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6912 Börsenblatt f. b. Dtschn, Buchhandel Mchtamtlicher Teil. 129, 6, Juni 1912, die Schriftsteller aufhören, für den Drucker zu arbeiten, da durch auf das Buch verzichten und sich dem Theater zuwenden. Denn es ist eine Tatsache — fährt M, Haraucourt fort —, daß sich das Buch nicht mehr verkauft. Aber selbst ein erfolgloses Theaterstück bringt seinem Verfasser immer noch mehr ein, als ein erfolgreiches Buch, Derselbe Staatsbürger, der gern 3l> Frcs, für 2 Theaterplätze zahlt, findet 3 Frcs. für ein Buch zu hoch, zumal in einer Zeit, wo das Leben teuer ist Das Buch ist aus der Mode, und seine 300 Seiten finden keinen Raum mehr in unseren Sitten, M, Haraucourt glaubt, datz die Blüte des Theaters und der Niedergang des Buches den gleichen Zusammenhang haben, wie Ursache und Wirkung, Die moderne Zentralisierung von Handel und Industrie hat eine Änderung der Vergnügen herbeigeführt, Lesen , . , , eine ruhige und sitzende Erholung in einer so bewegten Zeit!,, Dank dem öffentlichen Unterricht lern! jedermann lesen und informiert sich in seiner Zeitung über die Ereignisse, die sich an allen vier Enden unseres Planeten abspielen. Der gleich zeitige Marsch der Nationen der Zukunft entgegen interessiert diese Leser wie ein Weltkampf ihrer eigenen Interessen, Was soll diesen Menschen das Buch, erdachte Romane, spekulative und sich zu langsam entwickelnde Ideen? »Für den Reichen und den Bllrgerstand liegt die Sache noch viel ungünstiger, ihnen fehlt die Zeit, Wenn man die Existenz unserer Vorfahren mit der unseligen vergleicht, so mutz offen zugestanden werden, datz die Summe der Tätigkeit eines Menschen der Jetztzeit derjenigen aus früherer Zeit un geheuer überlegen ist. Nach der Überanstrengung des Tages braucht der Mensch der Neuzeit etwas, was ihn von seiner gewohnten Beschäftigung ablenkt, und dies ist das Theater, wo er sich erholen und amüsieren kann. Das Ausruhen im Theater entspricht nicht nur unserem Geschmack, sondern ist auch eine Notwendigkeit, während die Sammlung für die Lek türe weder dem einen noch dem andern entspricht,« M, Haraucourt vergißt bei seiner Beurteilung des französischen Buches, datz das Publikum desselben sich nicht nur aus Parisern zusammensetzt, Wohl hat er recht mit seiner Behauptung, datz ein Teil der begüterten Klasse nur selten zum Lesen kommt, aber es bleibt dann noch die andere Hälfte, die aus Mangel an Beschäftigung doch zum Buche greifen wird. Noch auf lange Zeit hinaus wird das wert volle französische Buch bei den Gebildeten der ganzen zivili sierten Welt auf eine sorgsame Beachtung rechnen können. An dem Niedergang des 3 Frcs, 50 Cts,-Bandes sind die Autoren, die vor Jahren ihre Zustimmung erteilten, datz die in dieser Ausgabe gutgehenden Werke in billigen Kollektionen zu 05 Cts, erschienen, in der Hauptsache selbst schuld, und es ist für sie wie für die Verleger gut, daß die Schäden offen eilige« standen werden und dadurch eine Stimmung geschaffen wird, die zu deren Beseitigung beitragen wird. Zum Schluß möchte ich noch auf ein Unternehmen Hin weisen, das der Initiative eines Pariser Verlegers seinen Ur sprung verdankt, M, Eugäne Figuiäre, der in der Hauptsache die jungen Poeten verlegt, hat mit diesen zu sammen »I/Okuvrs «tu llarüin cla .laiinv« gestiftet, das all jährlich zu Anfang Mai unter den Arbeiterinnen des von M, Figuidre bewohnten Viertels Blumen verteilen läßt. Dieses Jahr sind wieder an 20 000 Blumenstöcke ausgeteilt worden, und das Viertel in der Nähe der Rue Mouffetard, das im allgemeinen verrußt und ärmlich aussieht, hat durch die mit Blumen geschmückten kleinen Balkons und Fenstersimse der Arbeiterinnen einen recht freundlichen Anstrich bekommen. Die Bestrebungen M, Figuitzres haben überall viele Sympathie gefunden, denn er will denjenigen Kreisen durch Blumen einen Genuß verschaffen, denen die Art ihrer Beschäftigung wenig Zeit läßt, sich an der Schönheit eines Buches zu erfreuen, Paris, Johannes Gretzmann, Bücherschutz in bezug auf Titel, Ausstattung und Einrichtung. Von Syndikus A. Ebner. lSchluß zu Nr. 128 d. Bl.j 3. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7, Juni 1909 schütz! in seinem Z 18 den Titel eines Buchs, Hier ist bestimmt, daß derjenige, der im ge schäftlichen Verkehr die besondere Bezeichnung einer Druck schrift in einer Weise benutzt, welche geeignet ist, Ver wechselungen mit der besonderen Bezeichnung hervorzu rufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, auf Unter lassung und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Das alte Wettbewerbsgesetz gab in seinem Z 8 diese Ansprüche nur dann, wenn die Benutzung der fremden Be zeichnung zur Verwechslung geeignet und zugleich auch darauf berechnet war (Entsch, des Reichsgerichts vom 19, Februar 1901, Juristische Wochenschrift 30, 212, 15), Das neue Gesetz hat eine Änderung vorgenommen, indem es das Erfordernis der Berechnung hat fallen lassen. Damit ist gegen früher der Schutz erheblich erweitert, es sind auch alle diejenigen Fälle in das Gesetz einbezogen, wo die Gefahr einer Ver wechslung tatsächlich besteht und bei dem Täter nicht die Absicht vorhanden ist, sie hervorzurufen. Jetzt kann jemandem die Benutzung des fremden Titels sogar dann verboten werden, wenn er keine Kenntnis davon gehabt hat, daß der Titel bereits von einer andern Druckschrift geführt wird. Der Anspruch kann nur von demjenigen erhoben werden, der sich besugterweise des Titels bedient. Das Recht zur Führung des Titels entsteht durch ursprünglichen oder ab geleiteten Erwerb, Der ursprüngliche Erwerb geschieht in der Weise, daß jemand eine Druckschrift unter einem Titel herausgibt; wer dies zuerst tut, kann die spätere Be nutzung desselben Titels für eine andere Druckschrift ver bieten (Entsch, des Reichsgerichts vom 22, April 1898, Entscheidungen in Zivilsachen 41, 82; vonr 12, Dezember 1899, Juristische Wochenschrift 29, 75, 14), Eine gewisse Anerkennung der beteiligten Kreise oder wenigstens das Bekanntscin der Titelführung in diesen Kreisen ist nicht erforderlich, der Erwerb des Rechts vollzieht sich allein durch die erste Benutzung (Entsch, des Reichsgerichts vom II. November 1910, Entscheidungen in Civilsachen 74, 345). In dem Streit wegen des Titels -Struwwelpeter» war von dem Beklagten eingewendet worden, er habe schon vor dem Erscheinen des vr, Hoffmannscher! Buches Bilderbogen unter dem Titel »Struwwelpeter» und mit den Anfangsversen: »Seht Ihr ihn, da steht er, pfui, der Struwwelpeter» und auch sonstige Bilderbogen veröffentlicht, an die sich Hoffmann bei Abfassung seines Buches angelehnt. Das Reichsgericht (Entsch. vom 9. Dezember 1902, Jurist, Wochenschrift 32, 33) hat dies nur dann für erheblich erachtet, wenn der Beklagte schon ein Bilderbuch unter dem Namen Struwwelpeter herausgegeben hätte, denn Hoffmann war zuerst mit dem Buch herausgekommen; der Titel hat erst durch dieses Buch seine große Volkstümlichkeit erlangt. Der Schutz des Gesetzes wird aber nur dann gewährt, wenn in zulässiger Weise die erste Benutzung erfolgt. Erfährt jemand, daß ein anderer ein Buch unter einem bestimmten Titel herausgeben will, und kommt er ihm durch schleunige Herstellung und Ausgabe eines eigenen Buchs unter demselben Titel zuvor, so ist das zwar Wettbewerb, aber kein unerlaubter. Etwas anderes wäre es schon, wenn er lediglich in der Absicht handelt, dem andern zu schaden, oder wenn er auf sittenwidrige Weise, z, B, durch Bestechung von Angestellten des andern sich Kenntnis von besten Vorhaben verschafft. Abgeleitet ist der Erwerb, wenn jemand, der befugter-