze, am 29. das Privatversicherungsgesetz einer Kommission überwiesen. In der nächsten Woche wurden von den vier Sitzungstagen drei durch die Interpellation über die Kohlentheuerung ausgcfüllt, während an dem dazwischen liegenden Schwerinstag der soge nannte „Toleranzantrag" des Centrums, der seitens des Reichs- rages und der Regierung auf scharfen Widerspruch stieß, an eine Kommission verwiesen wurde. Nebenher begann am 4. Dezember die Berathung des China-Etats in der Budgetkommission, die erst nach den Ferien zu Ende geführt werden wird. In dieser Woche wurde die Thätigkeit des Reichstages durch die viertägige Etatsdebatte ausgefllllt, deren hervorstechendster Punkt die Er örterung über den Nichtempfang des Präsidenten Krüger war. Als Facit der Debatte muß ein Erfolg des Reichskanzlers Gra fen Bülow bezeichnet werden, der es verstand, durch seine offen herzigen Darlegungen der internationalen Lage die Mehrheit deS Reichstages von der Nothwendigkeit der Politik zu überzeu- acn, welche die Regierung, ohne auf die leicht verständlichen Wünsche der Volksstimmung Rücksicht nehmen zu können, in der Burenfrage verfolgt hat und weiter zu verfolgen gedenkt r