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Nr. 33/1912 PAPIER-ZEITUNG 1219 25 Jahre Buchdruckmaschinen-Fabrik Im Frühjahr 1887 errichtete der Maschinenbauer Wilhelm Max Rockstroh nach zehnjähriger Tätigkeit in großen Maschinen fabriken des In- und Auslandes in seiner Vaterstadt Dresden in der Güterbahnhofstraße unter den bescheidensten Verhältnissen eine kleine Werkstatt für Maschinenbau. Auf Anraten seines Vaters befaßte er sich bald mit dem Bau einer Tiegeldruckpresse nach Gally-System. Mit den bescheidensten Mitteln hergestellt, aber mit wesentlichen Verbesserungen versehen, konnte schön im Jahre 1888 die erste, mit dem siegverheißenden Namen ,, Victoria" be nannte Maschine die Werkstatt verlassen. Wenn auch im äußeren Aufbau dem amerikanischen Vorbild ähnlich, trug sie doch schon eine ganze Anzahl Eigenschaften, welche die „Victoria“ der von Amerika eingeführten Presse nicht nur ebenbürtig, sondern bald überlegen erscheinen ließen. In kurzer Zeit war die kleine Werk statt für das schnell wachsende Unternehmen zu eng, sodaß an Ver legung in größere Räumlichkeiten gedacht werden mußte. Im väterlichen Grundstück auf der Adlergassc wurde nun ein kleines Fabrikgebäude errichtet, mit einer kleinen Dampfmaschine sowie verschiedenen Hilfsmaschinen ausgestattet und mit frischer Schaffenskraft an dem Ausbau der „Victoria“ gearbeitet. Der innige Verkehr mit tüchtigen Fachleuten der Buchdruckerkunst gab immer neue Anregung zu Verbesserunegn, sodaß die „Victoria“ dank ihrer Vollkommenheit und Leistungsfähigkeit ihren Einzug auch in Buchdruckereien hielt, in denen man von der 'riegeldruck presse bis dahin wenig gehalten hatte. Durch den Eintritt eines kaufmännisch gebildeten Teilhabers erhielt die Firma den heutigen Namen Rockstroh & Schneider. Einige Zeit blieb die „Victoria" ohne Konkurrenz, da Tiegeldruckpressen mit feststehendem Fundament, parallelem Druck und Zylinder- fafbwerk sonst nur in Amerika bei den Colts-Armory-Werken ge baut wurden. Somit würde M. Rockstroh durch den Bau seiner „Victoria" der Begründer einer neuen Industrie im deutschen Vater- lande, ja auf dem Festlande, und die Gallypressen wurden durch die „Victoria“ und deren spätere Nachbildungen allmählich verdrängt. Infolge der vielen Neuerungen und Verbesserungen, die größtenteils durch Patente des In- und Auslandes geschützt wurden, veränderte sich die „Victoria“ auch in ihrer äußeren Gestalt so sehr, daß sie ihrem Urbild kaum noch ähnlich sah. An Stelle des früheren kaufmännischen Mitinhabers war unter dessen Herr Woldemar Döring in die Firma eingetreten, der auch heute noch als kaufmännischer Direktor der Firma vorsteht. Bereits nach 5 Jahren war die Firma genötigt, ihre Wirkungs stätte wieder zu vergrößern. Sie baute nun in Dresden-Löbtau eine mit zeitgemäßen Einrichtungen versehene neue Fabrik, welche im Jahre 1893 bezogen werden konnte. Hier beschäftigte die Firma 150 Arbeiter, deren Zahl auf 250 stieg, nachdem der Schnellpressen bau im Jahre 1895 aufgenommen worden war. Der Umsatz der Firma steigerte sich immer mehr, und nicht lange dauerte es, so war auch der Neubau zu klein; es wurde nun der Bau einer großen, allen Anforderungen entsprechenden Fabrik auf einem etwa 65 000 qm umfassenden Areal an der Dresden-Boden bacher Linie in Heidenau begonnen. Im Frühjahr 1899 konnte der Betrieb in die neue Fabrik verlegt werden. Im Juli 1900 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft. In dieser großen, modernen Fabrikanlage wurden die verschie densten Typen der Victoria-Tiegeldruckpressen weiter ausgebildet, aber auch die Schnellpresse wurde in mehr als 20 Größen durch gearbeitet. Sowohl schwere, für den Kunstdruck geeignete Auto typieschnellpressen, als auch die besonders in den letzten Jahren viel gebauten „Schnelläufer“ haben sich wie die Victoria-Tiegel druckpressen in der ganzen Welt viel Freunde erworben. Das Gleiche gilt für die in den letzten Jahren geschaffenen Maschinentypen, die leichte, gute und billige Akzidenztiegeldruck presse ,, Victoria-Merkur", sowie die schwere ,,Victoria-Herkules- Kniehebelprägepresse." Zur Herstellung der Gravuren, Schnitte und Stanzen ist eine eigene Gravieranstalt vorhanden, die gemeinsam mit der Versuchsanstalt, welche immer neue Kräfte für das gra phische Fach ausbildet, und mit der eigenen Hausdruckerei auch für die im Verlage der Firma erscheinende Zeitschrift „Victoria" tätig ist. In der Fabrik werden heute rd. 700 Arbeiter und Angestellte beschäftigt, in allen Weltteilen sind rührige Vertreter tätig. In Leipzig, Berlin, Hamburg, Nürnberg, Frankfurt a. M„ Wien, Zürich und London werden gut geleitete Zweigniederlassungen unterhalten. Im Laufe der .Jahre sind mehr als zweihundert Patente für die verschiedensten Typen der Maschinen geschaffen worden. Auf allen beschickten Ausstellungen wurde die Firma mit den höchsten Aus zeichnungen bedacht. Möge das nächste Vierteljahrhundert gleiche Fortschritte bringen 1 Z. . •Briefumschläge von unpassender Größe Der Einsender N. E. des Artikels unter der vorstehenden Ueber- schrift in Nr. 30 gibt den beachtenswerten Ratschlag, daß die Ge schäftswelt von der Verwendung größerer Briefumschläge als die von der allgemein eingeführten Normalgröße 125x 155 mm absehen sollte. Insbesondere hat er dabei die neuerdings eingeführten Fenster- briefumschläge in der Größe 145 x 155 mm im Auge. Den angeführten Gründen wird sich kaum jemand verschließen können, selbst wen« er die häßliche Faltung der Briefbogen und die größere Zeitver säumnis beim Gebrauch der Fensterbriefumschläge von normaler Größe in den Kauf nehmen muß. Aber es ist doch nicht ohne wei teres einzusehen, daß die Industrie, die in der Absicht, einen in der Verwendung praktischeren Umschlag zu erzeugen, daran gehemmt werden soll, nur weil die Post keine Vorsorge treffen will, eine Mög lichkeit zu schaffen, daß die ihr übergebenen Briefe unversehrt in die Hände des Adressaten gelangen. Gewiß mag es einige Schwie rigkeiten bereiten, aber die Post sollte doch auch dann und wann einen fortschrittlicheren Standpunkt einnehmen, als sie dies bei ihrem besonders bei innerdienstlichen Einrichtungen stark in die Erscheinung tretenden Bürokratismus in der Regel tut. Wenn sie in diesem Falle anstelle der bei der Post allgemein eingeführten Um schnürung der Briefe mit Bindfaden keine andere, die Verletzung von Briefen verhütende Packungsart einführen wollte, so wäre sie wenigstens verpflichtet, den von verschiedenen Handelskammern eingebrachten Anträgen, auch Briefumschläge niit Querfenstern zur Beförderung zuzulassen, nachzukommen. Dann wäre es leicht, die Stellung des Fensters so. einzurichten, daß die Adressierung eines in gewöhnlicher Weise gefalteten Briefbogens in die Umschläge von normaler Größe paßt. Das Reichspostamt hat aber die Handels kammeranträge abgelehnt, weil durch die querstehenden Adressen die glatte Abfertigung der Briefe behindert sei. Gewiß, es würde etwas unbequemer sein, aber so sehr könnte dies nicht ins Gewicht fallen, denn in letzter Linie kann die Frage so gestellt werden: Wer hat die größere Verpflichtung, etwaige Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen, die Post oder das Publikum? Mit anderen Worten: Ist das Publikum der Post wegen oder die Post des Publikums wegen da? E. B., Elberfeld * * * Die Abhandlung unter gleicher Ueberschrift auf Seite 1108 von Nr. 30 erreichte mich gerade in dem Augenblick, als ich eine Auflage von 200 000 Stück der 155 x 145 mm großen Sonderlinge bestellt hatte. Diese Auflage stellt den Bedarf für zwei Jahre dar. Daraus kann auf die Zahl der bei uns eingehenden Briefe geschlossen werden, unter denen sich auch eine große Anzahl Fenster-Brief umschläge befinden, und von diesen sind wiederum sehr viele von der von Herrn N. E. beanstandeten Extra-Größe. Die von ihm be schriebene Postgepflogenheit des Bündelns war uns bereits früher bekannt. Darüber angestellte genaueste Beobachtungen, die sich auf längere Zeit erstreckten, ergaben aber keinerlei Beschädigungen dieser außergewöhnlichen Briefhüllen; auch wurde uns von 3 Fir men, die solche schon längere Zeit verwenden, bestätigt, daß ihnen in dieser Beziehung noch nichts Nachteiliges bekannt ge worden' sei. Beschädigungen wurden während unserer langjährigen Praxis bisher nur beobachtet bei noch größeren Briefen (z. B. 20 X 30 Zentimeter) die sich ja im Geschäftsverkehr auch nicht vermeiden lassen. Bei Einführung des außergewöhnlichen Formates durch uns war eben der Umstand maßgebend, daß der Briefbogen nur 2 mal gebrochen zu werden braucht, denn es gibt auch heute noch Leute, die Sich bei Empfang eines kleinen Fenster-Briefes über zer- faltete Briefbogen ärgern. Wir haben die für den dritten Bruch des Briefes erforderliche Zeit nicht nachgeprüft, jedoch ist selbst eine Ersparnis von 10 Minuten beim Fertigmachen der Post in un serem Betriebe wesentlich. F. H. Eingänge Preisliste der Farbenfabrik G. Siegle & Co., G. m. b. H. in Stuttgart. Das kleine Oktavbuch hat eine sehr gefällige Außen seite, die ihm von vornherein Beachtung sichert. Es enthält übersichtlich geordnet eine sehr reichhaltige Sammlung von trockenen Farben für alle möglichen Industrien. Giftfreie Farben für Nahrungsmittel in Pulverform und flüssig sind be sonders zusammengestellt, ebenso die Fettfarben. Ein Anhang enthält die Gesetze über den Verkehr und die Verwendung ge sundheitsschädlicher Farben, und ein alphabetisches Register am Schluß zählt nicht nur die in der Liste enthaltenen Farb namen auf, sondern auch viele andere Namen mit dem Hin weis auf die entsprechenden Sorten der Liste. Büchertisch „Aus Kontor und Leben“, Wege und Winke zum Wohlstand von Joseph M. Grabisch. Verlag von Karl Curtius in Berlin, Derff- lingerstraße 20. Preis geheftet 2 M. 50 Pf. Dieses auf 252 Oktavseiten guten Papiers schön gedruckte Buch enthält eine große Anzahl von Ratschlägen für den Kaufmann. Diese sind zum Teil in die Form von Anekdoten gekleidet und durch weg beherzigenswert. Die frische, kräftige Ausdrucks weise und der urdeutsche Stil bilden weitere Vorzüge des lesenswerten Werkes. Der Inhalt teilt sich in folgende Abschnitte: Der Aufstieg, der Ge schäftsleiter und seine Untergebenen, der königliche Kaufmann. Vom Kauf und Verkauf und Gelegentliches. Ueberall wird auf Grund von Erfahrungen rege Betätigung, ehrliche und fortschritt liche Gesinnung empfohlen.