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962 PAPIER-ZEITUNG Nr. 27 dem' am längsten dem Licht ausgesetzten Streifen ist noch ein Unterschied zwischen der unmittelbar vom Licht getroffenen Seite und der Rückseite vorhanden. Der Vorgang ist also noch nicht durch das ganze Blatt hindurch zum Abschluss ge kommen. Aber noch ehe irgend welche Wirkung an theilweise dem Licht ausgesetzten Blättern vergilbender Papiere erkennbar ist, lässt sich wie in der Fotografie durch Hervorrufung mit Hilfe von Chemikalien ein Bild der belichteten Theile entwickeln. Als Entwickler können Lösungen einer Reihe von verschiedenen Körpern dienen, nämlich solcher, die eine Aktivirung von Sauerstoff anzeigen. Der Vortragende zeigte z. B. mit Guajak- harzemulsion gewonnene, der thatsächlichen Vergilbungsfähig- keit entsprechend mehr oder weniger intensive Entwicklungs bilder und entwickelte auf einem an demselben Tage mehrere Stunden unter einer fotografischen Platte dem Licht ausge setzten Stück Druckpapier, auf dem noch keine Spur einer Veränderung sichtbar war, ein Kinderbildniss. Bei Stärke ent haltenden Papieren lassen sich solche auf Abspaltung von Jod beruhende übrigens vergängliche Bilder mit violetter Farbe erzeugen. Die Ergebnisse solcher Hervorrufungsversuche sind für die Deutung der sich abspielenden Vorgänge von hohem Interesse, besonders auch die mit den Reagentien auf Eisenoxyd und Eisenoxydul (gelbes und rothes Blutlaugensalz, Gallussäure) nach gewissen Zeiten der Belichtung zu entwickelnden Bilder. Für die Prüfung der Vergilbungsfähigkeit sind solche Entwick lungsverfahren jedoch nicht zu verwerthen. Schon das würde die Anwendung sehr erschweren, dass man, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, die Belichtung nur mit einer künst lichen Lichtquelle von stets gleicher und sehr hoher Licht stärke, also jedenfalls nur mit elektrischem Bogenlioht vor nehmen könnte. Das durch den Vergilbungsvorgang gebildete Produkt ist ein brauner organischer Körper, der schon in Wasser löslich ist, was man daran erkennen kann und wohl Jeder selbst schon einmal bemerkt hat, dass ein Tropfen Wasser auf dem vergilbten Rande eines alten Buches ein charakteristisches Bild hinterlässt. Der mittlere Theil des entstandenen Fleckes ist heller geworden, während der Rand dunkel umsäumt ist. Das rührt daher, dass der Farbstoff, da er in Wasser löslich ist, beim Verdunsten des Tropfens sich an die äussere Grenze hinzieht, eine ganz allgemein beim Austrocknen von Wasser tropfen, die Körper gelöst enthalten, zu beobachtende Er scheinung. Stellt man einen Streifen eines vergilbten Papiers in ein zum Theil mit Wasser gefülltes Glas, so klettert der Farbstoff mit Wasser, das in dem minder leimfest gewordenen Papier über den Spiegel des Wassers im Glase hinaus auf gesaugt wird, empor bis zu der Grenze der Saugfähigkeit, während der ins Wasser tauchende Theil des Papiers sich all- mälig entfärbt. Sehr leicht löslich ist das farbige Produkt der Vergilbung in sehr verdünnten Alkalien (Ammoniak, Natronlauge usw.), und zwar ohne jede Temperatur-Erhöhung, wodurch es sich von Harz unterscheidet; unlöslich ist es in Mineralsäuren sowie in Aether, schlecht löslich in Alkohol. Die Löslichkeits-Ver hältnisse weichen also von denjenigen des Körpers, der nach gewiesenermaassen eine Veränderung erleidet, d. h. von Harz, wesentlich ab. Unwillkürlich fragt man sich da, sollte der Körper wohl ein Zersetzungsprodukt des Harzleims sein? Die Hauptaufgabe war die Erforschung der Ursachen des Vergilbens. Die Lösung dieser Frage war nicht nur für die Ausarbeitung eines Prüfungsverfahrens von grosser Wichtigkeit, sondern sie ist es noch mehr für die Papierfabrikanten, wenn an diese die Anforderung herantritt, Papiere anzufertigen, die nicht vergilben sollen, und für deren Beständigkeit in dieser Beziehung Gewähr verlangt wird. Freilich kann es selbst nach der allgemeinen Kenntniss der Ursachen im besonderen Falle eine recht schwierige Aufgabe werden, Höchstleistungen in dieser Beziehung zu erreichen. Aber selbst unter ungünstigen natürlichen Verhältnissen wird eine Einschränkung auf engere Grenzen möglich sein. Die Betheiligung von Eisen beim Vergilbungsprozess wurde von Fachleuten schon immer vermuthet, aber ein gesetzmässiger Zusammenhang zwischen der Vergilbbarkeit und der Höhe des Eisengehalts bisher nicht gefunden. Es fragte sich: ist die Rolle des Eisens vielleicht nur nebensächlich, oder sind es nur gewisse schwer aufzufindende Eisenverbindungen, die als Vergilbungsursache wirken? Es stellte sich heraus, dass das letztere der Fall ist. Der Vortragende fand, dass in den Abkochungen von weissen Papieren mit 1 pCt. Natronlauge sich Eisen nachweisen lässt, und dass die Menge des vorhandenen Eisens, dessen Nachweis mit Rhodanammon geführt wurde, in der Regel mit der Färbung des alkalischen Auszuges in einem gewissen Zu sammenhang steht. Je dunkler braungelb die Auszüge gefärbt sind, umso mehr Eisen ist in ihnen enthalten. Bei ver gleichenden Belichtungsproben von längerer Dauer zeigte sich nun, dass zwischen der Vergilbbarkeit und dem Gehalt an Eisen in dem alkalischen Auszug in der That ein Zusammen hang besteht. Der Vortragende stellte sich dann die Frage, in welcher Bindung das Eisen in dem alkalischen Auszuge wohl vor handen sei? Wie er durch einen einfachen Reagensrohrver such der Zuhörerschaft vor Augen führte, entstehen, wenn zu einer klaren Harzseifenlösung Eisensalzlösungen hinzugefügt werden, Niederschläge. Schüttelt man hierauf mit Aether aus, so nimmt der Aether braune Färbung an, bleibt aber klar. In der Aetherausschüttlung ist Harz und Eisen nachweisbar. Lässt man den Aether verdunsten, so bleibt eine harzartige braune Masse zurück, eine unzweifelhafte Verbindung von Harz und Eisen, harzsaures Eisen. Mit wässrigen Lösungen von Alkalifettseifen entstehen die entsprechenden fettsauren Eisen verbindungen. Diese »Eisenseifen« haben sich bei den vergleichenden Versuchen als die Vergilbungskörper erwiesen. Aus nahe liegenden Gründen ist es verständlich, dass harzsaures Eisen die Hauptrolle spielt, aber auch das fettsaure Eisen ist beson ders in manchen Lumpenpapieren nicht zu unterschätzen. Es galt die Eigenschaften der so gefundenen Körper ge nauer kennen zu lernen, deshalb wurden vom Vortragenden für weitere Versuche erforderliche Mengen rein dargestellt. Proben von fettsaurem und harzsaurem Eisen in gefälltem und in darauf gereinigtem und geschmolzenem Zustande wurden gezeigt. Für das im geschmolzenen Zustande dunkelbraune harzsaure Eisen war zum Vergleich das zur Darstellung be nutzte weingelbe Rohharz mit ausgestellt, sowie in verschie denen Verhältnissen durch Zusammenschmelzen hergestellte Mischungen von harzsaurem Eisen und dem Rohharz, die eben falls sehr dunkel gefärbt sind. Die Eisenseifen besitzen grosse Lichtempfindlichkeit. Um diese zu untersuchen, war harzsaures Eisen fein gepulvert in dünner Schicht auf Filtrirpapier aufgerieben oder durch Tränken mit Lösungen in Filtrirpapier hineingebracht worden. Elektrisches Bogenlicht und unmittelbares Sonnenlicht hatten schon nach */2 stündiger Einwirkung deutliche Bräunung her vorgebracht. In der gleichen Weise vorbereitete Streifen liessen den Fortschritt der Bräunung auf den belichteten Theilen nach Stunden und Tagen erkennen, sie erreichte schliesslich eine sehr intensiv schokoladenbraune Farbe. Auch bei einer Schmelze von Harz mit dem zehnten Theil harzsauren Eisens tritt unter entsprechender Behandlung schon nach wenigen Stunden eine starke Verfärbung ein, sodass es ver ständlich wird, dass schon eine sehr geringe Menge im Papier stoff entstandene Eisenseifen zum Vergilben führen können- Der Vortragende wies noch kurz auf die Quellen des Eisens für die Bildung der Eisenseifen hin und zeigte an ver gleichsweise hergestellten Fällungen von Harz mit eisenfreier schwefelsaurer Thonerde einerseits und mit einer gewöhnlichen schwach eisenhaltigen Handelswaare anderseits, welche über raschend ungünstige Wirkung der geringe Eisengehalt der letztgenannten Waare auf die Vergilbungsfähigkeit ausübt. Zum Vergleich mit diesen Fällungen waren auch die Rohharze auf Papier aufgerieben und unter gleichen Verhältnissen belichtet worden. Danach ist nicht zu verkennen, dass auch die Roh harze vergilben, allerdings im Vergleich zu den Fällungen mit eisenhaltigem Alaun nur sehr schwach, während die Fällungen mit eisenfreier schwefelsaurer Thonerde lange Zeit bleichen und schliesslich eine nur sehr geringe vielleicht auch noch auf Spuren von Eisen zurückführbare Verfärbung erfahren haben, die bei dem Antheil, den die Harzfällungen an der Zusammen setzung eines Papiers besitzen, selbst unter den ungünstigsten Verhältnissen jedenfalls eine verschwindend geringe, kaum be merkbare Veränderung des Papiers zur Folge haben würde. Es gelang dem Vortragenden, die Zuhörer davon zu über zeugen, dass das als Uebelstand sich geltend machende Ver gilben auf dem Vorhandensein von Eisenseifen beruht. Nach Klarlegung der Ursachen des Vergilbens war Aus sicht vorhanden, für die Prüfung der Vergilbungsfähigkeit zu einem einfachen und sicheren chemisch-analytischen Verfahren zu