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129, 6. Juni 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. DIschn. Buchhandel. 6911 jähriger Erfahrung kennt. An diesem Unternehmen ist auch die »^.ssociation ries Dcrivains Lslßss« beteiligt, die für die Herausgabe der Werke ihrer Mitglieder einen Verlag ge gründet hat. In der Zeitschrift »Kranes st Lsl- ßigus« werden von einer dieser Association nahestehenden Seite einige interessante Angaben gemacht, warum dieseSchrift- steiler sich selbst mit dem Verlag beschäftigen. Die Vereinigung ist gegründet worden, um die belgischen Schriftsteller bei der Herausgabe und Verbreitung ihrer Werke zu unterstützen. Belgien befindet sich nach Meinung des Verfassers des Artikels in der sonderbaren Lage, eine glänzende Literatur zu besitzen, die aber weder Verleger noch Publikum hat, was wohl einzig dastehend sein dürfte. »In allen Ländern der zivilisierten Welt gelangen die Schriftsteller dahin, sich von dem Ertrag ihrer Feder nähren zu können, denn der Verleger, der ihr Manuskript erwirbt, sorgt auch für dessen Verbreitung. In Belgien existiert jedoch nichts Derartiges. Alle unsere Litera ten sind — mit wenigen Ausnahmen — gezwungen, sich durch einen nicht literarischen Berus ihr tägliches Brot zu verdienen. Welt davon entfernt, Geld zu verdienen, haben sie die Kosten des Schriststellerns zu tragen und müssen meist auch die Heraus gabe ihres Buches bezahlen. Wohl haben wir einige Kauf leute, die sich Verleger nennen, aber sie veröffentlichen nur auf Kosten der Autoren. Sie lassen sich dafür große Summen bezahlen, betrachten ihre Aufgabe dann aber als erfüllt. Hin und wieder kommt es vor, daß sie einigen gefälligen Sorti mentern vielleicht 20 Exemplare der von ihnen herausgegebe nen Werke in Kommission übersenden. Was Wunder, wenn die so herausgegebencn Bücher sich nicht verkaufen und ein Jahr später die Bodenkammer ihrer Autoren füllen?« Um diesem Übelstande abzuhelfen, ist vor 10 Jahren die »r^s- oosiatiou 0s8 Lerivains LslZeo« ins Leben gerufen wor den. Sie nahm die Interessen ihrer Mitglieder energisch in die Hand, eröfsnete ihnen große Krediie und sicherte ihren Er zeugnissen Absatzgebiete. Innerhalb dieser Zeit hat die Associa tion annähernd 100 Bände veröffentlicht, deren Herstellung ungefähr 25 000 Frcs. kostete, die durch Subskriptionen und durch den späteren Berkaus gedeckt worden sind. Diesen Um ständen ist es zu danken, daß die dieser Vereinigung ange hörenden Schriftsteller nun nichts mehr für die Herausgabe ihrer Werke zu zahlen haben, vielmehr häufig noch Geld aus gezahlt erhalten. Der Verdienst mutz wohl als gering be zeichnet werden, aber der erste Schritt in dieser Sache ist ge tan. Die Association hat zudem in Belgien 60 Soriimenier als Depositäre, die ihre Bücher ausstellen und sich energisch ihrem Vertrieb widmen. »Dadurch, daß die Vereinigung der belgischen Schrift steller sich an der Gründung der Auslieferungsstelle in Paris beteiligt hat, ist Hoffnung vorhanden, daß die von ihr heraus gegebenen Werke auch in dem Gebiete des französischen Buch handels Eingang finden. Dies würde nichi mehr wie gerecht sein, denn Belgien ist ein girier Kunde Frankreichs. Man liest dort viel und besonders französische Werke. Niemals haben die belgischen Schriftsteller daran gedacht, etwa die Regierung zu bitten, auf die von den großen Häusern in Paris veröffent lichten Werke einen Zoll zu legen, um sich so gegen diese Kon kurrenz zu schützen. Vielmehr haben die belgischen Autoren, als der Finanzminister ihres Landes vor 2 Jahren einige ökonomische Repressalien gegen Frankreich plante und die Ab sicht hatte, die Pariser Tageszeiiungen mit einem Zoll zu be legen, einen derartig energischen Protest gegen diesen Eniwurs erhoben, daß er nicht zur Ausführung kam. Die französischen Schriftsteller und Verleger mögen sich dieser uneigennützigen und guien Kameradschaft erinnern und dazu beitragen, daß das belgische Buch in Frankreich größere Verbreitung findet.« Hinsichtlich dieses Artikels ist es interessant, festzustellen, daß alle bekannten belgischen Schriftsteller, wie Maeterlinck, Lemon- uier, Verhaeren, Van de Wiele usw., in Paris verlegt sind. Es muß aber Wohl betont werden, daß nicht nur im belgischen Buchhandel viele Schriftsteller sich nicht vom Ertrage ihrer Feder nähren können! — Die Auslieferungsstelle entwickelt sich unter günstigen Verhältnissen und sorgt dafür, daß das belgische Buch mehr wie früher dem Publikum nahegebracht und schneller als sonst beschafft werden kann. DieletztjährigeTheater-Saisonhatmilautzerordentlich guten Ergebnissen abgeschlossen. Die Summe der Gesamtein nahmen beläuft sich auf 58 762 484 Frcs. Diese Ziffer ist die höchste, die jemals von den Pariser Bühnen erreicht wurde, denn im Jahre der Weltausstellung (1900) betrug das Er gebnis nur 57 923 640 Frcs. Die subventionierten Theater haben zusammen eine Einnahme von Frcs. 9 530 768.33 zu verzeichnen, die sich wie folgt verteilen: Tkäätrs kwanxais Frcs. 2 484 920.10 Oüäon „ 866 900.90 Opära „ 3 292 136.59 Ox>ära-6omigus „ 2 886 810.74 -Frcs. 9530768.33 Die anderen Theater brachten 23^ Millionen Francs, die Kinotheater annähernd 3 Millionen, Konzerte und Cafäs- Concerts ca. 7 Millionen, die Music-Halls ebenfalls 7 Millio nen, die Künstler-Konzerte (Ownssrvatoirs, 6olonns, I>a- moursux) 600 000 Frcs.; der Rest — über 5 Millionen — ist von den verschiedenen Vergnügungs-Etablissements aufge bracht worden. Angesichts dieser Ziffern kann man es verständlich finden, daß eine schöngeistige Revue »üs« Llarxss« an die bedeutend sten französischen Schriftsteller eine Rundfrage des Inhalts richtete: »Was halten Sie vom Einfluß des Theaters auf die heutige Gesellschaft?« Mit einigen Ausnahmen haben die Schriftsteller sich gegen die zu große Bedeutung gewandt, die das Theater im Leben der mo dernen Menschen einnimmt. Maurice Barrds von der ^cacksmis kranxaiss antwortet sogar, daß der übertriebene Geschmack am Theater eine »Tendenz der Mindestanstrengung« bedeute. Dem gegenüber steht eine andere Meinung, die be sagt, daß der Käufer eines Theaterbilleis weitaus größere Garantien hat als derjenige, der ein Buch erwirbt. Der Theaterdirektor, der ein größeres Risiko eingehi, als der Ver- leger, muß nämlich eine sorgfältigere Auswahl treffen als dieser. Am sympathischsten erscheint jedoch die Antwort E. Pilons, der sich entschieden für das Buch ausspricht, das allein dem echten Theater das Bestehen verbürgt. Es ist sehr Wohl zu verstehen, daß diejenigen Schriftsteller, die sich ausschließlich dem Buch widmen, mit Neid auf ihre Kollegen, die Theaterschrifisteller, sehen und versuchen, ihre Tätigkeit gewinnbringender zu gestalten. Nur so kann man eine Erklärung dafür finden, daß M. RenäBazinin einer Ansprache an die Vereinigung der Schriftsteller dem folgen den Gedanken Ausdruck gab: »Ich sehe dem Tage entgegen, wo der Romancier, wie ein einfacher englischer Minenarbeiter, die Hoffnung auf ein Mindestgehalt Hai«. Man muß sich fragen, ob dies »Syndikat der Feder«, das wie die Erdarbeiter oder Maurer seinen geregelten Tarif hat, für die große Menge der »Genossen« von Nutzen sein kann. Denn der Verleger und das Publikum interessieren sich nur für die Schriftsteller von Talent, denen heutzutage infolge der Konkurrenz der Ver- lagsfirmen eine entsprechende Einnahme gewährleistet ist. Ein »fester Preis« jedoch schädigt den Schriftsteller von Wert, denn er verneint seinen Verdienst und seine Persönlichkeit. Mit Rücksicht auf diese Tatsachen wird man einen Ariikel von Edmond Haraucourt, dem feinsinnigen Dichter, der zugleich Direktor des Cluny-Museums ist, mit Nachsicht aufnehmen müssen. Er steht die Lage unter einem sehr pessi mistischen Gesichtspunkt an, und findet es nur begreiflich, daß soo«