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1020 Auf erfolgte Anzeige ist heute auf dem den Consumverein zu Gröditz betreffenden Fol. 136 des hiesigen Handelsregisters verlautbart worden, daß Herr Johann Friedrich Hein rich Susewind in Gröditz als Vorstandsmitglied ausge- Meden und für ihn Herr Julius Jacob daselbst einge treten ist. Großenhain, am 4. December 1872. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. S. Bekanntmachung. In der nächsten Zeit kommt die Stelle eines Markt meisters und Hausmanns für die Rathsloealitäten allhier zur Erledigung. Geeignete, im Rechnen und Schreiben einiger Maßen geübte Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche bis 15. dieses Monats in der Rathsexpedition einreichen. Großenhain, den 2. December 1872. Der Stavtrath. Kunze. W. Tagesnachrichten. Großenhain. In öffentlicher Sitzung ist am Freitage von dem Stadtverordnetencoüegium der einstimmige Beschluß gefaßt worden, den Stadtrath zu ersuchen, durch eine aus Rathsmit- gliedern und Stadtverordneten bestehende Deputation die Frage wegen Gründung einer Realschule zweiter Ordnung in hiesiger Stadt erörtern zu lassen. Durch diesen Beschluß ist die in neuerer Zeit hier oft besprochene Frage ihrer Lösung einen Schritt näher gekommen, da nach dem von der gedachten De putation zu erwartenden Berichte beide städtischen Collegien weiter in der Sache zu berathen und zu beschließen haben werden. So viel bis jetzt über das Project bekannt ist, fällt es in maßgebenden Kreisen auf fruchtbaren Boden. Großenhain. In neuerer Zeit hat man hier einige Persön lichkeiten von der Klasse der Vagabonden und Diebe aufgegriffen, die schon zu den außergewöhnlichen dieses unsauberen Gewerbes zu rechnen sind. Zunächst hat man einen Hausirer, der hier sein Geschäft trieb, dabei aber in einer Restauration aus einem Wand schränkchen eine größere Summe Geld stahl, erlangt und nach längerem Suchen in dem doppelten Futter dessen Hutes das gestohlene Geld gefunden. Bei diesem Beweise hat der Hausirer den Diebstahl eingestanden. Ferner hat man hier einen Knaben von italienischer Abkunst in Gewahrsam, der beim Betteln auf gegriffen worden ist und angiebt, in der Dresdner Gegend von seinem Vater verlassen worden zu sein. Bis jetzt haben die Nachforschungen nach dessen Heimath und Angehörigen noch zu keinem Resultat geführt. Der beste Fang aber wurde mit einem Gaunerpaare gemacht, bei welchem der Ausdruck Paar allerdings nur insoweit zu verstehen ist, als es aus einem Herrn und einer Dame besteht. Der Herr giebt an, aus Westphalen zu stammen, und die Dame, ein junges Blut von 22 Jahren, sagt, in einem einsamen Bauernhöfe Badens habe ihre Wiege gestanden. In Frankfurt am Main wollen sich diese edlen Seelen gefunden haben und von dort soll sich die gemeinschaftliche Arbeit datiren. Diese Arbeit war nun folgende: In ein Verkaufsgeschäft wurde eingetreten und ein geringer Artikel, als Streichhölzchen, Hand manschetten rc., zu kaufen verlangt. War die Waare verabreicht, so ward zur Bezahlung ein größeres Geldstück, ein Gulden oder ein Thaler hingelegt, auf welches die nöthige kleine Münze herauszugeben der Verkäufer bemüht war. Wenn das kleine Geld bald aufgezähtt war, begann der Gauner, die Waare zu tadeln, andere zu verlangen, endlich aber doch die zuerst em pfangene zu behalten. Unter lebhafter Unterhaltung war dabei vom Gauner der schon hingelegte Gulden zurückgezogen worden und der Verkäufer, welcher glaubte, im Gespräch den Gulden in die Kasse gethan zu haben, ließ dem Gauner auch die auf gezählte kleine Münze einstreichen. Auf diese Weise soll sich das saubere Paar in zwei Monaten gegen 400 Thlr. verdient haben. Nach Großenhain kam dasselbe, nachdem es vorher mehrere Wochen in Dresden gelebt hatte, wo jedenfalls mancher Geschäfts mann von ihm betrogen worden ist. Einer der hier Betrogenen erkannte den Betrüger auf dem Bahnhose, als derselbe abreisen wollte, und veranlaßte dessen Arretur, die aber nicht ohne Gegen wehr des Frauenzimmers und nur mit Hilfe einiger Militär personen auszuführen war. Das Gepäck des nobel auftretenden Paares bestand in einer größern Anzahl Koffer und Schachteln. Unter anderen kleinen Sachen fand man in einem Koffer nur allein 90 Paar Handmanschetten, natürlicherweise jedes Paar von anderem Muster. Wie viel Geschäftsleute mögen allein bei dem Ankauf der Letzteren betrogen worden sein? Sachsen. Die erste Kammer hat am 6. December den Gesetzentwurf über das Verfahren in Verwaltungsstrassachen be rathen und bei der Schlußabstimmung das ganze Gesetz mit 22 gegen 18 Stimmen angenommen. Sodann gelangte das Volksschulgesetz bei namentlicher Schlußabstimmung in der früher beschlossenen Fassung mit allen gegen 3 Stimmen zur Annahme. — In Crimmitschau ist die Liste, welche die dasigen Social demokraten für die Wahl der Stadtverordneten aufgestellt hatten, vollständig durchgedrungen. — Auch in Hainichen sind die Er- gänzungöwahlen für das Stadtverordnetencollegium zu Gunsten der Socialdemokraten ausgefallen. — Am 5. Decbr. wurde in Schneeberg durch den Einsturz eines vom Besitzer selbst erbauten, seit zwei Jahren erst fertigen Ziegelgewölbes ein 8jähriger Knabe erschlagen, während zwei andere Knaben beschädigt wurden. Der Besitzer und Hersteller des Gewölbes ist verhaftet wordezr. — In Meltewitz bei Wurzen hat am 3. Novbr. in der 10. Abend stunde der Glasergeselle Kotsch seine Geliebte, die Tochter des Begüterten Kleine daselbst, mittels zweier Terzerolschüsse aus bis her noch unbekannten Motiven tödtlich verwundet, sich selbst aber durch Arsenik zu vergiften gesucht. Die Sache ist bereits gerichtlicher Untersuchung übergeben. — Auf dem Rittergute zu Olbernhau wurden am 30. Novbr. zwei Dienstboten beim Abend essen uneins. Der Eine stach im Jähzorn den Anderen mit dem Messer und brachte ihm am Kopfe und der rechten Schulter sehr bedeutende Wunden bei. Der Thäter hat sich hierauf selbst bei. der Obrigkeit angezeigt. Preußen. Bei der am 6. December im Herrenhause be gonnenen Vorberathung der Kreisordnungsvorlage erklärte der Minister des Innern, es sei Phrase, wenn die rechte Seite des Hauses aus dem Gesetz, welches eine große Majorität des Volkes hinter sich habe, einen Umsturz präjudicire. Die Regierung sei fest entschlossen, die Vorlage unverändert durchzusetzen und müßte dies eventuell durch Berufung weiterer neuer Herrenhaus- Mitglieder sichern. Wenn man Dankbarkeit für die Haltung des Herrenhauses in der Conflictszeit verlange, so sei zu erwidern: „der Staat könne nicht dankbar sein." Der König könne auch den Minister, der ihn einst gut berathen, darum nicht immer behalten, ebenso könne man auf die einstige correcte Haltung eines parlamentarischen Factors nicht immer Rücksicht nehmen. Die Vorlage sei nicht der Todeskampf des ConservatismuS, sondern der erste neu belebende Schritt zu der inneren Reform. In der Sitzung am 7. Decbr. nahm das Herrenhaus bei der Specialdebatte die ganze Kreisordnungsvorlage unverändert an, nachdem das erste, von dem Minister des Innern als unan nehmbar erklärte Amendement der Rechten bei namentlicher Abstimmung mit 114 gegen 87 Stimmen abgelehnt worden war und die Rechte unter Beifall ihre weiteren Amendements zurück gezogen hatte. — Ihre Majestät die Kaiserin-Königin ist am 4. Decbr. Abends, von Weimar kommend, in Berlin eingetroffen. Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz, dessen Besserung fortschreitet, wird, sobald eine Reise ohne zu befürchtende Nach theile unternommen werden kann, sich von Karlsruhe nach Wies baden begeben, um dort zum Zwecke einer von Seiten der Aerzte als nothwendig erachteten Nachcur Aufenthalt zu nehmen. Italien. Der König empfing den aus der Reise nach Zan zibar begriffenen Sir Bartel Frere, welcher im Auftrage der englischen Regierung für die Unterdrückung des Sclavenhandels und zugleich für die Eröffnung der Communication mit Livingstone wirken soll, und beauftragte denselben mit der Ueberreichung einer mit seinem Bildnisse versehenen Medaille an Livingstone als Zei chen seiner Hochachtung. — Infolge unaufhörlichen Regens ist die