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Eifersucht, welche in der Tiefe seines Herzens schlummerte, zum Leben geweckt. Klug und vorsichtig war sie jedem Schein aus dem Wege gegangen und so konnte, bis vor ganz kurzer Zeit, Werner Rotenborg's Ehe eine musterhafte genannt werden. Da leuchteten die ersten Wolken auf; ein zufälliges Wort und der Dämon in dem Herzen eines sonst in Allem ehrenhaften Mannes war geweckt, um bereits bald darauf eine entsetzliche Nahrung zu finden. Warum lag sie da bleich und bewußtlos vor ihm? Das Blut schoß ihm fieberhaft in die Wangen, die blauen Stirnadern schwollen und in seinen Augen glühte der Haß. Warum fürchtete sie seine Frage? Ein reines Gewissen kennt keine Furcht. Nun blickt« sie auf, die Farbe kehrte gleichzeitig in ihre Wangen zurück. „Sida — ist es wahr?" Er hatte ihr zartes Handgelenk mit eisernem Griff umklammert und ihren Lippen wollte ein Schrei des Schmerzes entschlüpfen. Aber sie preßte ihre weißen Zähne fest aufeinander und hielt ihn zurück. „Was — was sollte wahr sein?" Er schrak eine Sekunde zurück vor dem Blick ihrer schönen, sanften Augen. So hatte sie ihn noch nie angesehen, und wenn nicht die Leidenschaft und der Schmerz ihn halb sinnlos gemacht hätte, er würde jetzt zu sich gekommen sein. „Was soll wahr sein?" fragte sie noch einmal mit einer mühsam erkämpften und daher übernatürlichen Ruhe. „Be sinne Dich, Werner!" Er starrte sie an, seine Gedanken verwirrten sich. Ja, ja — er hatte ihr vertraut und sie war eine Schlange, die er mit seinem Herzblut genährt hatte. Fort mit der thörichten Schwäche, die ihn hinderte, das auszusprechen, was er sagen mußte. „Sida — weißt Du, wo ich war?" „Albin ist todt?" fragte sie. „Er ist todt, Sida — und — und — man pflegt nicht mit einer Lüge auf den Lippen in die Ewigkeit hin überzugehen. Weißt Du, was er mir gesagt hat?" Nun war die letzte Hoffnung, an die sie sich noch ge klammert hatte, dahin. Eine grauenhafte Angst erfaßte sie; sie kannte ihn in seiner unheilvollen, wahnsinnigen Eifer sucht und durfte nur einen Blick in sein Gesicht werfen, um zu wissen, bis zu welcher Wildheit sich seine unselige Leidenschaft gesteigert hatte. Da war Nichts zu hoffen. „Ich kann mir denken, was er Dir gesagt hat," sagte sie dann so ruhig wie möglich, aber ihre Stimme hatte einen heiseren Klang. „Ich hoffe indessen, Du wirst daran denken, daß Dein Bruder mein Todfeind war und mich nicht auf seine Aussagen hin ungehört verdammen." „Nein, wahrlich nicht," entgegnete er, tief aufathmend, „nicht ungehört. Ich will Deine Vertheidigung anhören, obgleich — es eigentlich nutzlos ist. Du hast mich schmach voll betrogen. Du hast Schande über meinen ehrlichen Namen gebracht — Du bist eine Pflichtvergessene — eine Verworfene!" Sie wich vor ihm zurück, ihre Gestalt schien zu wachsen vor seinen Blicken. Stolz wie eine Königin stand sie ihm gegenüber. Ihr bleiches Gesicht hatte sich geröthet und ihre Augen schossen Blitze. „Werner Rotenborg — diese Stunde scheidet uns auf ewig. Ich könnte vergessen, was Du Deinem Weibe zuge fügt, aber nimmer kann ich Dir vergeben, daß Du in mir Dein Kind beschimpftest!" Eine große Veränderung ging in dem Antlitz, des wild erregten Mannes vor. Seine Züge glätteten sich und ein Strahl von Hoffnung leuchtete in seinem Gesichte auf. Wenn sie nicht schuldig wäre? Wenn die Angst, die Qualen, die er erduldet, sich als unnütz erwiesen? Aber nein — nein! Sie war schuldig — sie mußte schuldig sein. Nun blieb sich Alles gleich; sein Glück war auf immer dahin. „Sida, Du hast noch nie gelogen — oder, war Dein ganzes Leben eine einzige, große Lüge? Bei Deiner Seele Seligkeit: weißt Du von einem Kinde, daß hier in diesem Gemache vor fünfzehn Jahren, während ich mich auf Reisen befand, das Licht der Welt erblickte?" (Fortsetzung folgt.) vermischtes. ff Großenhain, 8. Juni. Eine recht wunderbare Geschichte wird dem hiesigen „Unterhaltungsblatt" aus Liega bei Schönfeld berichtet. Der dasige Ortsrichter Dörschel fühlte sich seit einiger Zeit unwohl, hatte Mage»- schmerz und Erbrechen und war namentlich einiges Aus schwellen seines Leibes zu bemerken. In der Nacht nach dem Himmelfahrtstage früh gegen 3 Uhr erwacht Dör schel nach längerem Schlafe und bemerkt, daß ihm ein Thierchen aus dem Munde kriecht, das einen salzig schmeckenden Schleim hinterläßt. Das Thierchen hat er am Tage darauf gefangen; es befindet sich heutigen Tages noch am Leben und soll im Futter nicht besonders wählerisch sein. Dörschel behauptet, sich jetzt Wohler zu befinden und wird auch andererseits eine Abnahme seines Körperumfanges constatirt. Das Thier hat die Größe und auch das Ansehen einer Wassermaus, wenigstens wird dasselbe für eine solche gehalten, ist von graubrau ner Farbe, hat langen Schwanz und ist merkwürdiger Weise lang behaart. Wie dieselbe in den Körper des Herrn D. gekommen und anscheinend längere Zeit sich darin hat aufhalten können, ist räthselhast; vielleicht hat aber gerade die Waffermaus die meisten Eigenschaften die sie befähigen sich in einem Körper auszuhalten. D. beabsichtigt, das Thierchen zu wissenschaftlicher Begut achtung nach Leipzig zu senden. * In Auma bei Gera ist in diesen Tagen ein Krieger aus dem deutsch-französischen Kriege gestorben, der Schuhmacher Senf, welcher am 2. Deccmber 1870 bei Artenay schwer verwundet wurde. Die Kugel konnte nicht gesunden werden, und Sens kränkelte seit jener Zeit. Wie die „Geraer Zeitung" mittheilt, hat der Amts- physikus Dr. Flemming in Auma bei der Sektion der Leiche des Senf die Kugel in dem linken Darmbein der Beckenknochenhüfte unmittelbar über der Hüftpfaune ent deckt. Senf stand s. Z. beim 94. Infanterie-Regiment. * Am 1. Juni kam es im Zuchthause in Graudenz zu einer kleinen Revolte. Drei zu längerer Strafe ver- urtheilte Züchtlinge hatten sich verabredet, gemeinsam auszubrechen; sie fielen deßhalb über einen Aufseher her, betäubten ihn durch Schläge mit einem eisernen Werk zeuge, nahmen ihm die Schlüssel und das Seitengewehr ab und versuchten, an einem zweiten Aufseher vorbei durch eine Thür auf den Hof zu gelangen. Der Auf seher setzte sich zwar kräftig zur Wehr, erhielt aber mit dem Seitengewehr einen Hieb über den Kopf, so daß es den drei Angreifern gelang, durch die Thür in den Hin teren Hof zu kommen. Hier wurden sie aber von den anderen hinzugeeilten Aufsehern überwältigt. ff* Brackwede (bei Bielefeld), 7. Juni. Der „Post" wird gemeldet: Noch hat sich die Erregung über einen vor zwei Tagen zu Rynern bei Hamm verübten Mädchen mord nicht gelegt, und schon ist über einen zweiten, eben so entsetzlichen Fall zu berichten. Gestern früh gegen 8 Uhr ist die sechzehn Jahre alte Dienstmagd Borrey etwa 300 Schritte hinter dem Kolonate ihres Dienstherrn im Gebüsch, in dessen Nähe sie seit 6 Uhr Gras zu schneiden hatte, todt aufgesunden worden. Dieselbe ist offenbar gemißbraucht und erdrosselt worden. Die Fuß spuren wiesen nach, daß der Mörder von Friedrichsdorf gekommen und nach Ummeln nach vollbrachter That ge gangen war. Am Orte des Verbrechens konnte man deutlich sehen, daß sich das unglückliche Opfer tapfer gewehrt hat, dann aber überwältigt in das Gebüsch ge schleppt wurde. * * Moderne Jugend! Am Mittwoch Nachmittag wurde von einem Schutzmann in Leipzig ein schwer be rauschter zwölfjähriger Knabe, der auf dem Robmarkt umhertaumelte, nach dem Naschmarkt gebracht. ffff Werl, 28. Mai. Der „Rhein. Wests. Ztg." schreibt man: Vor einigen Tagen fanden Wiesenarbeiter in der Nähe des Dorfes Suddinker beim Abtragen eines Hügels einen Sarg mit dem Scclctt eines in vollem Waffenschmuck beigesetzten Ritters. Auf dem Scelett lag ein breites, mit starkem Handgriff versehenes Schwert, und neben demselben der obere Theil einer Lanze. Das Schwertgehänge war mit Beschlägen von Bronceguß, mit schwerer Vergoldung und reich mit Almandinsteinen versehen, welch' letztere von den Arbeitern beim Reinigen des Fundes zum größten Theile leider abgewaschen wurden und dadurch verloren gingen. Die Eisentheile waren vollständig morsch. Nur die Laüzenspitze ist ge rettet worden. * Die größte Statue der Welt, die Statue der Freiheit, welche zum Andenken des hundertjährigen Ju biläums der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Nordamerika am Hafeneingange von New-Jork errichtet werden soll, steht jetzt vollständig fertig in den Werkstätten von Gagel Ganthier in Paris. Dieselbe ist unstreitig die größte Statue, welche je errichtet wurde, indem sie vom Sockel bis zum Scheitel 35 Meter mißt, während der ausgestreckte Arm eine Fackel (zur Auf nahme eines Leuchtfeuers) 46 Meter hoch in die Höhe hält. Am Fuße hat das gewaltige Bildwerk fast 15 Meter im Durchmesser. Einen Begriff von ihrer Größe kann man sich machen, wenn man erfährt, daß der rechte, nur mit den Zehen auftretende Fuß 5 Meter lang ist. Die große Zehe hat an ihrer Wurzel 0,90 Meter im Durchmesser, in ihrem Innern kann sie einen starken männlichen Körper aufnehmen. Der Zeigefinger einer Hand hat 2 Meter Länge und 1,45 Meter Umfang an der Wurzel. Im Innern führen Treppen bis in den Kopf, dessen Höhlung ein Zimmer darstellt. Das ganze Bildwerk ist aus getriebenen, 2'/2 Millimeter starken Kupferplatten, welche aneinander genietet werden. Das gesammte Gewicht beträgt 200,000 Kilogramm, wovon 80,000 auf das Kupfer und 120,000 auf das eiserne Gerüst kommen. Die gesammten Kosten find auf zwei Millionen Francs berechnet, die durch eine französisch amerikanische Subscription aufgebracht werden. Hauptverhandlungen des Kgl. Schöffengerichts zu Pulsnitz am 10. Juni 1884. Den Leineweber Gustav Adolf Köhler in Bretnig, welcher sich in Bezug auf den Handelsmann Gustav Hermann Gnauck daselbst beleidigend geäußert hatte, be legte das Schöffengericht mit 15 Geldstrafe, cvent. 3 Tagen Gefängniß. — Durch Gendarmerieanzeige er langte der Stadtrath zu Pirna davon Kenntniß, daß ein gewisser Friedrich August Albrecht aus Pirna in der Pulsnitzer Gegend, insbesondere in Ohorn und Hauswalde mit Streichhölzern Hausire ohne im Besitze deS dazu erforderlichen Wandergewerbescheins zu sein. Strafver fügung auf Höhe von 60 wurde daher alsbald er lassen. Unter dem Vorbringen, daß er die Streichhölzer im Auftrage seines Arbeitgebers, bei welchem sie bestellt seien, nur breit schaffe, legte der Beschuldigte Einspruch ein und verlangte die Entscheidung des Gerichts. Die in der Hauptverhandlung abgehörten Zeugen bestätigten, daß sie die Streichhölzer ohne zuvor bestellt zu haben, von dem Haussier Albrecht käuflich entnommen hätten. Das eingelegte Rechtsmittel wurde daher verworfen und nur noch verordnet, daß der übrigens erst im vorigen Jahre wegen Steuerhinterziehung bestrafte Angeklagte im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine 6 tägige Gefängnißstrafe wegzuschrauben habe. — In einer vom Fabrikant Friedrich Wilhelm Günther in Niedersteina gegen den Fabrikant Franz Rammer in Pulsnitz anhängigen Privatklagesache, erfolgte die Ver- urtheilung des Letzteren zu 50 Geldstrafe. Günther war von Rammer in einem Briefe arg beleidigt worden. — Die am 28. September 1840 in Pulsnitz geborene Henriette Emilie gesch. Zwick geb. Hahn und deren 67 Jahre alte Mutter, Wilhelmine Johanne vcrw. Hahn geb. WousowSky, beide in Pulsnitz wohnhaft, waren angeklagt; 1. dem Wachtmeister Herold, einem Beamten des Stadtraths hier, während dieser mit dem Raths- registrator Karte eine Auspfändung bei ihnen vornahm und sich hierbei in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes befand, mit Gewalt und zwar die Zwick, indem sie eine Kammer, in welche sich die Vollstreckungsbeamten begeben wollten, verschloß und den Schüssel in der Hand festhielt, so daß ihr derselbe unter Kraftanwendung ent rissen werden mußte, die Hahn, indem sie ein Kleid, welches von dem Wachtmeister mit Beschlag belegt wor den war, demselben zu entreißen versuchte, so daß ihre Hände ebenfalls unter Krajtanwendung von dem Kleide entfernt werden mußten, Widerstand geleistet, 2. die Zwick überdies bei dieser Gelegenheit den gen. Karle beleidigt zu haben. Während die angeklagte Zwick dem Anträge der Kgl. Staatsanwaltschaft gemäß zu 5 Tagen Gefängniß verurtheilt wurde, mußte das Kgl. Schöffen gericht, unter dem Vorsitze des Herrn Amtsrichters Or. Krenkel, bezüglich der angeklagten verw. Hahn von einer Bestrafung absehen, dieselbe vielmehr straffrei ausgrhen lassen. Kirchennachrrcht en. Sonnabend, den14. Juni, Nachm. 1 Uhr ist Betstunde. Sonntag, den 15. Juni, vom. 1. xo8t Hinitatis, hält Herr Oberpfarrer Kuhn früh Uhr die Beicht rede, Vr9 Uhr die Predigt und Nachmitt. V22 Uhr Katechismusunterredung mit den conftrmirten Mäd chen der Parochie. De^ f aldet !01 :e billigst '8. fehlte. Lohne gestzcht., ^eranlgM, de/Durchgang durch «d Höf suF alle die, die mit Vorgekommener Unanständigkeiten halber lbst v,mr» ^bildet sM" sollenden Leuten) mir nicht oder freundschaft ¬ lichem Verkehr stehen, zu untersagen. Robert Huhle. Ein 24gängiger Bandmühlstuhl ist sofort wegen Mangel^-Matz billig verkaufen. Abonnements-Einladung. Die ergebenst unterzeichnete Expedition des „Pulsnitzer Amts- und Wochenblattes" ladet zu dem mit dem 1. Juli 1884 beginnenden neuen Quartale hierdurch freundlichst ein und bittet die Abonnements rechtzeitig, damit keine Unterbrechung in der Zusendung stattfindet, in unserer Expedition in Pulsnitz oder bei einer zunächst gelegenen Postanstalt aufgeben zu wollen. Der Abonnementspreis beträgt, einschließlich der Extrabeilage „Jllustrirtes Sonntagsblatt", pro Quartal, auch bei der Post, IV« Mark. Oie Expedition des Wochenblattes. werdet Wo? l Exped. d. Bl. 2 Stegen sind zu verkaufen.^ A MMHxrühmte »Gr LsSes nnMn Bokrien)^//^' ö«rd. Uiug, Zinn, Zink, in ^-Tonnen, ist wieder eingetroffen und e