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3350 PAPIER-ZEITUNG Nr. 93 Breslauer Typographische Gesellschaft Die Sitzung vom 16. Oktober war der Besprechung von Skizzen aus der Berliner Gesellschaft gewidmet, welche durch den Vorsitzenden erfolgte. Kollege Schultes hielt einen Vortrag: »Neues aus der Schrift gießerei^. Eine außerordentliche Generalversammlung am 25. Oktober be schloß den Beitritt zum Verbände der Typographischen Gesellschaften und nahm eine Statutenänderung vor, wonach es jetzt jedem An gehörigen der grafischen Berufsarten freisteht, Mitglied der Gesellschaft zu werden. Der Skizzirunterricht unter Leitung des Kollegen Schultes hat be gonnen und wird vorläufig an jedem Freitag der Woche, wo keine Sitzung stattfindet, im Vereinslokal abgehalten, bis die Schulbehörde ein geeignetes Klassenlokal zu diesem Zwecke anweist. Die Teil nehmer am Unterricht sind zahlreich und werden hoffentlich alle bis zum Schluß aushalten. Am 1. November besuchte unsere Gesellschaft die Werkstatt der Firma Schneider & Glosemeyer, hier, um einen Prägedruck kennen zu lernen, der mittels einer Viktoria-Tiegeldruckpresse von Rockstroh & Schneider Nachf. in Dresden-Heidenau ausgeführt wird. Auch an dieser Stelle sei Herrn Greßmann für seine eingehenden Erklärungen bestens gedankt. S. Schutz deutscher Kunstwerke in Oesterreich Die Firma X. in Wien hat ein von mir herausgebrachtes Dessin, »Jesuskind«, ohne meine Erlaubnis reproduzirt und in den Handel ge bracht. Ich stellte infolgedessen durch meinen Advokaten Strafantrag, worauf das K. K. Landesgericht in Wien eine Kaution von 100 Kronen verlangte, obwohl es sich früher in einem gleichen Verfahren gegen dieselbe Firma mit einer solchen von 400 Kronen begnügte. Gegen diesen Beschluß habe ich sowohl Beschwerde im Instanzenweg erhoben, als auch das Kaiserliche Deutsche General-Kon sulat in Wien um Wahrung meiner Rechte ersucht. Die Beschwerde meines Rechtsanwalts an das Landesgericht in Wien füge ich bei. Luxuspapier-Fabrik Y. Die in obiger Zuschriit erwähnten amtlichen Schriftstücke lauten auszugsweise: Bescheid des K. K. Landesgerichts zu Hien Das K. K. Landesgericht Wien hat auf Grund des § 59 des Ge setzes vom 26. Dezember 1895 No. 197 R. G. Bl. die mit der Privat klage der Firma Y. gegen X. wegen Vergehens gegen das Urheber rechtsgesetz angesuchte Beschlagnahme der sämtlichen in dem Ge schäfts- und Fabrikationslokale des X. vorfindlichen Nachbildungen, Platten, Steine und Formen bezüglich der Weihnachtskarte Beilage B in Erwägung, daß aus dem vom Privatankläger zitirten Akte Vr. XXIH 7678,3 hervorgeht, daß der Schade des Beschuldigten ein bedeutender sein kann, nur gegen eine von dem genannten Privatkläger zu er legende Kaution von zehntausend Kronen (10 000 Kr.) zu bewilligen beschlossen, damit eine Wiederholung der strafbaren Handlung ver hindert werde. Aus dem Rekurs der Firma Y. gegen diesen Bescheid: Wir fühlen uns beschwert dadurch, daß uns die Konfiskation der bei X. vorfindlichen Nachbildungen blos gegen eine Kaution von 10 000 Kr. bewilligt wurde. Aus dem im Bescheide vom 14. Oktober 1903 zitirten Akte Vr. XXIII 7678/3 geht hervor, daß HerrX. das Urheberrecht der Firma Z. in A., Sachsen, verletzt hat, dies anerkannte, in die Vernichtung der konfis- zirten Ware und Zahlung einer Buße etc. etc. willigte. Herr X. an erkannte hierdurch, sich gegen das Urheberrechtsgesetz verstoßen zu haben. Aus unserer Anzeige und dem Vergleiche der Bilder geht hervor, daß X. auch unser Urheberrecht verletzt hat, und es scheint, als ob er geradezu gewerbsmäßig zum Schaden insbesondere reichs-deutscher Fabrikanten deren Dessins nachmacht, die für teueres Geld von ersten Künstlern erworben werden. Es geht ferner hervor, daß es sich’um eine Weihnachtskarte handelt, sonach um einen Artikel, welcher zum großen Teil schon fertig gestellt und zum Versand bereit ist. Nur durch die schleunige Konfiskation kann unserem Rechte Geltung werden. Wenn aber das K. K. Landesgericht als Strafgericht eine Kaution von 10 000 Kr. verlangt, so werden diese Maßnahmen illu sorisch, denn zu so einem Erläge von 10 000 Kr. kann sich ein Ge schäftsmann nicht entschließen, weil er solche Beträge nicht über flüssig hat. Aus der Privat-Klage geht hervor, daß zirka 56 000 Karten kon- fiszirt wurden. Das Tausend dieser Karten wird mit zirka 10 M. ver kauft und kostet den Erzeuger zirka 6 M. Es kann sich sonach, wenn wir den ganzen Preis ersetzen müssen, um 560 M. handeln, keinesfalls aber um 10 000 Kr. 400 Kr. haben wir ja erlegt und es ist zweifellos, daß dieser Betrag für die eventuellen Schadenersatzansprüche sicher lich genügt. Ueberdies sind wir eine solvente protokollirte Firma. Durch die Höhe der Kaution wird auch die Reziprozität, die in dem Staatsvertrage zwischen Oesterreich-Ungarn und. Deutschland vom 30. 12. 1899 No. 50 ex 19000 d. R. G. B. stipulirt ist, den deutschen Reichsbürgern gegenüber verletzt, denn in Deutschland wird entweder gar keine oder eine solche Kaution verlangt, welche die vorbereitenden Maßnahmen nicht illusorisch macht. Wir haben auch diesbezüglich die Hilfe der K. deutschen Bot schaft in Wien angerufen, weil wir uns in unseren Rechten um desto eher gefährdet wähnen, als in der Zwischenzeit Herr X. die nachge machte Ware verkaufen oder in geeigneter Weise verwerten wird oder kann. Nach allgemeinem Begriffe sollte man doch vermuten, daß der Beschädigte eines besonderen Schutzes bedarf, nicht aber der Schädiger, von welchem eklatant erwiesen wird, daß er es gerade auf reichsdeutsche Firmen abgesehen hat, offenbar deshalb, weil er ver mutet, daß dieselben sich nicht zur Wehr setzen. Nunmehr da Kautionen in solcher exorbitanter Höhe verlangt werden, wird man wohl von der Voraussetzung ausgehen dürfen, daß die Konfiskationen unmöglich sind. Vermutet aber das K. K. Landes gericht in Strafsachen, daß eine Aehnlicheit zwischen den nachgemachten Weihnachtskarten und unseren erkauften Bildern nicht vorliegt, und daß deshalb der Nachmacher eines besonderen Schutzes bedarf, weil vielleicht das Endurteil für ihn spräche, so möge doch vorerst ein Sachver ständiger an der K. K. Kunstakademie um diese Aehnlichkeit und die vorliegende Nachahmung befragt werden. Wir beantragen die Abänderung des Bescheides des K. K. Landes gerichtes in Strafsachen zu Wien vom 14. Oktober 1903 Vr. XXIH 8297 2 —■ hinsichtlich der Höhe der Kaution und bitten, sich mit den er- 4 legten 400 Kr. zu begnügen. Sollte dieser Beschwerde nicht stattgegeben werden, so bitten wir um schleunigste Anordnung der Hauptverhandlung. Auch nach er folgter Verurteilung des Beklagten, wird, wenn Beklagter dagegen Nichtigkeitsbeschwerde erhebt und die Kaution aufrecht erhalten wird, mit Rücksicht darauf, als es sich um einen Weihnachtsartikel handelt, das Urteil für uns ein leeres Blatt Papier sein, da ein Effekt hiervon nach erfolgtem Ausverkäufe nicht versprochen werden kann, und ein Beweis über die Höhe des Schadens nach erfolgtem Ausver käufe beinahe unmöglich ist. Unfall-Rekurs-Entscheidung. Der Druckerlehrling D. erlitt im Januar 1901 eine Quetschung der rechten Hand an der Tiegeldruckpresse, ver bunden mit einem Bruch des dritten Mittelhandknochens. Bei der Heilung dieses Bruches war eine starke Knochenverbildung (Gallus) aufgetreten. Außerdem sollten infolge der Verletzung epileptische Krämpfe aufgetreten sein. Der behandelnde Arzt begutachtete, daß der Verletzte den Eindruck eines schwächlichen und nervösen Men schen gemacht habe, bei dem die Heilung der Handverletzung nur langsam von statten gegangen sei, von Krampfanfällen sei ihm nichts bekannt, und es sei auch nicht wahrscheinlich, daß dieselben mit dem Unfall in Zusammenhang stehen könnten. Auf Grund dieser Sachlage lehnte die Berufsgenossenschaft den Anspruch auf Entschädigung ab: Der Vormund des Verletzten erhob Berufung beim Schiedsgericht, und in dem ersten Verhandlungstermin wurde ein Vergleich dahin ge schlossen, daß die Berufsgenossenschaft sich bereit erklärte, den Ver letzten zur Untersuchung einer Heilanstalt zu überweisen. D. wurde hierauf im Krankenhaus Moabit beobachtet. Das Gutachten des Krankenhauses sprach sich dahin aus, daß ein ursächlicher Zusammen hang der epileptischen Krämpfe mit dem Unfall keineswegs ausge schlossen sei, eine medizinisch-wissenschaftliche Beweisführung aber, daß solch Zusammenhang bestehe oder wahrscheinlich sei, lasse sich nicht erbringen. Vom Schiedsgericht wurden hierauf noch die früheren Lehrer des Verletzten darüber vernommen, ob er während der Schul zeit bereits Anzeichen von Epilepsie gezeigt habe. Positives konnte in dieser Richtung nicht ermittelt werden. Das Schiedsgericht holte hierauf noch ein Gutachten des Professors Mendel ein, nach welchem ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und den epileptischen Krämpfen insofern vorliegen sollte, als bei dem in den Entwicklungs jahren befindlichen jungen Menschen der Unfall die Veranlassung des Offenbarwerdens des epileptischen Krankheitszustandes und für die weitere Entwickelung desselben abgegeben habe. Die Beeinträchti gung der Erwerbsfähigkeit wurde nach diesem Gutachten auf 75 pCt. geschätzt. Hierauf verurteilte das Schiedsgericht die Berufsgenossen schaft zur Zahlung einer Rente von 90 pCt. Gegen diese Entscheidung legte die Berufsgenossenschaft Rekurs beim Reichs-Versicherungsamt ein, und dies änderte am 24. September d. J. das Urteil des Schieds gerichts dahin ab, daß eine Teilrente von 75 pCt. zu gewähren sei, mit der Begründung, daß die Unfallverletzung und die sich daran an schließende schmerzhafte Behandlung die schlummernde Anlage zur Epilepsie zum Ausbruch gebracht habe. Preisausschreiben. Vor einigen Tagen wurde die von der Verlags buchhandlung E. A. Seemann in Leipzig ausgeschriebene Konkurrenz für Originalradirung und Holzschnitt entschieden. Es waren 365 Arbeiten eingegangen, darunter etwa 100 Holzschnitte. Das Ausland war mit 43 Arbeiten vertreten. Die aus den Professoren Klinger, Liebermann, Köpping, v. Tschudi, Lehrs, Graul und den Inhabern des Verlages bestehende Jury gab den ersten Preis (800 M.) Heinrich Beißerscheid München, den zweiten Karl Hofer in Rom, den dritten Marie Stein in Oldenburg, den vierten Martha Cunz iu St. Gallen. K. (Münch. N. N.)