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136 Sind einmal die minderwertigen Grundstücke alle entsprechend bepflanzt, nun so kommen die besseren an die Reihe. Ich wüßte wirklich nicht, warum nicht ein jeder'Besitzer ein dicht am Hofe belegenes, von Winden möglichst ge schütztes Feld, oder wenigstens einen mit Maschinen nicht gut zu bearbeitenden Wiesenrand in eine Baumwiese umwandeln sollte. Der Grasertrag wird zumeist die Verzinsung des Grund und Bodens bringen, und was an die Bäume gewandt wird, stellt sich dann als eine Sparkasse dar, die später und zwar oft genug gerade, wenn's einmal recht not tut, eine willkommene jährliche Rente abwirft. Eine solche Einnahme ist doppelt an genehm, weil sie sich, wenn die Anlage erst ordent lich imstande ist, nahezu als eine Nettoeinnahme darstellt, während bei denen aus Feldkulturew leider nur zu oft die Gestehungskosten den Er trag übersteigen. Welcher Prozentsatz der vorhandenen Fläche zu Obstanlagen mit Vorteil zu verwenden sein dürfte, das läßt sich im allgemeinen nicht sagen, das hängt ganz von den obwaltenden Verhält nissen ab. Der kleinere und mittlere Besitzer wird in der Regel mehr von dem Areal bepflanzen können, als der größere und ganz große, denn er nutzt die Unterkulturen besser aus. Aber auch der Großgrundbesitzer soll ja nicht glauben, daß er auf die Dauer auf die Einnahmen aus dem Obstbau wird verzichten können. Wir wissen es heute alle nicht, wie lange wir noch werden rein intensiv wirtschaften können, aber das wissen wir, wie ich vorher schon sagte, bei den wechselnden Konjunkturen recht wohl, daß wir uns nicht für alle Zeiten auf einen Zweig der Landwirtschaft werden verlassen dürfen. Wir müssen verschiedene Einnahmequellen zu erschließen suchen und wir müssen versuchen, soweit zu kommen, daß wir uns die andere Frage: Wie pflanzen wir sach gemäß und zweckentsprechend? recht genau und gewissenhaft beantworten können. Es ist mir natürlich nicht möglich, diese so wichtige Frage hier in dem engbegrenzten Raum erschöpfend zu erörtern; zu ihrer Beantwortung hat man viele dicke Bücher geschrieben und sie auch in diesen häufig nicht eingehend genug be handelt. Ich will mich kurz fassen und zwei Lehrsätze aufstellen, deren Befolgung sich immer lohnen dürfte: 1. Soll der Obstbau eine sichere Rente abwerfen, so Pflanze man nie, wie das leider nur zu oft geschieht, einer plötzlichen Eingebung folgend, sondern in allen Fällen erst nach reiflicher Überlegung, Rüchprache mit er fahrenen Pomologen und gründlicher Be arbeitung des Bodens. 2. Wo man auch pflanzt und wenn es in dem entlegensten Winkel oder an dem steilsten Hang sein sollte, unter allen Umständen ge schehe es nach allen Regeln der Kunst und nur mit bestem Material. Niemals ent schuldige man sich vor sich selbst und anderen damit, daß für einen scheinbar geringen Platz auch ein geringer Baum, flüchtig gepflanzt, genüge. Diese beiden Lehren erscheinen so einfach und natürlich, und doch wie oft wird gegen sie ge fehlt ! Wird in einem Landstädtchen eine Obst ausstellung veranstaltet oder in einem landwirt schaftlichen Verein ein Vortrag über Obstbau ge halten, so gibt das immer Anregung. Der und jener sieht ein, daß er nach der Richtung hin auch einmal etwas tun müsse, es werden die Namen von schönen Sorten notiert und die Bäume danach ohne weiteres bestellt. Wenn sie an kommen, dann ist der Eifer häufig schon erkaltet, andere Arbeiten drängen, die Bearbeitung des Bodens ist versäumt, die Bäume werden eilig in unvorbereitetes Land gepflanzt, sie bleiben infolgedessen im Wachstum zurück, Nahrung ist ihnen nicht, oder nicht in entsprechender Form zugeführt und somit der totale Mißerfolg unaus bleiblich. Jeder Landwirt weiß aber doch ganz genau, wie vorsichtig die Bestellung der Feldkulturen vorbereitet sein muß, wenn auch nur die Aussicht auf eine Rente vorhanden sein soll. Jeder sorgt da vor und überlegt alles ganz genau, was die Frucht zu ihrer Ernährung bedarf, es werden keine Aufwendungen gescheut, der Herr beauf sichtigt alles selbst und dabei handelt es sich doch immer nur um die Ernte eines Jahres. Ein Obstbaum aber, den wir pflanzen, soll doch achtzig bis hundert Jahre stehen und Früchte bringen, sollten wir da nicht soviel mal mehr Vorsorgen und alles wohl überlegen? Das werden wir indessen nur dann können, wenn wir uns, wie in den anderen Zweigen der Landwirtschaft, so auch im Obstbau die nötigen Kenntnisse erwerben. Ich weiß wohl, viele Be rufsgenossen, welche sehr große Wirtschaften leiten, werden geneigt sein, zu erklären, das sei zu viel verlangt, dazu halte man sich einen Gärtner und da dieser weiter nichts zu tun habe als die Ge müse- und Blumengärten, die Kalt- und Warm häuser, sowie Parkanlagen zu besorgen, Stecklinge für Feldkulturen heranzuziehen, Blumenfenster und Zimmer zu dekorieren, bei Tische aufzuwarten, kleine Kutschfuhren zu machen, Hühner zu schießen und dergleichen, so könne er recht wohl das Pflanzmaterial in einer kleinen Baumschule mit heranziehen und Wartung, Pflanzung und Pflege der Obstbäume so nebenbei mit besorgen. Sollte nun wirklich einmal einer über ein solches Universalgenie verfügen, nun gut, dann kann er es sich leicht machen und diesem alle kleinen Arbeiten ohne besondere Aufsicht und Anweisung überlassen, aber die Direktion, die muß