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unter Umständen auch ein recht erbitterter Gegner derselben werden. Die Verzichtleistung auf jeglichen Verkehr mit der Kundschaft und Unterbindung jeder eigenen Betätigung beim Geschäft ist eine schwer zu tragende Sache. Redner erklärt sich bereit, auf Wunsch den Regierungsvertretern den Originalbrief unter Zusicherung strengster Diskretion vorzulegen. »Die Annahme des Herrn Reuther, daß nur 1 Fabrik unter 31 Klagen vorzubringen habe, ist hierdurch widerlegt, und ich bin auch des Glaubens, daß ich von verschiedenen anderen Fabriken, an die ich geschrieben habe, noch Antwort bekommen hätte, wenn nicht sofort, als meine Schreiben bei den betreffenden Fabriken eintrafen, von Seiten des Verbandes teilweise telegrafische Ordre an sämtliche Verbandsfabriken ergangen wäre, jede Mitteilung an die Firma R. L. Schultze resp. an mich zu unterlassen und meinen Originalbrief an den Verband einzusenden. Einzelne der angefragten Fabriken er klärten mir bedauernd, keine Auskunft geben zu können, da sie Mitglied des Verbandes wären, unterließen es aber auch, was ich für sehr bezeichnend halte, irgend etwas Günstiges über den Verband zu sagen. Dies fällt um so mehr auf, als ich gerade in meinem Schreiben auch gebeten hatte, mir, im Fall günstige Erfahrungen mit dem Verbände gemacht wären, auch darüber Mitteilung zu machen. Eine andere Fabrik ließ mir mündlich sagen, daß sie wohl »außer ordentlich viel auf dem Herzen» hätte, es aber doch für besser hielte, diese ihre Beschwerden nicht vor diesem Forum, sondern im Verband selbst vorzubringen, da sie durch ihre Mitteilungen zu große Unan nehmlichkeiten haben könnte. Diese Fabriken müssen doch schon versucht haben, beim Verband mit ihren Wünschen durchzukommen, bisher aber ohne Erfolg. Der Verband steht uns hier mit großer Einmütigkeit gegenüber und will uns glauben machen, daß alle seine Fabriken hinter ihm stehen und alles das, was er tut, gut heißen. Es ist für uns Händler und Konsumenten von großer Be deutung, derartige Schäden aufzudecken, da dadurch manche Fabrik, die heute noch Outsider ist, dazu bewogen wird, auch ferner Outsider zu bleiben. Ferner ist es auch von Bedeutung, daß die Verbands fabriken die Meinungen einzelner Kollegen zu Gesicht bekommen, denen man in den Sitzungen des Verbandes nicht genügend Ausdruck zu geben wagt. Wir schrecken dadurch die Outsider von dem Ver band zurück und veranlassen vielleicht manche Verbandsfabrik, im Jahre 1905 ihren Vertrag mit dem Verbände nicht zu erneuern.« Waffe der Berliner Großhändler gegen den Verband Ein großer Teil der Berliner nennenswerten Großhändler wird zu sammentreten und bei Erneuerung des Vertrages zwischen den Fabriken und dem Verbände darauf aufmerksam machen, daß, sofern die Fabriken weiter mit dem Verband unter Vertrag treten, ihnen von den Händlern sämtliche Aufträge in anderen, nicht kartellirten Papieren entzogen würden. Dies würde auf die Verbandsfabriken gewaltigen Druck ausüben. Schädliche Wirkungen des Verbandes Der Verband erzielte also, wie Redner unter Hinweis auf sat. Druckpapier usw. ausführlich erörtert, durch sein Bestehen und durch seine Politik wohl eine gewisse künstliche Stabilität in Bezug auf die Preise seiner Produkte, wirkte aber auf die gesamte erzeugende Industrie korrumpirend, und nicht allein auf die außenstehenden Fabriken, sondern auch auf diejenigen Verbandsfabriken, die schon früher satinirte Druckpapiere und andere Sorten außer ordinärem Zeitungsdruck fabrizirt hatten. Den Papier verarbeitenden Industrien entstand dadurch große Schädigung, daß dem Auslande, also auch den ausländischen Papier verarbeitenden Industrien, die Rohprodukte um 20 pCt. billiger ge liefert wurden als den inländischen Papierverarbeitern. Dadurch gab der Verband den ausländischen Papierverarbeitern eine große Macht gegen das Inland in die Hand, sodaß die deutschen Papier ver arbeitenden Industrien von dem Weltmärkte und von ihren über seeischen Absatzgebieten fast ganz verdrängt wurden. Es ist falsch, wenn seitens des Verbandes erklärt wird, daß nur für 90 000 M. seiner Produkte für die Papierverarbeitung geliefert worden ist, d. h. also für Kalenderpapier, Notizbuch-, Blockpapier. Ich erinnere an die Paragon - Kassenblock - Fabrik, für welche der Verband auch längere Zeit geliefert hat, welche allein 20 bis 80 Doppelladungen im Jahre bezieht. Also repräsentirt nur die eine Fabrik einen jährlichen Bedarf von 70 bis 75 000 M. Nach Redners Ueberzeugung ist es das Endziel des Verbandes, daß der Zwischenhandel, ein bisher sehr bedeutender und steuer kräftiger Erwerbsstand, vollständig ausgemerzt werden soll. Die vor läufige, teilweise angeblich gute Stellung, die der Verband den Händlern gegenüber einnehmen will, ist nur ein Uebergangsstadium und ein Mittel, um auf diese bequeme Art die Verlegerkundschaft in die Hände und unter genaue Kontrolle zu bekommen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß nachdem der Händler so dem Verbände seine Schuldigkeit getan und der Verband durch Aufnahme sämtlicher Druckpapier erzeugenden Fabriken eine verderbenbringende Macht erreicht hat, er die bisherige Kundschaft auch des Verbandshändlers usurpiren wird. Darauf deuten j.a die Bedingungen, welche der Verband den mit ihm unter Vertrag stehenden Händlern, stellt. So muß der Händler dem Verbände ein genaues Kundenverzeichnis ein reichen und ihn auf das Genaueste über alle seine Geschäftsgeheim nisse und Erfahrungen, die er sich durch Jahrzente lange Mühe und Arbeit erworben hat, informiren. Keineswegs wird nunmehr dem Händler seine alte Kundschaft belassen, sondern der Verband ver langt von vornherein die größeren Kunden für sich selbst, Die kleineren, bei denen lange Ziele, oftmals mangelnde Bonität in Betracht kommen, oder mit deren Bearbeitung zu viel Mühe verbunden ist, werden großmütig den Händlern überlassen. Sich ausdehnen darf der Händler nicht, sondern darf sich nur mit seinem alten sehr beschnittenen Kundenstamm beschäftigen. Geht ihm von diesem einer verloren, so nimmt ihn der Verband in seine Arme auf. Es gibt also für die Verbandshändler keinen Fortschritt, sondern nur ein langsames Ab sterben. Der Verband will, wenn »nachgewiesenermaßen bisher regel mäßige Deckung des Teilbedarfes einer größeren Zeitung bei einem Händler vorliegt«, aus »eigener Initative« für diesen Teilbedarf keine Offerte abgeben. Er sagt damit aber nicht, daß er, wenn für diesen Teilbedarf vielleicht direkte Anfragen an ihn ergehen, die Abgabe einer Offerte unterlassen wird. Durch Aussagen von Verbandshändlern ist bestätigt, daß sie unter der direkten Konkurrenz des Verbandes zu leiden haben. Verliert der Verbandshändler einen Kunden an eine Outsiderfabrik, so ist er für ihn ganz und gar verloren, denn der Verband wird sich an die Wiedererwerbung dieses Kunden direkt heranmachen und ihn beim Gelingen seines Vorhabens nunmehr aus schließlich als den seinigen betrachten. Sind nun einzelne Händler in den Verband gegangen, so geschah dies stets unter einem Zwange. Entweder konnten sie damals keine Deckung bei Outsiderfabriken für den großen Bedarf ihrer Kunden finden und waren wohl auch nicht weitsichtig genug, um ein der artiges Aufschnellen der Preise vorauszusehen, hatten sich jedenfalls nicht genügend gedeckt, oder aber es lagen gewisse lokale Gründe dabei vor. Händler, die in Provinzialstädten wohnen und einen oder den anderen Zeitungsverleger als Kunden haben, befürchteten, diese würde ihnen vom Verbände fortgenommen. Um sich diesen einen oder zwei oder drei von ihren Kunden zu schützen, sind sie mit dem Verbände in Verbindung getreten. Auch für den Verleger ist das Ausschalten der Händler und der freien Konkurrenz verderbenbringend; denn der Händler war es bisher immer, der ihm günstige Bezugsquellen eröffnete. Der Händler ist für die Verleger ein Sicherheitsventil, welches sich als wirksamer Schutz gegen Preisübervorteilung und Preisdiktirung bewährt hat. Leider wird diesem Vorteil von den Verlegern nicht immer in ge bührender Weise Beachtung geschenkt und von den Herren, welche vielfach mehr Journalisten als Kaufleute sind, zu ihrem eigenen Nach teil nicht genügend in Erwägung gezogen. Oberbergrat Dr. Wachler-~Berlin: Bisher wurden sehr viele allgemeine Urteile über das Syndikat gehört, aber tatsächliches Material, das erkennen ließe, wie das Syndikat gewirkt hat, wurde sehr spärlich geliefert. Wenn das Syndikat hauptsächlich darauf gewirkt hat, daß das Papier im Preise heruntergegangen ist, so wäre das ja eine außerordentlich wohltätige Wirkung für den Verbraucher, der andere als Zeitungspapiere ver arbeitet. Wenn ein Zersetzungsprozeß im Verband vorhanden ist, dann brauchen wir uns um dieses Syndikat relativ wenig zu kümmern. Man müßte erfahren, ob das Syndikat willkürlich hohe Preise fest gesetzt hat, wie im Ausland die Preise stehen,, und ob es damit hier her importiren könnte. Man hat hierauf gesagt: der Sechsmarkzoll sei prohibitiv, und die Statistik beweist, daß nichts eingeführt worden ist. Diese beiden Behauptungen sind keine Beweise. Wenn nichts eingeführt worden ist, so beweist das nur, daß die inländische Industrie den Inlandsbedarf befriedigen kann. Dem halten Sie entgegen: jawohl, das war aber nur durch diesen kolossal hohen Zoll möglich. Der Sechsmarkzoll macht 25 pOt. des Wertes aus. Wir haben Industrie produkte mit viel höherem Zoll. Die Bedeutung des Zolls wird doch bei solchen Objekten ganz wesentlich abgeschwächt, bei denen Preis schwankungen von ungeheurer Größe eintreten können. Wenn die Preise von Druckpapier von 21. bis 29 M. oder bis 80 M. gestiegen sind, so sind eben 6 Pf. pro Kilo kein prohibitiver Zollsatz. In 6 Pf. liegt auch ein Schutz, aber der Satz ist nicht prohibitiv. Redner bittet um Zahlen-Angaben. Redner hat bisher nicht gehört, daß ein Miß brauch der Syndikatsgewalt schon ausgeübt wurde, man befürchtet nur, der Verband könnte alle Outsiders niederbekommen und dann seine Gewalt fühlen lassen. Nicht nur das Syndikat, sondern jeder, der die Macht hat, kann sie mißbrauchen, aber deswegen kann man doch jetzt nicht verlangen, es müsse etwas geschehen, um diese Macht, die mal mißbraucht werden kann, zu beseitigen! Redner fragt, ob die Verkaufsbedingungen des Verbands schon bedenklich gehandhabt wurden, und meint, daß die Streikklausel berechtigt sei. Bedeutung des Handels im Wirtschaftsleben Redner findet es nicht richtig, wenn die Syndikate den Handel beseitigen wollen. Das Syndikat ist dazu einfach nicht imstande. Eine gewisse Zeit geht es, aber nicht lange. Der Handel ist kein not wendiges Uebel, sondern eine für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse unentbehrliche Organisation. Dr. Litthauer - Berlin widerspricht den Ausführungen des Herrn Mensch und sagt unter Anderem, der Verband sei gern bereit, eine erneute Prüfung seiner Verkaufsbedingungen vorzunehmen. Seit Bestehen des Verbandes seien einige neue Papierfabriken entstanden. Denjenigen Papiergroßhändlern, die außerhalb des Ver bandes tätig sind, standen die Angebote dieser Papierfabriken zu Ge bote, während sie den Papiergroßhändlern, die unter Vertrag mit dem Verbände stehen, nicht zugänglich waren. Dem verdanken die ersteren, wie Herr Engel, einen Aufschwung des Druckpapiergeschäftes, die verbandstreuen Händler den Rückgang. Bei einer Konjunktur, die nach aufwärts führt, kann sehr wohl das Umgekehrte eintreten. Da durch, daß die Händler sich zum Teil dem Verbände feindlich gegen übergestellt haben, haben diejenigen Mitglieder unseres Verbandes, die