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H 31. 8. Februar 1910. Nichtamtlicher Teil. »Neben der Tätigkeit in seinem großzügig geführten Sortiments- geschäft hat Paul Kurtz stets noch eine weitverzweigte gemein nützige Arbeit auf seine Schultern genommen. Wiederholt hat ihn das Vertrauen seiner Mitbürger in kommunale Ämter be rufen. 1884 bis 1886 und dann wieder 1897 bis 1901 war er Mitglied des Bürgerausschusses Viele Jahre hindurch bekleidete er das Amt eines Handelsrichters bei den Handelskammern des Landgerichts Stuttgart, eine Tätigkeit, die 1906 vom König durch Verleihung des Ritterkreuzes 1. Klasse des Friedrichsordens an erkannt wurde. Schon im Jahre 1902 war ihm aus Anlaß des 60jährigen Bestehens seiner Firma der Titel eines Kommerzien rats verliehen worden. »Auch in einer ganzen Reihe von Vereinen bekleidete der ob seiner Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit geschätzte Mann Vertrauens ämter. So war er 30 Jahre lang Rechner der Sektion Stutt gart des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, die ihn dafür zum Ehrenmitglied ernannte, ebenso Rechner des Deutschen Sprachvereins und des Schwarzwaldvereins. Als langjähriges Ausschußmitglied hat ihn 1905 der Verein für Fremdenverkehr ausgezeichnet. Der Literarische Klub Stuttgart zählte ihn zu seinen treuesten Mitgliedern. machen müssen, die auch eine sehr ernste, aber glücklich durch geführte Unterleibsoperation notwendig machte. »Die Freunde des liebenswerten und verehrten Mannes, dem erst vor ein paar Tagen Großvaterfreuden zu teil wurden, freuten sich, wenn sie ihn wieder in leidlicher Gesundheit im Geschäft oder auf seinen täglichen Erholungsspaziergängen in den Anlagen sahen. Jetzt hat ihn auf einem solchen das tragische Geschick er eilt. In weiten Kreisen wird man dem verdienten Manne ein treues und warmes Andenken bewahren.« — * Dem Vorstehenden sei hier nachgetragen, daß der Verstorbene allezeit auch dem Gemeinwohl des Buchhandels seine rege Auf merksamkeit und Förderung zugewendet hat. Gern und mit voller Hingebung stellte er sich in den Dienst von Ehrenämtern, die das Vertrauen seiner Kollegen ihm übertrug. Im Jahre 1879 übernahm er das Schatzmeisteramt im Vorstande des alten Stutt garter Buchhändlervereins; dem Ausschüsse des Württembergischen Buchhändlervereins gehörte er erstmals von 1883 bis 1886, dann wieder während eines vollen Jahrzehnts, von 1891 bis 1901, als eifrig mitarbeitendes und förderndes Mitglied an. 1895 berief ihn die Generalversammlung des Börsenvereins in den Außer ordentlichen Ausschuß zur Beratung einer Restbuchhandels-Ord- nung des deutschen Buchhandels. Innig sei ihm an seinem Grabe für seine treue Mitarbeit gedankt! * Gestorben: am 4. Februar nach kurzem schwerem Krankenlager im fünf- undsünfzigsten Lebensjahre der Verlagsbuchhändler Herr Gustav Fock in Leipzig. Herr Gustav Fock war aus Colberg gebürtig und hat seine buchhändlerische Laufbahn Ostern 1870 in der dortigen C. F. Post- schen Buchhandlung begonnen. Nach dreijähriger Lehre arbeitete er zunächst weitere zwei Jahre als Gehilfe in der Buchhandlung seines Lehrherrn und trat, wohlvorbereitet, am 1. April 1875 die Stelle eines ersten Gehilfen in dem großen Sortiment von Alfred Lorentz in Leipzig an. Mit reichen Gaben und Kennt nissen ausgerüstet, von ungewöhnlicher Arbeitslust und Arbeits kraft erfüllt und seiner Aufgabe treu hingegeben, hat er sich um die Ausbreitung dieses bedeutenden Geschäfts verdient gemacht. Im Juli 1878 übertrug ihm sein Chef den Posten eines bevoll mächtigten Geschäftsführers. Am 1. April 1879 begründete er seine geschäftliche Selb ständigkeit durch Eröffnung einer eigenen Sortiments- und Anti- quariatsbuchhandlung unter der Firma Gustav Fock in Leipzig. Seiner rastlosen Arbeit und großen Willenskraft gelang es bald, seinem jungen Geschäft Erfolge zu sichern und es zu großer Be deutung zu entwickeln. Der nützliche Gedanke der Schaffung einer »Zentralstelle für Dissertationen und Programme« in Leipzig (jetzt im Besitze der Buchhandlung Gustav Fock G. m. b. H.), ihre Organisation, Entwickelung und Förderung sind sein Werk. Auch als Verleger betätigte sich der unermüd liche Mann und hat Tüchtiges, Bleibendes geschaffen, so u. a. bie Klassiker-Bibliothek, die später an Max Hesses Verlag Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. überging und im Buchhandel wie in der Öffentlichkeit bestens bekannt ist. Am 1. März 1898 übertrug er, durch den bedeutenden Um fang seiner Unternehmungen und die übermäßig gewachsene Arbeitslast genötigt, das Sortiment für Bücher und Musikalien, die Abteilung für Journale und Lieferungswerke, das wissen schaftliche Antiquariat und die Zentralstelle für Dissertationen und Programme an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, als deren Geschäftsführer bzw. Prokuraträger seine bisherigen Mit arbeiter und Prokuristen die Herren Leo Jolowicz und Gustav Rothschild zeichnen. Er selbst beschränkte sich auf Weiterführung des Verlags, in der Hauptsache aber auf den Betrieb seines Bar sortiments für herabgesetzte Literatur — leider mit wenig Glück, wiewohl er es an Unternehmungsgeist und rastloser Arbeit auch weiter nicht fehlen ließ. Fehlschlag folgte auf Fehlschlag, so daß die letzten Lebensjahre ihm schwere Sorgen brachten. Aber wie der Erfolg Gustav Fock nicht übermütig gemacht hatte, so verlor er auch im Unglück niemals seinen unbesiegbaren Optimismus. Gustav Fock war ein Mann von nicht gewöhnlicher Intelli genz. Ein bedeutendes Organisationstalent, ein großzügiger, ideenreicher Kaufmann, persönlich ein liebenswürdiger Kollege sind mit Gustav Fock vorzeitig dem Leben entrissen worden. Die Erde sei ihm leicht! * Gestorben: am 5. Februar unerwartet infolge Schlaganfalls der Buch händler Herr Arthur Kell in Plauen i/V., Inhaber und Leiter der angesehenen dortigen Firma A. Kell's Buchhand lung, die er am 10. September 1874 gegründet hatte. Der Verstorbene hatte den Buchhandel in A. Hohmann's Buchhandlung in Plauen erlernt und war dann in C. F. Neidhard's Buchhandlung in Speyer, später — mit Unterbrechung durch das Kriegsjahr — von 1868 bis 1872 in der Baedekerschen Buchhandlung (A. Martini L Grüttefien) in Barmen als Gehilfe tätig, weiter bei H. Dannenberg in Stettin und in der Serig'schen Buch handlung in Leipzig. Am 10. September 1874 eröffnete er in seiner Vaterstadt Plauen i/V. ein eigenes Geschäft, dem er in langer umsichtiger Tätigkeit Bedeutung und hohes Ansehen gewonnen hat. Dem Vogtländischen Anzeiger und Tageblatt vom 6. Februar 1910 entnehmen wir die folgende Nachricht über seinen Lebens gang und sein Wirken: »Buchhändler Arthur Kell f. Nachdem sich kaum die Gruft über den sterblichen Überresten des an den Folgen einer im ärztlichen Berufe erlittenen Blutvergiftung im besten Mannes alter dahingeschiedenen Herrn Oberarztes vr. Kell geschlossen, geht uns die betrübliche Nachricht zu, daß sein Bruder, Herr Buchhändler Arthur Kell, ohne voraufgegangene Krankheit heute, Sonnabend, früh einem Schlaganfall erlegen ist. Der so jäh aus dem Leben Gerissene war ein treuer Sohn der Stadt Plauen. Er wurde hier am 20. März 1847 als Sohn des ver storbenen Seminaroberlehrers Kell uud seiner noch lebenden Gattin geboren. Nach beendigter Schul- und Ausbildungszeit nahm er 1870/71 als Einjährig-Freiwilliger des 105. Infanterie- Regiments an dem deutsch-französischen Kriege mit Auszeichnung teil, wurde im Felde Offizier und gehörte bis zum Jahre 1880 dem 5. Königl. Sächs. Landwehr - Rgt. Nr. 104 als Leutnant an. Im Jahre 1874 begründete er nach einigen weiteren Gehilfenjahren in seiner Vaterstadt A. Keils Buchhand lung, der er durch seine unermüdliche Tätigkeit und seine umfassenden Kenntnisse einen geachteten Namen im ge samten deutschen Buchhandel zu verschaffen wußte. Sein Haupt wirken galt seinem Geschäft, dem er mit vorbildlicher Treue und Gewissenhaftigkeit Vorstand, doch fand er noch Zeit genug, in früheren Jahren länger denn ein Jahrzehnt dem Vogtländischen Sängerbund ein hochgeschätzter Vorsitzender zu sein. In den letzten Jahren zog er sich vom öffentlichen Leben zurück, lediglich im Hansabund bekleidete er noch einen Posten als Ausschuß mitglied. An seiner Bahre trauern außer der schwergetroffenen Witwe die hochbetagte Mutter, sowie zwei Töchter und zwei Söhne, von denen der älteste seit etwa Jahresfrist mit im väterlichen Geschäft tätig ist. In weiten Kreisen aber wird man das Ableben des kenntnisreichen und erfahrenen Mannes schmerz lich empfinden.« 220