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WWW sächsische Vorszeitung Telegramm-Adr.: vorfzeitung Dresden. Telephon: Dresden, Nr. 3916. Dresden, Dienstag, den y. Mai 1905 67. Jahrgang Ur. 106 Bezugsbedingungen: vt< „vorszettuna" «scheint jede» Wochentag pachmtttag» v Uhr mit dem Datum de» folgenden »og«. vt« vezugagebühr betrügt 1.80 Mart Metteljührlich »der «>0 psg. für jeden Monat Di» ^vorfzeitung" ist zu beziehen durch die kaiserlichen pvimnftalien, di« kandbrieftrüger und durch uni« Voten. Sei freier Lieferung in, Hau, erhebt post noch di« rustellung^ebühr von 4S pfg. Anzeigen-Preise: Di« »tnspaMg« Aelle ld pfg., unter „Eingesandt" 40 pso tinzeioen.Nnnehnl« erfolgt bi, mittag, 12 Uhr. — nnnahmestellea lind: Uns« <belchäft»ltell«, kleine Meißner Gaffe Nr. 4, Anv«Iidendank, H aasen stein L, Vogler, kud. Moss«, G. L. Daube üc Lo. in Leipzig, Frankfurt a M.; « Uohl in liesstl,dorf; Kug» Slüchler in «dstschen. broda, Otto vittrich in Nettzenborf, Hugo Vpitz in ceubnitz-Neuostra, LmilNoNau st, kadebeul, Nud Grtnnn in vre^«.w«fnttz, Zri^rich «eucher, in Cossebaude, kietnh. watt.'e u- estätiguna bedürfen, mit Waffen und gegangen. Diese Trupven rücken jetzt, nachdem sie Manakha erobert und in Brand gesteckt haben, auf die Küste des Roten Meeres vor, um die türkischen Be hörden von dort zu vertreiben und Hodeida zu nehmen. Muhamed Jahva proklamierte das Aufhören der Sultansmacht in Jemen und ließ sich selbst zum un abhängigen Kalifen auSrufen. Er und Ibn-Said, der Chef der Wahaditen am Persischen Golf, bereiten sich vor, auf Mekka zu marschieren, um dort im Heilig tum de- Islam den Großscherif der Türkei für abge- setzt zu erklären und ihrer eigenen Autorität die Weihe zu verleihen. Im Mdupalast in Konstantinopel herrscht unbeschreiblicher Schrecken. denn wenige Monate nach der ersten Aufführung seines „Wallenstein" war Napoleon Kaiser von Frankreich und auf dem Wege, ganz Europa zu überwinden. Noch herrlicher offenbart sich die Sehergabe unseres Dichters in seinem „Wilhelm Dell". Hier hält Schiller, von glühendster Vaterlandsliebe erfüllt, in dem Frei heitskampfe der Schweizer seinem eigenen Volke den Spiegel der Zukunft vor. Eine Mahnung Schillers auf feinem Sterbebette ist's, wenn Allinghausen die Worte spricht: „Seid einig — einig — einig." Im „Wilhelm Tell" rollt und grollt schon der ferne Donner der großen Völkerschlacht bei Leipzig, die zehn Jahre später die Gewaltherrschaft des stolzen Korsen zer trümmerte. In prophetischen Bildern wird uns des Vaterlandes tiefste Erniedrigung, seine Knechtschaft und Wiedererhebung vor Augen geführt. Schiller erlebte nicht diese große Zeit, aber fein Geist atmete aus den Schlachtenliedern eines Körner, sein Geist entflammte die Brust der deutschen Jugend zu Todesmut, er kämpfte mit in den großen Schlachten der Jahre 1813 und 1815 und leuchtete den deutschen Heeren im Siege voran. So oft sich in unserem Lande das Streben nach Einheit und Vaterlandsliebe bemerkbar macht, erwacht auch Schillers Gedächtnis im Volke. Die hundertjährige Wiederkehr seiner Todesstunde naht. Der Deutsche tritt gesenkten Hauptes an die Fürstengruft zu Weimar, an jene Stätte, wo die sterbliche Hülle des Dichters neben der seines großen Geistesbruders zur letzten Ruhe gebettet ist. — Wie aber sollen wir ihn an diesem ernsten Tage würdig feiern? Durch Taten, würdig des Dichters! Ist „des Dichters Preis die schönste Krone der Tat", so ist die Tat, die er erzeugt, des Dichters schönste Krone! Politische Weltschau. Deutsches Reich. Die kaiserlichen Maje stäten, die zurzeit in Karlsruhe weilen, nahmen gestern mittag mit sämtlichen dort aufhältlichen Fürst lichkeiten an einem Frühstück beim Großherzoaspaare teil. Prinz Eitel Friedrich verlieb am Freitag den Hofsonderzug in Basel und begab sich nach England. Der Prinz traf Sonnabend abends in London ein und reiste alsbald nach Esher weiter. Zum Thronstreit im Fürstentum Lippe wird ver „Magd. Ztg." von zuständiger Seite in Det mold bestätigt, daß der Grafregent als Haupt der Lime Biesterfeld auf den letzten Schriftsatz der Bückeburger Linie keine Erwiderung geben werde. Diese Ent schließung und die voraussichtlich bevorstehende Er nennung des Freiherrn von Seckendorf zum Reichs gerichtspräsidenten bedeute für den Thronstreit in Lippe so viel, daß die Entsendung des Schiedsgerichts auf alle Fälle noch vor Beginn der Gerichtsferien zu er warten ist. Die Verhandlungen im preußischen Eisenbahn ministerium über eine Reform der Personen- und Gepäcktarife haben zu einem Einverständnis über die wesentlichen Punkte geführt. In amtlichen Kreisen sieht man der Rückkehr des Generals von Trotha in etwa zwei Monaten entgegen. Dann soll in Deutsch-Südwestafrika die Zivilverwaltung eingerichtet werden. Die Verhandlungen zum Abschluß des deutsch-bulgarischen Handelsvertrages, die gegenwärtig im Berliner auswärtigen Amte stattfinden, nehmen einen sehr glatten Verlauf. Irgend welche Schwierigkeiten haben sich nicht ergeben, und eS ist an zunehmen, daß die Verhandlungen daher schon in vier zehn Tagen zum Ziele geführt haben werden. Die Ratifikationsurkunden über den deutsch schweizerischen Handelsvertrag sind am Sonn abend in Bern ausgetauscht worden. Die deutsch-amerikanischen Handelsbe ziehungen. Wie die „Assi Preß" schrelbt, heißt es im Staatsdepartement zu Washington, die Verhand lungen mit Deutschland behufs Vorbereitung eines Gegenseitigkeitsvertraaes würden in Washington im nächsten Herbst geführt, aber vorher nicht in Angriff genommen werden. Die Delegierten des Zentralverbandes Deutscher Industrieller haben in der Berliner Sitzung zu den wichtigsten Fragen unseres Wirtschafts lebens Stellung genommen. Die Handelsverträge, der Schiller. Wer Schiller- je vergäße, Kein Deutscher wär's fürwahr, Da er ein Herz besäße, Das der Begeistrung bar — Kein Herz, aus dem die Lohe Der Freiheitsliebe schlägt, Und das noch an daS Hohe Den Glauben in sich trögt. Am morgenden 9. Mai ist ein Jahrhundert ver flossen, seitdem unser größter Volksdichter, Friedrich von Schiller, von uns gegangen ist. Wohl hat er nicht in der einfachen Sprache des Volkes gedichtet. Selbst dem Denkgeübten machen der Reichtum und die Tiefe der Gedanken, die Größe und die Kühnheit seiner Bilder, der erhabene Schwung seiner Einbildungskraft und Sprache das Verständnis schwer. Aber dennoch gibt's keinen zweiten in Deutschland, dessen Dichtungen so in alle Schichten der Gesellschaft gedrungen, so in Fleisch und Blut des Volkes übergegangen sind. Kein Dichter hat mehr als Schiller mit dem Herzen ge dichtet. Von dem eigenen Zauber seiner klangvollen Verse fühlt sich jeder mächtig ergriffen. Die Liebe, der reine sittliche Adel seiner Gesinnung, die männliche Willenskraft, die in jedem feiner Worte sich offenbart — das ist's, was Schiller zum Lieblingsdichter des deutschen Volkes gemacht hat. Und wahrlich! er hat diese Liebe in reichem Maße verdient, er hat sie mit feinem besten, wärmsten Herz blut errungen, denn unser Schiller war nicht nur ein Dichter schöner Worte, er war zugleich ein Mann der Tat, ein wahrer Vaterlandsfreund. Im Jahre 1793 schrieb er seinem Freunde Körner: „Die Liebe zum Vaterlande ist sehr lebhaft in mir geworden." In seinem Liede von der Glocke nannte er „den Trieb zum Vaterlande" — „das teuerste der Bande!" Wie schön find auch die Verse, die der Dichter als glühender Ver fechter des nationalen Ehrbegriffs in seinem „Wilhelm Tell" auSrust: „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr alles freudig setzt an ihre Ehre!" — Aus dem Munde des Dunois in der „Jungfrau von Orleans" müssen sich die Gegner und Bekämpser des monarchischen Staates zurufen lassen: „Für seinen König muß das Volk sich opfern, das ist das Schicksal und Gesetz der Welt." — Schon diese wenigen Aussprüche zeigen Schiller als einen hervorragenden Patrioten, die Sozial demokraten schlagen also der Wahrheit ins Gesicht, wenn sie den großen Dichter für sich beanspruchen. In seinem „Wallenstein" ergreift Schiller zum ersten Male einen großen geschichtlich-vaterländischen Stoff. Den Zuschauer mitten in das Schlachtgewühl der großen Weltkrieges führend, entrollt er dem deutschen Volke ein Bild seiner jammervollsten Zerrissenheit und Ohnmacht; mit rückwärts schauendem Blicke die trau rigsten Zeiten unserer Vergangenheit schildernd, weist er zugleich bin auf die Schäden deS Vaterlandes, auf den bevorstehenden neuen Weltkampf um Herrschaft «nd Freiheit! Und richtig hat der Dichter prophezeit, Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ugl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ugl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nadebeul. Das Reueste. Der vierte sächsische Handlungsgehilfentag in Freiberg hat u. a. beschlossen, von der sächsischen Regierung die Ausschließung von Ausländern an der Handelshochschule zu Leipzig zu verlangen. Der vom Goethe-Bund geschaffene Bolks- Schillerpreis ist den Dichtern Gerhart Hauptmann, Karl Hauptmann und Richard Beer-Hoffmann zu erkannt worden. Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza ist gestern in Wien eingetroffen und in einstündiger Audienz vom Kaiser empfangen worden. In Madrid ist eine Verschwörung zur Wieder herstellung der Monarchie in Brasilien entdeckt worden. Zwischen England und Frankreich sollen Ver handlungen über die Berechtigung des javanischen Protestes gegen die Begünstigung der russischen Flotte im Gange sein. Die Truppen des Marschalls Oyama haben auf beiden Flügeln den Vormarsch wieder aus genommen. Bergarbeiterausstand und die Haltung der Regierung diesen Problemen und diesem Ereignis gegenüber kamen zur Sprache. Die Vorlage über die Kamerunbahn ist dem Reichstage zugegangen. Die Angelegenbeit der Beschlagnahme von an geblich von der Germania-Werft nach Rußland ge lieferten Torpedobootsteilen in Lübeck ist noch völlig ungeklärt. Nach der auch von Frankreich und England anerkannten Praxis ist es gestattet, daß Neu trale „Maschinenteile" nach kriegführenden Häfen liefern, welche daselbst zu Torpedobooten zusammengesetzt werden. Vielleicht haben im Lübecker Fall noch besondere Gründe vorgelegen, welche die Beschlagnahme geboten erscheinen ließen, welche, ist nicht bekannt. Transportdampfer Rhein ist gestern mittag mit dem Ablösungstransport für das ostafiatische Kreuzergeschwader, der 1200 Offiziere und Mannschaften zählt, in See gegangen. Defterreich-Ungarn. Herr Pozsgay kneift. Die Zeugen des Abgeordneten Pozsgay erklärten, daß Pozsgay die Forderung des Grafen Tisza nicht an nehme, weil dieser auf ähnliche Zwischenrufe bisher nicht reagiert habe. Die Zeugen Tiszas erklärten dies als eine Verweigerung der Genugtuung. Frankreich. In dem heute in Paris beginnen den Hochverratsprozeß gegen Tamburini-Volpert wird der ehemalige französische Kriegsminister Andrö als Zeuge vernommen werden. Rußland. Den in Moskau versammelten Semstwovertretern liegt eine Denkschrift vor, in der folgende Maßnahmen als Vorbedingungen der freien Wahlen für die geplante Volksvertretung be zeichnet werden. Abschaffung des verstärkten Schutzes und der diskretionären Gewalt der Landeshauptleute über die Bauern, sowie Versammlunas-, Vereins-, Rede- und Preßfreiheit. Die Hauptaufgabe der ersten Re präsentativ-Versammlung müsse die Schaffung eines Rechtszustandes und die Proklamierung der Rechte der russischen Bürger sein, sowie die Ausarbeitung eines Grundgesetzes über die Organisation und die Funktionen der legislativen Versammlung. Diese hat aus zwei Kammern zu bestehen, einer Kammer der Volksvertreter, die in geheimer Abstimmung von allen mindestens 21 Jahre alten unbescholtenen Männern, ausgenommen aktive Militärs und Polizisten, gewählt werden, und aus der Semskaja Palata (Kammer der Landstände), in die die Semstwos der Gouvernements und die Dumas der bedeutendsten Städte ihre Vertreter entsenden. Die Wahlen der Volksvertreter, für die weder ein Vermögens- noch Bildungszensus zulässig ist, sind nach dem Terri- torialprinzip vorzunehmen. Dazu ist das Reich in Wahlbezirke zu teilen, und zwar wählt jeder Bezirk durchschnittlich einen Vertreter auf etwa 200,000 Ein wohner. — Ein Aufruf der Parteileitung der panischen Sozialisten Warschaus fordert die Arbeiter auf, die Arbeit in den Fabriken und Werkstätten wieder aufzunehmen. England. Nach Versicherungen von maßgeben der Stelle ist der Grund der Vertagung der Flottenmanöver folgender: Die Admiralität rechnete auf Beendigung des ostasiatischen Krieges, als die Flottenmanöver geplant wurden. Da planmäßig britische Schiffe über alle Meere gehen sollten, würde, so lange der Krieg fortdauert, daraus eine zu große Gefahr entstanden sein. Dies allein ist der Grund. Deutschland und die Marokko-Krise stehen in keinerlei Verbindung damit. Türkei. Den lebten Nach allerdings noch einer offiziellen B sind 28 türkische Bataillone Bagagen zu den Aufständischen in Jemen über gegangen. ' Manakha er