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1006 PAPIER-ZEITUNG Nr. 27/1912 Entwicklung der Schrift Vorträge im Deutschen Buchgewerbehause in Leipzig Schluß zu Nr. 22 S. 811 Herr Dr. Rudolf Stübe gestaltete die zweite Hälfte seines Referates über: „Entwickelung der Buchstabenschrift im Zu sammenhang der Kulturgeschichte” zum Abschluß des dies jährigen Vortragszyklus. Während er im ersten Teile die zahl reichen westlichen Abzweigungen aus der semitischen Sprache behandelte, erstreckten sich die letzten Ausführungen auf die östlichen Formen. Als Einleitung dienten einige Mitteilungen, die den ersten Vortrag ergänzten. Wiederholt bemerkt er, daß der Zusammen hang und die Entwickelung unserer Schriftzeichen aus den semi tischen sich an vielen Formen deutlich wahrnehmen läßt, wenn vergleichende Nebeneinanderstellungen unter Hinzuziehung des Griechischen gemacht werden. Das Unruhige und Bewegte in der ersten semitischen Schrift mußte aber bald dem Streben nach geometrischer Harmonie weichen, denn die Griechen be gannen alle Buchstaben auf eine Linie zu stellen und in quadra tische Formen zu bringen. Mit dem späteren Bestreben, die griechische Schrift von links nach rechts zu schreiben, tritt eine weitere Vervollkommnung ein. Zahlreiche Buchstaben werden umgekehrt, in dem die Balken und Schenkel, die anfänglich an der linken Seite angebracht wurden, auf die rechte geschrieben werden, wo sie sich noch heute befinden. Die Urquellen der semitischen Schrift sind nach Ansicht des Redners in dem Kypischen zu finden. Sie direkt auf die ägyptischen Zeichen zurückzuführen, sei nicht richtig, viel mehr tritt der Zusammenhang mit dem Erstgenannten an den verschiedensten Beispielen zutage. Nicht ohne Einfluß ist auch das Hieratisch gewesen, das auf das Bestreben, die Hieroglyphen möglichst in einem Zuge zu schreiben, zurückzuführen ist. Neuere Funde auf Kreta bestätigen die Annahme wiederholt. Anfangs besitzen die sämtlichen semitischen Völker nur eine gemeinsame Buchstabenschrift, von der die verschiedensten Abzweigungen nachzuweisen sind. In Aramäa macht sich als einer der Hauptzweige des semitischen Sprachstammes, das Aramäisch bemerkbar, das als Ost- und Westaramäisch bekannt ist. Diese Schriftzeichen besitzen große Mannigfaltigkeit und ausgebildete Formen. Und obwohl die Aramäer an sich zu keiner politischen Bedeutung gelangten, so ist doch ihr kultureller Einfluß von hohem Werte und ihre Sprache für Westasien nicht ohne Einfluß gewesen. Aus dem Westaramäischen entstand die syrische Schrift, die wiederum als südliche Abzweigung zum Arabisch führte. Das Arabisch ist für den ganzen Osten von außerordentlichem Werte geworden. Es findet sich in der ältesten plumpen Gestalt, der sogenannten kufischen Schrift, noch auf Münzen und Inschriften. Die griechischen quadratischen Formen trugen zum heutigen Arabisch wesentlich bei. Gleichzeitig ist auch das Iranisch mit seinen verschiedenen Abarten zu nennen, von denen das Avesta und Pehlewi die zwei hauptsächlichsten sind. Nun kommt man zum indischen Schriftkreis, der aus dem Aramäischen entstanden ist. Die Spuren lassen sich bis zum 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. verfolgen und die Frage, ob die Schrift schon vor Buddha dagewesen ist, hat zu mancherlei Aus führungen beigetragen. Auch die indischen Schriften zerfallen in verschiedene Abarten, die in Lichtbildern vorgeführt werden konnten. Als letzter und zugleich südlichster Zweig fand die Arabische Schrift Erwähnung. Gleichzeitig entwickeln sich auch nach Norden neue Formen. Diese interessanten Ausführungen wurden durch umfang reiches Lichtbildermaterial verständlicher gemacht, was bei der Behandlung eines so schwierigen Themas, wie das diesjährige von ganz besonderer Bedeutung ist. Die Veranstaltungen fanden das volle Interesse der zahlreichen Zuhörerschaft, dt. Meisterprüfung für das Buchbinderhandwerk im Handwerks kammerbezirk Berlin. Der Vorsitzende der Meisterprüfungs kommission für das Buchbinderhandwerk im Handwerkskammer- Bezirk Berlin, Herr Alexander Weber in Berlin, Neuenburger Str. 17, hat nachstehende „Zulassungsbedingungen zur Meisterprüfung” ausgearbeitet: Die Prüfungsgebühren betragen 20 M. und sind bei der An meldung zu entrichten. Bei der Anmeldung ist erforderlich: eine Geburtsurkunde, ein selbstgeschriebener Lebenslauf, ein polizei liches Führungsattest, ein Lehrzeugnis, sowie Gehilfenzeugnisse, welche den Nachweis erbringen, daß der Betreffende drei Jahre als Gehilfe gearbeitet hat und mindestens 6 Monate im Handwerks kammerbezirk Berlin ansässig ist. Ferner ist je ein Aufsatz einzu reichen über: 1. einfache Buchführung, 2. Scheck-, Postscheck- und Wechsellehre, 3. Krankenkassenwesen und Invaliden-Ver- Sicherung. Die weiteren schriftlichen Arbeiten richten sich nach dem Spezialfach, für welches der Prüfling die Prüfung ablegen will und zwar ist erforderlich: für Buchbinder: Beschreibung und Werde gang des angefertigten Meisterstücks mit den dazu gehörigen Materialien. Gleichzeitig wird eine Skizze und Kalkulation von dem angefertigten Meisterstück verlangt. Beschreibung einer Buch binderwerkstatt mit den dazu gehörigen Maschinen, Benennung der hauptsächlichsten Rohstoffe und Materialien; für Lederarbeiter: Beschreibung und Werdegang des angefertigten Meisterstücks. Gleichzeitig wird eine Skizze und Kalkulation von dem angefertigten Meisterstück verlangt. Die wichtigsten Ledersorten, ihre Herkunft, ihr Aussehen und ihre Verarbeitung nebst den dazu gehörigen Werkzeugen, Materialien und Beschlägen; für Hand- und Preß vergolder : Beschreibung des Meisterstücks. Gleichzeitig wird eine Skizze und Kalkulation von dem angefertigten Meisterstück ver langt. Welche Handwerkszeuge und Maschinen sind zum Hand- und Preßvergolden erforderlich ? Herstellung und Beschreibung einer Matrize. Welches sind die bekannten Grundiermittel ? Welche Sorten von Gold gibt es und wie verhalten sie sich im Preise zu einander ? Welche Ersatzmittel für Gold gibt es ?; für Etui- und Kartonnagenarbeiter : Beschreibung und Werdegang des angefertigten Meisterstücks, Benennung der Materialien hierzu. Gleichzeitig wird eine Skizze und Kalkulation des angefertigten Meisterstücks verlangt. Beschreibung einer Kartonnagen- oder Etuiarbeiter- Werkstatt mit den dazu gehörigen Materialien. Sämtliche Schriftstücke sind in Folioformat in blau Akten deckel geheftet und mit Etikett mit Namen und Wohnung des Prüflings versehen abzuliefern. Den Termin, an welchem die münd liche Prüfung stattfindet, bestimmt der erste Vorsitzende. Nach bestandener Prüfung wird dem Prüfling der Meisterbrief ausge händigt. Den Prüflingen, welche das 24. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, wird der Meisterbrief erst nach Vollendung desselben zugestellt. Zur mündlichen Prüfung empfiehlt es sich, das Buch „Wie bereite ich mich auf die Meisterprüfung vor?" (mit 2 Nach trägen) anzuschaffen. Verlag: Alexander Weber, Berlin SW 68, Neuenburger Str. 17. Preis 1 M. 50 Pf. „Fliegender Gerichtsstand“ der Presse Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Das Handelsblatt der Frankfurter Zeitung in Frankfurt a. M. hatte dem Kläger A., einem Mitglied des Aufsichtsrats der Baye rischen Boden-Kreditanstalt in Würzburg vorgeworfen, daß er seine Stellung dazu ausnütze, für sich Gewinn zu schaffen, daß er in skrupulöser Weise auf seinen Vorteil bedacht sei und alle Stellen der Verwaltung mit nur ihm ergebenen Leuten besetze. A. hat daraufhin Klage gegen den verantwortlichen Redakteur St. auf Unterlassung der Verbreitung solcher Kundgebungen erhoben und die Androhung von Freiheitsstrafe verlangt. Die Erhebung der Klage geschah bei dem Landgericht in München mit der Begründung, daß dort der hauptsächlichste Umsatz in Pfandbriefen der Baye rischen Boden-Kreditanstalt stattfinde. Der Beklagte widersprach und führte aus, daß als Tatort der unerlaubten Handlung nur Frank furt in Betracht kommen könne, weil der Artikel dort geschrieben und herausgegeben worden sei. Das Landgericht München trat der Auffassung des Beklagten bei und wies die Klage wegen Unzuständigkeit des Gerichts ab. Das Oberlandesgericht München dagegen hat die Zuständigkeit angenommen und unter anderm ausgeführt, daß der Redakteur zum Zwecke der Verbreitung schreibe, und daß er deshalb auch jeden Verbreitungsakt gegen sich gelten lassen müsse. Das Reichsgericht ist der Auffassung des Oberlandesgerichts München beigetreten und hat die Revision des beklagten Redakteurs zurückgewiesen. (Aktenzeichen: VI. 128/11 — Urteil vom 15. Januar 1912.) K. M.-L. Verein der englischen Verleger von Gratulationskarten. Dieser seit 10 Jahren bestehende Verein hielt am 4 März in London seine Jahresversammlung ab. Nach dem Bericht haben die Ausgaben des Jahres 1911 gegen 860 Lstr. betragen, um etwa 28 Lstr. weniger als die Einnahmen. Der Verein zählte in drei Gruppen 54 Verleger als Mitglieder, außerdem sind ihm 7342 Schreibwarenhändler ange schlossen. Zweck des Vereins ist feste Verkaufspreise für die Erzeug nisse der verbündeten Verleger durchzuführen. Büchertisch Die hier besprochenen Werke werden in die Bücherei des Papierhauses, Dessauer Straße ä, eingereiht, welche wie der Lesesaal wochentäglich von 10 bis 1 und 3 bis 6 zur Benutzung frei steht Die Endter, Eine Nürnberger Buchhändlerfamilie (1590 bis 1740). Monographische Studie von Friedrich Oldenbourg, mit acht Porträtbildern. Verlag von R. Oldenbourg in München und Berlin. 1911. Preis 3M. Diese monographische Studie ist die Doktorarbeit des Verfassers, und sie bildet einen wertvollen Beitrag zur Geschichte des Buchhandels in Nürnberg.