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Nr. 38 PAPIER-ZEITUNG 1391 Neues Syndikat Aus Schlesien Der Aufsatz in Nr. 35 von B. aus Sachsen enthält, abgesehen von einem grossen Widerspruche, viele Unrichtigkeiten. Ich nehme an, dass diese von anderer Seite berichtigt werden, und möchte nur be merken, dass es besser gewesen wäre, der Verfasser desselben hätte sich vorher über die Statuten und das Wesen der Vereinigung unter richtet, ehe er seine Anklagen im Druck erscheinen liess. Der von den vereinigten Papiermachern verlangte Mindestpreis für »fettdichtes« holzfreies Papier beträgt trotz der geringen Erzeugung auf der Maschine nach Abzug von Skonto, Provision, Verpackung, Fracht und Geschäftsunkosten nur höchstens 35 Pf. das Kilo ab Fabrik. Inwiefern bei einem so niedrigen Preise »die Bäume in den Himmel wachsen« sollen, wie Herr H S. aus Gr.-Lichterfelde in der selben Nummer der Papier-Zeitung meint, ist nicht ersichtlich; dieser Preis lässt nur bei äusserst sparsamem Betriebe und bei aufmerk samster Fabrikleitung und Geschäftsführung einen Nutzen zu. Was Herr H S. über die frühere Verschiedenheit der Erzeugnisse sagt, mag beachtenswerth sein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der blühende, unlautere Wettbewerb mit den Bezeichnungen »Pergamyn, fettdicht, Pergament-Ersatz, greaseproof« usw. demnächst wieder verstärkt bemerkbar macht. Es wird Sache der Vereinigung sein, gegen alle Leute, seien sie Papiermacher oder Händler, vorzu gehen, welche sich einer wissentlich falschen Bezeichnung oder An preisung ihrer Waaren schuldig machen. Der grösste Missbrauch wird leider allgemein und oft unbewusst mit der Bezeichnung »imitirt Pergament« getrieben; Druckpapiere mit 60 pCt. Holzschliff und nur 40 pCt. Zellstoff werden als imitirtes Pergamentpapier gehandelt. Wenngleich diese hässliche, fremdländische Bezeichnung an und für sich schon vermieden werden sollte, so wäre sie doch nur bei einem wirklich besonders guten Pergament-Ersatzpapier angebracht. Auf die sonderbare Frage des Herrn H. S., warum die Papier macher mit Vorliebe ihre billigsten Angebote gerade Schikaneuren machen, dürfte sich eine Antwort wohl erübrigen. Y. * * * Aus Sachsen Die letzten Nummern der Papier-Zeitung brachten mehrere Auf sätze über das neue Syndikat. Inzwischen hatte ich das Vergnügen, einen Vertreter der Leipziger Verkaufsstelle bei mir zu sehen. Der selbe erklärte, dass das Syndikat in der Hauptsache bestrebt sei, die Interessen der Grosshändler zu schützen. Es sei beabsichtigt, nur wirklichen Grosso-Firmen die neuen, billigen (?) Preise an die Hand zu geben; alle Düten- und Papierwaarenfabriken sollen auf diese Preise 5 pCt Aufschlag zahlen. Ob das Syndikat in Zukunft diese Versprechungen halten wird? C. E. W. # * # Merken bei Düren, Rheinland, 4. Mai 1898 Ueber Vereinigungen oder das Bestreben der deutschen Papier fabrikanten zu gemeinsamer Arbeit ist in letzter Zeit so viel Gutes und so viel Böses geschrieben worden, dass auch ich mir wohl erlauben darf, zu allem noch einige Worte hinzuzufügen, mit der Bitte, die selben unparteiisch zu lesen und aufzufassen, und ich habe die volle Ueberzeugung, dass die Herren, die heute so unsympathisch obigen Bestrebungen entgegenstehen, bei ruhiger Beurtheilung dieselben mit Freuden begrüssen. Was die Herren Papierfabrikanten anbelangt, so wird sich ja immer der eine oder andere von der Vereinigung zurückhalten, im Glauben, der Klügste zu sein und nun das Feld bei billigerem Preise zu beherrschen; dies ist nicht zu umgehen, hat aberoauch auf die ganze Marktlage keinen Einfluss, denn diese Herren können unmöglich den ganzen Markt versorgen, und im schlimmsten Falle sind die ver einigten Fabrikanten, wenn es hart auf hart gehen sollte, doch wohl imstande, eine solche Konkurrenz zu bekämpfen. Aber auch ganz ab gesehen hiervon haben die vereinigten Fabrikanten heute doch nur mehr mit einzelnen Konkurrenten zu kämpfen, wohingegen dieselben bis heran jeden Kollegen zum Konkurrenten hatten und durch das Angebot und Limitiren von allen möglichen Agenten und Vertretern sich immer mehr zum Nachgeben im Preise verleiten liessen. Neben den Fabrikanten dürften namentlich unsere wirklichen Papiergrosshändler den geplanten Vereinigungen ihre volle Sympathie entgegenbringen, denn von jetzt ab werden diese Herren das Zwischen geschäft wirklich in ihre Hände bekommen. Bis heran liessen zu viele Fabrikanten sich verleiten in dem Glauben, wenn du es nicht annimmst, nimmt die Konkurrenz den Auftrag, und oft die kleinsten Aufträge bei allen möglichen Zahlungsbedingungen. Durch die Ver einigungen werden aber die minimalen Quantitäten wie Zahlungs bedingungen festgesetzt, und wer nicht in der Lage ist, sich diesen Vorschriften zu fügen, muss sich eben an unsere Papiergrosshändler wenden. Wie häufig begegnete man bis heran dem ungesunden Faktum, dass Leute bei ganz kleinem Bedarf durch fortwährendes Drücken und Vorgeben von allen möglichen Preisen und Bedingungen die Agenten und Vertreter zu bearbeiten wussten, dass ihnen zum Schluss billigere Preise und bessere Bedingungen eingeräumt wurden, als dem nebenan wohnenden Papier-Grosshändler, der auch gewiss in nobler Weise den billigsten Preis zu erhalten wusste, jedoch niemals mit Hilfe unrichtiger Angaben. Dieses so ungesunde Geschäftsgebahren hört durch die geplanten Vereinigungen auf, von diesen erhält der Papiergrosshändler die billigsten Preise eingeräumt, er kann ruhig seinen Bedarf decken; er weiss ganz bestimmt, wenn er heute kauft, dass er morgen nicht zu theuer gekauft hat, was er bis jetzt niemals mit Bestimmtheit sagen konnte, daher auch das Unsichere im ganzen Einkauf. Ja, meine Herren, wenn so die Herren Fabrikanten mit den Herren Papiergrosshändlern sich zu gemeinsamer Arbeit vereinigen, so wird auch der deutsche Markt wieder auf eine gesunde Basis zurückgeführt und das Geschäft zu einem gegenseitigen erspriesslichen werden, um so mehr, wenn wie bei den geplanten Vereinigungen die Preise nicht geschraubt werden sollen, sondern bei einem bescheidenen Nutzen für den Fabrikanten die Preise normirt werden, wodurch keine neue Konkurrenz hervorgerufen wird, denn bei einem bescheidenen Nutzen für die alten, geschulten Fabrikanten kann eine neu erstehende Konkurrenz noch lange nichts verdienen, und dann wird Jeder denken »Schuster, bleib bei deinem Leisten«. Robert Emmel Sind Schwalbe und Taube in der Papier-Industrie Freizeichen? Am 7. Dezember 1895 erschien in einer Wupperthaler Briefumschlag- Fabrik ein Konkurrent in Begleitung des Untersuchungsrichters, mehrerer anderer Beamter und eines zweiten Konkurrenten, der als Sachverständiger beigezogen wurde. Sie beschlagnahmten sämmtliche fertigen und halbfertigen Waaren, die in ihren Merkzeichen irgendwo eine Schwalbe oder Taube zeigten. Diesem Vorfälle war einige Tage vorher ein Briefwechsel vorausgegangen. Die angeblich verletzte Firma hatte der Konkurrentin geschrieben, dass sie jene Zeichen und das Wort »Schwalbenpost« als ihr Eigenthum ansehe, denn sie habe den Musterschutz darauf erhalten; sie ersuche deshalb, die Verwendung dieser Zeichen fortan zu unterlassen und die vorhandenen Waaren, welche diese Zeichen enthielten, zu vernichten. Die Antwort erging in dem Sinne, dass man an den Zeichen Schwalbe und Taube kein be sonderes Interesse habe, deshalb solle die Verwendung in Zukunft unter bleiben. Dagegen wurde die Vernichtung der Vorräthe abgelehnt, weil keine wissentliche Verletzung irgend welcher Musterschutz rechte vorliege. Auf Antrag der angeblich verletzten Konkurrentin erhob die Königl. Staatsanwaltschaft gegen die andere Firma Anklage wegen Marken schutz-Verletzung. Die Beschuldigte setzte es aber durch, dass das Verfahren ausgesetzt wurde, bis sich auf ihren Antrag hin das Patent amt über die Frage entschieden haben werde, ob Schwalbe und Taube in der Papier- und besonders in der Brief-Industrie nicht als Frei zeichen anzusehen seien. Zuvor vergewisserte sich die Beschuldigte durch Rundschreiben an eine grössere Anzahl maassgebender Firmen dieser Geschäftszweige der in diesen Kreisen herrschenden Ansicht über die Frage, und es gingen ihr viele Nachweise dafür zu, dass die erwähnten Thierbilder schon lange und ganz -allgemein für sich allein oder in Verbindung mit anderen bildlichen Darstellungen in dieser Industrie als Waaren- oder Verpackungsschmuck benutzt worden sind. Es ergab sich daraus, dass Schwalbe und Taube von altersher gewisser- maassen Sinnbilder der Papier- oder vielmehr der Brief-Industrie ge wesen sind. Es wird Mühe kosten, eine Papierwaarenhandlung an zutreffen, in der man nicht soundsoviel Sorten Briefbogen oder Um schläge findet, die das eine oder andere dieser Zeichen als Wasserzeichen oder als Ausschmückung der Umhüllung enthalten. Da das Patent amt diese beiden Zeichen unter Markenschutz gestellt hat, so wurde infolge Antrags der beschuldigten Firma auf Löschung dieser Schutz rechte vom Patentamt vor nunmehr reichlich zwei Jahren das Er mittlungsverfahren in der Sache eingeleitet. Man weiss, wie stark dieses Amt mit Arbeiten überhäuft ist, sehr zum Schaden aller der jenigen, die von seinen Entscheidungen abhängig sind, und deshalb wird es Niemandem besonders auffallen, dass auch in dieser Sache noch garnicht abzusehen ist, wann die Entscheidung fallen wird. Inzwischen sind der angeschuldigten Firma die beschlagnahmten. Mappen, Briefkassetten usw. längst verdorben, und die Kundschaft, die vergeblich auf ihre Waare wartete, hat die Sachen ohne viele Umstände bei anderen Briefumschlagfabrikanten bestellt, denn es ist nicht bekannt geworden, dass die Klägerin gegen irgend eine andere Firma vorgegangen sei. Der Umstand, dass man allüberall in Deutsch land deutsche Brieferzeugnisse in den Läden ausgestellt sieht, die jene Sinnbilder tragen, aber nicht aus der Fabrik der Klägerin herrühren, be weist, dass es gemeinhin stillschweigend gestattet wird, von den beiden »geschützten Waaren-Freizeichen« nach Belieben Gebrauch zu machen. Mittheilungen aus dem Leserkreise zu dieser Angelegenheit würden dazu dienen, die Angelegenheit zu klären. Q. Aus obiger Darstellung geht hervor, welchen Gefahren sich ein Fabrikant aussetzt, der geschützte Zeichen ohne Erlaubniss benutzt. Da das Patentamt dem Antrag auf Löschung der ein getragenen Zeichen noch keine Folge gegeben hat, so wird wohl der Beweis noch nicht geliefert sein, dass Schwalbe und Taube vor deren Anmeldung schon Freizeichen in der Papier industrie waren. Der Preis von Packpapier, besonders von buichers’ manilla und manilla Nr. 2, ist in den V. St. v. A. bedeutend gestiegen, da viele Packpapier-Fabrikanten zur Herstellung von Druck papier übergegangen sind.