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3242 PAPIER-ZEITUNG Nr. 83 ich als Fachmann müsse wissen, dass graue Düten »brutto für netto« gehandelt werden. Mir ist nun von einem derartigen Handelsbräuche nichts bekannt, vielmehr sollte ich meinen, dass solche Bedingungen einem Angebote beigefügt sein müssen, und dass ich ohne diese An gaben sowohl auf richtigem »Netto«-Gewicht als auf handelsüblichen Bedingungen »30 Tage Kassa mit 2 pCt.« bestehen kann. V Bei jedem Kauf, wo sonst nichts bedungen ist, muss die Kaufsumme baar bezahlt werden, denn es ist unbillig zu ver langen, dass der Verkäufer Waare gebe, während der Käufer nur ein Versprechen giebt. Der Abzug von 2 pCt. Skonto wär demnach in diesem Fall nicht berechtigt, und die Bedingung »30 Tage Kasse mit 2 pCt. Skonto« gilt nur, wenn sie von beiden Theilen angenommen wurde. Uns ist nicht bekannt, ob graue Düten allgemein »brutto für netto» gehandelt werden, und wir bitten Sachkundige um Mittheilung des Handelsbrauchs. Über- und untergewichtige Pappen Aus Westfalen Ich beziehe seit längerer Zeit von einem Fabrikanten Lederpappen (braune) in Ladungen und in verschiedenen Formaten. Ich lasse die Waggons bei Ankunft stets durch meinen Spediteur direkt an meine Kunden abliefern, es theilen sich in der Regel 2 bis 3 Verbraucher in einen Wagen. Bisher pflegte mein Fabrikant nun alle Pappen, wie sie die Maschine in dem bestellten Format erzeugte, in einem Pack durcheinander zu packen und abzuliefern. Da hierbei aber wiederholt Unterschiede bis zu 16 pCt. und noch mehr sowohl nach oben wie nach unten vorkamen, so habe ich hierdurch beträchtlichen Schaden erlitten, indem mir meine Kunden wiederholt ganz erhebliche Abzüge machten. Infolge meiner Vorstellungen lässt mein Fabrikant bei jedem Format sämmtliche abweichend ausgefallenen Pappen be sonders schnüren und zeichnen, und er will mich zwingen, Alles ab zunehmen, der Unterschied mag noch so gross sein. Bei der letzten Ladung wurden beispielsweise bestellt: 40 Geliefert wurden: 33 2 18 5 Pack mit 76 Bogen auf 1 Ztr. Pack mit 74/76 Bogen auf 1 Ztr. » » 60 » „1„ » » 66/70 » „1„ (meist 65/68) » »80 » „1„ Nicht ganz die Hälfte fiel also abweichend aus und zwar mit Unterschieden von 8 bis 20 pCt. nach unten und 6—6 pCt. nach oben. Bei einem anderen Format stellte sich das Verhältniss wie folgt: Bestellt wurden 80 Pack mit 72 Bogen auf 1 Ztr. Geliefert wurden: 17 Pack mit 72 Bogen auf 1 Ztr. 11 . » 80 , » 1 » 1 Ä »60 » »1» und so fort. Ich betone noch ausdrücklich, dass diese Abweichungen nicht etwa bei einer einzelnen Ladung, sondern bei wohl allen bisher be zogenen Sonder-Formaten vorkamen. Meine Kunden weigern sich, die allzusehr abweichenden Packe abzunehmen, weil sie damit garnichts oder nur äusserst selten etwas anfangen können. Bin ich verpflichtet, sämmtliche Pappen ohne Aus nahme abzunehmen, wie sie gerade von der Maschine geliefert werden? S. Fragesteller übernahm, wie aus Obigem hervorgeht, früher alle Sendungen, auch wenn sie über- oder untergewichtige Pappen enthielten, und er veranlasste zu seinem Vortheil den Fabrikanten zur sorgfältigen Sortirung der Pappen. Es er scheint unbillig, dass Fragesteller jetzt die als zu dünn oder zu stark aussortirten Pappen nicht mehr übernehmen will, er muss sie übernehmen, solange der laufende Abschluss dauert, und die Pappen nicht ungleicher ausfallen als bei den früheren — unsortirten — Lieferungen. Wahrscheinlich wurde dem Frage steller bei Wagenladungs-Bezügen ein sehr billiger Preis gestellt, und er als Grosshändler hat Gelegenheit, die von einem Kunden als nicht bestellungsgemäss beanstandeten Pappen gelegentlich einem anderen zu verkaufen. Eine andere Frage ist es, welches Ueber- oder Untergewicht bei Pappen zulässig ist, wenn kein Uebereinkommen getroffen wurde. Die Verkaufsbedingungen des Vereins Deutscher Papier- Fabrikanten enthalten darüber keine Bestimmung, und es wäre eine dankbare Aufgabe für die Pappenfabrikanten und -Händler, wenn sie durch berufene Vertreter ihrer Interessen in gemein samer Berathung den Handelsbrauch feststellten. Das zulässige Ueber- und Untergewicht wird für dünne und dicke Pappen verschieden sein müssen, bei den gangbaren Sorten mittlerer Stärke dürften 10 pCt. des Bestellgewichts auf und ab zulässig sein, besonders dicken Pappen müsste man eine grössere und dünnen, schon dem Packpapier sich nähernden Sorten eine etwas geringere Schwankung einräum en. Gewerbe-Aufsicht in badischen Fabriken der Papier industrie Laut Jahresbericht 1898 der Badischen Fabrik-Inspektion waren am 1. Oktober 1898 im Grossherzogthum Baden in 115 Betrieben der Papier-Industrie 5653 männliche, 1895 weibliche zusammen 7548 Arbeiter beschäftigt; davon entfallen auf Betriebe X O->vHe1 männl, weibl. ZUS. Holzschleiferei Anfertigung von Papier und 15 1568 240 1808 Pappe Herstellung von besonderen 39 2800 810 3610 Papierarten Fabrikation von Steinpappe 2 8 27 35 und Papiermache .... Dachfilz- und Dachpappen- 1 4 — 4 fabrikation 1 37 — 37 Tapeten-u.Rouleauxfabrikation 6 489 62 551 Buchbinderei 16 173 276 449 Kartonnagenfabrikation . . . 35 574 480 1054 Die Arbeiter vertheilen sich dem Alter nach auf: jugendliche erwachsene männl. weibl. ZUS. unter 14 Jahren 9 8 17 von 14 und 15 Jahren .... 286 343 629 16 bis einschliesslich 20 Jahre 957 628 1585 21 » » 50 » 3982 856 4838 51 Jahre und älter 419 60 479 Der mündliche Verkehr mit den Arbeitern findet beim Be suche der gewerblichen Anlagen immer noch in zu geringem Umfange statt. Auch wurde im Berichtsjahre niemals aus Arbeiterkreisen die Abhaltung einer Sprechstunde ausser halb von Karlsruhe angeregt. In Karlsruhe können die Arbeiter jederzeit bei der Gewerbe-Inspektion vorsprechen, weil jederzeit ein Beamter am Amtsitze anwesend ist. Dagegen hat der schriftliche Verkehr seitens der Arbeiter zugenommen, derselbe bietet aber keinen genügenden Ersatz für den münd lichen Verkehr. Für richtigen Einblick in die Arbeiterverhält nisse und für die psychologische Seite des Verhaltens der Arbeiter bleibt der mündliche Verkehr unerlässlich. Die Stetigkeit der Beschäftigung, welche die schon seit mehreren Jahren andauernde lebhafte industrielle Thätigkeit gewährt, die kleinen aber unter Umständen sieh wiederholenden und in der Regel festgehaltenen Erhöhungen der Löhne in manchen Industriezweigen, die da und dort stattfindenden Herabsetzungen langer Arbeitszeiten und die sozialen Ver sicherungsgesetze, haben zweifellos in gewissem Umfange das Gefühl der Sicherheit in das Arbeiterleben getragen, das auch Einfluss auf ihre Denkungsart zu haben scheint. Hierauf ist theilweise auch die zunehmend ruhigere Behandlung ihrer Angelegenheiten zurückzuführen. Angenehm wird man von der Art berührt, in welcher angestrebte Lohnaufbesserungen begründet oder drohende Herabsetzungen der Akkordlöhne bekämpft werden. Es wird zu erweisen gesucht, dass der höher gewordene Verdienst bei den alten Sätzen nicht nur den technischen Fortschritten, sondern auch den besser gewordenen Leistungen der Arbeiter zuzuschreiben sei. Anderseits kommt in dem Streben nach Lohnaufbesserungen auch der Gedanke zum Ausdruck, dass die Früchte der technischen Fortschritte zu einem Theile auch der Verbesserung der Lage der Arbeiter zugute kommen müssten, und nicht ausschliesslich in der fort schreitenden Verbilligung der Produkte aufgehen sollten. Aller dings wird hierbei der verwickelte Zusammenhang der übrigen in Betracht zu ziehendenUmstände nicht genügend berücksichtigt. Bei Revisionen der gewerblichen Anlagen kommen die Beamten verhältnissmässig am meisten mit den Arbeitern kleinerer Fabrikanlagen in Berührung. Da wird manchmal die Aufmerksamkeit auf Dinge gelenkt, die der Beachtung sonst entgangen wären, und die in grösseren Fabriken keine Rolle spielen. So wiesen z. B. Arbeiter bei der Beanstandung des nicht ordnungsmässigen Zustandes der Arbeitsräume darauf hin, dass ihnen hierdurch Arbeiten erwüchsen, zu denen sie nicht verpflichtet seien, und die daher ihren Akkordverdienst schmälern. In einigen Punkten waren die Wahrnehmungen weniger erfreulich. Noch besteht in weitem Umfange bei den Arbeitern ein unberechtigtes Misstrauen gegen ihre Arbeitgeber, als suchten diese bei jeder Gelegenheit den Lohn zu drücken. In grösseren Fabriken wirken die Arbeiter-Organisationen dadurch, dass sie suchen die Dinge klarzulegen, einigermaassen ausgleichend. Die Arbeiter sind in der Beseitigung der Mängel ihres Wohnungs-