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2, C Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * *** Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung 3348 Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme - Nr. 93 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Entwicklung der Schrift Vorträge im Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin von Dr. Gustav Kühl (Fortsetzung zu Nr. 91) IV. Vortrag Die Ausbildung des gotischen Stils in den Schriftformen steht fraglos in einer inneren Verwandtschaft mit der Aus bildung des gotischen Stils überhaupt. Ohne etwa direkte Be ziehungen zwischen Architektur und Schrift erklügeln zu wollen, darf man sagen, daß die hoch und schmal gestellte gotische Minuskel dieselbe Vorliebe für die Vertikale an den Tag legt, wie die endlos aneinandergereihten hohen Pfeiler eines gotischen Kirchenschiffs, denselben Zug nach einseitiger Bewegung wie die parallelen Tragbalken einer gotischen Zimmerdecke; während die niedrige, rundlich zusammengefaßte romanische Schrift an den Halbkreisbogen und die schwer lastenden Kirchen der romanischen Zeit erinnerte. Daß die Verbindungen der Grundstriche in der gotischen Zeit eckig werden und die Gestalt kleiner Dächer annehmen, ist eine natürliche Folge der Schmalstellung, ebenso wie der Spitzbogen eine Konstruktionsnotwendigkeit war; auch diese Dinge zeigen eine innere Verwandtschaft. Ganz anders als die gotische Minuskel sieht die Majuskel aus, das gotische Initial. Dieses zeigt teilweise die Grund formen der Unziale, z. B. € teilweise aber auch I die der alten Kapitale, die ja seit dem 9. Jahrhundert wieder zu Ehren gekommen war; so das B D6 . Alle Buchstaben werden nun aber möglichst geschlossen. Sie bildeten nur das Ornament in einer farbig begrenzten Fläche, die das Initial wie einen Edelstein, wie eine Art Maßwerk zu fassen bestimmt war; und die leicht nach innen geschwungene Linie, die eine solche Fläche begrenzte, wurde bei ursprünglich offenen Buch staben schließlich ein wesentlicher Bestandteil der neuen Form; so beim € H L S C. Das W ist nur die Verdopplung eines U, also genau die Unzialform für das lateinische W, das ein verdoppeltes V ist. Es hat sich so langsam eingebürgert, daß man es auch in der ersten Zeit des Buchdrucks nicht immer mitgeschnitten hat. U und V stehen übrigens in ihrem lautlichen Werte gleich und werden beide sowohl für den Konsonanten wie für den Vokal gebraucht; bei den Minuskeln gewöhnt man sich, das v im Anlaut, das u im Inlaut zu setzen, also: vns, aber nur. Die einzige Neuschöpfung ist das große n, entstanden aus der Minuskel n; die Tendenz, die Minuskeln für die Majuskeln einzusetzen, trat schon im 11. Jahr hundert bei Buchstaben wie e, m, n, t auf, ist aber nur in dem einen Falle zu einer ständigen Gewohnheit geworden. Dies war das Alfabet, das Johann Gutenberg vorfand, als er auf den Gedanken kam, die Herstellung von Schriftwerken massenhaft mit Hilfe von gegossenen Typen zu betreiben und an die Stelle der bisherigen Handarbeit die Maschine treten zu lassen. Er konnte keinen andern Ehrgeiz haben als den, die vorhandenen Schriften möglichst getreu nachzuahmen; auch wurde ja die gotische Schrift in den Blockbüchern seiner Zeit verwendet. Die vornehmsten Schriftstücke der Zeit waren die Meßbücher, die die schmale Missalgotisch aufwiesen, wie sie in den ersten Drucken nachgebildet worden ist; daneben gab es freilich auch Handschriften mit einer weniger hohen, aber breiter laufenden Schrift. Die größte Schwierigkeit in der ganzen Herstellung der Typen lag in der Zurichtung. Sie sollten gleichmäßig wirken. Und zwar suchte Gutenberg nach dem Muster der Schreiber den einzelnen Grundstrich als Einheit durchzuführen; alle Grundstriche sollten gleich weit von einander entfernt sein, gleichviel ob sie einzeln oder zu mehreren Geltung hatten; das Wort in mußte genau so viel Platz einnehmen wie der Buch stabe m. Da die Grundstriche sämtlich mit der gleichen Form eckiger Köpfe begabt, also oben und unten gleichmäßig etwas breiter waren, und da diese Eigentümlichkeit einer Verdickung an derselben Stelle auch von den überragenden Buchstaben, wie 1 f I) geteilt wurde, so war ein gleichmäßiger Anblick, ähnlich dem eines Gitters, wohl zu erreichen. Nur nach den acht Buchstaben cefgrtrs bestand die Schwierigkeit; daß der Kegel dieser Buchstaben weiter nach rechts ausgedehnt werden mußte, sodaß der folgende Buchstabe nicht gleich nahe an den Hauptstrich des vorigen rücken konnte. Um nun seinem Grundsatz treu bleiben zu können, schnitt Gutenberg, wie Schwenke nachgewiesen hat, für fast alle Buchstaben Nebenformen, bei denen das Vorragen des Köpfchens nach links vermieden war, so daß mit dem Grundstriche auch der Typenkegel abgeschnitten war; durch dieses Minus am folgen den Buchstaben machte er das Plus des vorhergehenden wieder wett. Die Nebenformen werden nun, wie ein Blick auf Bilder 8 und 9 zeigt, ausnahmslos nach cefgrtr gebraucht; nur Hur et argratü et utßitnttitu qua 0- ptt lunt auferet illis t abibüt: nec ßbi aujdüiif£tait.i)taq;nttüu8tö ee regem ulteutant uinut fuä aut uaa m domnntile fqua gloriabitur qui pollitt illud 6 fallt duj: ud oHmi üg- mo qürultabit qur in parefunt:63 fall DiL.Pnl quid Et luna arfdea nun untüplendibacteila ad utilt- tare obaudiunt: ümilitet tt fulgur rü apparuetit ppitu e. jjöipm am Bild 8. Gutenbergs zweiundvierzigzeilige Bibel (Mainz 1450—1455) nach dem s half sich Gutenberg in anderer Weise, nämlich, indem er den Kegel dieses Buchstaben oben nach rechts über ragen ließ. Diese Zurichtung ist der ältesten, spätestens 1447 geschnit tenen Type Gutenbergs, der Donat- und Kalendertype, sowie der 42zeiligen und der 36zeiligen Bibel und dem berühmten Fust- Schöffer’schen Psalterium gemeinsam; eine Tafel mit Darstellung der sämtlichen Doppelformen der 42zeiligen Bibel nach Schwenke brachte die »Papier-Zeitung« 1900 S. 3491 Mit. der Zeit sind die Drucker aber von jener Pedanterie zurück gekommen; Drucke von Joh. Numeister in Mainz geben der Psaltertype etwas mehr Breite und gewinnen so Platz für eine gleich erfreuliche Regelmäßigkeit ohne die für den Setzer lästigen zahlreichen Doppelformen. Ein sehr langes Leben ist dieser gotischen Schrift im Buchdruck nicht beschieden gewesen. Schon 1459 stellten Fust und Schöffer die erste breit laufende Schrift her, die Durandustype, und die Konkurrenz der kleineren und breiteren Typen wurde so groß, daß die schmale Gotisch schön in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts vorwiegend als Aus zeichnungsschrift, für Titel und für die als Ueberschriften ge dachten Anfangszeilen der Kapitel verwandt wurde. Als solche