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„Kampagne" K^ein deutsches Wort — aber eine deutsche Angelegenheit. Haben Sie, D verehrter Leser, schon einmal eine Zuckerfabrik im Sommer gesehen? I Das ist ein seltsamer Anblick. Man glaubt, ein Dornröschenschlaf; der - Arbeit zn besuchen. Es hat etwas Verwunschenes. Unwirklich laut hallen I die Schritte des Besuchers von den Wänden zurück. Nichts rührt sich in Z den gewaltigen Hallen, den einsamen Gängen zwischen den riesigen Röhren- V shstemen. Die Maschinen ruhen wie große schlafende Tiere, teilweise sind I sie anseinandergenommen: große Zahnräder, Kolbenstangen, Kegelnntriebe D vorsorglich in Maschinenfett gebettet. Das Werk wartet. Es harrt der - Zeit der Rübcncrnte und der dann beginnenden Bearbeitungsperiodc, eben Z jener Zeit, die der Zmkcrfachmann als „Kampagne" bezeichnet. Mit einem - Schlag wird es aus den Rübenfcldern lebendig. Durch die Herbstnebel V klingt das Wichern schwerer Zugpferde, das Rattern von Traktoren. Auf D kleinen ländliche» Bahnstationen stauen sich die Waggons mit den Zncker- - rüben. Und nun wird die Zuckerfabrik lebendig. Weiße Dampfschwaden, D doppelt kräftig in der ersten Winterkälte, niuhüllen sie wie die Wolken G das Haupt des Zeus. In langen Reihen rollen die Waggons in die ß Fabrikhöse, polternd stürzt sich die deutsche Frucht in schäumende Wasser- - länfe, die sie der Verarbeitung zusühren. In großen Zügen gesehen ist der Fabrikationsvorgang des^ Zuckers D etwa folgender: die sorgfältig gereinigten Rüben werden zuerst zu Schnitzeln D zerkleinert. Dann gelangen sie in die sogenannten „Diffuseure", wo ihre ß Auslaugung stattfindet. Das Ergebnis ist der Nohiain der durch Kalk D behandlung geklärt wird. Nun erfolgt das Eindicken des Saftes in riesigen I Verdampfern. Aus dem so gewonnenen braunen Rohzucker entsteht durch Z Schleudern und Abwaschen der uns bekannte weiße Zucker, der, je „ach Wenn die Bäume im schmuck des Rnnhreis stehen, ist Hauptarbeitszeit in den Zuckerfabriken; der Fach mann sagt: „Zeit der Kampagne" seinen späteren Verwendungszwecken, noch verschiedene Veredelungen und Umformungen erfährt. Die deutscheZuckerkampagne umfaßt im allgemeinen die Monate Ende Oktober bis Anfang Januar. Damit ist ein Jndustrievorgang abgeschlossen, dessen Ent- stehnng etwa sünsviertel Jahrhundert zurückliegt. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, Ivas die Ent deckung der deutschen Zuckerrübe damals bedeutete. Zucker war vordem ein kostspieliges Kolonialprodukt. In Kunersdorf in Schlesien gründete Karl Ludwig Achaz die erste Nübenzuckerfabrik. Es bedurfte noch einiger Jahrzehnte, bevor es gelungen war, die Zucker rübe zu ihrer heutigen Ergiebigkeit hochzuzüchten und die technischen Maschinen sür ihre Verarbeitung zu entwickeln. Dann aber beherrschte der deutsche Rübenzucker den europäischen Markt. Er machte nicht nur fein Heimatland völlig vom Kolonial zucker unabhängig, sondern stellte darüber hinaus einen wichtigen Ausfuhrposten dar. Der Krieg Bild rechts: >»-. Zentrtsugenstatioir zum Schlendern und Abwaschen des braunen Rohzuckers Die Ruben wcrden aus dem Fabrilhos im Wagen kipper auSgeladen Ausladen der Rüben mit Wasserkraft yar diese Vormachtstellung des deutschen Zuckers ent scheidend zerstört. Es ist fast nur noch der deutsche Markt geblieben, und selbst dieser ist bedroht einerseits durch Unterbietung aus Staaten primitiverer sozialer Kultur und durch eine merkwürdige Propaganda für Rohrzucker, der an geblich Eigenschaften haben soll, die dem deutschen Zucker abgehen. In dieser Hinsicht sind Untersuchungen von Wert, die ein Ernührungswirtschaftler von Weltruf, Ragnar Berg, jetzt angestellt hat. Diese gipfeln in der Feststellung, daß Rohrzucker und Rübenzucker chemisch genau dasselbe sind. Rübenzucker - es sei denn für diejenigen, di- den AuSlandszucker noch teurer als den Jnlands- zucker verkaufen . . ." Wo mit wieder einmal bewiesen ist, daß deutscher Erfinder geist und deutsche Arbeit sich wohl behaupten können, solange im Deutschen selbst die Achtung vor seinen eigenen Leistungen aufrecht erhalten bleibt! Hermann Scholtz „Der einzige Unterschied liegt im Ausgangsmaterial und dem; nach nur im Namen. Auch der rohe Rohrzucker hat keinerlei Vorteile vor dem rohen """" m.mmm cfi