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PAPIER-ZEITUNG Nr. 29 1036 Pappen mit einem kleinen Stempel (blau oder schwarz) müsste sich mit der Zeit lohnen. Bei einer Waare, die infolge ihres geringen Verkaufspreises keine Beschwerden verträgt, sollte man jeder solchen vorzubeugen suchen. Aeusserungen aus Fachkreisen über diese An regungen wären erwünscht. X. Druckpapier-Lieferung nach England Hamburg, 5. März 1902 In einer Sache, worüber Sie mir unter »Agenten-Provision« in Nr. 30 von 1901 Rath ertheilten, ist jetzt, nachdem ich die hiesige Speditionsfirma Kampe & Co. beim hiesigen Landgericht auf Heraus gabe der fraglichen zwei Wagen Rotationsdruck verklagt habe, das Urtheil zu Ungunsten der verklagten Firma gefällt. Ich übersende Ihnen beifolgend eine Abschrift des Urtheils und stelle es Ihnen frei, dieses in der Papier-Zeitung bekannt zu geben, ersuche Sie jedoch, dann auch die vollen Firmen zu nennen. Gegen das Urtheil ist beim Oberlandes-Gericht auf Berufung der Verklagten neuer Termin auf 1. Juli festgesetzt, ich werde Ihnen auch darüber seinerzeit gerne Bericht erstatten. H. Klinge, Agentur und Kommission Wir entnehmen dem Urtheil Folgendes: Thatbestand: Gebrüder Dietrich in Merseburg haben im April 1900 an die verklagte Spediteurfirma zwei Waggon mit je 18 Rollen Rotationsdruckpapier übersandt. Auf dem Frachtbriefe befindet sich der Vermerk: Zur Verfügung des Herrn H. Klinge, Hamburg, Kleine Bäcker- Strasse. Da ungeachtet dieses Vermerks die Verklagte, anstatt das Papier zur Verfügung des H. Klinge zu halten, dasselbe an die Firma W. D. Edwards in London geschickt hat, so verlangt Klinge, an welchen Gebrüder Dietrich alle Rechte abgetreten haben, die Rück gabe der instruktionswidrig versendeten Waaren. Die Verklagte beantragte Klageabweisung. Der Kläger Klinge sei von Axel Hinrichsen in Kopenhagen beauftragt gewesen, dieses Papier, welches Hinrichsen seinerseits an W. D. Edwards verkauft und zu liefern gehabt hätte, bei Gebrüder Dietrich in Merseburg zu bestellen und dasselbe möglichst schnell an Edwards zu schicken. Da der Verklagten dieser Sachverhalt bekannt war, so habe sie das Papier sofort nach Ankunft in Hamburg nicht erst dem Klinge zur Verfügung gestellt, sondern direkt an Edwards überschickt. Da Klinge ausweislich des ihm von Hinrichsen ertheilten Auftrags eben falls die Waare an Edwards übersenden musste, so wäre es zwecklos gewesen, vorerst Klinge anzugehen. Kläger erwiderte, dass er keineswegs lediglich den Auftrag ge habt habe, ohne Weiteres die Partie weiter an Edwards zu senden, vielmehr sollte er diesen Weiterversand nur vornehmen, nachdem ihm zuvor eine von Edwards acceptirte Tratte ausgehändigt worden sei. Da der Verklagte die Waare ohne solches Accept eigenmächtig nach England verschickt habe, müsse Hinrichsen gegen Edwards nun mehr einen Prozess um den Kaufpreis in England führen und belaste deshalb den Kläger Klinge mit dem Werthe des Papiers, da das Ende und der Erfolg des Prozesses nicht abzusehen sei. Der Inhaber der verklagten Firma legte dar, dass er nur im Auf trag von Edwards so, wie geschehen, gehandelt habe, und dass Edwards ihm gegenüber für die etwaigen Folgen aufkommen müsse. Urtheil: Die Verklagte wird kostenpflichtig verurtheilt, zweimal 18 Rollen Rotationsdruckpapier auszuliefern. Das Urtheil ist vor läufig vollstreckbar gegen klägerische Sicherheitsleistung in Höhe von 5500 M. Gründe: Die Verklagte hatte zwar von der Firma W. D. Edwards in London den Auftrag erhalten, die ihr von Gebrüder Dietrich in Merseburg zugehenden Rollen Papier an sie oder an die von ihr aufgegebene englische Firma zu übersenden. Gleichwohl musste die Verklagte die Vermerke auf den Frachtbriefen beachten. Denn wenn sie die Sendungen auf Grund dieser Frachtbriefe unbeanstandet übernahm, so übernahm sie damit gegenüber Gebrüder Dietrich still schweigend die Verpflichtung, diesen Vermerken entsprechend zu verfahren, und ist, weil sie dem entgegen gehandelt hat, auf Grund HGB §§ 407 und 885 zum Schadenersätze verpflichtet Folglich hat sie nach BGB § 249 denjenigen Zustand herzustellen, welcher bestände, wenn sie in Gemässheit der beregten Vermerke die Sendungen zur Verfügung Klinge’s gehalten hätte. Eine Behauptung dahin, dass ihr die Lieferung der Papiere nicht oder nur mit unverhältnissmässiger Aufwendung möglich sei (BGB § 251) hat die Verklagte nicht aufgestellt. Mithin erscheint der Klageanspruch, nachdem Gebrüder Dietrich ihre Rechte an den Kläger abgetreten haben, gerechtfertigt. Deutsche Briefpapiere mit englischem Wasserzeichen Noch immer fertigen deutsche Fabrikanten solche Papiere an (ich nenne heute nur »Alfa mill«, »Original Martels paper«, eine neue Fabrik hat es sogar für gut befunden, ein dem letzteren zum Ver wechseln ähnliches »Original Mareis paper« in den Handel zu bringen). Dies geschieht aber nicht auf Bestellung der Händler, denn diese bekämpfen diese Unsitte schon lange und lassen sich ihre Papiere (Sonderanfertigungen) jetzt wohl fast ausschliesslich mit deutschen Wasserzeichen (ihren eigenen Marken) machen. Nein, es handelt sich in der Hauptsache um Papiere, welche die Fabrikanten (darunter grosse Firmen) auf Lager halten, was sie eigentlich garnicht thun sollten, wenigstens wenn ihnen daran liegt, mit Grosshändlern zu arbeiten. Wenn die Händler solche Papiere mit englischen Wasserzeichen energisch zurückweisen, und sie dazu zu veranlassen ist der Haupt zweck dieser Zeilen, dann werden sich in Zukunft die Fabrikanten wohl hüten, derartige Papiere neu zu fertigen. Noch vor einigen Jahrzehnten waren die Verbraucher und wohl auch viele Händler der Ansicht, dass gute Briefpapiere unbedingt aus England bezogen werden müssten, es giebt ja auch heute noch hier und da Leute, die so denken; aber jetzt ist dies glücklicher weise nicht mehr nöthig. Unsere Fabrikanten fertigen die feinsten Papiere preiswerth. Also fort mit dem Ueberbleibsel früherer wirth- schaftlicher Unselbständigkeit und Abhängigkeit! B. N. Zahlungsmittel Aus Württemberg Unter Bezugnahme auf die Einsendungen in Nrn. 6 und 22 der Papier-Zeitung mache ich auf eine äusserst praktische und vor theilhafte Einrichtung der Kgl. Württ. Post aufmerksam, nämlich auf die Postanweisungs-Briefumschläge. Dadurch sind die Briefmarken als Zahlungsmittel vollständig überflüssig. Der Anschaffungsbrief mit Wechseln wird in den Umschlag gelegt, der zur Ausgleichung nöthige Rest auf den Umschlag geschrieben und das Ganze dann wie eine gewöhnliche Postanweisung behandelt. Irgendwelche sonstigen Mittheilungen brauchen dann nicht aut den Kupon geschrieben zu werden, für welche dieser gewöhnlich zu klein ist. Ein weiterer Vortheil ergiebt sich dadurch, dass bei Zahlungen kleiner Posten durch kleine Wechsel und Marken die Unsitte, diese Briefe auf Kosten des Empfängers »Eingeschrieben« zu senden, etwas gemildert wird. Gerade der jetzige Zeitpunkt beim Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Reichspost und der Kgl. Württ. Post dürfte geeignet sein, bei der Reichspost die nöthigen Schritte zur Einführung dieser Postanweisungs-Briefumschläge einzuleiten. Vielleicht unterzieht sich der Papier-Industrie-Verein dieser Auf gabe, indem er sich zunächst unmittelbar an das Reichspostamt wendet, aber auch die Handels- und Gewerbekammern zur Unter stützung dieses Ansuchens auffordert. Fabrikant Spielkarten So manche Karte wird gemischt, so manches Schicksal durch Kartenspiel verbessert oder — verschlechtert, und wer kennt die Ge schichte dieses »Buches mit den 32 Blättern«? Ist’s nicht für Manche ein Buch mit sieben Siegeln? Der Anfang der Spielkarten verliert sich in nebelgrauer Ferne. Angenommen wird, dass ihre Wiege im Orient gestanden habe, von wo sie über Italien nach dem Abendlande kamen. Dies geschah etwa gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Der älteste Name für Karten, »Naipes«, lässt eich aus keiner bekannten lebenden oder todten Sprache erklären. Bereits gegen 1300 thaten sich in Italien Kartenmaler zu Innungen zusammen. Aus dieser Zeit haben sich einige Blätter er halten, kostbare Unika, der Stolz ihrer Besitzer. In Deutschland sind Kartenmaler zuerst 1384 in Nürnberg nachweisbar, in Ulm 1402. Die italienischen Karten sind etwa 21 cm hoch und stellen Papst, Kaiser und vier Monarchien vor, die mit einander streiten. Aus diesen Mo narchien entwickelten sich später die vier Farben, die allen Karten spielen zivilisirter Völker gemeinsam sind. Fanden die Karten an fangs nur in den höchsten Kreisen Eingang, so verbreiteten sie sich bereits im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts mit ungeahnter Schnelligkeit in allen Bevölkerungsschichten. Gegen das Kartenspiel erlassene Gesetze fruchteten ebenso wenig wie alle derartigen wider Privatvergnügungen gerichteten Vorschriften vor- und nachher. Schon 1321 verbot ein Bischof von Würzburg seinen Geistlichen das Kartenspiel. Auch im Auslande schritten die Machthaber gegen die Spielwuth ein. 1337 untersagte Karl I. von Kastilien, am 22. Februar 1397 die Pariser Behörde Karten- und Würfelspiel bei schwerer Ahndung. Die Herstellung der Karten jener Zeit geschah durch Holztafeln, in welche die Figuren erhaben eingeschnitten wurden. Die Karten sind demnach die Vorläufer des Holzschnittes, deren erste, die soge nannten Holztafeldrucke, vom Jahre 1423 datiren. Die Holzformen wurden mit Farbe bestrichen und mittels Haarreiber auf Pergament gedruckt. Um diesem eine grössere Stärke und Widerstandsfähigkeit zu geben, überzog man seine Rückseite mit Papier. So beschatten sind die in der königlichen Kunstkammer zu Stuttgart aufbewahrten, noch übrigen 49 Blätter eines Spiels. Es wird angenommen, dass diese Karten aus dem Brautschatze der Gräfin Barbara von Mantua, der Gattin des Grafen Eberhard im Barte, stammen. Die Karten sind etwa 40 cm hoch, halb so breit, mit abgerundeten Ecken ver sehen. Die Vorderseite ist mit Goldgrund bedruckt, in welchen die Umrisse der Figuren leicht eingedrückt erscheinen. Die Figuren, in Höflingstrachten dargestellt, sind mit ebensolchen Farben kolorirt wie sie bei den gleichzeitigen Buchminiaturen gebräuchlich waren