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106 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 27 u. 28 In den von der Vereinigung für angewandte Botanik ausgearbeiteten Vorschlägen für die Anerkennung der Kar toffeln wird empfohlen: Nicht als Saatgut anzuerkennen sind seitens der Landwirtschaftskammern usw. Kartoffeln von solchen Feldern, welche bei der ersten Besichtigung mehr als 10 v, H. an Schwarzbeinigkeit leidender Stauden aufweisen. Jeder Kartoffelanbauer sollte in seiner eigenen Wirtschaft möglichst nach diesem Grundsätze verfahren und Kartoffeln von mehr als zehnprozentig erkrankten Feldern möglichst nicht als Saatgut verwenden. Nicht minder wichtig als die Schwarzbeinigkeit ist die Krautfäule der Kartoffelpflanzen, welche durch den Pilz Phytophthora infes- tans verursacht wird, Man bezeichnet diese Krankheit häufig schlechthin als Kartoffelkrankheit, wohl um damit anzudeuten, daß man darunter eine der häufigsten Erkrankungen der Kartoffel zu verstehen hat. Trotz der großen Verbreitung dieser Krankheit aber gibt es immer noch Kartoffelanbauer, welche sie nicht kennen, ja, nie etwas davon gehört haben, wie alljährliche Anfragen bei der Redaktion des „Handelsgärtner“ beweisen. Die Krautfäule der Kartoffelpflanze tritt zuerst zur Blütezeit oder kurz nachher als Urheberin großer dunk ler, brauner Flecken auf den Blättern auf. Die Anzahl der Flecke nimmt mit großer Schnelligkeit zu, und die bereits vorhandenen vergrößern sich fast zusehends. Bei starkem Befall welken in kurzer Zeit fast alle Blätter, die Stengel stehen dann fast oder ganz blattlos, und besonders bei feuchtem Wetter macht sich in der Nähe stark erkrankter Felder ein ganz eigenartiger Modergeruch bemerkbar. Die Anfälligkeit der Kartoffelsorten gegen die Krautfäule ist sehr verschieden. Leider leidet gerade eine sehr große An zahl unserer besten Speisekartpffeln am allermeisten unter dem Uebel. In Jahren, wo die Krankheit stark auftritt, das sind solche mit nasser, nebliger Witterung, kann mit Sicher heit darauf gerechnet werden, daß Sorten wie Up do date, Leo, Gertrud, Weiße Königin, Königin Carola, sowie viele feine Frühsorten, regelmäßig stark erkranken. Wenn beim ersten Auftreten der Krankheit die Witterung die schnelle Ausbreitung des Pilzes begünstigt, dann aber trockenes, warmes Sommerwetter eintritt, so kann es vorkommen, daß die Krankheit zum Stillstand kommt, bevor sie allzu große Verheerungen angerichtet hat. Daß der von ihr angerichtete Schaden ungeheuer groß sein kann, unterliegt nicht dem ge ringsten Zweifel; denn durch die Zerstörung des Krautes hört sofort das Wachstum der Knollen auf. Je früher also eine Sorte befallen wird, ganz gleich, ob es sich um eine zeitig, mittelfrüh oder spät reifende handelt, um so nach teiliger ist es für den Ertrag, weil, wie schon bemerkt, von dem Zeitpunkte an, wo die Blätter der vollständigen Ver nichtung anheimfallen, die Knollen nicht mehr weiter wach sen können, da jede Assimilationstätigkeit im Organismus der Pflanze aufgehört hat. Man hat nun lange Zeit angenommen, daß die Naß- und Trockenfäule der Kartoffelknollen von demselben Krank heitserreger verursacht wird, der auch als Urheber der Krautfäule in Betracht kommt, also eben von Phytophthora infestans. Aber nach neueren Forschungen ist dies keines wegs der Fall. Vielmehr werden Naß- und Trockenfäule der Knollen von Bakterien bewirkt. Nach der alten Hypo these sollten die am Kraute stark befallener Felder erzeugten Sporen des Pilzes durch das Regenwasser in den Boden bis in die Tiefe der Knollen eingespült werden und diese hier anstecken und zur Fäulnis bringen. Wenn dann, so nahm man an, im nächsten Jahre fauliges Saatgut oder ge sund gebliebene Knollen, welche mit fauligen in Berührung gekommen waren, zur Aussaat gelangten, so wurde auf diese Weise die Krankheit von neuem auf den Acker übertragen. Bei dieser Theorie blieb freilich sicher die Frage ungelöst, wie die Pilzsporen nun von den kranken Knollen wieder in die Blätter kamen. 1 Man hat überhaupt bis jetzt noch keinen Dauerzustand des Phytophthorapilzes, keine Wintersporen desselben ent deckt, welche die Fähigkeit haben, den Pilz durch die Un bilden des Winterwetters hindurchzubringen. Deshalb ist bis jetzt auch die Frage unbeantwortet geblieben, von welcher Quelle aus die Keime wieder auf die Blätter gelangen. Die angedeuteten Ungewißheiten sind die Ursache der Ver schiedenartigkeit der Ansichten, welche darüber bestehen, ob man Kartoffeln von stark befallenen Feldern als Saat gut verwenden dürfe oder nicht. Da nun in feuchten, regen reichen Sommern gewisse Sorten regelmäßig befallen wer den, so läßt sich leider das erstere nicht immer vermeiden. Von Prof, Dr. Schänder - Bromberg wurde empfohlen, in solchen Fällen die Verwendung als Saatgut von einer Un tersuchung der Knollen abhängig zu machen. Er rät, an ver schiedenen Stellen des Ackers etwa je 100 qm große Flächen abzustecken und auf diesen Flächen die Kartoffeln horst weise, also jede Pflanze für sich, herauszunehmen und zu untersuchen. Sind die Horste verhältnismäßig gleichmäßig, so kann man nach Prof, Dr. Schänder die Zucht als gesund und geeignet zur Abgabe als Saatgut ansprechen. Sind die Horste aber ungleichmäßig, so sind die Kartoffeln des be treffenden Feldes nicht geeignet zur Saat. Als ungeeignet sind insbesondere diejenigen Horste zu bezeichnen, bei denen entweder lauter kleine Knollen oder aber wenige sehr große, außerdem aber nur sehr kleine vorhanden sind. Ist dagegen eine Anzahl großer Knollen mit gleichmäßigem Uebergang zu kleineren vorhanden, dann können die Knol len solcher Horste als Saatgut benutzt werden. Diese ange gebene Untersuchung der Knollen ist vor allem auch deshalb notwendig, weil selbstverständlich die Möglichkeit vorliegt, daß ein von Phytophthora befallenes Kartoffelfeld auch noch von anderen Staudenkrankheiten angesteckt war, ins besondere von der Blattrollkrankheit. Wenn das Kraut nun bereits von der Phytophthorakrankheit zerstört ist, so ist der Befall durch diese genannten weiteren Krankheiten aus dem zerstörten Kraut selbstverständlich nicht mehr zu erkennen. Deshalb muß man andere Anhaltspunkte für die Beurteilung, sichern, und zu diesem Zwecke wird eben die angeführte Untersuchungsmethode der Knollen empfohlen. Freilich bleibt es immer bedenklich, Saatgut von stark an Krautfäule erkrankten Parzellen zu benutzten, auch wenn dieses äußerlich ein gesundes Aussehen zeigt. Denn man hat allen Grund zu der Vermutung, daß die Krankheit durch in den Knollen verborgene, bisher allerdings noch nicht ent deckte Krankheitskeime von einem Anbaujahre zum andern am Leben erhalten wird. Als weitere Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen werden folgende Ratschläge er teilt: Vermeidung schwerer lehmiger und toniger, sowie zu feuchter Humusböden, Anbau erfahrungsgemäß wider standsfähiger Sorten, Bespritzung der Kartoffelfelder, so bald sich Ende Juni, anfangs Juli die' ersten braunen Blattflecke zeigen, mit einprozentiger Kupferkalkbrühe, welche vielleicht nach 3 bis 4 Wochen noch einmal zu wiederholen ist. Besonders bei wertvollen Neuzüchtungen ist diese Bespritzung durchaus lohnend, freilich jetzt im' Kriege wegen des Mangels an Kupfervitriol sehr schwer aus führbar. Auch eine nicht zu frühzeitige Ernte der Kartoffeln erkrankter Felder wird zur Vorbeugung von manchen Sei ten empfohlen, da bei zu zeitiger Ernte die Luft noch mit Ansteckungsstoff von nicht ganz verwelkten Blättern und Stengeln erfüllt sein könnte. Es ist vielleicht auch mög lich, daß die Berührung der Knollen mit dem befallen gewe senen abgestorbenen Kraut, welches auf dem Boden umher liegt, Ansteckungskeime auf sie überträgt. Aus diesem Grunde sollte auch das Kraut, wenn auch nur leicht erkrank ter Felder, nicht zum Eindecken der Mieten benutzt werden. Wenn auch, wie oben angeführt, über die Ueberwinterung der Krankheitskeime einwandfreie Erkenntnis noch nicht vorhanden ist, so ist immerhin Vorsicht auch in dieser Hin sicht ratsam. (Fortsetzung folgt.)