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vinz zu begeben , und sich an die Spitze dtr dortigen Truppen zu stellen. Ob ihm die Aufhebung der Banden gelingen wird, ist jedoch noch fraglich, da letztere von der ländlichen Bevölker ung offenbar unterstützt werden. Wenn die Einwohnerschaft der von den Banden durchstreiften Bezirke aufrichtig zur Regierung hielte, so würde daS Brigantenthum längst auSgerottet sein. Aber die Landleute erblicken in jenen Leuten immer noch Kämpfer gegen die von der Geistlichkeit angefochtene Herrschaft Piemonts. Frankreich. In den ersten Tagen diese- Monats war in Paris das Gerücht verbreitet, daß die Regierung die Absicht habe, Frieden in Mexiko zu schließen und die dorthin gesandte Expedition zurückzurufen. General Forey, hieß es, häbe dem Kaiser die mißliche Lage der französischen Truppen dargestellt und auf dke außerordentlichen Schwierigkeiten hingewiesen, welche einem Vorrücken nach der Hauptstadt des Lande- entgegen stehen. Ohne eine weitere erhebliche Vermehrung der Truppen fei nichts auSzurichten, zumal die allgemeine Stimmung der Bevölkerung eine den Franzosen feindselige sei. An diese Ge rüchte knüpfte sich zugleich die Vermuthung, daß der Kaiser die gegenwärtige politische Lage Europa's dazu benutzen werde, die Armee nach emer anderen Seite hin zu beschäftigen und so die ^Aufgebung der mexikanischen Expedition in den Augen der nach Kriegsruhm durstigen Franzosen zu. rechtfertigen. Bon dem ^Allen scheint nur so viel wahr zu sein, daß die aus Mexiko ein- gegangenen Nachrichten nickt besonders erfreulich lauten und daß man sogar daran denkt, den General Forey durch den ^Marschall Niel zu ersetzen. Von einem bevorstehenden Friedens schlüsse und von einer alsbaldigen Zurückberufung der Expedition ist aber keine Rede. Die Regierung würde sonst sicherlich eine ' Andeutung darüber gegeben haben, da am 6. März im gesetz gebenden Körper eine im vergangenen Jahre für jene Expedition - verausgabte Summe von.25 Mill. Fr. der nachträglichen Ge- " nehmigung unterstellt wurde und somit die Discussion sich über den mexikanischen Feldzug verbreitete. Die französischen Blätter, welche der Regierung nahe stehen, zeigen sich sichtlich empfindlich darüber, daß England in der ' polnischen Frage nicht Hand in Hand mit Frankreich gehen wolle, ^sondern gegen letzteres ein ungerechtfertigtes Mißtrauen kund- gebe. Der Angabe, daß der Karser in dieser Angelegenheit einen eigenhändigen Brief an den Czaaren geschrieben, wird wider sprochen; dagegen ist es gewiß, daß Seiten des französischen Ka- binets in der freundschaftlichsten Form Vorstellungen zu Gunsten der- Polen in St. Petersburg gemacht worden sind und daß die ' Antwort darauf bereit- am 9. März in Paris eingegangen ist, Sofort nach dem Eintreffen der russischen Depesche wurde ein Ministerrath abgehalten, in welchem unter Anderem beschlossen worden ist, die Di-cussion im Senat über die polnische Sache, bei welcher voraussichtlich manches scharfe Wort gegen Rußland fallen würde, auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Ueber die Ant wort, welche die russische Regierung ertheilt hat, ist noch nichts Bestimmtes bekannt, doch verlautet gerüchtweise, daß Kaiser Alexander bei aller Anerkennung der guten Absichten Frankreichs sich außer Stande erklärt hat, vor der völligen Niederwerfung des Aufstandes den Polen Concessionen zu machen. Die diesjährige Rekrutirung findet diesmal bereits am 23. März, nicht wie sonst im Monat Mai statt, damit, wie eS heißt, die selbe nicht mit den Wahlen zusammenfällt. Die Summe, welche für Befreiung vom Militärdienste einzuzahlen ist, beträgt jetzt 2300 Frs. (613^ Thlr.). Wenn Jemand von der Fahne entlassen wird, so hat er für jede- Dienstjahr, das er noch vor sich hat, 500 Fr. (133j Thlr.) zu zahlen. § tdur ? Großbritannien. Alle politischen Tagesfragen sind augenblicklich durch die Ankunft der Prinzessin Alexandra von Dänemark, der Braut des Thronerben, in den Hintergrund ge drängt, und die „Time-" füllt nicht weniger als 23 ihrer Riesen- Spalten mit dein öffrciellen Hochzeits-Programm, der Beschreibung ^deS Einzuges bet Prinzessin in London und der Weiterreise nach Windsor. Die Prinzessin-Braut war am 7. März mit dem sie begleitenden Geschwader in die Themsemündung eingelaufen und dort von den Salven der Kanalflotte begrüßt worden. Bor "Wrave-end landete die Prinzessen am Arine ihre- Bräutigams, der fiH schon früher auf die königliche Yacht begeben hatte, und von dort führte ein Expreßzug die hohen Gäste in 40 Minuten nach London. Hier befand sich die gesammte Bevölkerung auf den Beinen, und von 9 Uhr an war es gänzlich unmöglich, in den mit dichten Menschenmaffen besetzten Straßen, durch welche der Zug kommen sollte, vorwärts zu kommen, obgleich dieselben für alle- Fuhrwerk abgesperrt waren. Auf dem Bahnhof wurde das Brautpaar von dem Lordmayor' und den Spitzen der Citybe hörden begrüßt, und von da aus bewegte sich der aus 86 Wagen bestehende Zug unter lautem Jubelrufe durch die mit Ehren pforten und Zuschauertribünen geschmückten Straßen Londons. Erst um 5 Uhr Nachmittags erreichte daS Brautpaar den Eisen bahnhof des Great Western, von wo nach der ermüdenden Fahrt die Reise per Dampf nach Windsor fortgesetzt wurde. Dort hat am 10. die Trauung in der Georgskapelle stattgefunden, wobei jedoch der Zutritt auf die engsten Hofkreise beschränkt war. Rußland. Großfürst Konstantin ist zum Oberbefehls haber aller russischen Truppen im Königreiche Polen ernannt worden. Eine feiner ersten Anordnungen besteht in einer Ordre an alle Militärchefs, in welcher denselben anempfohlen wird, den Gewaltthätigkeiten und der Willkühr entgegenzutreten, welche die Bauern bel Verfolgung der Insurgenten in Gemeinschaft mit den Soldaten auszuüben pflegen. Ueber den Verlauf des Aufstandes liegen auch in dieser Woche zahlreiche Telegramme vor, welche jedoch, wie früher, sich durch die schroffsten Widersprüche auSzeichnen. Zuerst ist nach zutragen, daß der angeblich am 24. Febr. bei Malogoscz von den Russen über Langiewicz erfochtene Sieg (s. Nr. 10) sich nicht be stätigt hat; die Russen wurden vielmehr nach einem blutigen Gefecht, bei welchem sie über 400 Mann verloren haben sollen, zurückgedrängt. Bei dem Rückzüge trafen sie auf die Nachhut der Insurgenten, welche 32 Wagen escortirte. Diese Schaar wurde zersprengt; mehrere Insurgenten, sowie die sämmtlichen Wagen fielen in die Hände der Russen. Die angebliche Ver wundung des Jnsurgentenführers Langiewicz, sowie seine Flucht über die galizische grenze haben sich nicht bestätigt. Es steht vielmehr fest, daß Langiewicz über die zahlreichste Jnsurgenten- schaar verfügt und den Russen noch immer am meisten zu schaffen macht. Neben den kleineren Gefechten, welche nach den Berichten der letzten Woche fast täglich zwischen den Truppen und Insur genten vorgekommen sind, haben am 4. und 5. März bei PiaS- kowa-Skala (im Gouvernement Radom) blutige Zusammenstöße stattgefunden. Die Russen behaupten in ihrem officiellen Bülle- tin, daß sie nach der Erstürmung des Schlosses Piaskowa-Skala die in dem nahen Walde aufgestellten 6000 Mann starken Ai- surgenten angegriffen und nach erlittenen großen Verlusten in die Flucht geschlagen haben. Hiermit stehen aber alle übrigen Mittheilungen über >jene Affarre in Widerspruch. Nach der Meldung des in Posen erscheinenden Czas, welche von schlesischen Blättern bestätigt wird, sind die Russen, nachdem ihnen Langie wicz und ' der unter ihm stehende Commandoführer Jezioranski zwei blutige Gefechte geliefert, genöchigt. gewesen, sich nach Mie- chow und Olkusz zurückzuziehen. Gewiß ist, daß Langiewicz am 7. März in Goszcza, einige Meilen von Krakau, sein Haupt quartier aufgeschlagen und seine angeblich zersprengte zahlreiche Schaar nocA immer beisammen hat. Die Russen stehen mit bedeutender Macht in Kielce, Mechow und Olkusz und scheinen sich auf einen Hauptschlag gegen Langiewicz vorzubereiten. , Während es somit auf dem südlichen Revolutionsschauplatze leicht noch zu einem harten Kampfe kommen kann, ist der Auf stand im nördlichen und westlichen Theile des Landes seinem ^Erlöschen nahe, da die noch dort befindlichen Jnsurgentenhaufen nach den BeMsten) die sie durch Einzelgefechte und Zurückdräng- ung der Ihrigen über die preußische Grenze erlitten, meist ent- t muthigt und dm zahlreich vertheilten russischen Truppen nicht gewachsen find.> Mieroslawski hat, nachdem er mit den Seini- gen wiederholte Niederlagen erlitten, sein Commando niedergelegt ^und man sagt, daß er, an jedem Erfolge der Jnsurrection ver zweifelnd, sich nach Frankreich zurückbegeben habe. s Nach dm neuesten Berichten ist Langiewicz infolge eines Be schlusse- des revolutionären Centralcomits's zum Diktator procla- mirt worden. . u