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DIE ANFÄNGE DER STADT CHEMNITZ Von Manfred Kobuch Das Problem Der 1952 unter diesem Titel erschienene Beitrag Walter Schlesingers zur Entstehung des Städtewesens im meißnischen Markengebiet enthält die bis dahin wichtigsten Äußerungen zur Frühgeschichte von Chemnitz/Karl-Marx-Stadt. Über dauerhafte Ergebnisse hinaus wirken sie auch dort weiter, wo nur hypothetische Ansätze mög lich waren, die zum Widerspruch herausfordern oder neue Fragestellungen anregen. Im Nachweis der mehrstufigen Entstehung vieler Städte im Feudalraum östlich der Saale besteht ein bedeutender Erkenntnisfortschritt. Allein in Chemnitz wollte sich die Mehrstufigkeit nicht nachweisen lassen, und Schlesinger (1952, S. 79, 190, 204) gelangte deshalb zu der Ansicht, daß diese Stadt in einem einmaligen Gründungsakt Friedrich Barbarossas aus wilder Wurzel geschaffen worden sei. Daß sich in dieser Hypothese das bis dahin gänzliche Fehlen archäologischer Aussagen über das Werden der Städte des Markengebietes und ein im Gegensatz zum Altreich auffälliger Mangel an vergleichenden stadtgeschichtlichen Forschungen widerspiegeln, sei aus dem Abstand von drei Jahrzehnten lediglich angemerkt. Inzwischen hat sich die Auffassung von der stufenartigen Entstehung der in den feudalen Territorien des Reiches auch im 12./13. Jh. gegründeten Reichs städte voll durchgesetzt, und es ist möglich geworden, alle denkbaren Entwicklungs phasen, die die werdende Stadt durchlaufen konnte, in einer Idealtypenkette zu fixieren (Blaschke 1970, S. 350-362; Herrmann 1976, S. 176). Es ist offenkundig, daß von „Stadtgründung“ im Sinne einer voraussetzungslosen Entstehung aus wilder Wurzel kaum noch gesprochen werden kann. Obwohl davon auszugehen ist, daß sich in Abhängigkeit von der Entfaltung der Produktivkräfte und der Ware-Geld-Beziehungen das ältere Städtewesen auch im Markengebiet der deutschen Ostexpansion stufenweise entwickelt hat (für den markmeißnischen Raum vgl. Blaschke 1973 b, S. 333-381, für Brandenburg, Schich 1980, S. 191-238; zusammenfassend Coblenz 1980, S. 158-163), ist bisher im wesentlichen an der Auffassung festgehalten worden, daß Chemnitz in der Aue zwi schen Chemnitzfluß und Gablenzbach um 1165 durch Friedrich Barbarossa als Rechtsstadt ohne Vorstufen gegründet worden sei (Schlesinger 1962, S. 408; Lei- * Herrn Professor Dr. sc. Werner Coblenz, Dresden, anläßlich seines 60. Geburtstages am 24. 5. 1977 gewidmet.