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abgeordneten auf Ur. Klotz. Er behauptete, der Angeklagte Heines wäre auch derjenige gewesen, der später im Wandel gang Klotz mit den Füßen gestoßen habe. Heines erwiderte, das sei nicht wahr. Auch der nächste Zeuge, der Partei sekretär Westphal, erklärte, daß es sich um einen Ucber- fall auf Ur. Klotz gehandelt habe. Die Zeugenaussagen waren damit erschöpft. Dann wurde der Nebenkläger Klotz vernommen. Er Habe im Erfrischungsraum des Reichstags am Tisch gesessen und Zeitung gelesen, als vier bis fünf nationalsozia listische Abgeordnete an ihn herantraten mit der Bemerkung: „Das ist der Kerl, der die Röhm-Briefe veröffentlicht hat." Im gleichen Augenblick habe man auf ihn eingeschlagen. Als der Vorsitzende nähere Auskunft über die Röhm- Briefe verlangte und Klotz die Veröffentlichung der Schriftstücke im März dieses Jahres zugab, kam cs zu einem Zwischenfall im Gerichtssaal. Dem Nebenkläger wurden aus dem Zuhörerraum Worte wie „Idiot! Schwein!" zugerufen, ferner: „Die Briefe sind ge fälscht!" Der Vorsitzende mußte eingreifen, wies einen Zu hörer aus dem Saal und drohte mit Räumung. Sodann fuhr Klotz in seiner Schilderung fort: Nach iden Vorgängen im Er- ' frischungsraum sei er von Neichstagsbeamten auf den Wan delgang hinausgeführt worden. Dort sei er dann aber mals von nationalsozialistischen Abgeordneten verprügelt worden. GesMgnisurteile gegen die nationalsozialistischen Abgeordneten Strasser freigesprvchen Devlin, 13. Mai. Rach einhalbstündiger Beratung ver kündete der Vorsitzende des Schnellschössengerichts. Land- gerichtsdirektor Dr. Masur, folgendes Llrteil: Der Angeklagte Strasser wird freigesprochen. Die Angeklagten Heines, Steg mann und Weitzel werden wegen gemeinschaftlicher Körper verletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu je drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die Kosten tragen, soweit Derurteilung erfolgt ist, die Angeklagten, soweit Freisprechung erfolgt ist, fallen sie der Staatskasse zur Last. Die verurteilten Nationalsozialisten legen Berufung ein Berlin, 13. Mai. Wie wir von nationalsozialistischer Seite Horen, werden die von dem Schnellschöffengericht verurteilten Reichstagsabgeordneten Heines, Stegmann und Weitzel gegen das Urteil Berufung einlegen. Aus aller Weil. Berlin. Wenn der Friseur die Zöpfe ab- schneidet. Ein Lehrmädchen, das bei einem Friseur an- gestellt war und sich durch besonders schöne, lange, blonde Zopfe auszeichnete, auf die sie sehr stolz war, ließ sich eines Tages von ihrem Chef frisieren. Noch ehe sie es recht be merkte, schnitt der Friseur die blonden Zöpfe ab und machte ihr einen hübschen Bubikopf zurecht. Das Mädchen war keineswegs davon entzückt. Empört verlangte sie ihren Lehr vertrag zurück, begab sich zu einem Anwalt, den sie mit der Vertretung ihrer Angelegenheit betraute. Der Rechtsanwalt erhob eine Schadenersatzklage auf Zahlung von 500,— RM. Das Zopfabschneiden bezeichnete er gemäß 8 823 BGB. als eine unerlaubte Handlung bzw. Körperverletzung. — Leider werden mit den 500,— RM — selbst wenn das Gericht sie ihr zuspricht — die schönen blonden Zöpfchen auch nicht wie- der von heute auf morgen wachsen. Hamburg. Opernsänger von wütendem Kater schwer verletzt. Einen merkwürdigen Unfall erlitt ein hiesiger Opernsänger, der bekannte Bariton des Staatstheaters Joseph Degler. Er wurde auf einem abend- liehen Spaziergang von einem großen Kater angefallen. Der Kater verletzte ihn an der Hand und am Arm und biß sich so fest, daß Degler ihn nicht abzuschütteln vermochte. Er mußte das wütende Tier in sein Haus schleppen, wo er es im Keller tötete. Vom Arzt wurde dem Sänger sofort eine Tetanusspritze verabfolgt. Es stellte sich so hohes Fieberen, laß der Zustand des Verletzten zunächst bedenklich war. Jetzt befindet sich Degler aber auf dem Wege der Besserung. Stuttgart. Das Großflugzeug vo X, das in den Dor- nicrwcrken in Altenrhein erbaut worden ist, führte am Frei- tua nack» einem Rundflna über dem Bodensee seinen Alvcn- flug nach Italien aus. ' Die Route führte über Splügen, f Como, Genua, Spezia. An Bord befinden sich elf Mann deutsche Besatzung; als erster Führer Chefpilot Wagner von den Dornierwerken, ferner vier Italiener, ein italieni scher Funker und ein italienischer Monteur, weiter Direktor Keppler von den Dornierwerken und als Gast der italieni sche Generalkonsul in Stuttgart. Seesen. Starker Gasausbruch im stitt- liegenden Kalibergwerk. Nachts erfolgte auf dem seit 1924 stilliegenden Kalibergwerk „Carlsfund I" in Groß- Rhüden ein Gasausbruch, der die auf dem früheren Berg werksgelände wohnenden Leute in große Aufregung ver setzte und sie veranlaßte, schnellstens ihre Wohnungen zu räumen. Die Gasentwicklung war so gewaltig, daß die Mauerung von zwei Stollen, d. h. viele Kubikmeter Erd massen und Gestein, bis 50 Meter weit über das Gelände geschleudert wurde. Das donnerartige Getöse dauerte etwa 10 Minuten an und war von starker Rauchentwicklung be- aleitet. Nürnberg. BlitzlichtcxplosionbeiHochzeits» gesell schäft. Im Gesellschaftshaus „Museum, wo eine, Hochzeit gefeiert wurde, versagte, als Photographen eine Blitz- lichtaufnahme der Hochzeitsgesellschaft machen wollten, di» Blitzlichtpartrone, explodierte jedoch später, als der Photo graph und sein Gehilfe im Hausflur die Ursache des Ver sagens feststellen wollten. Die beiden Photographen erlitten: schwere Verletzungen. Aschaffenburg. Einbruch in Schloß Mespel» brun n. Nachts wurde in das bekannte, dem Grafen von Ingelheim gehörende Schloß Mespelbrunn im Spessart ein gebrochen und eine große Anzahl Kunstgegenstände gestohlen. Es handelt sich vor allem um alte Gold- und Silbermünzen, Uhren, Schmuckstücke und Edelsteine, die einen außerordent lich hohen Sammlerwert haben. Nicht ausgeschlossen ist, daß versucht werden wird, die Gegenstände, unter denen sich zah^ reiche Iulius-Echter-MUnzen befinden, in Würzburg anläß lich des Jubiläums der von Iulius Echter gegründeten Uni versität an den Mann zu bringen. Amerikas „Raüonslbaby" isi aufgefunden. Ein einziger Aufschrei: „Führt die Mörder ihrer wohlverdienten Strafe zu." Mit der Nachricht von der A u f f i u d A n g d e s t o t e n Lindbergh-Babys hat der sensationellste Kindesraub, den die Weltgeschichte kennt, eine erschütternde Aufklärung gefunden. Ganz Amerika ist erschüttert über den grauen vollen Mord, der allen Anzeichen nach aa seinem „National baby", dem kleinen Sohne des ersten Ozeanbezwingers Lind bergh, einem der größten amerikanischen Volkshelden aller Zeiten, verübt worden ist. Die Auffindung der verwesten Leiche in nächster Nähe von Hopewell, dem Landsitz der Lind berghs, hat die ganze Nation in dieselbe hochgradige Er regung versetzt wie die vor zwei Monaten erfolgte rätsel hafte Entführung. Ein einziger Aufschrei geht durch das ganze Volk: „Findet die Mörder und führt sie ihrer wohlverdienten Strafe zu." Baby Lindbergs» nachweislich ermordet. Die Obduktion der Leiche des Lindbergh-Babys ergab einwandfrei, daß das Kind ermordet worden und keines natürlichen Todes gestorben ist. Es wurde ein Schüdelbruch festgestcllt, der davon herrühren kann, daß man mit einem harten Gegenstand einen schweren Schlag über den Kopf aus- führte. Ucbcr dem rechten Ohr befindet sich im Schädel des Das Söhnchen Lindberghs. Kindes ein markstückgroßes Loch, das von einem Schuß oder einem Schlag mit einem schweren Gegenstand herrühren kann. Eine genaue Feststellung über die Herkunft der Verletzung! ließ sich bisher bei dem stark verwesten Zustand der Leiche nicht machen. lieber die Auffindung der Leiche gab die Polizei eine ausführliche Darstellung. Danach ist das Kind nur drei Kilo meter von Hopewell entfernt unter Strauchwerk versteckt auf einem Grundstück gefunden worden, das einem Waisenhaus gehört. Gefunden wurde die Leiche von einem Neger, der so fort die Polizei benachrichtigte. Die Feststellung, daß es sich wirklich um den kleinen Landbergh handelte, erfolgte rasch und einwandfrei auf Grund des flanellenen Nachthemdchens, das der kleine Lindbergh am Abend der Entführung trug, de» Wäschezeichens, ferner durch die acht Zähne, die das Kinds aufwies und auf Grund der eigenartigen Uebereinander stellung einiger Zehen. Nach dem Stande der Verwesung muß das Kind schon vor zwei Monaten eines gewaltsamen Todes gestorben sein, d. h. also unmittelbar nach der Ent führung. Die unglücklichen Eltern. Die Eltern nahmen die Nachricht mit Anzeichen tiefsten Schmerzes, aber bewunderungswürdiger Fassung auf. Den unglücklichen Vater erreichte die Schreckensnachricht vom Tode seines Söhnchens auf der Jacht des Norfolker Bootsbauers Charles H. Curtis, mit dem Lindbergh eine Fahrt auf die offene See unternommen hatte, um hier Spuren von den Kindesräubern nachzuaehen. Die Fahrt wurde sofort abge brochen. Die Mutter Lindberghs kam erst am Mittwochabend aus Englewood bei New Pork, der Besitzung der Morrows, nach Hopewell zurück. Der stellvertretende Generalstaatsanwalt von New Jersey hat sich nach Hopewell begeben, um den schwer geprüften Eltern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Oberst Lindbergh ist rührend besorgt um seine junge Frau, die nach so furchtbaren Erlebnissen in nächster Zeit der Ge burt ihres zweiten Kindes entgegensieht. ? Schwere Anschuldigungen gegen di« Polizei. Angesichts der Tatsache, daß die Leiche so nahe am Wege und in der näheren Umgebung des Landsitzes gefunden wurde, ohne jemals vorher entdeckt zu werden, steht die Polizei vor einem vollkommenen Rätsel. Aus diesem Grunde werden auch bereits in der Presse die heftigsten Vorwürfe gegen die Arbeit der Polizei erhoben. Man bezeichnet es als unglaub lich, daß trotz eines Riesenaufgebotes von Beamten und Pri vatleuten niemand gerade auf die Stelle gestoßen ist, an der das Kind lag. Es wird deshalb auch vereinzelt die Frage aufgeworfen, ob die Leiche nicht nachträglich an den Fundort geschafft worden sei. Dem widerspricht aber der Befund der Leiche und die Beschaffenheit des Fundortes selbst. Wie dem auch sei, hat die Polizei sich gerüstet für eine Mörderjagd von ungeheuren Ausmaßen. Polizeioberst Schwartzkopff erklärte Pressevertretern: „Wir werden nicht eher ruhen und unseren letzten Mann aufbieten, bis dieses furchtbare Verbrechen auf geklärt ist und die Mörder verhaftet sind. MHermei kt6psPkes686 vou K6 c di u>Eü5r-kLL»rirLnvrr; dieurc», <47. Fortseßunq.) „Den kleinen Ausgang wird man sich wohl ohne Zeremo nienmeister gestatten können." fuhr die Königin fort und schritt nach dem Parktore zu Ehe sich noch ihre Begleiter von ihrer Ueberraschung erholt hatten, standen sie hinter Ihrer Majestät in Jägermeisters geschmücktem Garten. Maje stät ließ den Fächer sinken und sah sich hoheitsvoll im Kreise um. als wäre ihr diese Herablassung schon wieder leid. Die Anwwenden sanken in den tiefsten Hofknix zusammen und waren stumm. Therese trat einen Schritt vor. „Uns hat der Gesang angezogen, da wollte ich die Sängerinnen sehen " Die Naunhofs zwinkerte Therese zu, diese nahm rasch ge faßt ein paar Rosen vom Tisch. „Gestatten, Majestät, ganz untertänigsten Dank auszu- fprechen für diese Auszeichnung." Die Mädchen wagten kaum zu atmen; sie waren voll Be wunderung, da Therese io rasch Worte fand, und die Naun hofs iah mit Schadenfreude, wie besorgt Majestät um ihre Würde schien „Du bist die Braut, der dieses Fest gilt, nimm unseren Segenswunsch, sagte die Königin und bot Therese die Hand. Sie ließ die Augen über den Garten gleiten und wollte augenscheinlich den Schauplatz verlassen Da sagte Theref«: „Majestät, es koll Glück bringen, wenn heute niemand un- bewirtet das Haus verlaßt; würden Majestät mir die Ehre erweisen, von meiner Brauttorte zu essen?" „Lieber Himmel." dachte der Leibarzt, „jetzt- fällt ihr eine Perle aus der Krone." und die Jägermeistern hatte im Fluge ejstttge vergoldete Löffelchen geholt, das die Familie be saß, lind — ewiges Wunder — die Königin saß in There- jes bekränztem Stuhl und nahm winzige Bröcklein Kuchen. Die Mädchen waren selig über den unverhofften Genuß, die Königin in so unmittelbarer Nähe zu sehen und sprechen zu hären Sie bot auch ein prachtvolles Bild, wie sie in könig licher Haltung dasaß. Ihr violettes Seidenkleid füllte mit seinem duftigen Gefälbel den Sessel und rieselte noch her nieder bis auf das Gras. Sie ließ sich den icherzhaflen Brauch der silbernen Bohne erklären und sagte zu der beglückten Ulrike, sie wolle wissen, ob der Spruch auch einträfe Dann erhob sie sich, grüßte langsam nach allen Seiten, iah mit ihren scharfen Augen, daß sie sich in guter Gesellschaft be funden hatte, und mit Würde verließ sie den festlichen Kreis. Wie einst im Torhäuschen standen alle stumm, bis das letzte Schleppenende verschwunden war. dann stürzten sich die Mädchen wie die Spatzen über den Kuchenrest der Königin, und jede wollte ein Krümchen davon haben. Die Sonne war lange gesunken, und noch hatten sich nicht alle heimgefunden, da sagte Plötz: „Hört, ihr Kinder, laßt euch sagen! Es hat alles geklappt, bloß daß die Sonne ein mal länger scheine, tonnte ich nicht zuwege bringen." 21. Der Abschied vom König Die Näherei war noch immer in vollem Gange Plötz kam zu ganz ungewohnter Zeit, obwohl er gesagt hatte, bevor das Weibsvolk nicht hinaus sei, lasse er sich nicht wieder sehen. Therese merkte, daß er etwas auf dem Herzen hatte, ging mit ihm in Vaters Stube und rief die Mutter. „Plötz, Ihr wißt etwas vom König, ich sah den Leibgeorg aus dem Zwinger fortgehen." „Ja, er war bei mir — es soll mit raschen Schritten ab wärts gehen. Man weiß sich drüben keinen Rat Die Aerzte möchten den König in die Stadt haben, scheuen aber die Fahrt. Er selbst will hier draußen bleiben und verlangt in seiner Unruhe, bald in den Garten, bald auf die Terrasse und von da in ein Turmzimmer gebracht zu werden. Bert hold sorgt sich ehrlich ab. und Georg lebt in tausend Aengsten. daß man ihn in einer Chaise hineintrüge. Er will seinen Herrn selbst fahren, wenn es gilt, diese Fahrt zu tun, die doch die letzte ist Der Wagen soll an kein Steinchen stoßen, und auf der Brücke und vor dem Schloß soll feiner Sand ge schüttet werden " „Den ganzen Morgen Hal es wie ein Alp auf mir ge legen," sagte Therese mit starren Augen. „Weiß es der Vater schon?" „Ja. er steht auch drüben herum, wie wir alle, will in» Revier und kommt nicht fort." „Mädel." sagte die Iägermeisterin, „laß dir's doch nicht so zu Herzen gehen " Therese stand blaß und stumm und sah nach dem Schloß hinüber. „Einem Kranken sollte man die Ruhe gönnen." „Therese," mahnte Plötz „Der Gedanke, daß das Ende kommt, fällt euch doch allen schwer aufs Herz, und ich — ich soll nicht traurig sein?" „Freilich, freilich, mein Hühnchen." iaqte Plötz und Han- j tierte gräuschvoll mit dem Taschentuch „Siehst du. er hat es dir ordentlich zu Gefallen getan und vorige Woche noch Ausfahrten unternommen, damit du die Freud« an dem schönen Tag im Garten haben konntest." „Hätte ich geahnt, wie schnell dieser Rückschlag käme, nicht eine Stunde wäre ich fröhlich gewesen " „Du wirst später auch anders denken," sagte die Mutter, „und Plötz sieht zu. daß man den Jägermeister mit ins Re vier bringt, da ist ihm wohler " Am Nachmittag kam Berthold auf das Haus zu; in Angst und Bangen lief ihm Therese entgegen „Jungfer Böhme, Majestät sind soeben in den Garten ge bracht worden und möchten die Jungfer sehen " „Mich! Berthold, habt Ihr recht gehört?" und Tränen schossen ihr in die Augen. Der Vater kam eiligst aus dem Stallhvf; er hatte Bert- hold gesehen. Die beiden Alten schüttelten sich stumm die Hände. Wozu noch Worte? Man war sich eins in der Sorge um den geliebten Herrn „Bater, ich soll zu Majestät kommen " (Fortsetzung folgt.) .