Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.02.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189202040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920204
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-02
- Tag 1892-02-04
-
Monat
1892-02
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.02.1892
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Seilii ge zu m Süch !>s> hen Laildes-Ait zeiger (l sq >emni ltzcr (! benei l-Ä lyeiger). Dienstag, 2. Februar 1892. 1 — Verlag; St lex an der Wiede ln Chemnitz. — j Nr. 26. — 12. Jahrgang Amtliche Anzeigen. Rächst«« Dienstag von Nachmittag 2 Uhr ab sollen dem Maurer- «nd MalergeschäftSinhaber Elchlepp hier abgepsändete Gegenstände, namentlich 1 Baugerüst, ca. 2 Schock Pfosten, Leitern, 1 Handwagen, 1 Rade welle, Hacken, Schaufel», kallkaste», 1 Brückenwaage, 1 Faß flüssiger Leim, 2 Sack Leim, eine große Quantität Farbe», Lack, Cement, Sand, 1 Ose» mit Mantel »nd Rohre», Trockcnregale, Formen für Cemenlwaarc», 28 Cement- stufen, Cemenlplatten, 12 Sinkkästen, 10 Stück eiserne Abdecknngsschrote mit Deckel», verschiedene Werkzeuge u A. m. öffentlich Versteigert werden. Gammelplatz r Gasthaus Wiesenthal, Müllerstratz« 1 hier. Actuar Berger, Gerichtsvollzieher b. d. König!. Amtsgericht Chemnitz. Attetionsbekattnimachnng. Dienstag, den 2. Februar 1SV2 «nd folgende Tage sollen Vormittags von S bis 1» und Nach mittags von 2 bis 5 Uhr im AnctiouSlocal der städtische» Leihanstalt, Jaeobikirchplatz Nr. 4, Parterre, goldene Ketten, Ringe, Brache», Ohr ringe, silberne Speise- und Kaffeelöffel, goldene »nd silberne Uhren, Herren- und Frauenkleider, Betten, Leib-, Tisch- und Bettwäsche, Rock- nnd Hosen stoffe, Leinwand, Äeltmig, Klciderzeug n. s. w- gegen sofortige Bezahlung an den Meistbietenden versteigert werden. NnclionSvcrzeichnissc sind in der Expedition der städtischen Leihanstalt für IO Pfennige zu haben. Die bei der Anction etwa erzielten Ueberschnffe liege» für die Scheininhader ei» Jahr lang, vom Beginn der Anction ab gerechnet, znr Abholung bereit. Die bis dahin nicht erhobenen Üeberschnßgelder verfalle» dann der Lcihanstalt. Chemnitz den 27. Januar 1892. Die Verwaltung der städtischen Leihanstalt. G. Eberhard«. Die Goldfee. Original-Roman von Emmy Rosst. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Darunter steht: Ich, Endesunterzeichneter, bescheinige hiermit, daß Iran Adah, geb. Percy, bei vollständig gesundem Verstände diese vorstehende Erklärung abgiebt, um so mehr, als die Patientin niemals zerrüttete» Geistes war, sondern nur periodisch an, den Folgen des Ucbcrfalls znznschrcibcnden Ncrvenkrämpse» litt, die kaum in das Ressort der Gerhirnkranken nnd Jcrsinnigen gehören. Wenn Iran Adah, geh. Percy, dennoch einen längeren Aufenthalt in mciner An- statt und das Fernbleiben von der Wett wünscht, so liegt das einerseits .n privaten Verhältnissen, andererseits ist eine Verschlimmerung der Krankheit bei irgend einer Erregung zu befürchten. Dr. Martigny, Martigny Honse. William DolsnS ließ da- Blatt sinke», »nd Alle sahen sich der Reihe nach an. „Was sage» Sie, Leutnant Brown. Sie habe» etwas auf dem Herzen?" »Ja als die Gestalt der Iran Adah an dem Fenster des brennenden Saales erschien, war O'Neill von eine»! solch starren Entsetze» erfaßt, wie ich nie bei einem Menschen gesehen habe. Ich schrieb dies dem Umstand zu, daß er seine geliebte Frau in solcher Lage sah. Frau Adah, als sic z»m Bewußtsein nach ihrer Rettung kam, hing sich an mich als Stütze — ihren Mann sah sic nicht einmal an. O'Neill hatte mir gesagt, seine Frau habe den Ball schon ver lasse» — da ich ihn im Pelz von der Straße kommen sah, ninßie ich annehmen, er habe sie znm Wagen gebracht. Da er den Schlüssel der Garderobe bei sich batte, wo der Mantel seiner Fra» hing» mußte er ihr doch die Toilette aushändige», andererseits aber wissen, daß sie noch nicht fort war. — Ein Fetzen von dem Sealpelz der jungen Fra» ist aber beim Abräumen des Schuttes gefunden — er schloß mit einem silbernen Schloß, das in getriebener Arbeit ein L, zeigte — die Ecke dieses Pelzes mit dem Schloß ist cs, die gefunden ist — ich erkannte sie, weil ich der gnädigen Fra» selbst das Schloß öffnete, als sie in der Zelle Nr. l3 ihre Oberkleider adlegte — ich bemerkte noch „Nr. 13 - — eine Unglückszahl." Die angrenzende Nr. 14 ist eine Spiclecke, unverschlossen, die an der anderen Seite anstoßende Zelle Nr. 12 eine Nestanrationsnische — dort sprach, se »er Anssage »ach, vr. Tornhill und Sidney Percy mit Frau Adah, während O'Neill in Nr. 13 ihre Unterhaltung bclanschte — der Umstand, daß er seinen Pelz später hätte, beweist, daß er drinnen war — also wußte er anch, daß Frau Adah den 'Ball nicht verlassen hatte." „Der Mensch ist ein Ungeheuer." Der Commissär, dem viele Verbrecher in seiner Laufbahn begegnet waren, schauderte vor dieser Unsumme von Schlechtigkeit. „Ich werde ihn sofort zu einem Ver hör vvrsührcn lassen." Während man ihn erwartete, ergriff Tornhill das Wort und spann den dünne» Faden der Unterhaltung zu einem Leichentuch für Dargan O'Neill aus: „Betrachten Sic jede Vcrbrecherlanfbahn, Sie werden immer dieselbe» Symptome finden — abgesehen von den Fällen, wo Jäbzor» zu einer schnellen That hinriß! — Wie das Körnchen Schnee ans dem Gipfel der Berge, so winzig beginnt die erste That des Unrechts. Eine Lüge, eine Hehlerei — ein einziger kleiner Schritt vom geraden Weg, dann wächst sie im Herabrollen zur riesenhafte» Lawine, die Alles mit sich sorlreißt nnd verheert, ganze Dörfer unter ihrer Wucht begräbt. An die Lüge heftet sich der Betrug, die Verlenmdnng, der Mord! Dargan O'Neil ist ein schöner Mann — er war in domiuirendcr Stellung, manches Mädchen, britisch und wohlhabend, hätte ihm gewiß gern die Hand zur» Ehebnnü gereicht, — da kommt die Habsucht, die Wollust, der Neid -- er erzwingt sich das schönste und reichste, und was mehr ist, das edelste »nd beste Mädchen des Landes — „nd was wird sei» Ende nun sei»? Ec wird als gemeiner Mörder znm Tode ver- urthcilt werden, die Fülle der Beweise wird ihn erdrücke». Das trotzige Haupt wird unter der Schlinge des Henkers sich beugen — —ans Eins ater bi» ich neugierig: Wie er sich dieser Anklage seiner Iran »nd der gravirenden Aussage Brown's gegenüber ver hallen wird. Brown, ein Ehrenmann durch und durch, ist auch von O'Ncill's Schuld überzeugt. — Doch da kommen sie, — was glauben Sie, Dolfiis, wird er gestehen?" „Nein, niemals!" — Die Thür öffnele sich — Lieutenant Brown trat allein ein. Seine Nasenflügel waren kreidig weiß, er setzte zweimal au. ehe er sprechen konnte. „Meine Herren -- dieser Fall wird ewig »nanfgcklärt bleiben — ich fand Dargan O'Neill auf dem Boden seines Gefäng nisses liegen — er ist lobt." Wie ein Echo des Unwillens, der Verachtung, des Bedauerns und der Befriedigung erklang aus dem Munde der Anwesenden das eine Wort „lobt!" — Das war die ganze Leichenrede, die man Dargan O'Neill hielt! 20. Capitel. Es war einige Tage später, als Doctor Martigny um die Früh stunde bei Adah eintrat. „Sieg, Sieg, theure Frau, auf der ganze» Linie, O'Neill ist todt, Sidney ist frei, definitiv frei und reha» bilitirt" — „O'Neill todt? Hat er seinem Leben freiwillig ein Ende ge macht?" rief Adah erschauernd. „Darüber sind die Aerzte sich nicht klar geworden — es kann ei» Schlagflnß gewesen sein, jedenfalls fand man keine Spur Gift in de» Eingeweide». Doch begnügen wir uns mit dem Factum, daß er todt ist — so ist er dem Henkerstrick entgangen, seine Schuld ist als erwiesen angenommen. ES ist wie ein Roman, den ein Braddon oder White ersnnden — das Laster erbricht sich, nnd die Tugend setzt sich znr vollbesetzte» Tafel des Lebens. .— Ich habe Ihre» Vetter kenne» gelernt, ein prächtiger Junge, aber doch »oh immerhin Junge — es kam mir ordentlich sonderbar vor, daß dieser knabenhafte Mann, dem kaum ein Flaum die Wange nnd Lippe deckt, an Heirathen gedacht hat — ich glaube, Sie Beide verkennen Ihre Gefühle und fühlen in der That »nr Geschwistcrliebe für einander." Statt einer andern Antwort frug sie schnell: „Hat er gelitten durch die Haft, sieht er bleich aus, wo ist cr jetzt, gewiß bei Tvrn- hill'S?" Sie vergaß ganz, daß es etwas gab, was sie trennte — I)r. Martigny vergaß cs in» so weniger. „Und ich erwarte täglich, stündlich die Antwort auf unsere Bitte, die Licenz — thenre Frau." Da tauchte es wieder vor ihr auf, das »»heimliche Gespenst, welches ihre Träume zur Hölle, ihre Tage zu Angst wandelte. Es war nnsaßbar, Sidney srei, sie frei, und ein Anderer dazwischen, eine Verbindung hindernd! Martigny war ein Schurke, das wußte sie längst, gezwungen, ihrer Freiheit beraubt, hatte sie ihr Wort gegeben, was hinderte sie, diesen abgezwungenen Schwur zu breche», List mit List zu vergelte», zn entfliehen nnd an Sydney'- Herzen zu genesen? War die Prüfung, die sie bisher bestanden, nicht endlos, grausam, »»menschlich gewesen — was aber wollte sie bedeuten im Vergleich z» dem, war eine Ehe mit Marth ny bedeutete? Angslschaner durchflöge» ihren Körper, als er mit seiner zärt lichen Stimme weiter sprach, von süßer Liebe Lohn und fernen goldenen Ancn, wo sie sich ein Paradies gründen wollten, weitab vom Getriebe der Welt, Eins im Anderen Genüge findend. — Und hinterher den Rausch der Großstädte an der Seine nnd der Themse, Babel »nd Niniveb. Entsetzlich blickt sie auf, sein begehrlicher Blick vollendete da- Schreckcnsbild dieser Ehe. Und plötzlich fiel sie ihm zu Füßen. „Wenn Dich ein Wcib geboren, Mann, so ende meine Qualen, sei barmherzig, gicb mich srei, nnd ich will Dich anbcten wie Gott, der mich geschaffen, ich will Dich verehren mein Lebelang. Ich habe Unmenschliches ertragen — cs ist Alles nichts im Vergleich zn der Hölle einer Ehe, wo das Weib den Mann fürchtet. Ja, ich fürchte mich. Ihr Blick ist Gift, Ihr Hauch ist Mord — furchtbare Tinge birgt dieses Hans, seine Schrecken sind durch die Mauern meines Ge fängnisses gedrungen. Ich rnse Ihnen nur zwei Namen z» — Mor- timcr — Amy. — Ich will Alles, Alles vergessen »nd vergeben — Sie sind arm, ich will Sie reich machen, ich gebe Ihne» die Mittel, daß Sie Ihre Wissenschaft znm Scgcn der Menschheit «»wenden können, statt znm Finch! Sic sind ein genialer Mann — Sie können ein Stern am Gelehrtenhinunel werden, können tausendfach sühne», was Sie gesündigt — fühlen Sic nicht, daß Gott seiest durch meine» Mund zu Ihnen spricht. — Seien Sie gut, seien Sie groß — trenne» Sie nicht, was znsammengehört, mich und Siöney." — — (Fortsetzung folgt) Die Wiener Dienstboten Mörder. (Fortsetzung und Schluß.) Die letzte Verhandlung des sensationelle» Drama- in Wien, das cine so große Menge furchtbarer »nd abstoßender Bilder aufwies, fand Freitag, den 29. Januar statt. Die Sitzung begann nach der Stellung der Schuldfragcn mit dem Plaidoyer des Chefs der Staats anwaltschaft, Obcrlandcsgcrichlsralhcs v. Soos. Nachdem der Präsident die an die Geschworenen gestellte» Fragen — cs sind das acht Hauptfrage», sechs Zusatzfragcn nnd zwei Eventnal- Fragen — vorgclescn hatte, ergriff der Chef der Staatsanwaltschaft folgendermaßen das Wort znr Begründung der Anklage: „Meine Hcrrc» Geschworenen! In jedem geordneten Gemein wesen, »nd das ist der Staat in hervorragendem Maße, ruft eine jede Rechtsverletzung, sei cs welcher Art immer, das Bedarf »iß nach Ausgleichung nnd Sühne hervor. Ist diese Rechtsverletzung privat- r-chilicher Natur, so ist der cioilc Richter berufen, diese ansgleichende Thätigkeit auszuübcn. Hat sich Jemand gegen das Strafgesetz ver sündigt, ist der Strafrichter verpflichtet, den »ormalen Nechtsstand her- znstellen, und das geschieht durch Bestrasnng des Thäters. Diese- allgemeine Bedürfnis; nach Herstellung des »ormalen Rechtszustandcs wächst mit der Größe des Verbrechens; je schauerlicher die That ist, desto größer wird dieses Bedürfnis;. Hat »nn die ruchlose Hand eines Mörders ein Menschenleben vernichtet, so liegt es im öffentlichen Interesse, daß eine gerechte Sühne der That eintrcte, den» Jeder, der vvn einer solche» Ucbcllhat hört, hat das drückende Bedürfniß, das; es unerläßlich sei, daß der Thäter zu Stande gebracht »nd bestraft werde. Der Gedanke, das; irgend Jemand, der ein Verbreche» begangen hat, geschweige denn von einem Raub- und Menchclinorde zn sprechen, srei und ungestraft unter uns hernmwandlc, ist unerträglich, das allgemeine Gefühl der Sicherheit ist erschüttert, und wir haben erst daun wieder Befriedigung, wen» wir erfahre» haben, daß es der strafenden Gerechtig keit gelungen ist, die Thäter zn erreichen nnd zu bestrafen. Wie ei» Alp fällt es da von unserer Brust; die erste Frage, wenn cine solche Ucbcllhat geschehen ist, ist immer die: „Hat man den Thäter?" Und wenn er zn Stande gebracht ist, heißt es: „Gott sei Dank, ja!" Diese Frage nnd Antwort ist die unbewußte Krystallisirung des Be dürfnisses nach Herstellung des normnlcn Nechtsznsiandes. Wen» nn», meine Herren Geschworenen, Uebelthaten geschehe» sind, wie wir sie in den letzten Tagen erzählen gehört habe», Uebel- thatcu, so gräßlich, wie sie seit Menschengcdenkcn sich nicht ereignet haben, so ist es selbstverständlich, daß in diesem Falle dieses Bedürf niß nach ausglcichender Gerechtigkeit in nnscr Aller Brust besonders lebhaft geworden ist. Der Zufall spielt im Strafrcchtslcben eine große Nolle. Selbst der wachsamste» Polizei kann cs manchmal mißlingen, einen Thäter zu finde»; in dem vorliegendem Falle hat ein großer Zufall mitgewirkt, daß die beiden Angeklagten ihr ver brecherisches Treiben nicht länger fortsetzen konnten. Wen» nicht der Zufall eingetreten wäre, daß eine Frau die Leiche der Hvttwanger im Walde anfgefundcn hatte, wäre zweifellos die Ernirung der beiden Thäter um einen beträchtlichen Zeitraum hinanSgeschoben wordcn. Noch im August versuchten es die Angeklagten, ncne Dienstmädchen anzuwcrben, und die Phantasie wagt eS gar nicht auszudenke», was Alles geschehen sein würde, wen» die Leiche der Hottwaiiger nicht gefunden worden wäre; wir würde» statt der drei bisher eruirte» Opfer vielleicht »och eine viel größere, schreckcnerrcgende Zahl von Mädchen gehabt habe», welche beide Angeklagten gewerbsmäßig mordeten. Wir haben i» den letze» Tagen hier so viel Schreckliches durch gemacht, daß ich es absichtlich vermeide, irgend etwas zn sagen, waS darauf angelegt wäre, unsere» Abscheu vor der Verwerflichkeit und entsetzlichen Verkommenheit der beide» Angeklagten »o h zn steigern. Der Abscheu vor den Angeklagten, meine Herren Geschworenen, hat in dieser ernstcn Stunde vor der Thür des SaalcS zn bleibe», und ie haben zu urlheile», lediglich ans Grund der Beweise uuG Ihre» Verstandes, ohne Rücksicht auf die Brutalität nnd die entsetzlichen Eigenschaften der Angeklagten. Im Allgemeinen muß ich aber noch eine Bemerkung machen: Obwohl ich jahraus jahrein mit nichts Anderem beschäftigt bi», als mit de» Gräßlichkeiten der Verbrecher welt, obwohl ich schwarz zn sehen und zu male» habe, so muß ich doch sage», wir habe» aus diese» gräßlichen Verbrechen keincn Schluß zu ziehe», daß der allgemeine Rechtsznstand im Volke schlechter ge worden ist. Dergleichen Erscheinungen, wie die beiden Angeklagte» hat eS — Gott sei Dank — sehr selten, aber zu alle» Zeiten und in den verschiedensten Ländern gegeben nnd wird es auch in Zukunft geben. Deswegen ist der Kern unseres Volke- nicht schlecht, im Gegentheile, wir dürfen trotzdem, daß zwei Wese», welche nicht, würdig sind, das menschliche Antlitz zu tragen, so gehandelt haben, den Glauben a» die Menschheit nicht verlieren. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Verbrechen im Sprengel de- Wiener Landge richtes verringert. Dieser Ausfall allerdings wird bei Weitem wcttgemacht durch di« Vecbreche» dieser beiden Mensche». Die beiden Angeklagten sind cine Specialität. Sie haben sich, Hugo Schenk nnsclige» Angedenken» ausgenommen, ihre Objecte auf ganz eigene Art ausgesucht. Es liegt sehr nahe, warum sie sich gerade Dienstmädchen auserkoren. Wen» Jemand einen Raubmord begeht an einem seßhaften Menschen, der seine» Bekannte» sofort abgeht, so erregt das in der Stadt ungeheure Sensation und die Gefahr der Ernirung für den Thäter ist viel größer. Dienstmädchen aber sind fahrende Wesen, heute hier und morgen dort; wen» sie auch wochenlang unbekannt wo sich anshalten, so fällt das Niemandem anf. Diesen Umstand habe» die Angeklagte» schlau berechnet. Alle drei Opfer verließen den Wiener Platz, wer kümmerte sich um sic? Und wenn die Leiche» i»> schöne» Wiencrwald lange schon verwest oder von den Vögeln gefressen sind, noch immer glaubt man, daß die Mädchen leben. Sie werden sich erinnern, daß ein Mädchen schon im Jahre 1885 von dem Angeklagten auf glcsihr Weisc betrogen wordcn ist und daß Rosalia Schneider damals schon, also vor sieben Jahre», die getreue Helferin ibres Mannes gewesen ist. Sie hat als angebliche Schwester Schncidcc's jenem Mädchen geschrieben und dadurch zn dem Betrüge an demselben beigctragcn. Wenn wir uns nn» erinnern, daß Franz Schneider früher über Eigenthinnsdclicte, und zwar kleine Diebstähle nnd Betrügereien, nicht hinansgcgangen ist, werde» wir uns den Satz vor Augen halten, der im Crimiuatleben bewährt ist, daß nämlich die einzelnen Catcgorien der Verbrechen von den Thätern strenge eingehalten werde». Die Einbrecher beschäftigen sich während ihrer Strashast in ihren freien Stnnden damit, was sie nach ihrer Entlassung in demselben Fache »nlernehmcn werden. Sie bleiben Einbrecher, das ist ihr Metier. Der Taschendieb, der durch die Straßen wandert, in» in die für Diebe so begnemen Tasche» der Paletots zn greise», wird immer Taschendieb bleiben. Auch der Hcirathsschwindler und der Hochstapler verläßt nicht sein Gebiet. Wie ist cs nun gekommen, das; Franz Schneider, welcher bis dahin nur ganz gemeine strafbare Handlungen begangen, mit einem Male znr höchsten Stufe des Vcrbrccherthums, dem dreifachen Menchel- und Raubmorde, gelangt ist? Wie ist dies« Veränderung in dem Kopfe Frauz Schncider's, vorausgesetzt, daß in demselben wirklich Gedanken sind — ich werde übrigens beweisen, daß er nicht so dum», ist, wie er sich in de» letzten Tage» gestellt hat — entstanden? War es seine eigene Entschließung oder fremder Einfluß? Tie Vcrmnthung liegt nahe, das; in dem findigen Kopfe der Rosalia Schneider, deren Charakter- und Eeistesunterschicd ich »och darlegen werde, sich der Gedanke gebildet hat, die Gefahr, stets angezeigt und bestraft zu werde», ist am beste» dadurch zn verhüten, das; wir die mißliebigen Zeugen unserer Handlnngcn umbringen; dann sind sic stumm, und wir können das Handwerk ungestört ausüben. Wenn Sie, meine Hsrrcn Gcschwornen — fährt der Staatsan walt fort '— znr Bcnrtheilnng der Thaten der Angeklagten schreite», so werden Sie in erster Linie die Charakter Eigenschaften der Au- gcllagten in's Auge fasse» müssen. Beide beschuldigen sich gegen seitig. Er gesteht jetzt, weil er nicht anders konnte, aber er sagt: „Meine Frau hat mich verleitet." Sie hat eine ganz andere Taktik. Sie sagt: „Ich habe, was mir erwiesen wird, gcthan, aber unttr dem unwiderstehlichen Zwange meines Galten." Scho» nach dem änßcre» Erscheinen der beiden Angeklagte», »ach ihrer Physiognomie und nach dem, was wir in diesen vier Tagen gehört, geht mit Gewißheit hervor, daß Rosalia Schneider die Intelligentere ist; sie übcrlriffl ihren Man» um Thnrmeslänge an Verstand nnd Schlagfcrtigkelt. Sie ist gefaßt sic weis; aus jede» Wort, anf jede Frage sofort die richtige, ihr am nützlichsten dünkcnde Antwort zn geben. Sie ist der Geist, er i. die Rohheit, sie denlt, er handelt, sie fürchtet sich nicht vor ihm, sie oeh.rrscht ihn. Fra» Schneider hat bewiesen, daß sie gar nichts ans urden fürchtet, nicht einmal den Teufel, nnd daß sie durch ihren Mann aus die ver brecherische Bahn getrieben worden, kann ihr Niemand glauben. Die beiden 'Angeklagten spielen vn baucziw, Sie will die Hauptschuld an de» schrecklichen Morde» anf ihn, cr will die Haupt last auf sic wälze». Wir haben hier Gelegenheit gehabt, zn sehen, wie es eigentlich steht. Beide gleich! Sie sind einander windig. Sie war die Gescheitere, die Reifere, sie war der Kops, cr die Hand! Das Verhalten der Rosalia Schneider zn den drei Morden ist verschieden, eine stetige Steigerung. Beim Factum Kleinralh war sie »och i»> Dienste, und obwohl nicht gezwciselt werde» kan», daß sie diese Uebelthat angcrathcn hat, so war sie doch persönlich nicht dabei. — Beim Factum Hotlwangcr gesteht sie zu, mit i» den Wald gegangen zu sein, in der Absicht, das Mädchen irrcznsühre». Zn ihrer Ueberraschnug soll ihr dann Schneider milgctyeilt haben, und zwar in ganz gemüthlicher Conservalio», das Mädchen sei nm- gebracht. Ich frage nun, ist das psychologisch? Kann cs von Jemandem geglaubt werden? Franz Schneider hat in jener unbegreiflichen Tollkühnheit, welche den schwachen Denker kennzeichnet, bei der Capelle im Treiführen- walde Bekannte angesprochen, er hat dort Wein gitrmtkem Das Be- wcismaterial, das mir zur Verfügung steht, säUt der Staatsanwalt fort, wird durch da- Leugnen der Rosalia SchnMer nicht im En desten abgeschwiicht, geschweige denn Widerlegt. Wir haben von ,ine« l f k:' k
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)