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Werke zu Diapositiven fotografiren lassen, um sie bei einer Besprechung der Bände im Buchgewerbesaal zu projiziren. Es sei erwünscht, daß der Buchgewerbesaal sich einen Pro jektionsapparat zulege. Für den vorliegenden Zweck werde ein solcher vielleicht leihweise beschafft werden können. Die Frage, ob es von nachteiligem Einfluß für die Haltbar keit der Maschinen sei, wenn man neuerdings die Untergestelle nicht mehr aus einem Stück herstelle, wurde von Herrn Werra verneint. Dadurch, daß kleinere Maschinenteile dichter und besser gegossen werden können, als die großen Stücke, er langen sie eine größere Haltbarkeit, auch wenn die Unterteile aus mehreren Teilen zusammengesetzt würden. Weiter wird bekannt gegeben, daß diejenigen Mitglieder, welche das Archiv für Buchgewerbe zum Vorzugspreise von 5 M. pro Jahrgang beziehen wollen, dies ungesäumt dem Schriftführer E. Bau meister mitzuteilen haben. In einem Schlußwort weist Herr Könitzer darauf hin, daß die heutige Sitzung die letzte in diesem Jahre sei und wünscht, daß die Typographische Gesell schaft sich im nächsten, im fünfundzwanzigjährigen Jubiläums- jahre, zu höchster Blüte entfalten möge. Schluß der Sitzung 12‘/4 Uhr. Moderne Einfassungen von C. Kulbe Fortsetzung zu Nr. 100 Wenn eine typografische Einfassung in ihren verschiedenen Anwendungen und auch bei großen Formaten nicht ermüdend und kleinlich wirken soll, ist es nötig, daß ihre fortschreitende Bewegung entsprechend groß wird. Die Motive, die diese Be wegung hervorbringen, dürfen trotzdem nicht unruhig wirken; ihre Linienführung muß straff sein, sie darf sich nicht in starken Kurven oder kurzen Schlangenwellen bewegen. Die Natur ist hier die beste Lehrerin. Betrachten wir nur, wie kräftig und energisch, wie widerstandsfähig sich das Astwerk eines Baumes aufbaut zu oft riesenhafter Höhe. Und doch nirgends der Ein druck; als sei dieser Aufbau zu groß geraten oder mit unzu reichenden Mitteln ausgeführt. Bei dem Vergleich mehrerer Baumarten sehen wir aber auch, wie die höher wachsende Art die energischere Stamm- und Astbildung hat; die Zweiglinien sind gerader^ nicht gebogen und gewellt. Im Zusammenhänge mit diesem straffen Wüchse steht die Bildung der Astwinkel, d. h. die Art, wie sich Ast an Ast und Zweig an Zweig fügt. In Beispiel 6 ist der obere Teil eines jungen stark in die Höhe strebenden Baumes gezeigt. Die Zweigpartie entspricht in ihrer Art ungefähr einem drei Meter hohen Fliederstrauche. Ich erwähne dies, weil sich solch niederer Fliederstrauch besser studiren läßt. Für solches Studium ist übrigens das Frühjahr die beste Zeit, denn im Sommer verdeckt nicht nur das Laub den grölten Teil des Astbaues, sondern die Zweigmasse wird auch durch wilde Schößlinge, die den kommenden Herbstwinden be reits zum Opfer fallen, überfüllt und in seinem klaren Bilde verwirrt. Für die ornamentale Verwertung käme also die Art und Weise in Frage, wie sich das feine Zweigsystem im oberen Teil der Skizze 6 entwickelt und wie sich Zweig an Zweig an einanderreiht. In Skizze 6 sieht ja allerdings dieses Zweig ¬ system etwas klein aus, aber es enthält dennoch einen Kon struktionsgedanken für den Lauf einer Bordüre, die als Bei spiel 8 skizzirt wurde. Eine Aenderunginbezug auf größere Einfachheit oder noch größeren »Lauf« bietet Beispiel 9. Sein Aufbau schließt sich an ein anderes Baummotiv an, an die Weide, von welcher in Skizze 7 einige Zweige dargestellt sind, besetzt mit blühenden Kätzchen. Die Weide ist als Baum von geringerer Höhe in ihrer Ast- und Zweigbildung einfach und übersichtlich aufge baut; ihre Zweige bilden längere und gleichmäßigere Ruten als z. B. bei Buche und Ahorn. Dementsprechend ist auch die Einfassung Beispiel 9 einfacher und gerader, also energischer und für räumlich län gere Fortführung ge eignet als Beispiel 8. Die formalen An regungen, welche Bei spiel 8 und 9 geben mit Bezug auf die Stengelführung, wären noch zu ergänzen durch Blatt- und Blüten schmuck. Zwei Wege sind hier möglich: ent weder verteilt man die Blätter gleichmäßig über die Stengel (wie bei der Lindenblatt- Einfassung von J. G. Scheiter & Giesecke, Beispiel 10), oder die Stengel wechseln als ornamentale Sonder motive mit den Blättern oder Blüten, die — technisch gedacht — ebenfalls besondere Stücke bilden, ähnlich wie bei Beispiel 11, welches einer einfassungsartigen Vignette der Firma A. Nume- rieh & Co. entnommen ist. Eine Mittelstellung zwischen beiden Anwendungsformen nimmt das Eichenlaub von Wilhelm Woellmers Schriftgießerei ein, welches als Beispiel 14 gezeigt ist. Hier wechseln große und kleine Blattmotive mit einander ab, und die kleinen Blattmotive bieten zugleich Platz für karakteristische Stengelführungen. Neu für unsere Erörterungen sind in diesem Beispiel die Auslaufstücke und die zwei ver schiedenen Stengelformen für die Eckenbildung. In Beispiel 12, einer Vignette der Schriftgießerei Julius Klinkhardt entnommen, sind Laubmassen als geschlossene Fläche dekorativ verwertet. An diese scharf geschlossene Fläche stoßen Ast- und Stammlinien, die sich nach unten noch wesentlich verlängern und durch eine weitere Laubmasse (Figur 13) unterbrochen werden könnten, um schließlich am Fußpunkte in stilisirten Wurzel-Linien zu endigen. Der artige Einfassungen sind in letzter Zeit mehrfach zur Ausführung gekommen, so Apfelbaum-, Lorbeer- und Weinmotive. Solch geschlossene dekorative Blattflächen verlangen vorwiegend geradlinige Stengelführung, ein Umstand, der häufig nicht ge nügend beachtet wurde, so daß mitunter die Stengelpartien wie flatternde Fäden um die Laubmassen irren, anstatt als Träger derselben zu erscheinen. Außerordentliches Geschick im Entwurf von Einfassungen, ganz auf typografischer Grundlage, hat I. V. Cissarz in der Dekoration der HeleneDiederichs’schenGedichtsammlung»Unter- strom« (Verlag von Eugen Diederichs in Leipzig) bewiesen; ein sehr gutes Beispiel für die Verteilung von Blätter- und Blütenformen gebe ich daraus als Beispiel 15 (in einem Ausschnitt) wieder. Der Karakter der — hochstämmigen — Rose ist darin außerordentlich gut getroffen, und obgleich der Rand, dem unser Ausschnitt entnommen ist, rein zeichnerisch und als Ganzes in Zink geätzt ist, so ließe er sich doch ohne weiteres in typografisch-systematische und einzeln setzbare Figuren zer legen. Weil diese Art Ränder so streng im Rechteck gezeichnet sind und bei immerhin großer zeichnerischer Freiheit dennoch wie strenge Wiederholungen bestimmter Motive erscheinen, bilden sie einen stilistisch unübertrefflichen Einklang mit dem Wesen des typografischen Schriftsatzes, dessen Karakteristikum eben auch in der genauen Wiederholung der ein- für allemal fest stehenden Buchstabenformen besteht. Fortsetzung folgt ii Hast du zur Arbeit gerade Mut, Geh’ schnell daran, dann wird sie gut. Fällt dir was ein, so schreib es auf. Ist heiß das Eisen, hämm’re d’rauf. Rot. Reinicke