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Nr. 30 PAPIER-ZEITUNG 1251 Mutter Häsin, die sich infolge der Frauenbewegung den ersten Platz erobert zu haben scheint, eröffnet den Reigen. In geflicktem Hauskleid und gestreiftem Umschlagetuch dreht sie die Kaffeemühle. — Vater Hase scheint sich vortrefflich in die veränderten Verhältnisse zu finden, wie die elegante Fläche des Schlafrocks beweist. Der Mund spitzt sich in Erwartung des Genusses, den ihm die lange Pfeife verheißt. Die Ohren sind straff unter der wollenen Hausmütze nach hinten gerichtet. — Die Töchter des Hauses vergnügen sich im Anblick der bunten Eier, die sie gelegt. — Frau Gans dient als Austrägerin und führt die überschüssigen Eier in großen Körben zum Ostermarkt. Ein blauer Schal schützt den zarten Hals gegen die Aprilkühle. — Und, o Schimpf, der nur durch ein Duell gerochen werden kann, der Hase erscheint sogar in der Uniform eines Gardeleutnants! »Aeh, wünsche fröhliche Ostern«. Mandeln in roter Umrandung, einzeln oder zu zwei Herzkammern gefügt, zieren die Ecken. Die Verzierung dient sogar als Initiale des Osterwunsches. Das letztgenannte Bild entstammt einer Kunstanstalt Hannovers. Und die Hasen treiben ihren Osterspuk weiter im Wald und auf der Heide. Hühner und Hähne gesellen sich dazu, alle Haustiere tummeln sich zur Feier des Oster festes. Ein allerliebster Teckel kommt mit einem Weidenzweig im Maule dahergerannt, den ihm ein Küchlein streitig zu machen sucht. Mit feierlichem Schritt wandelt die Sezession auf den Karten von Paul Pittius durch das tolle Gewühl und präsentiert ihre Osterkarten in Steindruck mit Prägung. Auch sie verwendet Hähne und Hasen in ihrem Dienst; aber es sind Tiere edlerer Art und in unverfälschtem Naturgewande. Sie beweisen ihre Zugehörigkeit zu dem Bilde, das den oberen Teil der Wandfläche einnimmt. Ein Kirchlein in der Mitte mit hellgelbem Anstrich, frischrotem Dach und Turm; ein gelber Pfad führt durch die grüne Wiese zum unteren Rande des Bildes; der ein- gezäunte Kirchhof zeigt keine Grabsteine, nur dunkelgrüne und schwarze Bäume, die einen Schatten auf den an steigenden Abhang werfen. Weiter unten noch zwei rote Dächer, grünes Gebüsch, weiße Störche, die darüber hin fliegen. Wenig Striche, satte Farben, wie sie die Sezession liebt, ein Bildchen von herzerfreuender Frische. Die beiden Schmalseiten werden durch ein geprägtes weißes Blumen ornament abgeschlossen. Von da gehen je drei goldene Strahlen zur Erde, wo ein Flahn dem andern »Frohe Ostern« hinüberkräht. Die monumental wirkende Schrift ist eben falls geprägt, weiß und gold. Auf einer anderen Karte ist die Landschaft mehr nach links in die Ecke gerückt: Feuchter, ansteigender Wiesen grund mit braunem Gebüsch am wolkigen Horizont, ein Birkenzweig hängt seine runden und länglichen Blüten büschel über Bild und grau getönte Wandfläche. Die Schatten, welche die scharf ausgeprägten Zweige und Büschel werfen, erwecken den Eindruck heller, sonniger Beleuchtung, die dem Bilde selbst fehlt, aber dem Ostergruß zugute kommt. Weidenzweige in verschiedener Anordnung sind uralte Motive, die immer wiederkehren wie der Frühling und das Osterfest. Aber das folgende Bildchen aus dem Verlage von Winkler & Voigt in Leipzig, das wie die eben besprochenen vom Maler Mailick entworfen ist, und an einem Büschel Weidenruten lehnt, ist zu reizend, um übergangen zu werden. Vorfrühlingsstimmung: Die sanft sich neigende Wiese smaragdgrün, der braune Erdboden aufgeweicht, mit kleinen Wasserlachen, in denen sich das Grün spiegelt. Vor dunklem Gebüsch zwei helle Birken stämme, die ihre kahlen Aeste in den Regenhimmel strecken. Der zarte grünweiße Schleier reißt, die blauen Himmels- flecke verheißen Sonnenschein und Auferstehung. Alle Frühlingsblumen duften uns den Ostergruß zu, in einzelnen Blüten, Zweigen, zu Sträußen geordnet. Ob neu, jedenfalls geschmackvoll, wirkt die Zusammenstellung von Weidenzweigen und rötlichem Flieder. Unter den rein figür lichen Darstellungen ohne landschaftlichen Hintergrund ver dienen wohl die Wiener Lichtdrucke von M. Munck in Wien den Preis der Anerkennung. Sie erscheinen einfach schwarzweiß oder koloriert. Hier stört die Farbe nicht. Sic ist, dem zarten Ton des Druckes entsprechend, nur leicht aufgetragen. Die Bilder führen uns in die Zeit: »Als der Großvater die Großmutter nahm«. Der glück liche Bräutigam mit wohlfrisiertem Lockenkopf, überreicht seiner Erwählten ein Ei; durch das blauseidene Band ist ein Weidenzweig gesteckt. Von besonderer Anmut sind die Gruppen, die uns in ländliche Umgebung führen. Ein Mägdlein sitzt im Grase und ordnet sinnend einen Strauß rotblühender Zweige. Das Lockenköpfchen umschließt ein duftiges Häubchen, ein Schürzchen von durchsichtigem Stoff deckt das Kleid. Ein Knabe lagert im Grase und bläst die Flöte. Eier am Wege deuten die Beziehung zum Osterfest an. Auf einem anderen Bilde hält das Mägdlein ein paar gelbe Küchlein auf dem Schoß, andere laufen frei umher. Die gelbe Farbe trägt einen lebhafteren Ton in das Bild. In roter, etwas schräg gestellter Schrift lautet der Gruß: »Fröhliche Ostern!« Antiquarische Kostbarkeiten. Die Versteigerung einer her vorragenden Bibliothek in Leipzig ergab für verschiedene lite rarische Seltenheiten sehr hohe Gebote. Den höchsten Preis erzielte ein unbeschnittenes Exemplar der ersten Ausgabe von Schillers »Räubern«, es wurde mit 2650 M. bezahlt; das Buch wird als eine der größten Seltenheiten der deutschen Literatur bezeichnet. 1875 M. wurden für »Rheinischer Most, Erster Herbst 1775«, das seltenste Stück der Goethe-Literatur nächst dem Liederbuch, gezahlt. Die »Frankfurter gelehrten Anzeigen vom Jahre 1772 bis 1773«, zwei schöne Halbpergamentbände, brachten 690 M. (Diese Zeitschrift hat besonders durch Beiträge Goethes, Mercks, Herders und Schlossers größte literarische und buchhändlerische Bedeutung.) CI. Probenschau Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaren-Faches, die Neues oder Bemerkenswertes bieten, kostenfrei beschrieben. Rollenpapier-Abschneider »Teck« von Friedrich Strauß in Frankfurt a. M. Schon in Nr. 33 von 1905 wurde der Rollenpapier-Abschneider »Teck« beschrieben. Er ermög licht, jede Papierbreite bis zu 1/2 cm ohne zu fransen, zu zacken oder zu reißen, gleichmäßig so sauber wie Brief papier abzunehmen. Während der »Teck« bisher nur für ein und zwei Papierrollen zu haben war, baut die Firma nun Apparate für Zeichen- und Pauspapiere, welche 4 und 6 Papierrollen aufnehmen. Auf diesen sogenannten Revolver-Apparaten hat man die Rollen schön geordnet beisammen, sauber und reinlich aufbewahrt und kann von jeder, stets schneidfertig bereitstehenden Rolle sofort schneiden, ohne gewärtigen zu müssen, daß durch Zu sammenknittern, Ausfransen, Beschmutzen oder schiefes Schneiden Papier-Verlust entsteht. Die Revolver-Apparate arbeiten einwandsfrei, denn das Gestell, in dem die Rollen stehen, dreht sich leicht auf einem Kugellager. Die Rollen sind bequem in 1 Minute einzusetzen, und ein verstellbares Metermaß ermöglicht für jede Rollenbreite das Papier abzumessen. Obenstehendes Bild zeigt einen Apparat zur Aufnahme von 6 Rollen. .