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„Kaufpreis“, den der Bräutigam zu entrichten hatte, mußte von der Braut getragen werden. Beide Varianten bedürfen des Vergleichs mit ethnographischen Erfahrun gen, die wir hier leider noch schuldig bleiben müssen. 8 Nach grobem Überschlag stellen reine Ringhortc ca. 25 Prozent des Gesamthort fundanfalles. Davon wiederum war ein reichliches Viertel im Wasser oder im Moor deponiert worden. 9 Letzterem Teil wird aufgrund der Fundumstände unumstritten der Rang von Weihefunden zugestanden. Dieser hohe Anteil „geweihter“ Ringe läßt ahnen, daß sie im bronzezeitlichen Alltag nicht ausschließlich Schmuckfunktion hatten. Vielmehr darf wohl davon ausgegangen werden, daß damals alle Lebens bereiche kultisch determiniert waren. 10 (T. Gerlach) Neufunde wie der Bronzehort von Radebeul vermögen auch das Bild einer ur- und frühgeschichtlichen Siedlungslandschaft zu bereichern. Im folgenden soll das geo graphische und archäologische Umfeld des Radebeuler Fundes betrachtet und der Hort in verkehrsgeographische Überlegungen einbezogen werden. Die Fundstelle liegt inmitten der Dresdener Elbtalweitung. Die morphologische Grundstruktur dieser Landschaft und damit auch ihre natürliche Gliederung in Längszonen, die in Nordwest-Südost-Richtung verlaufen, formte sich durch tekto nische und exogene Vorgänge im wesentlichen während des Pleistozäns heraus. Die Karte (Abb. 6) bildet im Überblick einen Teil der Elbtalweitung ab und soll ihre Gliederung verdeutlichen. Im Norden und Nordwesten des Kartenausschnittes fällt der markante Steil abfall der Lausitzer Platte in die Elbtalweitung ins Auge; er beträgt in der Lößnitz etwa 80 m. Die Steilhänge sind durch Kerbtäler (Gründe) wie den Lößnitzgrund zerschnitten. Vorgelagert schließt sich die saalekaltzeitliche Mittel- oder Heidesandterrasse mit den Sandböden der Nieder- und Oberlößnitz, der Jungen oder Dürren Heide und des Kaditzer Tännigts an. Die Terrasse ist nach Südwest geneigt und stuft sich deutlich zur Elbtalniederung ab. Diese wird aus der stellenweise leicht gewellten weichselkaltzeitlichen Nieder terrasse mit Tallehm- und Talsandböden und den eingeschnittenen Auen mit Aue- 8 Stichprobenartige Durchsicht ethnographischer Literatur erbrachte bisher lediglich, daß Ring schmuck bei Pubertätsriten gelegentlich eine Rolle spielt (Walk 1928, S. 917 u. 929). Die hier zu den Verhältnissen bei den Namacqua-Hottentotten zitierte Beobachtung, daß das Mädchen bei Eintritt der Menstruation von Bekannten und Fremden Armringe und Perlenketten zur Verfügung gestellt. ..“ bekam, „.. . die ihr dann zum Teil als Geschenk zurückgelassen werden. ..“, könnte, bei Übertragung auf unsere Verhältnisse, die unterschiedliche Qualität der Ringe erklären. Diese wäre dann Anzeiger der sozialen Stellung des Schenkenden. 9 Überschlagsrechnung an Hand des Kataloges W. A. v. Brunns (1968, S. 307-347). 10 Mit dem Lessingzitat „Muthmaßen hiernächst läßt sich freilich vielerlei“ möchte W. Torbrügge (1985, S. 17-23) die Diskussion über Hortdeutung nach wie vor offen halten.