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Eine Regeneration aus den Elementar organen, wie bei der Sämlingszucht, findet bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung nicht statt. Ist die Mutterpflanze alt und degeneriert, „ab gebaut", wie man zu sagen Pflegt, so ist es auch der aus dem Pfropfreis oder Okulationsauge erwachsende Pflanzenkörper. Aus dieser einfachen Erwägung ergibt sich ohne weiteres, daß die Leistung des durch Pfropfen oder Okulieren veredelten Obstbaumes oder Beerenobststrauches, soweit nicht Standorts verhältnisfe von Einfluß sind, lediglich von den Eigenschaften der Mutterpflanze abhängt, von der das Edelreis oder Auge genommen wurde, und daß im Hinblick hierauf beim Schneiden der Edelreiser eine sorgfältige Auswahl — Zuchtwahl — unter den Mutterpflanzen statt finden sollte. Hierbei ist nicht nur auf die Fruchtbarkeit und die Qualität der Früchte, sondern auch auf den Gesundheitszustand der Mutterpflanze zu achten, denn auch die Nachkommenschaft eines ursprünglich vorzüglichen Sämlings degeneriert allmählich oder bleibt nicht unbeeinflußt von der jahrelangen Einwirkung des Standortes, die günstig öder ungünstig sein kann, wie die Akklima tisationserscheinungen beweisen. Nach neueren Anschauungen und Beobachtungen ist aber auch die Entstehung sogenannter Pfropshybriden nicht ausgeschlossen bei Zweigen, die unmittelbar aus der Verwachsungszone des Edelreises und der Unterlage hervorgehen. Von derartigen Zweigen oder Ästen geschnittene Pfropfreiser werden natur gemäß die ursprüngliche Edelsorte ebenfalls nicht echt übertragen. Die häufig auftretende Er scheinung, daß bei Pflanzungen, die auf gleichem Boden stehen, die Bäume gleicher Sorten, gleichen Alters und gleicher Herkunft enthalten, einzelne Exemplare vorzüglich tragen, andere un mittelbar benachbarte aber unfruchtbar sind, dürfte wohl auf Abstammung der verwendeten Edel reiser von fruchtbaren und unfruchtbaren oder fehlerhaften Mutterpflanzen zurückzuführen sein. Bei sogenannten Umpfropfungen und Kronen veredelungen können auf diefe Weise sogar frucht bare und unfruchtbare Äste auf demselben Stamme auftreten. Ähnliche Erfahrungen liegen auch bei den durch Pfropfung vermehrten Beerenobststräuchern vor; und in Weinbergen ist ebenfalls die Be- Statik des Unter diesem Titel erscheint, von Professor vr. Steglich-Dresden verfaßt, Heft 132 der „Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesell schaft". Statik im pflanzenbaülichen Sinne ist die Lehre vom Gleichgewicht zwischen Nährstoff- obachtung gemacht worden, daß horstweise gut tragende und schlechttragende Stöcke bei sonst gleichartigen Standortsverhältnissen auftreten. Durch nähere Nachforschungen hat u. a. dec Landesweinbauinspektor Dern festgestellt, daß die betreffenden Rebstöcke jeweils durch Ab senkung von reichtragenden oder schlechttragenden Mutterstöcken abstammen. In interessanter, überaus belehrender Weise hat auch Geheimrat Wagner-Darmstadt Ge legenheit gehabt, dieselbe Beobachtung bei seinen Rebdüngungsversuchen zu machen. Wagner hatte für seine Versuche möglichst gleichartige Fechser derselben Sorte ausgewählt, von diesen reagierten einzelne vorzüglich auf die gegebene Düngung, während andere selbst bei der stärksten Voll düngung keine oder nur kümmerliche Trauben ansetzten, so daß die Versuche keinerlei Schluß folgerung auf die Düngerwirknng zuließen. Bei den Erörterungen über die Ursache dieser auf fallenden Erscheinung stellte sich heraus, daß die widerstrebenden Pflanzen von einer mangelhaft tragenden Mutterrebe, die reagierenden dagegen von einem fruchtbaren Rebstocke abstammten. Als nunmehr bei der Auswahl der Versuchs- Pflanzen auf diesen Umstand Rücksicht genommen wurde, ergaben die Versuche der Düngung ent sprechende gleichmäßige Resultate. Es mag dar auf hingewiesen werden, daß gleichartigen Störungen auch, die Obstbaumdüngungsversnche unterworfen find. Ans diesen kurzen Ausführungen dürfte her vorgehen, daß für den wirtschaftlichen Erfolg des Obst- und Weinbaues eine sorgfältige Zucht wahl beim Schnitt der Edelreiser und Fechser von außerordentlicher Bedeutung ist und un bedingt beachtet werden müßte. Wenn man bei Auswahl der Sämereien für landwirtfchaftliche und gärtnerische Kulturpflanzen bezüglich der Echtheit und Güte die weitgehendsten Garantien fordert, obwohl ein Fehlgriff hierbei meist nur eine Jahresernte gefährdet, um wieviel forg- fältiger sollte man demgegenüber bei Auswahl der Edelreiser und Fechser verfahren, deren Mißgriffe erst in Jahren zutage treten und jahrzehntelang nachwirken. Der Verfasser ist fest überzeugt, daß viele Miß erfolge imObstbau auf Vernachlässigung derZucht- wahl beruhen und möchte die weitere Verfolgung dieser wichtigen Frage hiermit angeregt haben. Obstbaues. entzug und Wiederersatz im Boden. Die vor liegende Schrift enthält nach umfassenden und langjährigen Beobachtungen und Untersuchungen den Nachweis für die Art und Menge der dein Boden durch Obstbäume entzogenen Pflanzen nährstoffe und gibt damit die wissenschaftliche