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3579. Frage: Ich liess bei meiner Kunstanstalt nach dem bei folgenden Bild von N. 2000 Ansichtspostkarten anfertigen. Da nach meiner Ansicht die Karten dem Bilde entsprechend nicht gut ausge fallen sind, habe ich sie zur Verfügung gestellt. Die Karten wurden nach dem verblassten Bilde gefertigt, damit Sie aber ungefähr sehen können, wie das Bild s. Zt. ausgesehen hat, habe ich einen neuen Abzug von derselben Platte fertigen lassen und lege ihn bei. Ich bitte Sie, mir Ihr Urteil zu geben, ob Sie meine Verfügungsstellung für gerechtfertigt halten. Antwort: Wir finden die Ausführung in Anbetracht der undeutlichen Vorlage gut genug und sehen keinen Grund zur Annahme-Weigerung. 3580. Frage: Kann der Besitzer einer Papierfabrik, welche seit 174 Jahren ununterbrochen in ein und derselben Familie geblieben, daraufhin irgend etwas beanspruchen oder dadurch etwas erlangen? Antwort: Mit dem Ererben einer Papierfabrik hat der Be sitzer nichts geleistet und folglich weder vom Staat noch von den Mitmenschen etwas zu beanspruchen. Er kann sich freuen, dass er einer so dauerhaften Familie angehört, und falls er sich Verdienste um die Mitwelt erwirbt, werden diese ge bührende Beachtung finden. e"0°.5 3581. Frage: Bei der Papierfabrik X. bestellte ich 1000 kg sat imit. Pergament Nr. 4 wie gehabt. Die Fabrik nahm meinen Auftrag mit dem Vermerk »Güte und Farbe möglichst wie gehabt« an. Die Lieferung erfolgte wie beifolgendes Muster A, bestellt war nach Muster B, wie gehabt. Ich finde, dass das Papier etwas geringer ist, und die Farbe die Grenze der zulässigen Abweichung übersteigt. Ich bitte um Ihr Urteil, ob ich wegen der Abweichung berechtigt bin die Ware zur Verfügung zu stellen, und um wieviel die Ware geringer ist als die im Januar gelieferte. Der Preis ist . . M. die 100 kg franko. Antwort: Die Abweichung zwischen den Mustern A und B liegt unseres Erachtens innerhalb desjenigen Spielraumes, den man dem Fabrikanten zubilligen muss, da die ihm zur Ver fügung stehenden Halbstoffe nicht ein wie das andere Mal gleichmässig ausfallen. Diesen Spielraum hat sich übrigens die Fabrik durch das Wort »möglichst« ausdrücklich vorbe halten. Wir halten die Papiere A und B für gleichwertig. 3582. Frage: Ich engagirte am 1. Juni v. Js. einen Kontoristen und vereinbarte mit ihm gegenseitig sechswöchentliche Kündigungs frist. Verschiedene Vorkommnisse veranlassten mich, ihm am 1. April zum Austritt am 16. Mai zu kündigen; diesen Termin will er aber nicht anerkennen, behauptet vielmehr, sein Austritt hätte erst am 30. Juni zu geschehen. Nach meiner Ansicht wäre er im Recht, wenn über die Kündigung beim Engagement nichts gesagt worden wäre. Da jedoch eine sechswöchentliche Kündigung besonders vereinbart wurde, steht es jedem frei, zu jeder Zeit zu kündigen, sonst wäre ja der Vertrag illusorisch. Bitte um Aussprache. Antwort: Nach § 67 des Handelsgesetzbuches ist, wenn zwischen beiden Teilen eine andere als die gesetzmässige Kündigungsfrist vereinbart ist, die Kündigung nur für den Schluss eines Kalendermonats zulässig. Demnach konnte Fragesteller am 1. April nur zu Ende Mai kündigen. 3583. Frage: Ich bitte Sie um Ihr Urteil in folgendem Streit fälle: A. schloss im März vorigen Jahres mit mir 5000 kg verschiedener Papiere zu festgesetzten Preisen ab und machte die Bedingung, dass der Schluss bis 1. Juli 1902 Giltigkeit haben müsse. Bis Ende März 1. Js. lieferte ich A. zusammen 4288 kg. Nun bestellte er als Vol lendung des Schlusses von einer Papiersorte 600 kg und von einer zweiten 300 kg. Statt der 600 kg lieferte ich 771 kg, wonach mir A. schrieb, er verzichte auf die noch in Nota stehenden 800 kg, da der Schluss abgenommen sei. Als ich dies nicht gut hiess, stellte er mir die zu viel gelieferten 271 kg zur Verfügung und stornirte die noch in Nota habenden 800 kg, falls ich dieselben nicht bis 20. April ab geliefert hätte. Letztere 300 kg werden erst Ende des Monats mit einer andern Kommission fertig gestellt. Hat mein Abnehmer eine Berechtigung zu seiner Handlungsweise, oder muss er beide Posten übernehmen? Antwort: Die Mehrlieferung von 271 kg auf die zuletzt bestellten 500 kg, also von mehr als 50°/0, brauchte Besteller nicht zu übernehmen. Wir halten sein Vorgehen für berechtigt. 3584. Frage: Darf der Lehrer eines Dorfes, woselbst Schul bücher nicht zu haben sind, aus einer Stadt des gleichen Fürsten tums sich für seine Schüler Bücher schicken lassen? Ein jedes Kind müsste 70 Pf. verfahren, um sich die Bücher selbst zu besorgen, da auch in der nächsten Stadt die benötigten Bücher nicht vor rätig sind. Antwort: Die dem Lehrer vorgesetzte Behörde kennt dessen Dienstvorschriften besser als wir, daher sollte sieh Fragesteller an diese wenden. Wenn ein Lehrer seinen Schülern den Bezug von Lehrmitteln erleichtert, ohne diese zu verteuern oder das Geschäft eines ortsansässigen Lehrmittel händlers zu schädigen, so tut er unseres Erachtens nichts Pflichtwidriges. 3585. Frage: Im vorigen Jahr bestellte ich zur Lieferung Mitte November bei A. 600 Kalender mit Firma, welche laut Rechnung und Frachtbrief am 16. November abgesandt wurden. Am 7. Dezember waren die Kalender noch nicht hier, wovon ich an A. Mitteilung machte, zugleich bat ich ihn um Nachforschung. Um einige Abnehmer zufrieden zu stellen, musste ich am 9. Dezember einige Postpakete bestellen. Die Sendung erhielt ich am 11. ohne Frachtbrief; ich schrieb, die Absendung der Postpakete zu unterlassen. Diese trafen aber am nächsten Morgen hier ein. Am 15. fragte ich bei A. an, ob er sich zur Zurücknahme der Postsendung verstehen würde bei Franko-Rück sendung; dies wurde aber abgelehnt. Der Kgl. Eisenbahn-Direktion teilte ich die verspätete Anlieferung mit, sowie dass ich die ganze Sendung nicht mehr verkaufen könnte und meinen Verlust s. Zt. auf geben würde. Die seitens der Eisenbahn-Direktion eingeleitete Unter suchung hat ergeben, dass die verspätete Anlieferung durch nicht richtige Signirung der Kiste entstanden ist. Frachtbrief und Kolli- nummer stimmten nicht überein. Die Eisenbahn vergütet mir nur die Fracht. Ueberbehalten habe ich 25 Kalender mit Firma und 75 Stück ohne Firma (die Postsendung). Nach Eingang der Er mittlungen seitens der Eisenbahn stellte ich A. die Postsendung zur Verfügung, die übrigen 25 habe ich behalten. Um nun endlich die Angelegenheit glatt zu haben, sandte ich den Betrag der Rechnung ein, abzügl. Skonto, der leeren Kisten und der Postsendung. A. weigert die Annahme der Kisten und Kalender und will auch die gemachten Abzüge nicht anerkennen, da die Posten verfallen seien. Für die be haltenen 25 Kalender wollte ich die Fracht vergüten. Kann ich es ev. auf Klage ankommen lassen? Antwort: Die fehlerhafte Versendung war die Folge eines Versehens der Aufgeberin. Wir sind daher der Ansicht, dass die Fabrik A. die durch verzögertes Eintreffen der Ladung nötig gewordenen Postsendungen zurücknehmen sollte, em pfehlen jedoch, da ja auch ein böser Zufall im Spiel war, Ver gleich auf der Grundlage, dass Fragesteller ein Drittel des Kaufpreises der 75 Kalender der Fabrik A. vergüte, wogegen diese die Kalender zurücknehmen sollte. Zur Zurücknahme der Kisten ist die Fabrik nur verpflichtet, wenn sie dies beim Vertrags-Abschluss ausdrücklich eingeräumt hat. Wenn die vereinbarte Zahlungsfrist, innerhalb welcher Skonto gewährt werden sollte, abgelaufen ist, hat der Käufer kein Recht auf Skonto. Gütliche Beilegung der Sache ist umsomehr zu em pfehlen, als bei etwaigem Prozess der Ausgang ungewiss wäre. 3586. Frage: Wie stark müssen die Chlorlaugen für die Papier- Fabrikation sein, und welche andere Laugen sind mit Vorteil an wendbar? Antwort: Hofmanns Handbuch der Papier-Fabrikation be antwortet diese Fragen genau und ausführlich auf Seiten 144 bis 179. Vergleiche auch die Aufsätze über Papierstoff-Bleiche in Nrn. 30 und 33 der Papier-Zeitung von 1902. 3587. Frage: Mir ist Gelegenheit zur Beteiligung an einem neu zu errichtenden Unternehmen geboten, welches sich mit Herstellung von vollständig säurefreiem Pflanzenleim, wie solcher bei der Fabri kation von Tapeten- und Buntpapieren Verwendung findet, befasst. Ehe ich weitere Schritte in dieser Angelegenheit unternehme, bitte ich Sie um möglichst eingehende Auskunft über folgende Punkte: 1. Wirft eine derartige Fabrikanlage sofort und voraussicht lich in kommender Zeit lohnenden Nutzen ab, und wie ist die Konkurrenz oder die Marktlage in diesem Artikel? 2. Welches ungefähre Kapital ist zur Neueinrichtung und für den Betrieb eines solchen Unternehmens nötig? 8. Besteht hinsichtlich dieses Artikels zur Zeit Ueber- oder Unterproduktion, resp. welche Verhältnisse sind in dieser Hinsicht voraussichtlich zu erwarten? 4. Welche weiteren Punkte sind ausserdem zu berücksichtigen? Antwort: An Fabriken zur Herstellung von Klebstoffen ist in Deutschland kein Mangel, wie die Durchsicht des An zeigenteils in jeder Nummer der Papier-Zeitung ergibt, aber der Bedarf an Klebstoff ist namentlich durch beständige Zu nahme und Vergrösserung der Kartonnagen-Fabriken in fort währendem Steigen begriffen. Ein guter, preiswerter Klebstoff findet immer noch gute Abnehmer. Zur Fabrik-Einrichtung ist verhältnissmässig kein bedeutendes Kapital notwendig. Das Betriebskapital muss sich nach dem Umfang richten, in dem das Geschäft betrieben werden soll. Am günstigsten liegen derartige Fabriken, wenn am Ort oder in der Nähe viele Kartonnagen-Fabriken bestehen, denn diese Klebstoffe ver tragen wegen ihres bedeutenden Wassergehalts keine zu hohe Fracht. Die wichtigste Bedingung für das Gedeihen einer solchen Anlage ist aber gründliche Erfahrung im Herstellen und Verwenden von Klebstoffen verschiedenster Art, sowie Kenntnis der Absatzgebiete. Besitzt Fragesteller diese Er fahrungen und Kenntnisse nicht, so raten wir ihm ab diese Fabrikation zu beginnen, denn er wird neben den vorhandenen tüchtigen und guteingeführten Mitbewerbern kaum auf einen grünen Zweig kommen.