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und Hartenstein Spornlage. Wenn die Auslegung des Bühles als Vorläufer der Burg richtig ist, so ergeben sich recht aufschlußreich in Schönfels und Stein umgekehrte Vorgänge. In Schönfels steigt man von der Wasserburg auf den Gipfel; in Stein dagegen begibt man sich annähernd zur gleichen Zeit von der Kante der Hochfläche hinab ins Tal 405 ). Eine Feststellung könnte man nach diesen kurzen Ausführungen noch ver suchen: es gibt keine alten Anlagen auf Gipfeln. Doch auch dieser Sachverhalt muß völlig ungesichert erscheinen. Im Vogtland und im angrenzenden Pleißen- land gibt es freilich keine Gipfelburg, die man nach dem Stand der Erfor schung als früh erweisen könnte. Vermutungsweise läßt sich aber der alte Schellenberg im Osten des alten Reichslandes auf dem Gipfel der heutigen Augustusburg in die Reihe der älteren Anlagen stellen, obgleich wir den verbindlichen Beweis schuldig bleiben müssen. Diese Bedenken werden durch abgelegenere Beispiele verstärkt. Wenn die von L. Bönhoff und G. Henning 406 ) angestrebte Gleichsetzung von Nowigroda = Mutzschen stimmt, so haben wir dort auf dem Schloßberg eine Gipfelburg vor uns, die in salische Zeit zurück reich t 407 ). Die gleiche Tatsache ist für die Oberlausitz in Kirschau durch Funde beglaubigt 408 409 ). Diese Beispiele zeigen, daß im sächsischen Raume die Verwen dung des Gipfels als Burg sich über die Vermittlung der deutsch-slawischen Übergangsverhältnisse aus der Zeit, die für das Vogtland keine schriftliche Überlieferung kennt, bis ins hohe Mittelalter hinein bodenständig fortsetzt. Die erhebliche Zunahme von Gipfelburgen im 13. Jahrhundert muß man im Zusammenhang mit der Zunahme von Wehranlagen im allgemeinen sehen. So sollte man auch im Falle der Gipfelburgen typologische Schlüsse vorerst zurückstellen. Ein Blick vom Vogtland südlich Plauen auf die benachbarten Gebiete zeigt also, daß bei den mittelalterlichen Wehranlagen eine systematische Ordnung nach äußeren Gestaltmerkmalen in zeitlich-entwicklungsmäßigem Zusammen hang auch mit gewissen Variationsmöglichkeiten vorerst nicht zu erkennen ist. Mit dieser Feststellung bleibt noch die Möglichkeit offen, daß äußere Form und Funktion der Burg sich gegenseitig bedingen könnten. Die meisten Herr schaftsmittelpunkte größerer und kleinerer Gebiete liegen vielfach auf einem Talsporn, eine Tatsache, die auch von der geographischen Struktur des Ge bietes her ihre Erklärung findet 403 ). Sie erscheinen aber auch auf Gipfeln 410 ) oder als Wasserburgen 411 ). Daß sich alle landesherrlichen Festen der Urkunde von 1327 in Sporn- oder Gipfellage befinden, muß als Zufall gewertet werden. 405) E. Wild, in: Sachsens Vorzeit 4, 1940, S. 83 (T. 406) G. Henning, Ostchutzi und Burgward Grobi. in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Geschichts- und Altertumsvereins zu Grimma, 1926, S. 71 f. 407) Hält man aber an der anderen Meinung Nowlgrada — Nauberg fest, steht doch für Mutz schen das Datum 1081 fest. 408) G. Steude, Die Burg Körse, in: Heimatkundliche Blätter aus Geschichte und Natur Ost sachsens 1, 1954, S. 41 ff. - W. Haupt, Die Brakteatenbüchsen vom Schloß Kirschau, in: Baut zener Geschichtshefte 5, 1927, S. 93 fr. - W. Haupt, Über den Brakteaten vom Schloßberge Kirschau und Oberlausitzer Helmbrakteaten im allgemeinen, in: Bautzener Geschichtshefte 5, 1927, S. 276 ff. 409) Z. B. Plauen, Vogtsberg, Auerbach, Falkenstein. 410) Z. B. Schöneck, Schellenberg. 411) Z. B. Crimmitschau.