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157 besitzer müssen im Herbst, wenn die Verpackung beginnt, die Quartiere räumen lassen, um Arbeit zu sparen, wenn die Aufträge sich häufen. Was nicht benötigt wird, kommt in den Einschlag; der eine hat viel, der andere wenig Nachfrage, da muß natürlich ein Ausgleich stattfinden. Die Bäume werden leicht verpackt versandt und häufig wieder eingeschlagen. So harren sie ihrer Be stimmung und werden sie, was auch vorkommt, in der einen Pflanzperiode dieser nicht zugesührt, so bleiben sie im Einschlag oder werden pro visorisch eingesetzt. Durch das Bedecken der Wurzeln mit Erde werden diese wohl zur Not frisch gehalten, eine Nahrung- oder Wasseraufnahme findet indessen nicht statt. Da nun aber der Baum dabei weiter lebt, zehrt er natürlich auch und, da Zu fuhr ausgeschlossen ist, vom Bestände. Er kommt also zumeist matt und ausgezehrt an Ort und Stelle. Wird uns ein anderes Geschöpf in solchem Zustand anvertraut, so wissen wir recht wohl, was wir zu tun haben, wir sorgen für Reinlichkeit, gutes Unterkommen, und regelmäßige Aufnahme leichter Nahrung, beugen aber jeder Belästigung von anderer Seite und jeder Über fütterung vorsichtigerweise vor. Lassen wir unseren Pfleglingen aus der Pflanzenwelt durch Hacken, Gießen, Jäten und vorsichtige Düngung dieselbe Ausmerksamkeit zu teil werden, so ist uns der Erfolg sicher. Mag der Verbrauch des Baumes während der Zeit M welcher er nicht eingewurzelt ist, ein geringer sein, etwas an Saft muß ihm schon durch die Verdunstung verloren gehen, das in normalem Zustand gleich einem Schwamm voll gesogene Zellengewebe fängt an auszuirocknen und sich fest auf den Splint zu legen. Wir erkennen das deutlich daran, daß die Ästabschnitte mehr hervortreten als das früher der Fall war; fängt nun die Tätigkeit der Wurzeln am Stand ort wieder an und drängt der Saft in die Rinde, fo ist das zusammengeschrumpfte Gewebe nicht sogleich imstande, die Beförderung voll und ganz aufzunehmen, es treten Stockungen ein, an einzelnen Stellen findet ein Vollsaugen überhaupt nicht wieder statt, das Absterben der Rinde ist nicht auszuhalten und die sogenannten Brandstellen sind da, besonders dort, wo während der unfreiwilligen Ruhezeit durch Treten, stoßen oder Biegen ein Druck stattgefunden hat. Um diesem Übelstand vorzubeugen, empfiehlt es sich, im Jahre nach der Pflanzung den Schröpfschnitt vorzunehmen. Die Handhabung ist jedem Baumpsleger bekannt, ich bitte nur zu beobachten, daß bei Kirschen, Zwetschen und Birnen recht vorsichtig verfahren werden muß. Bei denen darf die Rinde nicht ganz durch schnitten werden, da sie sonst leicht aufklafft; Äpfelbäume vertragen einen tieferen Schnitt. Bald nach dem Aufreißen bildet sich in den Rissen junge Rinde und diese nimmt die Saft beförderung durch den ganzen Stamm hindurch mit einer solchen Energie auf, daß sie sich oft schon im ersten Jahre auf Fingerbreite ausdehnt. Von diesem frischen Gebilde aus findet dann nach und nach eine Versorgung der ganzen Rinde statt und Brand sowie Harzfluß werden vermieden, sofern für beide nicht andere Ursachen vorhanden sind. Ein ganz besonders schwieriges Thema ist die Düngung der Obstbäume, denn in Beziehung auf diese stecken wir eigentlich noch vollständig in den Kinderschuhen. Das ist bedauerlich, denn es liegt doch klar auf der Hand, daß ohne eine sachgemäße ausgeprobte und bewährte Düngung der Obstbau ebensowenig rentabel sein kann, wie es der Feldbau ohne eine solche sein würde. Auf den Feldern wird es uns aber viel leichter, Erfahrung zu sammeln, als in den Obstanlagen, denn da sehen wir die Düngerwirkung oft schon nach wenig Wochen recht deutlich, nach Jahr und Tag spätestens können wir aber auf den Pfennig berechnen, wie sich die einzelnen Versuchsparzellen zueinander stellten. Bei den Obstbäumen geht das nicht annähernd so schnell, da hat der Dünger bis zu den Saugwurzeln einen weiten Weg und von diesen wieder einen solchen bis in die Astspitzen. Da die Baumwurzeln viel weiter auseinander sparren als die der Feld früchte, werden natürlich nicht alle Nährstoffe sogleich ausgenommen. Geschieht dies doch und ist der Baum gesättigt, so müssen wir es uns ruhig gefallen lasten, wenn er die frischgesammelte Kraft zunächst benutzt, um junges Holz zu treiben, oder wenn ungünstiges Wetter die Blüte zer stört. Schwierig bleibt es also immer, die Düngerwirkung zahlenmäßig festzustellen, aus bleiben tut sie aber nie, das sehen wir recht deutlich, wenn wir gedüngte und ungedüngte Bäume miteinander vergleichen. Tatsache ist allerdings, daß vielfach solche auch ohne sichtbare Nahrungszufuhr kräftig erscheinen und reichlich tragen, besonders da, wo sie vereinzelt stehen. Das darf uns aber nicht irre machen, denn es hat immer einen besonderen sehr natürlichen Grund. Wir ahnen nämlich gar nicht, wie weit die Bäume mit ihren Saugwurzeln lausen, jedes Jahr dringen sie weiter vor und finden, besonders in der Nähe alter Wohnplätze, hie und da eine Stelle, die von früher her mit Nährstoffen stark angereichert ist. Diese wird dann gründlich aus gesogen und der Baum wird seiner regelmäßigen Fruchtbarkeit wegen angestaunt. Die Rentabilität des Obstbaues liegt nun aber zum größten Teil in den regelmäßigen Ernten und wir sollten daher dafür Sorge tragen, daß alle Bäume mit ihren Wurzeln die nötige Nahrung finden, damit sie nicht immer ein, zwei oder gar drei Jahre