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Sächsischer Landes -Anzeiger tv h e «I n i ft e r m „ c r a l . A n 1 e t I e rt. Nr 28. — 4. Februar 1892. ^ dir schärfere CharakteranSdrnck verlang,«. Gerade diese Ansfassnng ließ die Tragik in dem Gechick der Dulderin, die doch auch bis znm letzte» Ängenblick noch einen lebendigen BlnlSiropfen von der leidenschaftlichen Bnblcri» In sich bestält, um so ergreifender und wirkungsvoller lervorlretc». Dah das Spiel in der Papkscene des drillen Auszuges wieder einen Höhe punkt erreichte, dessen machtvolle Wirkung noch lauge im Gemntst der an dächtige» Znschaner nachzittern wird, ist bei dieser Maria se:bs,verständlich. Es fehlte nur der Gegensatz, um die Bedeutung dieses Spieles in seiner ganzen Wucht zur Geltung zu bringen. Dazu gehört eben eine Elisabeth, an deren herber Größe und vernichtendem Hohn sich eigentlich die maßlose Leidenschaft der unglücklichen Gefangenen erst enlzttnte» muß. Diese Elisabeth halten wir leider nicht, und dadurch fehlte im Grunde dem furchtbaren AuSbrnch der Maria .einigermaßen die Berechtigung. Man hatte de» Eindruck, als müßte eine solche Gegnerin mit minderem Aufwand von Zorn und Wnlh niederzuschuieltcrn sein- Der Vorwurf, der in diesen Worten liegt, gilt bei Leibe nicht dem guten Willen und dem löblichen Eifer der Darstellerin der Elisabeth. Frl. Ross, that ihr Möglichstes und halte sogar in, ersten Aufzug etliche glückliche Moment«. Allein eine Elisabeth war sie doch nicht. Sie, die im Salon und In der Couvcrsation vortrcsslich ist, besitzt weder Größe, »och Wucht, weder Tragkraft, »och Ausdruck genug, um die englische Königin nach Erscheinung und Wesen zum Leben gestalten zu könne». Dafür kann sie nichts, und so wäre cS ganz verkehrt, den, un schuldigen Berichterstatter wieder Nachträgen zu wollen, daß er »othgcdrnnqc» der Wahrheit die Ehre gab. Er kann auch nichts dafür, es ist leider s ine Pflicht- Von dieser aber — das sei hier gleich im Allgemeinen gelugt — läßt er sich weder durch zahme, noch durch wilde Sendschreiben gekränkter Künstler abwendig machen! Doch, um noch einmal ans die Maria zurückznkommen: Der letzte Act war wierer eine herzergreifende und erschütternde Illustration zu den Worten LcicestcrS: „Sie geht dal in, ein schon verllärtcr Geist." Das Ganze klang bei dem wnnderbar wohllautenden Vortrag der Künstlerin ans wie eine himm lische Musik i» leisen, versöhnlichen Molltöncn. Alle Mitspielenden wendete» ihr Bestes auf, um den erlesenen Gast zn unterstützen, und Herr Schölling als Spielorduer hatte die Tragödie würdig und mit großem Verstäudniß in Scene gesetzt. Freilich, ob ihm einige Schuld daran beiznmesse» ist, daß Elisabeth die Devise zum Hosenbandorden in so schlechtem Französisch anssprach und daß dieselbe erlauchte Herrscherin das Wort Bräutigam einmal in den landesüblichen sächsische» Ansdruck „Braut- cham" verkümmerte, das vermag ick, nicht zn lenrtl eilen. Jedenfalls sind solche Schnitzer sehr störend für den feinsühlige» und verständige» Hörer. — Herr Schölling zeichnete sich auch als Darsteller ans durch eine wohl- durchdachte und ansprechende Wiedergabe des doppelzüngige» Leicesler. Vor allem war der letzte Monolog mit tiescr Empfindung dnrchgefühlt — Herr Wendt als Morlimer überstürzte fick, im ersten Auszug derart im Vortrag, daß Sinn und Verständniß der Herrlichen Verse völlig verloren gingen. Später hielt er mehr Maß. Was aber sei» Spiel auszcichnete nnd den Künstler verrietst, der selbst schasst nnd denkend nachbildet, das war die scharfe Zeich nung des Charakters nnd jenes lebendige Mienenspiel, daS jede» inneren Sccienvorgang abspiegelt. Wen» Herr Wendt seine Sprache ausdrucksvoller und knnstgercchter gliederte, so wäre sein Morlimer eine Mcistcrleistnng. Ter Burleigh des Herr» Haller tvar so weit gut verstanden und wiedergegeben; doch durfte der fanatische Eiferer noch stürm! chcr aus sich hcrauSgehe»; etwas von der hossentli h bald ganz überwundenen Bmleigh Schablone, wonach der gewandte nnd beredte Staatsmann sich gar zn gemessen nnd als lauernder Büsewi lt gebcrdet, hatte »nscr Charakterspicler auch noch. Also weg künftig mit aller Schallone! Herr Walther spielte de» edel» Greis Talbot bei aller Vornehmheit mit ergreifender, übcrströmendcr Wärme, vielleicht hi« und da etwas zu weich; Herr Kramer bewies als Aitier Pmlet jene rauhe nnd gemessene Festig keit, di« dem ehrenhaften Kerkermeister Maria's eigen ist; auch die kleinere» Nolle» der Hanna Kem.edi (Frl. Bach) Und des Davison (Hr. Ulrichs) war » lobcnswecth ansgehoben. Nur Herr Voigt schien sich in seinem geist lichen Gewand nnd in den Schiller'schc» Verse» nicht sonderlich behaglich zu fühlen. L. IV. Schwurgerichts-Verhandlungen — Chemnitz. 2. 2. 1892. Vorsitzender: Herr LandgerichtSdireelor Jaspis. Gegen Eichler und Berthold siel die Vcweisausnahme allenthalben un günstig aus. Die Nesch'jchen Eheleute, welche in der Verhandlung vom 14. August v.J. jedwede Schuld in Abrede gestellt, nach der Vertagung dieser Verhandlung aber ihren Einspruch wider die gegen sie ergangene Straf verfügung zurückgezogen haben, gaben jetzt ihr Verschulden zu. Nesch ist s. Z- wegen des Verdachts der Anstiftung zum Meineide in UntersiichungLhast ge nommen worden, eS mußte aber später gegen ihn die Untersuchung wieder eingestellt werde», da d s BelastnngSmaterial zur Erhebung einer Anklage nicht ausreichte. Die Geschworenen sprachen die Angeklagten durchweg schuldig und es wurde vernrtheilt: Eichler wegen Zengenmei»cids und ver suchter Verleitung zn diesem Verbreche» zn 3 Jahre» Zucht haus, Berthold aber wegen Zongcnmeincids unter Hinzuziehung einer ihm am 30. November v. I. znerkanntcn einmonatigen Gesängnißstrasc zn 2 Jahren 1 Woche Zuchthaus. Ferner wurden den Angeklagte» die Ehrenrechte ans die Dauer von 6 Jahren »nd weiter die Fähigkeit ab erkannt, als Zeugen oder Sachverständige eidlich vernommen zu werden. Vertreter der kgl. Staatsanwaltichaft: Herr Staatsanwalt Liebe. Vcr- thcidiger: die Herren Nechtsanwälte Jußizrath von Stern nnd Enlitz- Chemnitz. Obmann der Geschworenen: Herr Mnschinenfabrikant Ernst Paul Z ics lcr-Chemnitz. 3. 2. 1892. Vorsitzender: Herr LandgerichtSdirector JaSpiS. Littlichkeitsvergeyen. Der Dienstkuecht Paul Bugdoll aus Lau ba» i» Ol crschlcsie», war wegen SittlichkcitSvergehen, begangen in der Nachtv.20.znm2l. Sept.v.J., angebcrgt nach H 176, Abs.2 R.-Slr.-G.-B- Die Verhandlung selbst fand nntcr Au-schlnü der Oesseuttichleit statt. DaS Urtheil lautete aus 1 Jahr Gcsängniß und 3 Jahre Ehrcnrechtsverlnst. AIS Vertreter der kgl. Staatsanwaltschaft fnngirt Herr Staatsan walt Böhme; als Obmann der Geschworenen Herr Stadtrath Hösel aus Chemnitz; die Vertheidignng führte Herr Rechtsanwalt Löser. Slrafkannncr-Verhandlnugen — Chemnitz. 2.2.1892. Strafkammer III. Bors.: Herr LandgerichtSdirector Fr ommh old. Wissentlich-falsche Anschuldigung. Ter schon wiederholt, darunter mit Zuchthaus vorbestrafte Gutsbesitzer Carl Heinrich Schubert anS Burgstädtel b. Sch eibende rg, 1842 gcb., hatte sich wegen wisscntlich- salicher Anschuldigung zu verantworten. Am 20. Mai v. I. hatte der Gc- richlSvollziehecgelplse M. bei ihm eine Zwangsvollstreckung ansgesührt. Unter den abgcpfändetcn Gegenstände» befand sich auch ein schwarzer Anzug. In demselben soll, »ach Angabe dcs Angeklagte», ein Beutel mit 260 Mk. gesteckt haben, nnd diese» habe, wie Schubert in einem am 29. Mai an das Gericht geschriebene» Briese behauptete, der Beamte nnterschlagcn. Tic Vcweis- ansnahme fiel für Schubert jedoch sehr ungünstig ans: es stellte sich beinahe mit Gewißheit heraus, daß er einen solchen Betrag damals gar nicht besessen hatre. Nur ans niedriger Rachsucht halte er versucht, den seine Pflicht erfüllend n Beamte» in so schmählicher Weise zn verdächtige». Das Urtheil lautete ans 1 Jahr 3 Mona te G c sängn i ß und 5 Jahre Ehrcnrechts- vcrlust; auch wurde Schubert sofort in Haft genommen; dem Gerichtsvollzieher wurde die Vcrössentlichungsbcsngniß de- UrthcilS zngestanden. vefscntliche Ruhestörung, Widerstand, Kteamlenbeleidignng. Der schon 8 Mal vorbestrafte Tnchpantossclmacher Gustav Robert Spitz barth ans Mühltross bei Plauen, zuletzt in Burgstädt wohnhaft, sollte am Nachmittag des 28. Tecembcr bchnsS Antrittes einer ihn, wegen Be leidigung zuerkanntcn Rvöchentliclpn Gesängnißstrasc durch den Amtsgerichts- diencr in Burgstädt verhaftet werden. Spitzbarth hatte jedoch die goldene Freiheit zu lieb, daher weigerte er sich entschieden, dem Beamten zn folgen. Dieser holte schlicßlich teu Polizrimachtnieist cr herbei, aber auch gegen diesen wider- setzte sich der Angeklagte, indem er ihm drohte, er wolle ihm etwas an de» Kops werfen, auch mit eine»» Stuhle uni sich fließ. Nur mit großer Mühe gelang cs, de» wüthendcn Man» z» übern ältigcn, nicht ohne daß derselbe de» Wachtmeister »och gröblich beleidigte, und bei seiner Abführung die ganze Straße durch lnntcS Schreien von der an ihm verübte» Freiheitsentziehung in Kcnntniß setzte. Das Urtheil lautete ans 7 Monate Gesängniß. —och Mordproeest Wetzel. Der Proces; wider den Raubmörder Wehes hat Diensiag Vor mittag vor de», Schwurgerichte am Berliner Landgericht II begonnen. Bekanntlich hat Wetzet am Abend des 23. August v. I. in Spandau de» Kaufmann Hirschfcld ermordet, nnd hierauf dessen Gcldspind seines Inhalt- an Geld nnd Wcrthpapiercn beraubt. Der Mörder tlieb sich dann in verschiedenen Städten umher und gelangte schließ- lich auch hierher nach Lhemiiitz. Unzweifelhaft erinnern sich unsere Leser der Umstände, di« z» Metzels Verhaftung führten. Dieser hatte sich hier in Chemnitz unter dem Name» Westmann etwa 14 Tage ansgehalte», sehr nobel gelebt und viel Geld ausgegeben. Al- Wetzel zuletzt einen Coupon verausgabte, der als zu dcn Werihpapiere» de- Hirschseld gehörig erkannt wurde und dieser deshalb verhaftet werden sollte, war er vcrdnftet, doch wurde mit Hilfe einer Kellnerin «rmittclt, daß er sich zur Zeit ,,» „Sächsischen Hof" in Leipzig anshielt. Der hiesige Criminalschntzmcw» Krasinski reiste ihm »ach Leipzig nach und bewirkte mit Hilfe der Leipziger Polizei am 27. October seine Verhaftung. Den Vorsitz im Gcrichlshvs führt LandgerichlSdirector Grün Hage», die Anklagebehörde vertritt der Erste Staatsanwalt Woytasch, als Lfficialtierthcibigcr steht dem Angeklagte» der Rechts nnwalt Hei mbach zur Seite. Der nngchcnrc Andrang des Publikums läßt deutlich erkennen, daß das Interesse a» dem blutigen Verbrechen keine Einbuße er litten hat. Kurz »ach 10 Uhr wurde der Angellagte vergesührt. Er sah ziemlich bleich anS und bückte unausgesetzt vor sich nieder. Er trug den blaue» Gefangcncnanzug mit der Nummer 41 ans de», Blechschild,: an der Brust. Bei seinem Eintritt in den Saal ging eine allgemeine Bewegung durch das Publikum. Der Ervffnnngsbeschlnb legt dein Angeklagten zur Last, i» der Nacht zum 24. August v. I. den Kauf,nanu Siegfried Hirsrhseld zn Spandau vorsätzlich getödtct und beraubt zn haben. Vv» weitere» Diebstähle» enthält der Beschluß nichts. Ter Zeugcnausruf ergiebt die Anwesenheit von 41 Zeugen und 6 Sach verständige». Präs.: Bekennen Sie sich schuldig? — Angckl.: Ja! — Präs.: Sie sind ja geständig, trotzdem muß ich die ganze Anklage »och ein mal mit Ihnen durchgehe». Antworten Sie mir recht verständlich und Präcise. — Es wird zunächst noch consiatirt, daß der Angeklagte viermal wcge» Diebstahls, Unterschlagung, Untreue vorbestraft ist. einmal mit eine,» Jahr Gesängniß, die letzte» bcidc» Male »nler dem falschen Name» Kellner Gustav Lehmann. Ans Verlangen erzählt der Angeklagte nnnmehr seine Lebensgeschichlc: Ich bin am 31. Juli 1867 j» Grabow bei Wittstock in der Ostpricgnitz geboren, besuchte zuerst i» Grabow, dann in Havelberg die höhere Bürgerschule, erhielt die Reife für Qnaria, ging mit 14 Jahren ad und lernte vier Jahre beim Kaufmann Robert Hübner in Nen-Riippi» das Mannfacliirgeschäft. Nachdem ich a» mehrere» Stellen als Commis ttzälig gewesen war, kam ich zum Kaufmann Hirschfcld in Spandau, wo ich vier Monate blieb. Später habe ich die erste Dicd- stahlsstrafe verbüßt. — Präs.: Haben Sie im Gefängnisse nicht zu dem Kellner Laiitvwsk, gesagt, daß Sie Schlüssel zu dem Hirschfeld'schcn Geschäft besäßen nnd daß Sie schon wüßte», wie Sie dort hinci» kommen und Geld holen würden? — Angetl.: Nein, das habe ich nicht zn ihm gesagt, ich habe ihm nur erzählt, daß die Schlüssel ans dci» Bchrend'jche» Geschäfte in Neu-Nnppi» stammen. Der Vorsitzende gcht nun mit dem Angeklagte» sämmtliche Stellungen durch, die der Letztere km Lanfe der Jahre eingenvmme», ebenso die Vorstrafen und die Straflhate», welche zu denselben führten, und kommt endlich zu den letzten Tagen vor der That. Der Angellagte giebt zu, bis zm» 2. August bei seinen Ellern gewesen zu sein und seinem Vater in dessen Kramladen geholfen zu haben. Nach seiner Entfernung von de» Eltern unternahm er verschiedene Kreuz- »nd Qncrfahricn nnd kam schließlich nach Spandau, wo er sich beim Gast- wirth Ladcnberg im Nathskellergnsthofe einlvgirte und sich als „Monteur G. Wieland" in das Fremdenbuch eintrng. Dort machte er die Be kanntschaft des Monteurs Sturm, der sofort Mißtrauen gegen Wieland faßte, aber doch mehrere Ausgänge mit ihm machte und auch sonst mit ihm verkehrte. Der Angeklagte bestreitet aber, die Absicht gehabt, zn habe», den Sturm zu berauben oder gar zn tödte». Der An geklagte giebt z», mehrere Male im Rothcr'schcn Gasthofc gewesen z» sein und nach dem „Ingenieur Westcrman»" gefragt zn habe», wobei ec hinlerließ, daß, wenn nach ihm gefragt werde, man sagen solle, er sei schon abgcreist. Er bestreitet ferner, daß er mit einem fremden Menschen am Abend der That auf dem Hofe dcs Gasthauses geflüstert hat. Gegen 7 Uhr habe er mit Sturm zn Abend gegessen und dann sei er nmhcrgelaufen. Präs.: Nun erzählen Sie einmal, ivas nun geschehen ist. Der Angeklagte beginnt nun zu erzählen, spricht aber so leise, daß kein Wort zn verstehen wäre, wenn der Präsident nicht jedes seiner Worte laut wiederhole» würde. Gegen 10 Uhr — erklärt Wetzet — kam ich in die Breitestraße und sah, wie Hirschfeld sei» Geschäft zumachie. Da fiel mir ein, daß meine Wäsche schmutzig war »nd ich noch welche kaufen könne. Ta die Nolljalonsic schon herunter war, ging ich durch de» Hausflur in dcn Hof nnd kam i» den Vvrflur vor dem Hirschseld'sche» Geschäft. Die innere Doppelthür zu dem Hniierzimmer des Geschäfts war ge schlossen; ich klopfte, Hirsrhseld fragte, wer da sei. Ich »minie meinen richtige» Namen „Wetzel" und wurde cingelassc». Hirschfcld war ge rade dabei, den Drahtkvrb mit der Ladenkassc i» de» Gcldschrank z» schließen. Als er dies gclhan, ginge» wir Beide in dcn Laden, wo wir uns zunächst hinler dem Ladentische aushi'cllcn. Ich ließ mir Kragen und Manschette» vorlegc», die mir Hirschfeld einpackte. Als ich den Drathkorb cinschließc» sah, kam mir der Gedanke, Geld zn stehlen. Ich wollte mir die Schlüssel zum Gcldschrank zu verschaffen suchen. Deshalb ließ ich mir noch mehr Wäsche vorlegen, die Hirsch fcld zu der ersten hinzupackie. Weil ich aber sah, daß ich »och immer nicht zn dcn Schlüsseln gelange» koiinie, ließ ich mir einen Schirm gebe» »nd Stoff zu Hose» vvrlege». Nachdem ich mir eine» Stoff ausgesucht, ginge» wir vor den Ladentisch, um Maß zn nehmen. Nachdem dies geschehen war, stand Hirschfcld in gebückter Stellung am Ladentische und schrieb die Rechnung ans einen Zettel. Ich sah, daß mein Geld zur Bezahlung nicht mehr ansieichlc, und entschloß mich, nun auf jede Gefahr bin Geld zn schassen. Ich griff nach der Hosentasche, zog de» Revolver nnd gab mchrcrc Schüsse — wieviel weiß ich nicht — aus den Kvpf des Hirschfeld vv» Hinte», dicht unter dem linken Ohr ab. — Präs.: Was dachten Sie sich i» diesem Angcn- blicke? Dachicn Sie: Zn den Schätzen dcs Hirschfcld komme ich nur über seine Leiche? — Angckl.: Er sollte mich nicht verhindern. — Präs.: Haben Sie sich nicht gesagt, daß Sie de» Hirschfcld durch die Schüsse tödlen könnten? — Angckl.: Das weiß ich nicht. — Präs.: Was that er, als Sie de» ersten Schuß aus ihn abscucrtcn? — Angckl.: Er drehte sich um und faßte mich. Ich schoß wieder, dann rangen wir miteinander und wälzten uns am Erdboden. Wätzrcnd dcs Ringens bekam ich eine Hand frei, so daß ich »ach der Brus!» tascle greifen »nd das Stemmeisen hcrvorhvle» konnic, woraus ich ans ihn einschkng, wobei er laut »m Hilse rief. Wieviel Schläge ich mit dem Stemmeisen führte, wciß ich nicht mehr. Um sein Hilfc- geschrei und seinen Widerstand z» ersticke», ergriff ich de» Ballen Hosenstoff »nd wickelte ihm Kops »nd Hände ein. Während Hirsch- fclv »u» mit de» Füße» strampelte, faßte ich nach seiner Uhr und Kette, die ich an mich riß, dann ließ ich ih» liege» nnd ging »ach dem Hinterzimmcr, schloß das Spind ans, welches Hirschfeld zwar zngcschlosskii, in dem er ab.r die Schlüssel stecken gelassen hatte. Ich nahm das Gcld, das Baare war nicht ganz 2000 Mk., und steckte dies i» das Portemonnaie, das ich de», Hirschfeld a»S der Tasche genommen. — Präs.: Sie »ahmen alsdann ein Packet mit Coupon- und Talons im Gesammibcirage von 120,000 Mk. und noch zwei andere Werthpapiere über je >000 Mk., von denen Sie da» Eine verlauft haben, während das Andere »och bei Ihne» vorgefunden worden ist? — Angekl.: Ja! — Präs.: Weiter! —AngeN.: Hirsch. selb richtete sich plötzlich noch einmal auf und schrie »och viel laut« um Hilfe als vorher, »nd da ich Stimme» aus dem Hofe zu höre« glaubte, machte ich mich davon. Erst ging ich nach dem Keller,' überzeugte mich von hier an», daß Niemand ans de», Hofe war, und entseriite mich auf demseibe» Wege, auf de», ich gekommen. — Präs.: Wo ginge» Sie nun hin? — Aiigell.: Ich ging bi- an die Citadell«, dort war der Weg zn Ende. — Präs.: Habe» Sie sich In der Havel die Hände geschwa scheu? — Angckl.: Nein, ich ging nach de», Nalhskcller, bezahlte meine Zeche, das Packet mit den Papiere» ließ ich draußen. Nachdem ich bezahlt, ging ich fort und- fuhr »ach Berlin. — Nunmehr gcht der Präsident mit dem Auge« klagte» alle Irrfahrten diircsi, die derselbe nach der That unter« iioiiimcn. Die wcitne Darstellung seiner Eclcbnisse bis zn seiner Verhakt,mg bietet nur eine Wiederholung dessen, was wir seinerzeit in „»serenl Blatte eingehend schilderten. Präsident: Unmitielbar »ach der Vcrhafiung haben die beiden Beamte» die Frage an Sie gestellt: Habe» Sie de» Hirschfekd er« mordet? Sie haben darauf gcanlwvrlet: Nein! »nd gleich darauf: Ja» ich bi» dabei gewesen! Warn», haben Sie später i» Spandau bci ihrer ersten Vernehmung gesagt, es wäre» mchrcrc dabei ge wesen? — Angekl.: Wcil ich glaubte, ich würde weniger Strafe kriege»! — Präs.: War»,» habc» Sie dcn Kaufmann Kölling al» Ihren Complice» beim Morde bezeichnet? — Angeklagter schweigt. — Präs.: Haben Sic die That wirklich allein ansgesührt? —Angekl.: Ja! — Staatsanwalt: Am 5. November flat der Angeklagte aus drücklich cingestaiiden, daß er mit der Absicht der MvrdeS i» da» Hirschseld'sche Local gegangen ist. Heute hat er sei» Geständniß eingeschränkt. Ich bitte die Frage an denselben z» richte», ober am 5. November ei» anderes Geständniß abgelegt Hai! —Angckl: Nein» das habe ich nicht gesagt! — Das betressende Protokoll wird ver lese», eS reihen sich daran die Protokolle über die Augenschein nahme am Thalvrle, die vom Untersuchungsricher angescrtigien Hand« zcichuniigcn re. Damit beginnt die Ze»gc»ver»ch»»,»g. Hiermit ist das Verhör mit de» Angeklagte» vorläufig beendet und es beginnt »nn die Zeugenvernehmung. Der erste Zcnge ist Fritz Kölling, ei» völlig unbestrafter Mann. Dieser, der mit de», Angeklagten früher in einem Berliner Geschäfte lhnti'g war, wurde dcr Mitthätcrschaft am Morde Hirscbfeld'S be schuldigt. Der Zeuge schildert de» Angeklagte» al» leichtsinnigen Menschen, der häufig in Geldverlegenheit war. Unter de» Zeugen nimmt die Ehefrau dcs ermordcicn Hirschseld erklärlicherweise da» meiste Interesse für sich in Anspruch. Dieselbe, eine junge hübsche Fra», erscheint »och i» Tranelkleidung. Als Fra» Hirschfcld bei Be« schreilnng der Auffindung ihres ermordete» Ehemannes in Tliränett ansbricht, geht eine tiefe Bewegnng dnrch das Publik»,»; während dessen sinkt Wetzcl's Kopf auf die Brust, und der feige Menchelmörder» der diese bedaiicrnSwcrthc Fra» zur Wiltwe gemacht, wagt die Augen nicht anfziischlagen. Von den nächsten Zeugenaussage» ist nur die des 23jährigen Reisende» Slockvis von Belang, welcher wie unser« Lesern erinner lich sei» wird, »lit Wetzel alias Mestermann in Chemnitz bekannt wurde und demselben ei» Belociped für 250 Mark verkaufte. Der Zeuge war 18 Tage mit Wetzel zusammen und war sehr überrascht, als er vo» der Verhaftung des Raubmörders hörte. Es folgt »»» die Vernehmung dcs Hausdieners Franz Richter vom Holel „Ncichshalle»" zn Chemnitz» welcher dem Wetzel einen der geraubt.» Coupons i» Gcld nmsetzte. Es erscheint alsdann Amtsrichter Telle. Dieser, dcr de» An geklagte» seinerzeit vernommen hat, schildert eingehend die verzwickten Winkelzüge, welcher der verschmitzte Verbrecher sich bediente, ,»» den Kopf ans der Schlinge zu ziehe»; vv» dcr Coiifroiitalirn zwischen Wetzel „nd Kölling, welch« übrigens zu später Abendstunde i» der'' Zelle dcs Raubmörders stattsand, giebt der Zeiige dieselbe Schilderung wie Kölling. (Fortsetzung folgt.) Drahtnachrichten und letzte Meldungen. Chemnitz, 3. Februar 1692. Bochum. Die Ruhr ist fast auf 8'/- Meter gestiegen. Au verschiede»«» Orte» haben die Neberschtveunnungeu bereits Schade» angerichtet. Brüssel. Der belgische Postdampfer „Prinz Bal- duin" sank i» Dover, infolge Slnrennens gegen de«» Qnat vor Ausnahme der Ostender Passagiere. DaS Schiff »vnrde später gehoben nnd in s Dock geschafft. Menschenberlnst ist nicht zn beklagen. Paris. Der Jnsttzminister arbeitet an einem AnS- liefernngSvertrage mit den Bereinigten Staaten von Amerika, der an Stelle deö 1845 abgeschlossenen, je doch ausser Anwendnng gekommenen Vertrages treten soll Bern. Portugal lehnt die Verlängerung des be stehenden .Handelsvertrages und den Abschluss eines neuen ab, daher hat dcr Bnndcörath dicAnwendnng deö Kencral- tarifö gegenüber den Maaren portugiesischer Herkunft beschloffcn. Paris. Der Ministcrrath bereitet daS Budget für 1893 vor. München. Ter „Allgemeinen Zeitung" wird von gnt unterrtchtetcr Seite mitgetheilt, dass eine aente Ber- schlimmernng im Befinden dcS Königs Otto nicht ein» getreten sei. Allerdings wird die Tftatsache zugegeben, das; im Verlaufe des NrankheitSproecsseö eine zwar lang same, kaum bemerkiiche, jedoch fortschreitende Zerstörung des GesammtorganiömuS nicht zu verkennen ist. Urtheil im Protest Wetzel. Anknnpfend nn unser» i» dcr heniige» Niiüiiiier d. Bl. er« schiciikne» Bericht über de» Verlnnf dcr Hciiiptverhnndlniig gegen dcn Rnubinörder Wetzel vor de», Schwurgericht z» Berti», veröffcnt. lichen wir hier dns inzwischen cingctroffciie Urtheil. Dasselbe lautet auf Tod. Ob eine Begnadigung dcs rafsiiiirtc», kaltblütigen Mörders cintritt, dürste wohl mehr, als zweifelhaft sein. verantwortlich:snr Politisches. Ocrlllchcs nndFeniflctonIflisches Jnlins Theiß; für Sächsisches: Franz Ä ütze; für den qrcicsttliche» Tlteil: O. Nennewitz; für de» Inseraten,steil: der Verleger Nle,nnaec Wiede; säinintlich I»Chemnitz! (8»r nicht erbetene Znlendnnge» sind Verlag und Nrdactio» nicht verdtntzltchS Otzorg IklorvII i« lüieniiiilr, 3°°°,°'r"nÜ°ß°n-7l-s IS, ». k)«»k« (gogsnüdsn livm Svekvi-ilvnkmal), I>iUt «relr rur 12t. 1-ot.tvris miL Uoossn angelögsntiietisb om^koiilon. kürvLekor. * Mehrer« gebraucht« Teigthetl- Maschinen u. «in Hebeischruft, in gutem Zustande, find billig zu verkaufe» Theatrrflr. 28, i. Laden. Mir Frauen. Hülfe in allen Leiden (Unter- Hülfe leib»«O Magen- Nieren- n. krankhellen) «rtheilt Frau E.Knntze, EI An« 18, II. Blasen- ML