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Man meint heute das Bild etwa so zeichnen zu können: In der früh- und mittelslawischen Zeit vollzog sich die sorbische Landnahme und die Besetzung des Altlandes als rein slawische Kulturleistung. Mit der deutschen Herrschaft begannen auch die deutschen Einwirkungen auf die Besiedlung, sowohl auf deren Formen als auch auf deren Verlauf. Während man meint, die Altland schaft durch heute noch zu findende Weilerformen der Dörfer und Block gestaltung der Fluren abgrenzen zu können, will man den sorbischen Landes ausbau vornehmlich der spätslawischen Zeit in den Erweiterungen der Weiler, den neuen Formen der Platz- und Gassendörfer sehen, zu denen die Streifen fluren sowie die Gewanne und Gelänge hinzutreten. Letztere zeigen moder nere, aus dem deutschen Bereiche durch die deutschen Herren eingeführte Wirtschaftsformen. Auf das Ausklingen der slawischen Zeit folgt die deutsche Kolonisation, deren Form das Waldhufendorf darstellt 3 ). Das sorbische Altsiedelland ist im Süden durch die Lausitzer Gebirgs abdachung naturgegeben begrenzt. Die Nordgrenze verläuft parallel dazu in einem Abstand von 20 km. Die Spree teilt dieses Gebiet. An ihr liegt Bautzen, das Zentrum des Altlandes. Im Westen erstreckte sich das Gefilde bis in die Gegend von Kamenz, während man den Lauf des Löbauer Wassers als Ost grenze ansieht. Darüber hinaus finden sich im Norden und Osten des um schriebenen Gebietes noch sorbische Siedlungsinseln, die an den Weilern und Blockfluren noch heute zu erkennen sind. An der Neiße liegt südlich von Muskau eine solche Insel, ebenso um Zittau, während man wohl von einer Inselgruppe reden muß. wenn man die Siedlungsinseln um Görlitz, Hagen werder (vor 1935 Nickrisch) und Zawidow (Seidenberg) zusammenfassen will 4 ). Wenn auch auf den ersten Blick die archäologisch erschlossene sorbische Besiedlung der Oberlausitz ähnliche Ausdehnung wie die siedlungsgeschicht lich ermittelte ausweist, so zeigt sie doch auch wieder beachtliche Unter schiede. Einmal fehlt es bisher an slawischen Funden im Norden, wo die Siedlungskunde noch alte Inseln nachzuweisen vermochte. Dafür kann die Archäologie eine Ausweitung im Westen und auch das Überschreiten der Gebirgszüge nach Süden verbuchen. Für diese Arbeit aber ist wichtig, daß sich Siedlungen, Gräber, Münzfunde und ältere Burgen in lockerer, aber gleichmäßiger Streuung über die Lobotagrenze nach Osten bis Görlitz finden. Die frühgeschichtlichen Funde lassen also die These zu, daß das Altland über die Linie Löbau—Weißenberg hinaus nach Osten in gleichmäßiger, wenn auch schütter werdender Breite bis an die Neiße reichte, dessen unveränderte Überreste die Siedlungskunde in der Inselgruppe zwischen Görlitz und Za widow (Seidenberg) noch hat finden können 5 ). Zwischen Löbauer Wasser und Neiße liegt auch der in dieser Arbeit näher behandelte Eigensche Kreis, unter dem man eine Gruppe von Orten versteht, die seit dem Ausgange des 13. Jahrhunderts ununterbrochen im Besitze des heute noch blühenden Zisterzienserjungfrauenklosters St. Marienstern waren. 3) A. a. O., Helbig, Die slawische Siedlung im sorbischen Gebiete (mit sechs Karten), S. 27—64. 4) A. a. O., speziell für die Oberlausitz.: K. Blaschke. Die Entwicklung des sorbischen Siedel gebietes in der Oberlausitz (mit drei Karten), S. 65-73; ders., Zur Siedlungs- und Bevölkerungs geschichte der Oberlausitz, in: Oberlausitzer Forschungen, Leipzig 1961, S. 60-80. 5) A. a. O.. W. Coblenz. Zur Situation der archäologischen Slawenforschung In Sachsen (mit einer Karte), S. 1—14.